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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 24.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 102

 

Wir schaut es denn mit dem Vergleich zu anderen Städten aus? Ich meine damit nicht nur allgemeine Arbeitslosigkeits- oder Konjunkturdaten – dazu ist heute schon einiges erwähnt worden, da liegt Wien hervorragend –, sondern auch was spezifische Maßnahmen, Best-Practice-Modelle auch im europaweiteren Vergleich angeht.

 

Herr Kollege Schock! Wenn Sie sich da herausstellen und sagen, wir – ich denke, Sie meinten Rot-Grün – hätten keine einzige Maßnahme präsentiert (StR DDr Eduard Schock: Ja, heute!), dann machen Sie sich damit doch wohl lächerlich; denn die spezifischen Maßnahmen, die Wien vor allem im Bereich der Standortortsicherung, der öffentlichen Dienstleistungen, aber auch des Arbeitsmarktes europaweit setzt, sind Vorbild.

 

Das eine ist der ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds. Der ist nicht nur österreichweit einzigartig. Da kann sich wirklich jeder Landeshauptmann – ich glaube, mittlerweile haben wir leider eigentlich nur mehr Landeshauptmänner, früher habe ich wenigstens splitten können – wirklich ein Scheibchen abschneiden, was es in Wien an kommunaler Arbeitsmarktpolitik gibt. Das gilt auch für die heute schon erwähnte Wiener Ausbildungsgarantie, die wirklich ein Vorbild war für die Jugendbeschäftigungsinitiative, die der Ausschuss des Europäischen Parlaments jetzt unlängst beschlossen hat. Also, die Wiener Ausbildungsgarantie ist hier maßgeblich gewesen auch für die Ausgestaltung einer europaweiten Beschäftigungsgarantie, und das, denke ich mir, ist nicht nichts.

 

Es ist natürlich immer noch zu wenig, keine Frage. Der große Haken an dieser europaweiten Ausbildungsgarantie ist natürlich, dass sie nicht verbindlich ist – so wie sehr viel von dem, was von der europäischen Ebene an interessanten Strategien vorgegeben wird. So zum Beispiel die Europa-2020-Strategie, zu der wir erst unlängst ein Fachseminar des Europaausschusses abgehalten haben. Das ist eine weitreichende Strategie. Sie verbindet Klimaschutzziele mit Beschäftigungszielen, mit Armutsbekämpfungszielen, mit dem Ziel der Verringerung der Zahl der SchulabbrecherInnen zum Beispiel, mit Gleichstellungszielen. Es ist also eine ganz, ganz spannende und weitreichende Strategie. Doch werden gleichzeitig durch die praktische Politik der Europäischen Union – nämlich den Fiskalpakt, den Stabilitäts- und Wachstumspakt und die Haushaltskonsolidierungsziele als Priorität zu sehen – die interessanten inhaltlichen strategischen Ziele hier verunmöglicht, und das ist ja einer unserer Hauptkritikpunkte an der gegenwärtigen europäischen Situation.

 

Wir brauchen nicht nur mehr Europa, wir brauchen vor allem auch ein anderes Europa. Wir brauchen Reformen, wir brauchen eine Sozialunion, wir brauchen den verbindlichen Kampf um Vollbeschäftigung und gegen Arbeitslosigkeit und eine europaweite Demokratie. Das muss Priorität haben. Und Wien ist da eben Vorbild.

 

Auch was öffentliche Dienstleistungen betrifft, wurde heute schon erwähnt, dass es, ich möchte schon fast sagen, ein tagtäglicher Abwehrkampf ist, den Wien und andere Städte in Europa in diesem Bereich führen, nämlich zur Absicherung der sogenannten Leistungen der Daseinsvorsorge und der kommunalen Dienstleistungen, die wichtig sind. Es ist wichtig, dass kommunale Dienstleistungen in öffentlicher Hand sind. Versorgungsgerechtigkeit, Leistbarkeit und demokratische Kontrolle spielen da eine Rolle. Es sind die öffentlichen Dienste, die da eine Gemeinwohlverantwortung, gesamtgesellschaftliche Ziele und auch die sozial ausgleichende Wirkung in den Vordergrund stellen. Private Unternehmen machen das einfach nicht.

 

Die aktuelle Politik der Europäischen Kommission – die rein abzielt auf die berühmten drei „-ungs“, nämlich Privatisierung, Liberalisierung und Flexibilisierung – dann in der Praxis eben durch das berühmte Binnenmarktpaket und das Beihilferecht, die Auftragsvergabe und die Konzessionen, mit denen wir uns im Europaausschuss auseinandersetzen, all dies führt dazu, dass der öffentliche Sektor generell stark geschwächt wird und es gerade für Städte wie Wien immer schwieriger wird, Dienstleistungen von Seiten der öffentlicher Hand überhaupt zur Verfügung zu stellen.

 

Ich denke, auch da ist Wien Vorbild mit diesem starken öffentlichen Sektor, denn wir beobachten in vielen Städten Europas einen Trend zur Rekommunalisierung. Denn gerade Privatisierungen oder auch Ausgliederungen, aber ich spreche jetzt vor allem von Privatisierungen, haben doch gezeigt, dass es gegen die Rechte der Beschäftigten, also schlecht für ArbeitnehmerInnen, schlecht für die Versorgungssicherheit, schlecht für die Preisentwicklung und schlecht für die Qualität ist, wenn privatisiert wird. Diesen Weg geht das rot-grüne Wien eindeutig nicht. Das rot-grüne Wien ist anders als Europa. Das andere Europa kann sich an Wien ein bisschen ein Beispiel nehmen, denn in Wien macht es Rot-Grün anders.

 

Auch die Koppelung zum Beispiel der Auftragsvergabe an Frauenförderung und an die Ausbildungen von Lehrlingen ist so ein Vorbildprojekt, das – ich bin ja sehr viel international beziehungsweise europaweit unterwegs – wirklich als Best-Practice-Modell überall gerne gehört wird und das ich gerne vorstelle, weil es auch von anderen Städten und anderen Regionen übernommen wird.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kommunalpolitik ist Europapolitik und vice versa. Ich denke, die Zukunft gehört den Städten. Das sieht auch die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle so. Im Rahmen eines unserer letzten Fachseminare des Europaausschusses zum Thema BürgerInnenbeteiligung hatten wir das gesagt, und diese Schlüsselrolle der Städte auch beim Aufbau eines sozialen Europa war auch Thema beim heurigen Städtetag. Wir hatten da eine sehr interessante Podiumsdiskussion zum Thema soziales Europa, und es ist ganz klar hervorgekommen aus all diesen Diskussionen: Wir brauchen Investitionen. Es ist notwendig, aus der Krise herauszuinvestieren, statt in die Krise weiter hineinzusparen. Das kann man an dieser Stelle nicht oft genug sagen.

 

Dieser wachsenden Bedeutung der Städte für die Strukturpolitik, für die Investitionspolitik, wird jetzt immer

 

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