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Gemeinderat, 54. Sitzung vom 23.06.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 25 von 105

 

wortlich, dass Wien im Vergleich mit München, im Vergleich mit anderen deutschsprachigen Städten noch niedrige Wohnungspreise hat.

 

Jetzt kommen wir dorthin zurück, wo die Kameralistik anscheinend gerne durch eine Bilanz abgelöst werden soll. 7,9 – wenn man sich das Geldinventar anschaut und noch ein paar Verwaltungsförderungen durchliest, käme man sogar auf 8,68 Milliarden ausgewiesene Schulden der Stadt Wien – auf der Seite der Passiva. Das sind die Schulden.

 

Was steht denn da als Aktiva gegenüber? Sie sagen immer, das gibt es alles nicht. Da stehen als Aktiva einmal Ausleihungen 4,8 Milliarden EUR gegenüber. Wenn man von Schulden spricht, die man bedienen muss, dann sollte man auch von Forderungen sprechen, bei denen man davon ausgehen kann, dass man das Geld erhält. Ich gebe Ihnen recht, dubiose Forderungen – wer den Buchhaltungsbegriff kennt – sind nicht zu erwähnen. Wenn man schon weiß, dass man das nicht bekommt, ist es besser, man lässt es nicht in der Buchhaltung drinnen. Sonst kommt das Finanzamt und sagt, das hätte man schon lange herausnehmen müssen. – Aber dabei handelt es sich nicht um dubiose Forderungen, sondern bei diesen Ausleihungen sind größtenteils Forderungen entweder im Rahmen der Siedlungswasserwirtschaft, Wohnbaudarlehen beziehungsweise Investitionsdarlehen et cetera – 4,8 Milliarden EUR.

 

Wien hatte, wenn Sie das lesen, am 31.12. auch 2 Milliarden EUR Bankguthaben. Da sind wir schon einmal auf 6,8 Milliarden EUR. Und dann nehme ich noch die Beteiligungen und Wertpapiere der Stadt Wien – ja, wir wollen sie nicht verkaufen, aber sie sind trotzdem etwas wert, und zwar 1 Milliarde EUR. Somit sind wir auf 7,8 Milliarden EUR. Und dann gibt es noch weitere ausgewiesene Forderungen von 1,3 Milliarden. Das heißt, die Aktiva, die Forderungen, der Bestand der Forderungen sind höher als die ausgewiesenen Schulden. Ich finde es ja okay, dass Sie über die Schulden der Stadt Wien sprechen, aber bitte mit … (GR Mag Alexander Neuhuber: Wir haben ja nicht Überschuldung gesagt!) – Von einer Überschuldung ist ja noch überhaupt keine Rede, solange Forderungen und Aktiva … (GR Mag Alexander Neuhuber: Akiva!) – Kollege Neuhuber, jetzt haben Sie mich echt irritiert, denn das würde ja bedeuten, dass wir jedem einzelnen Unternehmen vorwerfen könnten, es ist verschuldet. Denn es gibt keinen Unternehmer, der nicht verschuldet ist, und sei es nur einmal kurz zwischendurch.

 

Also, ich stelle fest und wir nehmen hoffentlich alle gemeinsam zur Kenntnis: Wiener Wohnen ist ein hochsolventes Unternehmen. Die Stadt Wien selbst hat mehr Aktiva als Passiva. Das heißt, saldiert man Schulden und Forderungen und Guthaben, dann kommt heraus, die Stadt Wien hat im Gegensatz zu anderen Körperschaften ein Plus. (GR Mag Alexander Neuhuber: Bilanzieren wir, dann schaut es noch besser aus!) – Noch viel besser. Wobei dabei natürlich die Schwierigkeit zu Tage treten würde – das wissen Sie, deshalb ist auf Bundesebene ja auch keine Bilanzierung im Sinne des Unternehmensrechtes, sondern eine angepasste Bilanzierung gewählt worden –, dass natürlich Bewertungsfragen offen bleiben, die sich nicht so einfach lösen lassen und die sich – dass muss man schon dazusagen – auf Gemeindeebene noch viel schwerer lösen lassen als auf Bundesebene. Das ist ja das zentrale Problem.

 

Die Stadt Wien wird und will und wird und will und wird und will die Wasserversorgung nicht verkaufen. Wie viel ist denn das alles wert, sowohl die Grundstücke, auf denen sich die Quellen befinden, inklusive der Wasserleitungen bis hin zum Endverbraucher? Bewerten oder nicht bewerten? Selbiges gilt natürlich fürs Abwasser, für Wien Kanal. Selbiges gilt – wobei ich nicht verhehle, dass es sich dabei um eine politische Entscheidung handelt, und zwar um eine politische Entscheidung, die wichtig ist im Interesse der Wienerinnen und Wiener – für die Spitäler.

 

Ja, es zeigen uns andere Länder, andere Städte mit anderen politischen Systemen, anderen Sozialversicherungssystemen, anderen Steuersystemen, dass Spitäler im großen Stil auch privat geführt werden können. Sie zeigen aber auch, dass es in diesen Ländern – und jetzt machen wir einen Blick in die Vereinigten Staaten – ein unglaubliches Auseinanderklaffen gibt zwischen medizinischer Hochleistung, die einigen wenigen zu Gute kommt, und zwischen gar keiner medizinischen Leistung, die bis vor Kurzem vielen US-Amerikanern zuteil wurde. Erst jetzt, nach der sich langsam entwickelten Gesundheitsvorsorge „Obamacare“, die auch noch weit entfernt ist von unserer Sozialversicherung, wird dort die Gesundheitsleistung auch einer breiteren Masse zur Verfügung gestellt.

 

Vermögenssteuern sind ja für mich überhaupt keine Religion oder so etwas. Ich schicke vorweg, es gibt wahrscheinlich keine gemeinsame Definition von Gerechtigkeit, sonst gäbe es nicht unterschiedliche politische Parteien. Aber in meiner persönlichen Wertehaltung, in meiner persönlichen Vorstellung von Gerechtigkeit hielte ich es für sinnvoller, wenn die Lohn- und Einkommenssteuer gesenkt und dafür Vermögen stärker belastet werden würde. Ich halte das für sinnvoller. Ich halte es auch für gerechter. Wenn, wie bei der jüngsten Studie aufgezeigt wurde, 5 Prozent der Bevölkerung die Hälfte am Vermögen hält, die Vermögenskonzentration also unglaublich hoch ist, und ich nach wie vor der Meinung bin, dass es wichtig ist, öffentliche Dienstleistungen weiterhin öffentlich zu gestalten – so wie man das in Wien auch sieht –, dann braucht man auch eine Steuerfinanzierung.

 

Und damit komme ich zum letzten Punkt, den ich mir noch aufgeschrieben habe, weil dies ja auch vom Kollegen Aichinger, nein, ganz am Anfang vom Kollegen Juraczka gesagt wurde. Ich will die Zahl überhaupt nicht bestreiten: Abgabenbelastung durchschnittlich 750 EUR pro Jahr für einen Wiener/eine Wienerin, hat er, glaube ich, gesagt, und 500 EUR für alle anderen. – Aber stellen wir dem gegenüber, was man in Wien dafür bekommt. Stellen wir dem gegenüber den Kindergarten – ein Mehrfaches. Stellen wir dem gegenüber die 365 EUR für die Jahreskarte. Stellen wir dem überhaupt die Frage der Finanzierung von Mobilität gegenüber. Stellen wir dem

 

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