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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 24.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 57 von 102

 

Ein paar Gedanken zum sehr großen und umfassenden Geschäftsbereich Gesundheit und Soziales: Es ist meiner Meinung nach natürlich sehr gut, wenn in einer großen Stadt diese zwei wichtigen Bereiche auch einen entsprechenden Stellenwert im Budget und im Rechnungsabschluss genießen. – Im Endeffekt stellt sich dann allerdings immer die Frage, ob die Ziele, die man mit dem vielen Geld anstrebt, tatsächlich erreicht werden.

 

Ich greife jetzt einen Punkt heraus, nämlich die Frage der Mindestsicherung, und da finde ich doch eine sehr eigenartige Geisteshaltung widergespiegelt: Dass die Zahl der Mindestsicherungsbezieher steigt, ist doch kein Erfolgsnachweis! – Ich würde mich zum Beispiel freuen, wenn es heißt, dass in Wien immer mehr Menschen eine Gesundenuntersuchung oder einen höheren Schulabschluss machen, immer gesünder werden et cetera. Das wären Zahlen, über die man sich freuen kann! Aber dass diese Mindestsicherung immer stärker in Anspruch genommen wird, das ist ja ein Alarmsignal und nichts, worüber man stolz und froh sein kann!

 

Selbstverständlich besteht im Hinblick auf jede Sozialleistung in gewisser Hinsicht immer auch eine Missbrauchsgefährdung, aber ich möchte das Problem gar nicht am potenziellen Missbrauch anknüpfen. Vielmehr ist das grundsätzliche Problem, dass, wenn man vom Staat sozusagen ein Grundeinkommen zur Verfügung stellt, sich auch viele andere Subsysteme in der Gesellschaft darauf einstellen.

 

Das kann man zum Beispiel auch im Zusammenhang mit der Lohnpolitik feststellen. Wenn man weiß, dass es ohnehin die Aufzahlung gibt, dann werden natürlich Niedriglohnjobs immer unter dem Aspekt gestaltet, dass es möglicherweise dann die Mindestsicherung gibt. Diese Debatte kennt man auch aus Deutschland mit den Minijobs, wo dann aufgestockt wird. Es wäre also auch die Frage zu stellen, ob es dann nicht wirklich auch negative Anreize gibt, indem man sagt: Am Schluss kommen immer 800 EUR heraus, egal, wie viel davon aus dem Erwerbseinkommen kommt. – Im Hinblick darauf frage ich mich, ob man auf diese Weise nicht gerade im Niedriglohnbereich falsche Anreize setzt!

 

Aber im Endeffekt muss es das Ziel der Sozialpolitik und auch der kommunalen Sozialpolitik – Sozialpolitik ist ja im großen Stil Bundesangelegenheit – sein, dass die Menschen auf eigenen Füßen stehen können und sollen und dass dieses auf eigenen Füßen Stehen auf Basis einer eigenen Erwerbstätigkeit stattfindet. Es soll also keine Hartz IV- oder Mindestsicherung geben, sondern es soll eigentlich im Prinzip das Erwerbseinkommen ausreichen, und es ist gute Tradition in Österreich, dass das Sache der Sozialpartner und nicht der Politik ist. Ich glaube nämlich, dass die Lohnpolitik bei den Sozialpartnern am besten aufgehoben ist, weil in diesem Gremium Arbeitgeber und Arbeitnehmer in paritätischer Besetzung entsprechende Branchenregelungen treffen können. Und das Sozialsystem soll dann sozusagen sekundieren, nicht aber die erste Geige spielen. – Das muss einem jedenfalls zu denken geben.

 

Und es muss einem auch zu denken geben, wenn es gerade aus dem Migrationsmilieu eine überdurchschnittliche Inanspruchnahme der Sozialleistungen gibt. Es ist ja immer sehr schön und gut, wenn man sagt, dass man da viel Geld hineinstecken muss, um Menschen auszubilden, weiterzubilden und fortzubilden, aber der primäre Ansatz sollte doch derjenige sein, dass man in erster Linie in Zeiten des Fachkräftemangels Menschen ins Land holt, die schon etwas können und die man nicht erst teuer qualifizieren muss. Ich meine also, dass es Einwanderung in den Arbeitsmarkt, nicht aber ins Sozialsystem geben soll. (GR Senol Akkilic: Und was ist, wenn die Leute hier dann arbeitslos werden?) Ja. Aber im Endeffekt ist es doch Tatsache, dass das Ausbildungsniveau vieler Einwanderer viel niedriger ist als jenes, das bei uns im Durchschnitt gegeben ist, und das ist kein wünschenswerter Zustand. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

 

Zum angesprochenen Problem der Obdachlosigkeit. Ich meine, wir haben wirklich viel dazu beigetragen, dass es Obdachlosigkeit bei den Menschen, die länger in Österreich sind, eigentlich nicht mehr gibt. Wenn aber das neue Motto „Obdachlose aller Länder kommt zu uns!“ lautet, dann wird es das Problem immer geben. Das trifft auch auf die eingewanderten und einwandernden Bettler zu. Den sogenannten „Wiener Schnorrer“, der betteln muss, gibt es nicht mehr, weil es ja Gott sei Dank Sozialleistungen gibt. Aber der Zustrom hält an, und wir sind nicht dazu da und es ist nicht unsere Aufgabe, die sozialen Probleme von halb Europa oder des Rests der Welt zu lösen. Wir haben alle Hände voll zu tun, um unser eigenes Sozial- und Gesundheitssystem aufrechtzuerhalten! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

 

Generell gesprochen, wird man wirklich den Verdacht nicht los, dass ein Teil der Sozialleistungen irgendwie auch die Intention hat, die Menschen in Abhängigkeiten zu bringen. – Ich meine, eine liberale Gesellschaft im besten Sinne des Wortes sollte darin bestehen, dass der Mensch frei ist, dass er diese Freiheit aber auch zu nutzen hat, um sich sozusagen selbst zu helfen, und dass im Sinne des Subsidiaritätsprinzips der Staat und die Gemeinschaft nur dann eingreifen, wenn es gar nicht anders geht. Dieses bewusst in Abhängigkeit Führen ist hingegen, wie ich glaube, kein guter Weg, und dieses System werden wir uns in Bälde auch wirklich nicht mehr leisten können! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Ramskogler. Ich erteile es ihr und weise auf die selbstgewählte Redezeit von 18 Minuten hin.

 

15.20.46

GRin Mag Sonja Ramskogler (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Aigner!

 

Könnten wir uns etwas wünschen, dann wäre es 100-prozentig das Ziel – da bin ich ganz bei Ihnen –, dass Sozialpolitik gar nicht notwendig wäre, dass es Vollbeschäftigung gibt und die Einkommen der Leute so hoch sind, dass sie sozial keine Unterstützung mehr brauchen. Ich meine, das ist das Ziel.

 

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