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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 04.04.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 56 von 85

 

davon maximal über einen Pflichtschulabschluss verfügen. (GR Mag Wolfgang Jung: Und die Analphabeten nehmen Sie heraus!) Daher geht es darum, diese Qualifikation zu heben, aber gleichzeitig auch dieses ständige Bemühen um Bildungsreformen, wo es auch nicht immer so einfach ist, wenn es Partner gibt, die dann nicht immer derselben Auffassung sind, aber trotz alledem auch hier viel weitergegangen ist und wir die Früchte dementsprechend ernten werden.

 

Das letzte Thema, das mir auch noch ein besonderes Anliegen ist und das ich in diesem Zusammenhang ansprechen möchte, ist die Frage der Wiener Ausbildungsgarantie. Ich weiß schon, Ihnen wäre es ja am liebsten, man würde alle 3 500 Ausbildungsplätze den Jugendlichen wegnehmen, ihnen den Boden unter den Füßen wegziehen, damit sie arbeitslos sind (Aufregung bei GR Mag Wolfgang Jung.) und Sie wie der Rattenfänger durch die Gegend marschieren und sagen: Die bösen Ausländer sind schuld. Auch das ist ein wesentlicher Unterschied zu uns, dass wir aus voller Überzeugung mit vollem Herzen und voller Leidenschaft für diese Ausbildungsgarantie stehen, weil uns die Jugendlichen es wert sind, weil für uns alle gleich viel wert sind und daher ist es auch gut und klug, dass es diese gibt. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. – GR Mag Wolfgang Jung: Und wieso steigt dann die Jugendarbeitslosigkeit?)

 

Nur das, was man sich natürlich schon anschauen muss, ist die Frage der Lehrstellenplätze und da gibt es auch unterschiedliche Konzepte. Ich habe es ja da und dort schon in verschiedenen Diskussionsbeiträgen gesagt: Ich warte immer noch auf konkrete Vorschläge von Ihnen. Das Einzige, was Ihnen nämlich einfällt, ist: Geben wir noch mehr Förderungen den Betrieben. Die freiheitliche Wirtschaft hat ja überhaupt eine originelle Forderung, ich kann sie Ihnen auch gerne schicken, sollten Sie die nicht kennen, ich weiß ja nicht, wie innerparteilich da die Kommunikation ist. Momentan haben Sie ja einen besonders hohen Kommunikationsbedarf, das schaut ja so aus. Aber die freiheitliche Wirtschaft fordert bekannterweise, dass die Berufsschulzeit für Lehrlinge nicht mehr bezahlt werden soll. Das finde ich originell! Das ist zumindest einmal das wahre Gesicht von Ihnen, das Sie hier zeigen! Und das ist auch ein Punkt, den man kommunizieren muss, weil wir nicht Lohnraub für Jugendliche wollen, sondern im Gegenteil sie dabei unterstützen wollen, ein selbstständiges Leben in Würde führen zu können und dazu braucht es eine gute Ausbildung, aber natürlich auch entsprechend ein Einkommen. Das ist auch ein Unterschied, den wir zu Ihnen haben und da bin ich auch froh darüber, ehrlich gesagt.

 

Aber zu den Lehrstellenplätzen selbst muss man eines auch in aller Offenheit sagen: Ja, wir haben ein Problem, dass nur mehr 8,5 Prozent der Betriebe in der Privatwirtschaft Lehrlinge ausbilden. Da gibt es verschiedene Bemühungen und Anstrengungen. Wenn Sie meinen, dass die Jugendlichen zu dumm dafür sind, um eine Lehre zu machen, dann ist es Ihnen unbenommen. Das würde wahrscheinlich auch in Ihr Konzept passen. Ich bin nicht der Auffassung, dass die Jugendlichen zu dumm sind, sondern dass wir genau jene Maßnahmen fortsetzen werden, die wir tätigen, um auch wieder mehr Lehrstellenplätze zu schaffen. Das ist auf der einen Seite, dass die Stadt Wien selbst ihre Verantwortung wahrnimmt: Über 1 200 Lehrlinge bei der Stadt Wien und Ihren Unternehmungen, aber eben auch 3 500 Jugendliche in den Lehrausbildungseinrichtungen, wo Sie immer wieder sagen, das könnten wir einsparen. Daher haben wir auch, und da bin ich auch sehr froh und glücklich darüber, mit der Auftragsvergabe unter Berücksichtigung von Ausbildungsbetrieben ein klares Signal gezeigt, dass jene Betriebe, die sich ihrer sozialen Verantwortung stellen, die Jugendlichen eine Chance geben, eine Perspektive, vom Gemeinwesen, also von der Stadt, auch entsprechend mehr erwarten können als jene, die sagen: Das ist mir alles wurscht, das interessiert mich nicht. Das ist eine Maßnahme, wo ich davon überzeugt bin, dass sie mittel- bis langfristig zu einem entsprechenden Erfolg auch führen wird.

 

Daher, sehr geehrten Damen und Herren, geht es natürlich nicht um Qualifikation, sondern auch um die Frage der Verteilung von Arbeit. Auch hier ist es einmal mehr, ich möchte nicht mehr sagen, erstaunlich, weil das ja irgendwie bedeuten würde, dass ich nicht damit gerechnet habe, mittlerweile muss ich ja schon damit rechnen, aber hier zeigen sich einmal mehr auch die unterschiedlichen Konzepte. Während die Sozialdemokratie immer wieder darauf hinweist, dass wir die Arbeitswelt humanisieren müssen, dass wir auch Arbeit gerechter verteilen müssen, damit mehr Menschen in Beschäftigung kommen, dass wir auch in der Frage einer sechsten Urlaubswoche der Auffassung sind, es gibt so viel Produktivität wie nie zuvor in der Menschheitsgeschichte, so viel Technologie wie nie zuvor, dass auch dieser Fortschritt zu einem sozialen Fortschritt führen muss, hört man von Ihnen gar nichts. Da hört man von Ihnen nicht einmal ein Muh oder ein Mäh. Das liegt wahrscheinlich daran, dass es Ihre Unternehmungen nicht zulassen, Ihre Fördergeber, Spender oder was auch immer da bei Ihnen so im Hintergrund steht.

 

Daher zusammenfassend: Im Gegensatz zu Ihnen verstehen wir uns nicht als das Sprachrohr von irgendwelchen superreichen Konzernbossen, sondern als Sprachrohr der Wienerinnen und Wiener. Wir werden dem Budget vom WAFF entsprechend zustimmen. Auch ich möchte mich bei den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des WAFF bedanken, auch bei den Partnern, die sich da regelrecht bemühen, dass wir zu guten Lösungen kommen, weil wir wollen Lösungen, Sie haben nichts. Daher kann man abschließend sagen: Liebe Wienerinnen und Wiener, wir stehen auf eurer Seite. Wir werden mit aller Kraft, mit allem Bemühen darum kämpfen, dass ihr bestmöglich qualifiziert werdet, dass es bestmögliche Arbeitsperspektiven gibt, dass wir Arbeitsplätze sichern und schaffen. Das ist der Wiener Weg und das ist ein guter Weg! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Dr Monika Vana: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Ing Rösch ein zweites Mal. Ich erteile ihm das Wort.

 

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