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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 23.05.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 75

 

unsensiblen Thema in Rage geredet haben. Keiner der beteiligten Parteienvertreter hat allerdings ob der Aktualität eine Seite angesprochen, die auch in der Demokratie eine große Rolle spielen muss: Wer im Mai in der Mariahilfer Straße und Umgebung öfters zu Hause oder zugegen war, weiß, mit welchem Chaos man dort gerechnet hat, wenn Demonstrationen stattgefunden haben. Es gab frustrierte Autofahrer, man hat verängstigte Fußgänger angetroffen, die sich ob gewisser Protestierender mit eigenartigen politischen Forderungen hier nicht immer nur wohlgefühlt haben. Keiner von Ihnen hat auch diese Seite angesprochen: Zu verdanken ist dies einer rechten wie linken – und ich betone das hier ganz eindeutig – Demo-Community, die das Protestieren zum Selbstzweck gemacht hat und wahrscheinlich zum Freizeitvergnügen. (GR Mag Wolfgang Jung: Bitte, wie viele rechte Demos hat es 2013 gegeben?!) – Einige, auch einige. (GR Mag Wolfgang Jung: Laut Polizei 2013 keine einzige!) – Ich glaube, Herr Kollege Jung, wir können uns doch in diesem Haus gemeinsam darauf einigen, dass wir, bevor wir über Quantität sprechen, über Qualität sprechen und dass wir solchen extremen Gruppen grundsätzlich keine Unterstützung anvertrauen. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist nicht die Politik, die wir brauchen. Wir brauchen Konsens, wir brauchen Zusammenhalt in der Stadt, aber sicher keine ständige Polarisierung. Aber so hat es hier auch wieder gewirkt. Und damit geht in unserer Stadt Wien leider viel zu wenig an Positivem weiter.

 

Lassen Sie mich ganz deutlich sagen: Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut. Es ist das höchste Gut einer Demokratie, dafür müssen wir einstehen, das müssen wir verteidigen. Aber es gehört auch richtig dosiert und vor allem so eingesetzt, dass es auch im Sinne aller Beteiligten ist. Ein Demonstrationsrecht hat auch damit zu tun, dass man nicht eine Straße ganz einfach in Misskredit bringen kann, dort letztendlich auch Mitarbeiter und Geschäftsleute ständig belästigt, die auch ihre Interessen, auch ihre Grundrechtsinteressen gewahrt haben wollen.

 

Ich kann sagen, dass wir auch als ÖVP ganz klar für diese Demonstrationsfreiheit eintreten und auch davon Gebrauch gemacht haben. Beispielsweise dadurch, dass diese rot-grüne Stadtregierung die Parkraumbewirtschaftung und die 150 000 Menschen, die dagegen unterschrieben haben, einfach ignoriert hat. Wir haben Protestmaßnahmen gesetzt, aber so gesetzt, dass damit keine Gegend dauernd blockiert war, in keiner Art und Weise ein Gebiet drangsaliert worden ist, sondern so, dass wir uns ganz effektiv auch hier mit unserer anderen politischen Meinung Gehör verschafft haben. Auch so kann man Demonstrationen ausrichten. Das ist zumindest das Verständnis, wie wir es als ÖVP hier auch an den Tag legen und realisieren, sehr geehrte Damen und Herren.

 

Es muss einfach eine Balance zwischen unterschiedlichen Grundrechten gegeben sein, aber auch das Grundrecht der Erwerbsfreiheit und das Grundrecht der Bewegungsfreiheit. Und ich sage das ganz offen: Es haben mir einige Bewohnerinnen und Bewohner von Innenbezirken gesagt, dass sie Probleme hatten, weil sie eine Fernreise angetreten haben, sie mussten zum Bahnhof fahren, konnten dort nicht hinfahren, weil durch eine Demonstration wieder einmal eine Straße längere Zeit gesperrt war. Das ist sicherlich auch nicht jene Art von Grundrechtsverständnis, für das Sie, sehr geehrte Damen und Herren, hier eintreten.

 

Ich habe mir die gesamten Demonstrationen ausgehoben, die in der Innenstadt, am Ring, et cetera stattgefunden haben. Am Ring waren es etwa 80 jedes Jahr, auf der Mariahilfer Straße gibt es jede Woche etwa ein bis zwei Demonstrationen. Das hat schon eine gewisse nachhaltige Wirkung auf diese Menschen, die auch dort ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, die dort leben müssen, und die natürlich hier auch entsprechend Interessen zu vertreten haben.

 

Aber lassen Sie mich zur Mariahilfer Straße als grundsätzliches Projekt sprechen, denn sie ist hier doppelt belastet. Die Mariahilfer Straße hat durch diesen Pilotversuch schon an Umsätzen eingebüßt, und durch den Umbau haben wir auch einen großen Verlust von etwa 60 Millionen EUR bei den Geschäftsstraßen zu befürchten. Und ich kann Ihnen noch eines sagen: Diese Probleme gibt es, auch wenn das der Kollege Maresch immer wieder ignoriert, weil er ganz gerne seine Kernklientel bedienen will, die immer kleiner wird. (GR Mag Rüdiger Maresch: Unsere Klientel wird nicht immer kleiner!) Aber eines sei Ihnen auch gesagt: Die langfristigen Leerstände, denken Sie nur an Slama oder Hintermayer, sind ein Problem. Die Parkgaragen haben einen Frequenzrückgang von bis zu 30 Prozent. Die Trafikanten, die ein Indikator für Laufkundschaft sind, müssen schon wegen Frequenzrückgang Mitarbeiter entlassen. Und es sind natürlich auch Ausbauentscheidungen von Geschäften zurückgestellt worden.

 

Es wird einige Gewinner geben, die Mehrzahl, meine Damen und Herren, sind Verlierer. 60 000 Menschen arbeiten auf dieser Straße, finden dort eine sichere Stelle, und auch die haben ein Recht darauf, dass ihre soziale Sicherheit auch in Hinkunft gewährleistet ist. Und daran sollten wir gemeinsam arbeiten, nämlich auch mit entsprechenden Querungen auf der Mariahilfer Straße. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächste Rednerin hat sich Frau GRin Hebein zu Wort gemeldet. Ich erteile das Wort. (GR Mag Wolfgang Jung: Jetzt erzählt sie uns wieder die Geschichte von der Schwangeren, die sie verbreitet hat!)

 

11.06.21

GRin Birgit Hebein (Grüner Klub im Rathaus)|: Herr Abgeordneter Jung! (Heiterkeit bei der FPÖ.) Sie sind jetzt nicht am Wort, ob es Ihnen gefällt oder nicht.

 

Demonstrations- und Versammlungsfreiheit sind Grundrechte, die sind nicht verhandelbar, werte FPÖ. Nicht verhandelbar! Wir reden über Grundrechte, dass es Ihnen nicht gefällt, ist schon länger bekannt. Sie haben ja immer wieder Anträge gestellt, dass die Mariahilfer Straße zu einer Tabuzone wird. Und Sie ignorieren völlig die Urteile des Verfassungsgerichtshofes, unlängst wieder an Hand von zwei Beispielen: anhand von (GR Johann Herzog: Gewaltfreie Demonstrationen!) WKR

 

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