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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 22.05.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 40 von 94

 

kann ich ihm nur beipflichten. Radfahren ist schön. Ich fahre jeden Tag mit dem Fahrrad aus Hernals in das Rathaus herein, und es sind mittlerweile viel, viel mehr Menschen als früher, die diese Möglichkeit nutzen. Und wenn ich zum Beispiel sehe, wie andere Menschen sich, wenn man so will, um die laut FPÖ immer weniger werdenden Stellplätze balgen, da denke ich mir schon: Was ist denn das für ein Lebensgefühl, wenn ich in 20 Minuten mit dem Auto irgendwo hinfahre und dann eine halbe Stunde Parkplatz suche? Weil ich in Wirklichkeit ein bisschen zu schnorrerisch bin, eine Garage zu suchen, weil mir die Garageneinfahrten zu eng sind, weil es mich nicht freut, suche ich also einen Parkplatz. Besser wäre es in Wirklichkeit doch, zu sagen, ja, ich nehme das Auto und fahre bis zu einem hochrangigen ÖV, bis zur U-Bahn – zum Beispiel aus der Donaustadt bis zu einer U-Bahn –, stelle das Auto dort in eine Garage und fahre von dort mit der U-Bahn herein, oder ich fahre mit dem Fahrrad zur U-Bahn und stelle es dort ab, oder ich gehe her und nehme das Fahrrad mit und fahre dann auch in der Stadt mit dem Fahrrad.

 

Das ist Multimodalität, das ist das, was die Stadtregierung immer wieder propagiert. Das heißt, ich benutze die Verkehrsmittel, die ich brauche: das Auto, wenn ich es brauche, das Fahrrad, den ÖV, und ich gehe auch zu Fuß.

 

Ich habe es interessant gefunden, wie der Kollegen Ulm nach diesem tollen Beginn dann meiner Meinung nach sozusagen in diese klassische Suada verfallen ist, die ich immer wieder höre: Warum brauche ich das Auto? Also ich brauche das Auto, damit ich meine Kinder in den Kindergarten bringe, weil es so gefährlich ist auf der Straße. Warum ist es so gefährlich? Weil dort so viele Autos fahren. Nicht weil so viele Fahrradfahrer unterwegs sind, sondern weil so viele Autos fahren. Warum zum Beispiel ist es so gefährlich? Radfahrer fahren auf dem Gehsteig. – Nein, sie dürfen nicht auf dem Gehsteig fahren. Autofahrer fahren zu schnell. – Nein, sie dürfen nicht zu schnell fahren.

 

Ich kann mich noch gut erinnern, bei der Diskussion um die Tempo-30-Zonen hat mir einmal ein Verkehrsexperte gesagt. Führt Tempo 30 ein, dann fahren eh alle einen 50er. Habt ihr Tempo 50, fahren alle einen 70er. Nein, das ist nicht gut. Tempo 30 reduziert die Gefahren auf der Straße. Wenn wir jetzt in vielen, vielen Wohngebieten Tempo 30 eingeführt haben, dann, denke ich mir, hat das schon was Richtiges.

 

Da lamentiert wird, die Radfahrer sind immer diejenigen, die auf dem Gehsteig fahren, möchte ich Sie nur daran erinnern, dass es in Wien sechs Ampeln gibt, wo das Fahren bei Rot nach einer Sekunde Rot kontrolliert wird. Sechs Ampeln, davon sind drei jeweils mit Kameras ausgestattet. Und wie viele Überschreitungen beziehungsweise Strafmandate, wenn man so will, hat es gegeben? 32 000 in einem Jahr! 32 000 Strafen bei 3 Kameras in einem Jahr. Wir haben 1 500 Ampeln in Wien. Also nur bei 3 Ampeln war das im Wesentlichen.

