Gemeinderat, 54. Sitzung vom 23.06.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 62 von 105
Das Biedermeier-Haus ist zweigeschoßig, und daneben stand der Monsterbau des fünf-, sechsgeschoßigen Gründerzeit-Hauses.
Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten, und ich bitte Sie nur, die Größenordnungen ein bisschen im Gefühl zu haben. 10 bis 15 Jahre Bevölkerungswachstum wie derzeit heißt, die Stadt Graz innerhalb von 10 bis 15 Jahren mitten nach Wien zu bauen! Nicht nur die Wohnungen, sondern auch die Schulen, die Kindergärten, die Verwaltungseinrichtungen, die Sozialeinrichtungen, die Wirtshäuser, die Kinos, das heißt das.
Das können wir entweder flach verdichtet machen. Nehmen Sie nur eine Karte von Wien her und projizieren Sie Graz darauf: Dann bleibt vom Grün nichts übrig. Oder Sie verdichten! Entlang von U- und S-Bahnen, dort, wo Transformation stattfindet. Ich meine jetzt insbesondere ebenerdige Verkaufsareale, wo jetzt sehr viele Parkplätze zu entwickeln sind. Wir waren in der STEKA mit dem Projekt Franzosengraben, wo jetzt ein großer Parkplatz ist. Dort sollen und, da bin ich sicher, werden auch einige Menschen, vielleicht auch verständlich, dagegen protestieren. Dort kommen drei Hochhäuser hin.
Wir wollen verdichten, um eben für gewisse Bereiche, große Bereiche der Stadt Grün frei zu halten, und zusätzlich auch dort, wo verdichtet wird, dazwischen begrünen. Ja, wenn ich sage, das, was jetzt ist, ist sakrosankt, dann muss ich es kritisch sehen, dass es da zu höheren Verdichtungen kommt. Aber zwei Dinge gehen nicht zusammen - und ich wende mich jetzt bewusst sozusagen an eine dialogfähige Partei -: Man kann nicht einerseits sagen, das Wiener Stadtwachstum wird unterstützt und wir müssen Wohnungen bauen, und gleichzeitig sagen, ja, aber haltet es unten!
Agiert man in einer Regierung anders als in der Opposition? Ich enthülle ein Geheimnis: Ja, man agiert in einer Regierung anders als in Opposition. Ich will jetzt gar nicht groß auf die Regierungszeit der ÖVP verweisen. Es ist einfach so, es sind andere Perspektiven, es sind auch andere Rollen. Das heißt nicht, dass man Prinzipien über Bord wirft, aber dass man auch die Komplexität einer Stadtentwicklung versteht. - Das ist das eine.
Etwas Zweites will ich jetzt ganz allgemein sagen, weil das wirklich eine Herausforderung ist und ein bisschen vom Prinzip her auf die Verkehrspolitik eingeht. Wenn wir eine Stadt in der Größenordnung von Graz nach Wien bauen, werden wir eines nicht tun: dasselbe Autobahn- und Straßennetz in jenem Ausmaß bauen können und wollen, wie es in Graz ist! Es gibt eine autobahnähnliche Straße, die auch umstritten ist, die kommen wird, die wichtig ist. Jetzt will ich das gar nicht groß differenzieren, die wird kommen, das ist die Stadtstraße im 22. Bezirk. Aber große weitere Autobahnen und große Schnellstraßen wird es nicht geben.
Das heißt, wir können nur dann diese neue Stadt, die kommt - und noch einmal: hallo, die zweitgrößte Stadt Österreichs innerhalb von 15 Jahren! -, realisieren, wenn es zu einem signifikant anderen Verkehrsverhalten kommt. Das ist eine Herausforderung. Aber das ist nicht etwas, was in Wien allein so passiert - ob das Paris ist, ob das New York ist, ob das Madrid ist, ob das sehr viele andere Städte sind, ob das witzigerweise viele US-amerikanische Städte sind, die auch redimensionieren, auf Light Rail gehen und verstehen, dass man das mit dem Autoverkehr nicht lösen kann.
Meine letzte Minute für den Vorwurf vor allem an Maria Vassilakou: Nun, wie ist das mit der Bürgerbeteiligung? Bürgerbeteiligung heißt nicht Bürgerkonsensbeteiligung! Das will ich einmal ganz laut und deutlich sagen. Es ist klar, das ist das Wesen der Demokratie, und da bin ich glücklich und stolz für uns alle, in Wien zu leben, wo Konflikte so ausgetragen werden, wie sie ausgetragen werden: transparent, aber in einer gewissen Grundhaltung der Wertschätzung.
Ich bin mir dessen auch ganz bewusst angesichts der Weltlage. Ich bin zwar Kommunalpolitiker und bin froh, dass ich damit beschäftigt bin und mich nicht mit dem Irak, mit Syrien, mit Libyen, mit all den Dingen auseinandersetzen muss, die vor unserer Haustür sind. Da wird mir nämlich ganz schön schwummrig. Sollen wir stolz sein, dass wir es haben, wie wir es haben!
Das heißt aber nicht, dass wir das im Konsens abwickeln. Ja, zu jedem einzelnen dieser Projekte wird es Proteste geben! Die Frage ist: Wie gehen wir darauf ein? Letztendlich wird es Kompromisse geben. Diese Kompromisse werden nicht alle zufrieden machen, sind aber ein Weg des Ausgleichs und sind ein Weg einer Wiener Kultur des Ausredens, auf die ich stolz bin. Wir werden da noch sehr viel in den nächsten Jahren zu tun haben, diesen Herausforderungen des wachsenden Wiens in diesem Bereich gerecht zu werden. - Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zum Wort gemeldet ist GR Irschik. Seine Redezeit wird auf 10 Minuten eingestellt.
GR Wolfgang Irschik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Damen und Herren des Wiener Gemeinderates!
2013 erreicht also die Stadt Wien erstmals einen Schuldenstand von mehr als 5 Milliarden EUR! Das bedeutet einen neuen Schuldenrekord. Trotzdem hat die rot-grüne Stadtregierung der Wiener Wirtschaft insgesamt 201 Millionen EUR an beschäftigungswirksamen Investitionen entzogen.
Wir haben heute einiges gehört, auch von der Frau Finanzstadträtin oder vom Klubobmann Schicker, man möge doch den U-Bahn-Bau forcieren. Na ja, wenn man sich die Zahlen anschaut, stimmt da irgendetwas nicht. Denn der Rechnungsabschluss 2010 weist noch eine Summe von 288 Millionen EUR aus, und der von 2013 nur mehr 164 Millionen EUR. Da fehlen dann also 124 Millionen EUR an Investitionen für den U-Bahn-Bau. Wie das dann forciert werden soll, das wissen nur der Herrgott und die rot-grüne Stadtregierung.
Meine Damen und Herren! Jetzt kommen wir zum U-Bahn-Ausbau. U6: Gehen wir ein bisschen in die Vergangenheit, bis 2010. Bis 2010 hatte ja die SPÖ hier im Wiener Gemeinderat, hier in Wien die absolute Mehrheit,
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