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Gemeinderat, 43. Sitzung vom 26.09.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 42 von 68

 

Also hier ist einem Projekt ... Warte, wo ist meine Projektliste? Zum Beispiel habe ich hier die Unterstützung der Gesundheit senegalesischer Frauen oder die marginalisierten Kinder, auf die komme ich noch zu sprechen. Ich weiß nicht, ob Sie wissen, wie sich Entwicklungshilfe abspielt. Man muss nämlich in ein Land hinfahren und das Fahren funktioniert meistens nicht, weil man meistens über den Ozean muss und da muss man fliegen. Beim Flug braucht man Übergepäck und das kostet einmal viel Geld. Man bekommt von der AUA meistens Unterstützung, aber 20 000 EUR, das würde für den Hinflug mit einer kleinen Mannschaft nicht ausreichen. Deswegen muss ich sagen, bin ich gegen solche Alibiaktionen, meine Damen und Herren! Alibiaktionen brauche ich nicht in der Entwicklungshilfe. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Stattdessen sollte man, wenn man sich diese Projekte anschaut, sie auf Österreich übertragen. Wenn ich hier zum Beispiel von marginalisierten Kindern lese, also marginalisiert heißt, wenn ich das jetzt so interpretieren darf, Kinder am Rande der Gesellschaft, Kinder, die wahrscheinlich psychiatrische, psychologische Hilfe brauchen. (Aufregung bei GRin Mag Martina Wurzer.) Dann denken wir einmal an unsere Misere, an die Misere der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Es fehlen immer noch 300 Kinder- und Jugendpsychiater und dementsprechend setzen wir uns dafür ein.

 

Aber gehen wir vielleicht weiter. Diese Geschichte kennen wir ja schon. Da rede ich ja gegen die Wand. Aber Sie werden die Rechnung am Sonntag bekommen, meine Damen und Herren, Sie werden sie bekommen! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Darin lese ich von einem Projekt „Tageszentrum für Menschen mit Behinderungen in der Ukraine“. Reden wir einmal über unsere Behinderten. Es gibt ja Behinderte, die versuchen, integriert zu werden und in geschützten Tageswerkstätten arbeiten. Ich habe so eine Tageswerkstatt besucht und erfahren, dass dort die Behinderten nicht einmal ein Urlaubs- oder Krankengeld bekommen. Das heißt, wenn sie krank werden, bekommen sie kein Krankengeld und können zum Teil ihre Miete nicht bezahlen. Na, da hätten wir ja schon was für unsere 200 000 EUR, meine Damen und Herren! Das wäre ein Werk, das wäre richtig! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Das nächste Projekt Frauengesundheit. Da können wir einiges machen. Ich erinnere an unsere alte Hebammendiskussion, die wir noch immer nicht gelöst haben. Frauengesundheit beginnt zum Beispiel bei der Geburt. Die Hebammen in Wien verdienen noch immer nicht dasselbe wie in Niederösterreich und wandern immer noch nach Niederösterreich und auch ins Ausland ab. Dementsprechend wäre es einmal gescheit, das Gehalt endgültig anzugleichen und dafür zu sorgen, dass sie nicht nach Niederösterreich abwandern. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Dann hat man aus den Hebammen-Schülerinnen Hebammen-Studentinnen gemacht. Das ist ja sehr schön, wenn man aus Schülerinnen Studentinnen macht. Es ist ja ein toller Titel, wenn man dann in die Akademie geht statt in die Schule, es hat aber einen großen Nachteil: Studentinnen verdienen nichts. Jeder einzelne Student verdient wenig oder gar nichts. Während man zum Beispiel in Deutschland, wenn man Hebamme oder Hebammer lernt - es gibt auch männliche Hebammer, ja, ganz wenige, aber die gibt es, auch hier Gleichberechtigung, nur in die andere Seite -, so verdienen die dort Geld und dementsprechend ist es viel attraktiver, diesen Hebammenberuf in Deutschland zu erlernen, weil man dort mehr Geld verdient und sich wenigstens eine Wohnung leisten kann, was man in Österreich als Hebammenschülerin nicht kann. Dementsprechend wäre es vielleicht auch sinnvoll, dieses Geld für die Hebammenschülerinnen oder -studentinnen, wie sie jetzt heißen, einzusetzen. Auch hier wären die 200 000 EUR gut aufgehoben (Zwischenruf von GRin Nurten Yilmaz.), 200 000 EUR, die eigentlich der Bund zuschießen sollte.

 

Und weil man viel Gutes tun kann, meine Damen und Herren, komme ich zum letzten Punkt. Tun wir Gutes? Denken wir an unsere Kernaufgabe? Denken wir an die Wienerinnen und Wiener, nämlich an die Ärmsten von ihnen, und denken wir an den Winter? Gehen wir zurück: Was ist mit diesem Heizkostenzuschuss passiert, den sie so leichtfertig abgeschafft haben? Das kann nicht Ihr Ernst sein. Tun wir also Gutes im eigenen Land (Aufregung bei den GRÜNEN.), meine Damen und Herren, tun wir Gutes mit diesem Geld und führen wir den Heizkostenzuschuss wieder ein. Gut, Entwicklungshilfe also im eigenen Land, in der eigenen Stadt. Unser Geld für unsere Leut’! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Akkilic zum zweiten Mal. Die Restredezeit ist 16 Minuten und 7 Sekunden, bitte schön.

 

13.12.36

GR Senol Akkilic (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Vorsitzender! Sehr geehrter Berichterstatter!

 

Mit 200 000 EUR kann man in Wien selbstverständlich sehr viel machen. Mit 200 000 EUR kann man überall sehr viel machen, das ist ja nicht wenig Geld. (GR Mag Wolfgang Jung: Es sind eh Millionen insgesamt!) Die Frage ist die Einsetzbarkeit und die Sinnhaftigkeit des Geldes (GR Mag Wolfgang Jung: Nicht des Geldes!). Wir haben schon grundsätzlich darüber gesprochen, dass wir uns als Land, als Österreich, bei internationalen Abkommen auch dazu verpflichtet haben, Entwicklungszusammenarbeit zu leisten (GR Mag Wolfgang Jung: Als Österreicher! Wir sind in der Gemeinde!). In Deutschland haben die Bundesländer für sich eigene Richtlinien ausgearbeitet, wie sie anderen Ländern helfen können. Na, glauben Sie denn, dass es in Deutschland keine Menschen gibt, die von der Armut gefährdet sind? Selbstverständlich gibt es Leute, die von Armut gefährdet sind (GR Mag Wolfgang Jung: Deshalb müssen wir es auch so machen!), genauso wie in anderen Ländern. Die Sinnhaftigkeit einer Sache mit der Sinnhaftigkeit einer anderen Sache zu verwechseln, kann nur in einer verwirrten geistigen Situation entstehen. Natürlich setzen wir diese Gelder in jenen Ländern besser ein, weil unser Solidaritätsgedanke nicht in ein Schema hineinpasst, wo wir sagen, das sind unsere Leute, das sind die anderen Leute. Für mich gibt es nicht „die unseren Leute“. Für mich gibt es Menschen und für mich gibt es Politik für Menschen. Ihre Logik von „unseren Leuten“,

 

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