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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 24.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 59 von 102

 

ten ersten Arbeitsmarkt unterkommen können. Was sollen diese Leute tun? Sie haben keine Chance mehr, sie sind chancenlos. Und daher halte ich es für politisch unabdingbar, dass es eine Mindestsicherung gibt. Wir können diese Leute sozusagen nicht in ihrer Not allein lassen. Das ist für mich als Sozialdemokratin undenkbar! Das geht doch nicht!

 

Sie haben natürlich vollkommen recht: Es gibt auch solche, die diese Leistungen beziehen, obwohl sie diese gar nicht brauchen. Missbrauch gibt es immer. Das habe ich schon bei der Studentenpolitik an der Uni erlebt, wenn es ums Stipendium gegangen ist. Es haben auch Leute Stipendien bezogen, die diese nicht unbedingt gebraucht haben. Das ist vollkommen richtig! Und auch bei der Mindestsicherung wird es solche Leute geben. Man kann sich jetzt aber doch nicht politisch auf alle Bezieher stürzen und sagen, dass es eine Katastrophe ist, dass die das jetzt beziehen!

 

Meiner Ansicht nach kann die Mindestsicherung, die Wien leistet, nicht hinterfragt werden. Das ist ein Fixum an Solidarität unter uns Menschen. Das ist für mich der sozialdemokratische Zugang dazu.

 

Ich möchte auf noch ein wichtiges Thema eingehen, ich habe es Ihnen schon gesagt: Es gibt Menschen, die nicht nur auf Grund des Leistungsgedankens, sondern wegen Krankheit keine dementsprechende Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt finden, sondern nur auf dem zweiten. In diesem Zusammenhang ist REiNTEGRA seit 30 Jahren eine Institution der Stadt Wien, die psychisch erkrankte Menschen nach einer längeren psychischen Krankheitsphase unterstützt und begleitet, damit sie wieder in einer auf ihre Bedürfnisse abgestimmten Tagesstruktur arbeiten oder sich auf den offenen Arbeitsmarkt vorbereiten können. Sehr geehrte Damen und Herren! Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von REiNTEGRA mit ihrem Geschäftsführer, Herrn Skoff, der jetzt hier ist, leisten großartige Arbeit, und ich sage ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Ich möchte Ihnen auch einige Zahlen vor Augen halten, denn man würde dazu vielleicht sagen, dass es sich um eine Randgruppe, eine Nische beziehungsweise um ein politisches Thema handelt, das nicht so viele trifft. – Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Lasar hat vorhin kurz von Burn-out gesprochen: Burn-out ist, wie wir wissen, eine psychische Erkrankung. Burn-out ist nicht irgendwie eine Modeerscheinung, sondern Burn-out hat mit einer psychischen Störung zu tun.

 

In diesem Zusammenhang halte ich fest, dass die Nachfrage nach einem Angebot betreffend Berufsqualifizierung bei der REiNTEGRA unverhältnismäßig stark ansteigt. Es gab 1 510 Anfragen, und der Anstieg seit dem letzten Jahr belief sich bei den Beratungsleistungen auf über 200. Besorgniserregend ist dabei, dass der Anteil – hören Sie bitte genau zu! – der 18- bis 24-Jährigen gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent gestiegen ist.

 

Was bedeutet das gesellschafts- und sozialpolitisch für uns? Was bedeutet das, dass viele Jugendliche auf Grund einer psychischen Beeinträchtigung nur mehr Chancen auf dem zweiten Arbeitsmarkt hätten, einen Arbeitsplatz zu finden? (Zwischenruf von GR Manfred Hofbauer, MAS.) Ja! Was bedeutet das? Es ist nämlich nicht unwichtig, dass man darauf hinweist, dass wir uns bei unseren Jugendlichen zuerst einmal anschauen müssen, warum sie in einer Verfassung sind, dass sie auf dem ersten Arbeitsmarkt keinen Arbeitsplatz finden? Warum sind sie psychisch so belastet, dass man sie unterstützen muss? (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.)

 

Ja, man kann natürlich viele Reformen machen, und ich meine, man sollte beim Elternhaus ansetzen – denn im Elternhaus beginnt die Erziehung – und nicht sofort in der Bildungsstätte. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber wir würden nicht darüber reden, wenn wir jetzt nicht über Sozialpolitik reden würden. Sehr geehrte Damen und Herren! Sozialpolitik beginnt beim Kind und geht vorerst einmal mindestens bis 18 Jahre, und dann geht es weiter bis zur Geriatrie beziehungsweise zur Gerontopsychiatrie. Auch dort spielt Sozialpolitik noch eine Rolle.

 

Lassen Sie mich noch einmal sagen: Wer die REiNTEGRA nicht kennt, fährt bitte einmal dorthin und schaut sich das an! Ehrenamtliche sind stets willkommen, denn bei REiNTEGRA gibt es genug Arbeit. Ich würde mich auch über diverse Wirtschaftskontakte für REiNTEGRA freuen! Wir brauchen nämlich immer wieder Partner und Partnerinnen, die im ersten, aber auch im zweiten Arbeitsmarkt gemeinsam mit REiNTEGRA wirklich gute Arbeitsplätze zur Verfügung stellen.

 

Nun noch ganz kurz zum Psychosozialen Dienst: Diesen gibt es über 60 Jahre, und ich meine, über diese Einrichtung brauchen wir schon fast nicht mehr reden. Nichtsdestotrotz möchte ich kurz erwähnen, dass der Psychosoziale Dienst jetzt mit einem Kriseninterventionszentrum und mit einer Gerontopsychiatrie auf den Gürtel in Mariahilf umgezogen ist. Es wird dort sehr viel in Infrastruktur investiert. Der PSD ist für Fortbildung, Ausbildung und Liaisondienste zuständig. Und man muss sich wirklich sozialpolitisch auf der Zunge zergehen lassen, dass die Zahl der psychosozialen Beratungen ständig steigt. Ich möchte, dass wir alle uns das vor Augen halten!

 

Betreffend den Fonds Soziales Wien möchte ich nur am Rande erwähnen, dass der Aufwand des Fonds Soziales Wien im Bereich von Menschen mit besonderen Bedürfnissen natürlich ganz groß und engagiert ist. Mir ist wichtig, dass alle Projekte, insbesondere wenn es um den Behindertenbereich geht, gemeinsam mit den Betroffenen in der Planungsphase realisiert und umgesetzt werden. Ich halte es nämlich für ganz notwendig, dass die Betroffenen bei politischen Projekten auch mitreden. So ist es gut, und so soll es weitergehen.

 

Die Sucht- und Drogenkoordination möchte ich hier natürlich nicht vernachlässigen. Auch in diesem Zusammenhang geht es um eine sogenannte Randgruppe. – Wenn man jetzt wieder von Herrn Kollegen Aigner ausgeht, sollte es diese eigentlich nicht geben, denn es wäre gut, wenn diese Leute gesund wären. Auch da bin ich bei Ihnen! Keiner will, dass die Nachbarin, die Tochter, der Sohn oder irgendjemand mit Drogen in Kontakt kommt:

 

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