«  1  »

 

Gemeinderat, 52. Sitzung vom 29.04.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 79

 

Jetzt noch ein letzter Aspekt von meiner Seite: Die von den Unternehmen zu bezahlenden Gewinnsteuern in Österreich sind niedrig. Der niedrige Steuersatz und eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten führen dazu, dass die Einnahmen an Gewinnsteuern in Österreich in Relation zum Bruttoinlandsprodukt bei nur 2,3 Prozent liegen – im OECD-Durchschnitt sind es 3 Prozent. Und da möchte ich – das ist auch noch wichtig – als Gewerkschafterin betonen, dass die österreichischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen von einer unterdurchschnittlichen Besteuerung nur träumen können. Deshalb brauchen wir dringend eine Steuerreform, die eine spürbare Senkung des Einstiegssteuersatzes mit sich bringt. Diese Maßnahme würde per se zwar keine Arbeitsplätze schaffen (GR Mag Wolfgang Jung: Gehen Sie zum Bundeskanzler! Nicht wünschen, tun Sie es!), aber diese Maßnahme würde dazu führen, dass Arbeiten, Erwerbsarbeit sich wieder ein Stückchen lohnt. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Dr Aigner zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

11.04.06

GR Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar)|: Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Das ist fürwahr ein wichtiges und brandaktuelles Thema. Ich möchte am Beginn meiner Ausführungen meine Überzeugung voranstellen, dass die beste Arbeitsmarktpolitik eine gute, aktive Wirtschaftspolitik ist. Eine Wirtschaftspolitik, die Unternehmertum ermöglicht, die Industriebetriebe im Land hält und zusätzliche Industriebetriebe auch nach Österreich bringt. Das ist die Herausforderung, vor der wir stehen. Von Seiten der Arbeitsmarktpolitik kann man nur versuchen, allfällige Defizite im Schul- und sonstigen Ausbildungssystem zu beseitigen, aber ohne Unternehmen, die Arbeitsplätze zur Verfügung stellen, hat das Ganze relativ wenig Sinn.

 

Und da befinden wir uns in einem globalen Wettbewerb mit verschiedenen großen Wirtschaftsräumen auch innerhalb der sogenannten entwickelten und industrialisierten Welt. Die Amerikaner haben die Zeichen der Zeit schon längst erkannt und versuchen, durch entsprechende steuerliche Maßnahmen, durch Maßnahmen im Bereich der Energie, der Umweltstandards ganz gezielt hochwertige Arbeitsplätze in ihr Land zu ziehen. Und da sind wir in einem Wettbewerb, Amerika ist ein hochindustrialisiertes und -technisiertes Land.

 

Wenn die Frau Kollegin vorhin vom Schlechtreden des Wirtschaftsstandortes gesprochen hat, sehe ich das anders. Ich glaube, dass die Industriemanager nicht leichtfertig mit Abwanderung drohen oder Abwanderungen in den Raum stellen, sondern dass sie einfach aufzeigen, einen Hilferuf an die Politik abgeben wollen, dass es in Österreich immer unrentabler und immer schwieriger wird, ordentliche Industriebetriebe im Land zu halten. Und diesen Hilferuf soll man nicht abtun, sondern das ist ein Alarmzeichen. Denn wenn es einmal die Voest nicht mehr gibt, wenn der Palfinger weggeht, und so weiter, hängen ja auch sehr viele Klein- und Mittelbetriebe daran.

 

Da muss man aber auch sagen, dass die Infrastruktur wichtig ist. Denken wir an die Bedeutung der Autoindustrie, dazu gehört halt auch, dass man mit den Autos, die bei uns produziert werden, auch fahren kann. Jetzt schauen Sie sich bitte Ihre Verkehrspolitik an. Die Verkehrspolitik geht nur in die Richtung, möglichst nicht mehr Auto zu fahren. Aber wenn die Leute nicht mehr Auto fahren können und alles erschwert wird, dann werden sie keine Autos mehr kaufen, und wenn keine Autos gekauft werden, dann werden die Autos woanders produziert, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Und dann sagt man, das ist ein Angriff auf die Arbeitnehmer. – Ich glaube, Arbeitgeber und Arbeitnehmer sitzen doch genau in einem Boot. Ich weiß nicht, woher Sie das mit den vielen Dividendenzahlungen haben, denn so viele große Aktiengesellschaften haben wir bei Gott nicht mehr, dass da wahnsinnig viel Dividenden ausgeschüttet werden. Es geht schlicht und einfach darum, sind wir konkurrenzfähig oder nicht.

 

Zur Arbeit gehört auch, dass Arbeit sich lohnen muss. Dass wir sinkende Realeinkommen haben, liegt nicht daran, dass die Gewerkschaft nicht gut verhandelt und dass die Arbeitgeber knausrig sind, sondern daran, dass immer mehr wegbesteuert wird. Ich meine, nachdem heute Budgetrede ist: Wenn man die Rezeptgebühr Jahr für Jahr automatisch anhebt, wenn man die Parkgebühren und andere Gebühren anheben kann, kann man mit einem Federstrich die Steuerstufen anheben und dann gibt es diese kalte Progression nicht. Das Problem ist nur, dass die Einnahmen aus der kalten Progression für die nächsten zehn Jahre schon im Vorhinein ausgegeben worden sind und deshalb kann man das Ganze nicht reparieren. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Da beißt sich dann irgendwo die Katze in den Schwanz. Die nominellen Gehälter gehen ein bisschen in die Höhe und real bleibt immer weniger über, dann wird weniger eingekauft, und so weiter, und dann sind wir genau in der wirtschaftlichen Misere drinnen, in der wir uns eben befinden. Und wann immer man einen Vorschlag macht, zu Einsparungen im Speck, der sich angesetzt hat – wir haben es heute in der Fragestunde gesehen –, dann gibt es hundert Gründe, warum es nicht geht. Diese hundert Gründe mal Tausend, mal einer Million, und so weiter, sind genau die Milliarden, die uns letztendlich fehlen, die den Betrieben fehlen, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern fehlen, die uns im Konsum fehlen und die uns immer weiter ins Hintertreffen geraten lassen.

 

Das ist auch wirklich etwas, was wir uns auch im Rahmen der EU massiv überlegen müssen. Wir brauchen nicht in allen möglichen Bereichen den Musterschüler spielen. Ich denke da auch gerade an diverse bürokratische Vorschriften. Es kommen so viele unsinnige Vorschriften aus Brüssel. Jetzt werden dann die Speisekarten im Restaurant wie der Beipacktext eines Medikamentes sein, als ob das Schnitzel irgendetwas ist, vor dem man sich fürchten müsste. Auch das hindert Beschäftigung, das hindert Unternehmertum, das ist unsinnige Bürokratie. Das ist eine Selbstbeschäftigung eines völlig sinnlos gewordenen bürokratischen Apparates und das hat alles mit dem Frieden in Europa überhaupt nichts

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular