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Gemeinderat, 51. Sitzung vom 24.03.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 80

 

Haus die einzige Europapartei ist und immer war, sehr geehrte Damen und Herren. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Das ist schon eine ziemliche Arroganz!)

 

Leider sind offenbar die Fakten, warum Europa auch uns und der Stadt Wien zum Vorteil gereicht, nicht besonders bekannt. Faktum ist jedenfalls: Wir haben profitiert! Faktum ist, dass Österreich durch den EU-Beitritt ins Zentrum gerückt und der Wohlstand gestiegen ist, und zwar vor allem durch den Export. Ohne EU-Mitgliedschaft hätten wir nicht diesen Wohlstand in Österreich und wäre es uns nicht gelungen, eine so hohe Exportquote zu erzielen. Mitte der 90er Jahre betrug die Exportquote in etwa 25 Prozent. 2013 – und nach der Wirtschaftskrise ist sie etwas zurückgegangen – betrug sie 40 Prozent, und der Großteil geht in die EU. Das ist die Erklärung, warum uns die Europäische Union Vorteile bringt.

 

Aber es ist klar: Die Europäische Union ist nicht perfekt. Dass in einer politischen Gemeinschaft mit einer halben Milliarde Menschen und für die halbe Milliarde Menschen Hoppalas passieren, ist natürlich klar. Und in Wirklichkeit muss man auch sagen, wenn man den europäischen Prozess kennt: Das, was dort initiiert wird, hat oft mit Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten oder der Regionen zu tun, die quasi anschieben und gewisse Dinge auf den Weg bringen wollen, und letztlich ist es dann nicht immer einfach, eine gemeinsame Meinung zu finden.

 

Aber im Hinblick auf diese vielen Hoppalas, sehr geehrte Damen und Herren, braucht die Stadt Wien den Vergleich nicht zu scheuen! So viele Fehler, wie dieser Stadtregierung in der letzten Zeit unterlaufen sind, sind in Europa nämlich wahrlich nicht passiert, obwohl der entsprechende Raum wesentlich größer ist. Und das ist der eigentliche Skandal dieser Stadtregierung! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Mitbestimmung und Partizipation lassen sich in Wien offenbar ohnehin nur mehr auf den Ausschuss reduzieren. Ich bin selten im Gleichklang mit dem einen oder anderen Freiheitlichen hier, aber die Art und Weise, wie der Europaausschuss in der faktischen Durchführung gehandhabt wird, ist in Wirklichkeit die Zeit nicht wert, dass man sich intensiv damit auseinandersetzt. (GR Ernst Woller: Das kann die ÖVP nicht wissen, denn Sie sind ja nicht da!) Es werden zahnlose Berichte gemacht ... (Zwischenruf von GR Dipl-Ing Rudi Schicker.)

 

Ich bin nur Ersatz! Aber wir waren letztlich immer vertreten, und weil diese Tagesordnung, Herr Klubobmann, so zahnlos und so wenig aussagekräftig ist und die inhaltlich wichtigen Punkte gar nicht diskutiert werden, geht es hiebei letztendlich auch um die Frage des demokratischen Verständnisses einer angeblich auf Solidarität – wie wir von der Vorrednerin Ihrer Fraktion gehört haben – ausgerichteten Fraktion.

 

Diese punktuellen Ausflugstätigkeiten mancher Stadträte und Veranstaltungen mit vielversprechenden Themen und wenigen Ergebnissen sind halt auch ein Zeichen dafür, wie wenig diese Europäischen Union in den Köpfen der Sozialdemokratie angekommen ist, sehr geehrte Damen und Herren! Aber ich kann mir auch vorstellen, warum. Wenn man ein wenig den Prozess der Europäischen Union kennt, was leider nicht immer bei sehr vielen der Fall ist, dann verstehe ich auch diese Zurückhaltung bei den Tagesordnungspunkten zum Europaausschuss.

 

Ich nehme jetzt als Beispiel das sogenannte „Europäische Semester“: Dieses ist nichts anderes als ein Kontrollelement, das die EU ausgearbeitet hat und das für die Mitgliedstaaten, vor allem aber auch für die Regionen verpflichtend ist und bei dem es sogenannte Empfehlungen gibt. Und ich habe mir die letzte Empfehlungsliste sehr genau angeschaut: Diese geht nicht nur den Bund etwas an, sondern sie geht vor allem auch die Regionen und in vorderster Front die Stadt Wien etwas an. Dort werden unter anderem letztlich auch die strukturelle hohe Verschuldung der Stadt, das hohe Budgetdefizit beziehungsweise die fehlende Harmonisierung des Pensionssystems kritisiert.

 

Im Hinblick darauf stelle ich die Frage: Wer hat das denn letztendlich hier in der Hand, wenn nicht die Stadt Wien, die nicht bereit zu Reformen ist? Und Wien tut sich auch schwer, entsprechend einer Empfehlung der Europäischen Kommission die Abgabenbelastung für Bezieher niedriger Einkommen – Stichwort Solidarität, Frau Vorsitzende! – zu verbessern. Wien tut genau das Gegenteil mit der Erhöhung der Abgaben. Dafür findet man kein vergleichbares Beispiel in der Europäischen Union. Und genau das tut letztendlich den Beziehern kleiner Einkommen weh! In diesem Zusammenhang tut Wien genau das Gegenteil von dem, was die Europäische Union empfiehlt, weil das einfach die richtige Politik ist. In Wien wird das aber nicht richtig umgesetzt, sehr geehrte Damen und Herren!

 

Dasselbe gilt auch für die Verkehrs- und Mobilitätspolitik: Wir haben das größte Interesse daran, hier intensiv mit der Europäischen Union zusammenzuwirken und die europäischen Korridore auszugestalten, damit wir auch verkehrspolitisch im Mittelpunkt von Mittel- und Osteuropa landen. Das brauchen wir auch für den Wirtschaftsstandort Österreich. Wir brauchen einen wichtigen Zusammenhalt im Rahmen der transeuropäischen Netze und Knotenpunkte, und Wien muss dafür auch einen entsprechenden Beitrag leisten. Das erfordert natürlich auch eine entsprechende Mitwirkung der Region Wien, aber in dieser Koalitionsregierung scheint offenbar nicht immer die richtige Zielrichtung verfolgt zu werden, denn Verkehrspolitik ist hier nicht gerade ein strategischer Schwerpunkt, wie wir gemerkt haben.

 

Deshalb bin ich Kommissar Hahn sehr dankbar, dass er jetzt wenigstens die Donauraumstrategie, trotz nicht immer sehr kooperativer Mitwirkungsprozesse, auf den Weg gebracht hat, und ich denke, das wird dem osteuropäischen Raum und auch der Stadt Wien sicherlich zu Gute kommen!

 

Ich möchte jetzt nicht die Stadtplanung im Detail ansprechen, die sich im Rahmen der europäischen Facette auch wenig einbringen lässt. Etwas möchte ich aber doch sagen: Wenn in diesem Raum von Seiten einiger Stadträte immer wieder die Rede davon war, dass man sich beispielsweise in der Seestadt Aspern oder auch in

 

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