 

Das heißt im Grunde genommen, da ist eine Sensibilisierungskampagne bei den Autofahrern, bei den Fahrradfahrern notwendig, denn wir brauchen in Wirklichkeit Leute, die aufeinander Rücksicht nehmen und nicht die Straße verwechseln mit einem Platz für einen Kampf gegeneinander.

 

Dann habe ich heute wiederum gehört, warum gibt es diesen großen Fleck, auf dem sich zum Beispiel die Fahrradfahrer vor dem Bus, vor den Autos aufstellen sollen, in der sogenannten Bikebox? Ganz einfach! Wenn ein Fahrradfahrer geradeaus fahren will und ein Autofahrer rechts abbiegen will – das ist nämlich die häufigste Unfallursache –, dann sieht der Autofahrer ganz oft den Fahrradfahrer oder die Fahrradfahrerin nicht. So passieren die meisten Unfälle: Der sogenannte Rechtsabbieger haut den Fahrradfahrer um. Das ist die häufigste Unfallart, das kann man statistisch nachweisen. Und genau aus diesem Grund hat man in Großbritannien und in den USA die sogenannte Bikebox eingeführt. Das schafft Sicherheit, nicht einen Startvorteil beim Drüberfahren, sondern Sicherheit für alle Beteiligten.

 

Und wenn ich dann höre, die StVO gilt auch für Radfahrer und für Radfahrerinnen. Na, gar keine Frage! Aber sie gilt auch für AutofahrerInnen. Tempo 30 heißt Tempo 30 und nicht schneller fahren. Rotfahren ist verboten!

 

Jetzt komme ich noch zu einem ganz wichtigen Punkt, den ich mir immer anhöre: Winterdienst – eine Provokation. Warum soll der Winterdienst auf Fahrradwegen eine Provokation sein? Früher war die erste Priorität: Die Straßen müssen geräumt werden. In Wien muss man im Winter einen 80er fahren können auf der Straße. – Nein. Die StVO sagt, die Fahrverhältnisse sind den Witterungsbedingungen anzupassen. (GRin Angela Schütz: Das gilt auch für Radfahrer!) Das steht in der StVO drinnen. Das heißt, im Winter ist vorsichtig zu fahren.

 

In Wien fahren zum Beispiel 99 Prozent der Fahrradfahrer im Winter nicht. Ich war einer von diesem 1 Prozent in Wien, ich glaube, ich bin nur an drei Tagen nicht gefahren. Also 99 Prozent der Radfahrer fahren nicht, 1 Prozent fährt schon. Wir waren – und da war der Kollege Mahdalik mit – in Kopenhagen, und dort fahren bei Schneefall mehr Leute mit dem Fahrrad als in Wien bei Sonnenschein. Warum? Weil sich dort eine andere Kultur des Miteinanders eingebürgert hat. Dort ist es offensichtlich üblich, anders miteinander umzugehen. Dort gibt es schon auch eine rechte Partei so wie die FPÖ, aber diese rechte Partei sagt nicht, die Radfahrer sind in Wirklichkeit alle ganz, ganz böse, sondern da wird es schon ein paar rechte Radfahrer auch geben.

 

Der einzige rechte Radfahrer, der mir in der Geschwindigkeit einfällt, ist der jetzt ehemalige Klubobmann der Linzer FPÖ, der Herr Ortner – früher hat er anders geheißen, als er noch bei den Nazis war –, und der ist betrunken mit 1,2 Promille auf dem Gehsteig gefahren und von der Polizei aufgehalten worden. Auf die Frage, warum er denn auf dem Gehsteig fährt, hat er gesagt, weil er nach Hause will. Und warum ist er angetrunken? Weil er es eilig hat, nach Hause zu kommen. Das heißt, das sind zwei Vergehen. Er hat mit dem Fahrrad nichts auf dem Gehsteig verloren, keine Frage, und er hat auch nicht alkoholisiert zu sein. Das war der einzige rechte Radfahrer, den wir in Österreich gehabt haben. Vielleicht

 

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