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Gemeinderat, 51. Sitzung vom 24.03.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 19 von 80

 

dafür habe ich keine Beweise, aber beweisen kann ich die Manipulation natürlich bei der Fragestellung. Denn eine Verkehrsberuhigung an sich ist ja nichts Schlechtes, das wünscht man sich ja sehr gerne – dass diese allerdings so aussehen soll, dass sie vom Westbahnhof bis zur 2er-Linie geht, mit Radfahrern und ohne Querungen, das haben Sie natürlich wohlweislich nicht abgefragt. Und Sie haben auch manipuliert beim Elektorat, weil Sie gesagt haben, ja, wir verzichten auf die Geschäftsleute, aber wir nehmen die EU-Bürger dazu und machen eine Befragung außerhalb der Wiener Stadtverfassung.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, glaubwürdige Politik sieht anders aus. Glaubwürdige Politik zeigt echtes Interesse an der Meinung der Bürger und steht natürlich zu dem, was sie versprochen hat. Aber da muss ich auch die SPÖ ein bisschen in Beziehung bringen, denn da gibt es auch ein Versprechen, das schon lange gemacht wurde, und zwar was die Zweitwohnsitzer betrifft. Hier hätten wir die Möglichkeit, mehr Staatsbürger als bisher mitbestimmen zu lassen. Und in Niederösterreich und im Burgenland ist es ja auch möglich, dass Wiener dort wählen können. Man verbringt fast sein halbes Leben an seinem Zweitwohnsitz und soll von der Wahl ausgeschlossen sein? – Völlig unverständlich, noch dazu unverständlich, wenn der Bürgermeister im Jahr 2001 ausdrücklich erklärt hat, dass dieses Wahlrecht für die Zweitwohnsitzer jetzt endlich kommen soll, und wir von der ÖVP dann noch einmal nachgefragt haben, im Jahr 2002 in einer Landtagssitzung, und uns der Bürgermeister wiederum bestätigt hat: Ja, ja das hätte ich schon gerne. – Wenn ich dann so etwas sage, erwarte ich, dass das dann auch durchgeführt wird. Bis heute ist nichts davon passiert.

 

Und jetzt komme ich natürlich auch zum Versprechen der grünen Vizebürgermeisterin, zu Frau Mag Vassilakou und zu ihrer Verpflichtungserklärung. Jetzt können Sie sagen, das ist fad, das haben wir schon so oft gehört. – Aber Sie haben sich dazu noch nicht geäußert, Sie haben noch nicht gesagt, diese Verpflichtungserklärung gilt jetzt für uns jetzt nicht mehr, aus welchen Gründen auch immer, weil wir jetzt in der Regierung sind oder weil die Opposition so böse ist oder weil die Geschäftsgrundlage weggefallen ist oder irgendeinen anderen Grund. Nein. Diese Verpflichtungserklärung haben wir noch immer: Jede Stimme soll gleich viel zählen, die Anzahl der Mandate soll möglichst genau ihrem prozentuellen Stimmenergebnis entsprechen und die Gesamtmandatszahlen der einzelnen Parteien sollen nach d’Hondt ermittelt werden.

 

Diese Verpflichtungserklärung hat die Frau Vizebürgermeisterin nicht nur für sich selbst abgegeben, nein: „Ich, Landtagsabgeordnete Mag Maria Vassilakou, Klubobfrau der GRÜNEN Wien, halte für die GRÜNEN Wien in Form einer Verpflichtungserklärung fest.“ – Leider Gottes kann keine Rede mehr davon sein, aber wir werden Sie weiterhin darauf aufmerksam machen, bis Sie uns zumindest eine Erklärung dafür gegeben haben, warum diese Verpflichtungserklärung für Sie nicht mehr gelten soll.

 

Aber Sie behandeln nicht nur die Wähler schlecht, die Sie kontrollieren sollten, sondern Sie behandeln auch die Gemeinderäte schlecht, die Sie kontrollieren sollten. Und jetzt bin ich beim Interpellationsrecht für Wien. Es ist ja wirklich unglaublich, dass für mehr als die Hälfte der Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge Gemeinderäte keine Fragen stellen dürfen, und das, obwohl sie auf Grund der Wiener Stadtverfassung die Oberaufsicht über die gesamte Finanzgebarung haben sollten. Ich frage Sie nur: Wie soll das funktionieren? Wie kann eine Kontrolle in dieser Stadt funktionieren, wenn nicht einmal Gemeinderäte die Möglichkeit haben, Fragen zu stellen, obwohl ihnen die Oberaufsicht über die gesamte Finanzgebarung zugewiesen ist. Die Wiener Gemeinderäte dürfen keine Fragen stellen zu den Stadtwerken, zur Wien Holding, zu Wiengas, Wienstrom, Wiener Linien, Bestattung Wien, Stadthalle, Vereinigte Bühnen Wien, ebs, Wiener Hafen, Wirtschaftsagentur, Fonds Soziales Wien, Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser und, und, und. Sie haben ein gestörtes Verhältnis zum Parlamentarismus und zur Kontrolle, Sie müssen sich das sagen lassen. (Beifall bei der ÖVP und von GR Dr Wolfgang Aigner.)

 

Selbstverständlich brauchen wir ein Fragerecht zu allen wesentlichen Bereichen in dieser Stadt. Selbstverständlich brauchen wir ein Wahlrecht, das so viele Staatsbürger wie nur irgendwie möglich mitbestimmen lässt, das die Persönlichkeitswahl stärkt, und ein Wahlrecht, in dem jede Stimme gleich viel wert ist. Und wir brauchen klare Regeln zur Abgrenzung einer Volksbefragung von einer Meinungsumfrage.

 

Wir brauchen aber auch den Ausbau der direkten Demokratie. Wir brauchen mehr direkte Demokratie in den Bezirken, wir brauchen eine Bezirksvolksbefragung, mit welcher bereits 5 Prozent der Bewohner eines Bezirkes eine Volksbefragung im Bezirk begehren können.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, kurz zusammengefasst: Wir brauchen mehr Demokratie und mehr Kontrolle für diese Stadt. (Beifall bei der ÖVP und von GR Dr Wolfgang Aigner.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren des Gemeinderates nur ein Mal zu Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist. Als nächste Rednerin hat sich Frau GRin Dr Kickert gemeldet.

 

10.43.38

GRin Dr Jennifer Kickert (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Die Frage oder das Thema der Aktuellen Stunde ist, im zweiten Teil zumindest, Parteitaktik oder BürgerInnennutzen. Auf die Frage der BürgerInnenbeteiligung bezogen und nach dem Parforceritt des Herrn Kollegen Ulm durch die unterschiedlichsten Bereiche der Demokratie, angefangen von Wahlrecht bis zu den Kontrollrechten des Gemeinderats, werde ich mich wieder auf die Frage konzentrieren: Was könnte denn der Nutzen sein beziehungsweise was ist wann Parteitaktik?

 

Nachdem dieses Beispiel ja schon erwähnt worden ist, möchte ich das exemplarisch am Beispiel der Umgestaltung der Mariahilfer Straße darstellen. Es war ja ein

 

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