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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 24.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 53 von 102

 

einmal näher an. Es wurde auch heute schon von der Frau Vizebürgermeisterin gesagt, die VollbezieherInnen sind verhältnismäßig eine kleine Gruppe - das stimmt -, sind sogar etwas zurückgegangen und für eine Großstadt mit 9 Prozent keine große Gruppe. Das ist festzustellen. Aber die große Anzahl sind Bezieher einer Ergänzungsleistung und in der Altersgruppe zwischen 25 und 59 Jahren. Das sind 90 000 Menschen, die nur geringfügig beschäftigt sind, was natürlich zum Leben nicht ausreicht. Darin liegt Ihr Versagen. (GR Kurt Wagner: Geringfügig nicht! Sie verdienen zu wenig, dass sie davon leben können!) - In Geringfügigkeit beschäftigt. (GR Kurt Wagner: Geringfügig ist etwas anderes!) Wenn ich die Arbeitslosenquote, Herr Kollege Wagner, in Wien mit 9,5 Prozent anschaue, wie schon gesagt, höchste in Österreich, kann man gegenrechnen, wir haben sehr viele Einpendler. Das stimmt auch. Ich versuche, das durchaus seriös aufzuarbeiten. Dazu kommen 33 000 Menschen, die Schulungsteilnehmer sind. Wenn ich jetzt rechne, dass diese 90 000 geringfügig Beschäftigten nicht wirklich beschäftigt sind, aber als beschäftigt gelten - für mich sind sie eigentlich fast als Arbeitslose anzusehen -, dann habe ich 200 000 Menschen in Wien. Wenn ich mir noch überlege, die unselbstständig Tätigen, dann haben wir in Wien fast eine Arbeitslosenquote von 25 Prozent. Und das ist unglaublich!

 

Wenn ich ähnlich strukturierte deutsche Städte anschaue, zum Beispiel München, Hamburg, ebenfalls von roten Parteien regiert, haben diese offensichtlich die Zeichen der Zeit erkannt. Hamburg hat eine Arbeitslosenquote von 7 Prozent, München mit 1,4 Millionen Einwohnern eine Arbeitslosenquote von 4,7 Prozent. Von diesen Zahlen, meine Damen und Herren, sind Sie meilenweit entfernt.

 

Sie haben jahrzehntelang eine falsche Integrationspolitik, jahrzehntelang versäumte Bildungspolitik, jahrzehntelang viel zu wenig Arbeitsmarktpolitik und natürlich auch die fehlende Innovation in der Wirtschaftspolitik betrieben. Wo ist die Reindustrialisierung in Wien? Wo sind die Wachstumsimpulse? Sie sind nicht vorhanden. Daher schaut es so aus. Natürlich ist jeder Arbeitslose zu viel. Wenn ich mir überlege, dass wir fast von 25 Prozent Arbeitslosen in Wien reden können, dann ist das wirklich ein Armutszeichen dieser Stadtpolitik! (Beifall bei der ÖVP und von GR Wolfgang Seidl.)

 

Die Frau VBgmin Brauner hat heute wieder gemeint, die Mindestsicherung ist keine Hängematte. Darin stimme ich ihr zu. Aber wenn sie dann sagt, sondern ist ein Sprungbrett, muss ich schon sagen, das Sprungbrett sehe ich überhaupt noch nicht. Da müssen sie noch sehr viel dazu tun. Da ist auch der Herr Bürgermeister gefordert, dass es wirklich zum Sprungbrett wird, weil das soll es sein. Derzeit ist es nicht so. Wenn man sich die Berichte, was die Zukunft betrifft, ansieht, verweise ich auf den Bericht vom WIFO, wo man feststellt, dass es gerade in Wien zu einer deutlichen Verlagerung von niedrigqualifizierten zu hochqualifizierten Tätigkeiten kommen wird. In Wien entstehen bis 2016 die meisten zusätzlichen Jobs in Berufen auf Hochschulniveau. Das bedeutet, in den nächsten Jahren werden die Arbeitsplätze, wo keine oder nur eine geringe Ausbildung vorausgesetzt wird, zurückgehen und die Entlohnung dieser Jobs wird noch geringer ausfallen.

 

Wenn wir in Wien verhindern wollen, dass immer mehr Menschen die Mindestsicherung als Ergänzungseinkommen haben, weil sie auf Grund ihrer geringen Bildung keine Jobs bekommen, dann muss ganz dringend mehr Engagement in Aufschulungsmaßnahmen und in die Ausbildungsniveaus der Pflichtschulabgänger investiert werden. Denn mangelnde Bildungspolitik, meine Damen und Herren, sind gestohlene Chancen. In der Kindheit und in der Jugend wird die Basis für die Menschen geschaffen, Wertevermittlung, Leistung und Bildung, Lesen, Schreiben, Rechnen. Ohne Bildung keine Ausbildungschancen, keine Jobchancen und folglich auch keine Zukunft. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir sehen es beim Wiener Lesetest, dass 20 Prozent nicht sinnerfassend lesen können. Von 220 000 Schülerinnen und Schülern kann ein Fünftel nicht sinnerfassend lesen. Das heißt, durch diese fehlende Bildungspolitik bauen Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, eine Generation, die mit Sicherheit in der Mindestsicherung landen wird! Das haben Sie zu verantworten! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich bin daher sehr froh über die Integrationspolitik des Staatssekretärs Sebastian Kurz, das heißt, Deutsch vor Schuleintritt, verpflichtender Kindergarten, Versachlichung der Integrationspolitik. Ich hoffe sehr, dass Sie all diese Maßnahmen und noch vieles mehr unterstützen, mithelfen, dass die Versäumnisse, die in vielen Bereichen vorhanden sind, Bildung, Arbeitsmarkt, Integration und Wirtschaftspolitik, abgebaut werden können. Meine Damen und Herren, derzeit ist das noch lange nicht der Fall, ganz im Gegenteil!

 

Daher werden wir selbstverständlich dem Rechnungsabschluss nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Dr Monika Vana: Die Restredezeit der ÖVP beträgt 17 Minuten. Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Hebein. Ich erteile es ihr. Die selbstgewählte Redezeit ist 12 Minuten.

 

14.50.38

GRin Birgit Hebein (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Liebe Kollegen und Kolleginnen!

 

Frau GRin Korosec, ich schätze Sie in persönlichen Gesprächen sehr, doch Ihre Rede hier als Mitglied der ÖVP habe ich echt als ein sehr starkes Stück empfunden (GRin Ing Isabella Leeb: Das ist die Wahrheit!), und zwar, weil ich ziemlich froh bin und ich es ziemlich gut finde, in einer Stadt zu leben, in einer Koalition zu sein, die nicht Politik auf den Rücken der Schwächsten in der Gesellschaft macht, die keine Sündenböcke hernimmt, wie Sie von der ÖVP die letzten Tage und Wochen, wo Sie eine Missbrauchsdebatte über die MindestsicherungsbezieherInnen begonnen haben (StR Mag Manfred Juraczka: Haben Sie zugehört?), und zwar auf Rücken der Ärmsten in dieser Stadt. Wir von Rot-Grün lehnen diese Sündenbockpolitik ab! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. - StR Mag Manfred Juraczka: Wann ist das Wort Missbrauch gefallen?)

 

Sie müssen schon Verantwortung übernehmen! (StR

 

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