Gemeinderat, 35. Sitzung vom 04.04.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 77 von 85
denken soll! Auf der einen Homepage des Kulturvereins Österreichischer Roma schreibt der Herr Sarközi unter „Roma-Politik in Österreich“ dass es 25 000 gibt. Auf der Homepage der „Medien-Servicestelle“ gibt es hingegen auf einmal 40 000!
Ich will damit nur eines sagen: In Wirklichkeit wird hier mit Begriffen herumgeschmissen, wo kein Mensch eigentlich wirklich genau weiß, was er sagt. Es gibt mehr als Roma und Sinti. Vielleicht sind auch Sinti Roma, wollen es aber nicht sein, wie wir zuerst gehört haben. Es kann auch nicht so sein, dass man jetzt, weil wir politisch korrekt sind, irgendeinen Begriff verwenden muss, von dem man nicht einmal genau weiß, was er bedeutet. (GR Mag Klaus Werner-Lobo: Es ist anscheinend nicht wichtig!) Schau dir diese Begriffe an und schrei nicht dazwischen. Schau dir die Begriffe an und sag mir dann, was genau was ist. (Neuerlicher Zwischenruf von Mag Klaus Werner-Lobo.) Nein, das ist schon wichtig, das ist sogar sehr wichtig.
Dann habe ich hier einen Artikel aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, eine unabhängige Zeitung – ich sage es nur dazu, denn in Österreich gibt es so was, glaube ich, nicht (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.) –, und unter dem Titel „Leben in Belleville“ sagt da eine Frau Lidija Mirkovic von sich selbst, sie ist halbe Zigeunerin und hat in einer Belgrader Zigeunersiedlung gelebt. – „Zigeunersiedlung“ ist nicht von mir.
Sie wird gefragt: „Sie bezeichnen sich als Zigeunerin. Deutsche meiden das Wort, weil sie Angst haben, es sei rassistisch. Darf man also noch Zigeuner sagen?“
Ihre Antwort: „Ich halte den Begriff nicht für rassistisch. Es ist eine Bezeichnung für jene Menschen, die vor etwa 1 000 Jahren Indien verlassen haben. Es wird angenommen, dass das Wort Zigeuner aus dem altgriechischen Athinganoi und dem altpersischen Ahinkar entstanden ist. Athinganoi bedeutet die Unberührbaren, Ahinkar bedeutet Schmied. Roma und Sinti ist kein sprachliches Äquivalent zum Wort Zigeuner, denn man unterscheidet vier große Zigeuner-Gruppen voneinander – neben den Sinti und Roma gibt es noch Manush in Frankreich und die Kale in Spanien. Ich plädiere dafür, den Begriff Zigeuner beizubehalten, ihn von Klischees zu befreien und ihn ins Positive zu wenden.“
Das kann ich nur voll unterstützen, denn es ist ja unbestritten, dass die Roma, Sinti, Zigeuner – wie immer Sie das jetzt sagen wollen, damit es ganz korrekt ist – auch einen wichtigen Beitrag für das kulturelle Erbe Europas geleistet haben. Das ist für mich völlig unbestritten.
Es wird – das fällt mir bei vielen Dingen auf – immer gesagt, das sind ja alles Rassisten. Ich habe eine Galerie von einem nigerianischen Freund eröffnet, und da sieht man, die anderen kommen gar nicht auf die Idee, dort hinzugehen. Ich habe es einfach gemacht, weil das einfach mein Freund ist. Ja, es gibt so etwas. Ich habe Freunde, die sind aus Nigeria, Herr Lobo, und bin auch mit einer Ausländerin verheiratet. Unglaublich! Bei meiner Partei grenzt mich keiner aus deswegen.
Diese aufgesetzte Politik von diesen bösen Rassisten, und wenn die irgendwas sagen, ist es rassistisch, die ist eigentlich total zum Kotzen, denn wir wissen alle, dass das nicht so ist und dass wir hier mit Begriffen um uns werfen, die sich durch nichts wirklich rechtfertigen lassen.
Ich selber habe einmal Am Hof einen Bekannten gefragt: Wie darf ich zu dir sagen? Bist du ein Roma oder ein Sinti? Da sagt er: Ich bin ein Zigeuner. Das hat er mir gesagt. Und wenn er das von sich sagt, kann ich das – und ich behaupte von mir, ich sage das ohne Abwertung – auch sagen.
Ich sage diese Dinge extra nicht zum Aktenstück, sondern allgemein, weil wir uns einfach nicht verbieten lassen wollen, irgendwelche Wörter zu verwenden, weil man uns immer unterstellt, dass wir als Einzige in dieser Republik alle Wörter immer nur negativ verwenden. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichterstatter GR Petr Baxant, BA: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Wien war, ist und wird immer sein eine Einwanderungsstadt, eine Durchwanderungsstadt, sozusagen eine Stadt der Migration. Das ist gut so. Das sichert uns international unter anderem den Ruf als Kulturmetropole, sichert uns aber nicht nur den Ruf, sondern ist vor allem für unseren Wirtschaftsstandort mitten in Europa unglaublich wichtig. Vielfalt sichert in Wien Wirtschaftsstandortfaktoren, aber natürlich auch Arbeitsplätze. Je mehr diese Vielfalt in Wien abgebildet wird, je mehr es für Gruppen unterschiedlichster ethnischer Zugehörigkeiten möglich ist, sich als Gruppen auch zu präsentieren, sich selbst zu finden durch Kulturarbeit, sich selbst zu definieren, umso besser ist es. Und in diesem Sinne glaube ich, dass eine Subvention auch heuer überaus notwendig ist für den in diesem Poststück genannten Verein.
Zur konkreten Beantwortung der vorhin gestellten Fragen: Natürlich ist es notwendig, dass auch Kulturarbeit und Integrationsarbeit von Menschen geleistet wird, die entsprechend entlohnt werden. Deswegen sind in diesem Poststück die Kosten für Personal natürlich auch relativ hoch. Man darf aber nicht vergessen – vor allem, wenn man weiß, wie zivilgesellschaftliche und kulturpolitische Arbeit in dieser Stadt auch abläuft –, dass natürlich eine angestellte Person sehr viel ehrenamtliche Arbeit freisetzen kann. Das ist notwendig, das ist auch erwünscht so, und ich glaube, das macht unsere Stadt zu dem, was sie ist.
In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung. Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Wir kommen nun zur Abstimmung. Ein Gegen- oder Abänderungsantrag wurde nicht gestellt. Ich bitte jene Damen und Herren des Gemeinderates, die dem Antrag des Herrn Berichterstatters zustimmen wollen, die Hand zu heben. – Das ist mit Zustimmung der ÖVP, der SPÖ und der Grünen mehrstimmig genehmigt.
Es gelangt nunmehr Postnummer 16 der Tagesord
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