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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 25.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 15 von 81

 

1979 nach Österreich, arbeitet in Österreich, denkt in Österreich, lebt in Österreich und diskutiert über die österreichische Demokratie. Ich möchte den Ausbau der österreichischen Demokratie haben, weil ich in Österreich gelernt habe, dass in einigen europäischen Städten die MigrantInnen das Wahlrecht haben. Die Österreichische Volkspartei ist dagegen – ewig hier, hier geboren, ist nicht am Ausbau der österreichischen Demokratie interessiert. Was macht jetzt die demokratische Einstellung aus? Hier in Österreich geboren sein oder die politische Einstellung zu einem gesellschaftlichen Phänomen, das uns weiterbringt?

 

In dieser Demokratie, meine Damen und Herren, haben sich durch die transnationale Politik und die Einwanderungspolitik selbstverständlich neue Paradigmen ergeben. Das heißt, die Einflussnahme der Ereignisse auf der Welt auf die hiesige Bevölkerung ist spürbar, das habe ich immer gesagt. Ich habe gesagt, in einer Einwanderungsgesellschaft gibt es transnationale Lebensweisen, und diese transnationalen Lebensweisen heißen auch, dass man sich in die internationale Politik einmischt, nicht nur aus Betroffenheit, sondern auch aus Solidarität. Ich erinnere an sämtliche Solidaritätsbewegungen mit Nicaragua in Österreich, ich erinnere an sämtliche Projekte, die derzeit im internationalen Bereich aktiv sind. Und es gibt ja auch Menschen – und das unterstreiche ich auch –, die mit den Entwicklungen in ihren Herkunftsregionen konfrontiert sind und auch ein Interesse daran haben. Ich erinnere nur an den Jugoslawien-Krieg, an Demonstranten serbischer Herkunft in der Innenstadt, mit serbischen Fahnen. Und ich erinnere daran, dass Heinz-Christian Strache immer mit dem serbischen Banner herumgelaufen ist.

 

Das heißt, die Einwanderungsgesellschaft und die transnationale Politik erfordern auch von uns, genau hinzuschauen, auch mitzureden und sich einzumischen. Die reden zum Beispiel in der Form mit, dass sie die Gezi-Park-DemonstrantInnen unterstützen. Sie sehen in den Gezi-Park-DemonstrantInnen widerständige Leute, die sich gegen einen autoritären Erdogan auflehnen, genauso wie ich. Ich nehme Stellung auf Seite jener Personen, die sich gegen den autoritären Stil von Erdogan auflehnen, internationale Politik, transnationale Politik. (GR Gerhard Haslinger: Beten Sie zu Allah? Wo war das zu lesen?) – Sie haben Ihre Meinung dazu gesagt. – Das beschäftigt uns. Und ich teile die Meinung jener Leute überhaupt nicht, die am 23. Juni auf die Straße gegangen sind, mit türkischen Fahnen oder mit – wenn ich Sie korrigieren darf, Herr Jung – „Ya allah bismillah allahu ekber!“. – Ich lehne diese Politik, diese Einstellung zur Gesellschaft und zur Politik grundsätzlich ab. Und ich bin nicht der Einzige in dieser Gesellschaft. Martin Margulies lehnt das auch ab, Jennifer Kickert lehnt diese Politik ab. Ich nehme an, Christian Hursky lehnt diese Politik ab, Omar Al-Rawi wahrscheinlich auch. Die Vielfalt der Gegner und Befürworter ist multinational, multiethnisch, multikulturell. Da finden wir uns auf einer Ebene, sage ich jetzt einmal. (StR Mag Manfred Juraczka: Was wollen Sie uns sagen?)

 

Aber wie geht man mit diesen Demonstrationen um? Es sind Menschen auf die Straße gegangen, die seit Jahrzehnten in Österreich leben und deren Kinder hier auch in die Schule gehen. Wir stehen als Demokraten zur österreichischen Demokratie und vertrauen auch der österreichischen Demokratie. Aber es muss eine inhaltliche politische Auseinandersetzung mit dieser Gesellschaftsgruppe beziehungsweise mit dieser politischen Einstellung – nicht in Form von Türken versus Österreicher, sondern konservativ, streng konservativ-islamische Einstellungen und provokativ demokratische Einstellungen – stattfinden. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wenn wir die Trennlinie so aufbauen, dass wir sagen, hier sind die Türken und da sind die Österreicher, dann machen wir einen Fehler. (GR Mag Wolfgang Jung: Das ist ganz einfach. Wir haben eine Trennung von Kirche und Staat!) Denn ich weiß, dass sehr viele Türken, Kurden, Bosnier und sonstige auch im Votivpark die Veranstaltung unterstützt haben, die sehr friedlich verlaufen ist. Wir als Parteien sind aufgefordert, und da schaue ich die ÖVP an, weil die ÖVP derzeit mit zwei, drei migrantischen KandidatInnen in die Wahl geht. (GRin Ing Isabella Leeb: Mit Menschen, egal, wo sie herkommen!). – In der Berichterstattung steht, dass der Salzburger Kandidat ein Moslem ist. Als ich bei den GRÜNEN kandidiert habe, hat man nicht gesagt, das ist ein Migrant, Atheist, Kurde oder sonst etwas, sondern, es kandidiert Senol Akkilic. Diese Vielfalt der Normalität muss her. Der Umgang mit solchen Gruppen, um Wählerstimmen zu rekrutieren, darf uns nicht dazu verleiten, dass wir mit falschen Leuten Bündnisse schließen.

 

Herr Aichinger ist nicht da? Herr Juraczka, Sie kennen zum Beispiel den Herrn Hasan Vural. Hasan Vural soll laut Medienberichten die Demonstration am 23. Juni unterstützt haben und auch dazu aufgerufen haben, an dieser Demonstration teilzunehmen. Ich rate Ihnen, gehen Sie der Sache nach, denn wenn Herr Hasan Vural eine Demonstration für autoritäre Menschen unterstützt, möchte ich nicht wissen, was er sagt, wenn er in den Nationalrat einzieht. Ich fordere Sie auf, der Sache nachzugehen, welche Leute auf Ihrer Nationalratswahlliste in Wien stehen. (StR Mag Manfred Juraczka: Jetzt erklären Sie mir gerade, dass man diese Demonstrationen akzeptieren soll!) Gehen sie dem nach, eine autoritäre Demonstration für Erdogan am 23. Juni, zu der Erdogan live dazugeschaltet wird. Und der Herr Hasan Vural ... (StR Mag Manfred Juraczka: Was ist eine autoritäre Demonstration?) – Die Demonstration für Herrn Erdogan am 23.! (StR Mag Manfred Juraczka: Es gibt ein Demonstrationsrecht, es gibt keine autoritären Demonstrationen!) Ja, gut. Aber die ÖVP hat ja grundsätzlich damit ein Problem, weil die AKP Mitglied der europäischen Union der Volksparteien ist. Sie ist nach wie vor, obwohl Spindelegger Stellung bezogen hat, beim Bündnis dabei.

 

Einen letzten Satz noch zum Thema Eigentumfeindlichkeit der GRÜNEN: Schauen Sie, wenn die Reichen nicht das Eigentum in ihren Händen in Form von Aktien, Kapital und so weiter und so fort monopolisiert und stattdessen an die Bevölkerung verteilt hätten, dann hätten wir in der Gesellschaft mehr Eigentümer. – Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN. – Unruhe bei der ÖVP. – GR

 

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