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Gemeinderat, 54. Sitzung vom 23.06.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 98 von 105

 

Mittel auf diesem kompetitiven Weg, für einen sehr guten Weg, vorausgesetzt natürlich, dass eine ausreichende Basisfinanzierung vorhanden ist.

 

Rektor Engl von der Universität Wien hat in seinem Vorwort zum Wissenschaftsbericht auf etwas hingewiesen, das, finde ich, eine Bemerkung wert ist, nämlich: „Österreichs Universitäten bilden viel und gut aus – unterm Strich profitiert Österreich aber zu wenig davon. Mehr AbsolventInnen gehen ins Ausland, als nach Österreich kommen. Dieser Entwicklung gilt es gemeinsam gegenzusteuern.“ – Zitat Ende. Nun gibt es schon Ansätze in Österreich, diese „brain circulation“, wie man das auf Neudeutsch nennt, zu fördern. Schrödinger-Stipendien zum Beispiel des FWF oder die Vienna Research Groups, ein besonderes Programm des Wiener WWTF. Aber darüber hinaus –, und das ist eine der Plattitüden, die Frau Leeb in meinem Jahresbericht immer zu lesen vorgibt – ist das Fremdenrecht in Österreich hinderlich, als Ökonom würde ich sagen, Humankapital nach Österreich zu bringen, das heißt, intelligente, junge Leute nach Österreich mit vertretbarem Aufwand zu bringen.

 

Im „Standard“ von heute beispielsweise gibt es eine ganze Seite über die Schwierigkeiten, die Sie als intelligenter junger Mensch haben, wenn Sie aus einem sogenannten Drittstaat kommen, also nicht aus der Europäischen Union, sondern aus einem Drittstaat – mit Visumerteilung, Aufenthaltsbewilligung, den Fristen, die jeweils verstreichen, und so weiter, und so fort. Viele scheitern schon an der jeweiligen österreichischen Botschaft im Ausland. Da haben Sie noch Glück, wenn Sie bis zur MA 35 vordringen; dann haben Sie noch mehr Glück, wenn Sie dann rechtzeitig Ihr Studium beginnen können.

 

Aber es gibt noch was anderes in diesem Zusammenhang. Österreich wendet relativ viel Geld dafür auf, dieses Humankapital, diese intelligenten jungen Leute, wenn sie denn nun in Österreich sind, auszubilden, also studieren zu lassen, auszubilden und schließlich mit einem akademischen Grad zu entlassen, auch wenn sie aus dem Ausland, aus sogenannten Drittstaaten kommen. Es wäre doch im österreichischen Interesse, diese Leute, wenn sie denn hier studiert haben – das heißt automatisch, dass sie auch ausreichend Deutsch können – und einen Titel einer Universität in Österreich haben, hier zu behalten, wenn sie denn wollen und in den österreichischen Arbeitsmarkt zu integrieren, statt hunderttausende Euro sozusagen à fonds perdu in der Ausbildung stecken zu lassen.

 

Ich hatte neulich den Fall einer gebürtigen Libanesin, die im Libanon studiert hat, dort einen akademischen Grad erworben hat, nach Österreich gekommen ist, hier weiterstudiert hat und an einer Universität in Wien den Master erworben hat. Sie hat auf dem Arbeitsmarkt ein für eine junge Frau gleich nach dem Studium sehr attraktives Jobangebot. Bei diesem Job würde sie, wenn ich mich recht erinnere, rund 3 000 EUR brutto verdienen, jedenfalls deutlich über der Grenze, die für die Rot-Weiß-Rot-Karte vorgesehen ist. Sie hat alle Erfordernisse für die Rot-Weiß-Rot-Karte erfüllt. Was ist passiert? Das AMS lehnt ab, in krasser Verletzung der gesetzlichen Bestimmungen. Natürlich sind die in Berufung gegangen – das kostet Zeit, das kostet einen Anwalt, und so weiter – und in der nächsten Instanz haben sie recht bekommen. Ich habe diesen mir befreundeten Leuten empfohlen, eine Anzeige wegen Amtsmissbrauch zu erstatten, denn eine derartige Willkür von Behörden ist mir schon lange nicht untergekommen, aber aus begreiflichen Gründen haben sie von dieser Anzeige abgesehen.

 

Ich erwähne dieses Beispiel, weil es erstens tatsächlich rechtliche Hürden gibt, wenn es darum geht, diese intelligenten jungen Leute nach Österreich zu holen und hier zu halten, zweitens administrative Hürden, drittens eine gewisse, im Einzelfall hoffe ich, Willkür der Behörden. Und zumindest in diesem konkreten Fall entsteht ganz sicher nicht der Eindruck einer Willkommenskultur seitens Österreich so nach dem Motto: Intelligente junge Leute aller Länder, vereinigt euch in Österreich!

 

Abschließend ein Blick in die Zukunft. Wir wissen ja alle, dass Universitäten, Forschung und Wissenschaften im Wesentlichen eine Kompetenz des Bundes sind, aber ich finde, die Stadt Wien darf sich genauso wenig darauf ausruhen wie Graz, Innsbruck oder Salzburg. Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass in einem Budget von rund 12 Milliarden EUR etwas mehr für Forschung und Wissenschaft dabei ist als derzeit. Nach der offiziellen F&E-Statistik – wenn wir den Zahlen glauben dürfen, sie sind, glaube ich, von der MA 23 zusammengestellt worden – gibt Wien inklusive Landeskrankenhäuser und AKH rund 90 Millionen EUR jährlich für F&E aus. 90 Millionen EUR sind viel Geld, aber es ist nicht einmal 1 Prozent des Wiener Budgets von 12 Milliarden EUR.

 

Man muss hier das Rad nicht neu erfinden. Es gibt in Wien vorzügliche Arbeiten der Institutionen, die auf bewährte Weise Projekte fördern, seien es die verschiedenen Hochschuljubiläumsstiftungen für die Wirtschaftsuniversität, die Bodenkultur und so weiter, die im Wesentlichen von der MA 7 administrativ verwaltet werden, und es gibt eine hervorragende andere Institution, nämlich den WWTF.

 

Es wurde gerade eine sogenannte Wirkungsanalyse einer internationalen Jury fertiggestellt, nämlich von Leuten aus Spanien, den USA, Deutschland, Schweden und Italien. Ich bitte Sie herzlich, sich diese Wirkungsanalyse anzuschauen. Ich lese Ihnen nur den letzten Satz vor: „Alle Kommissionsmitglieder“ – dieser internationalen Jury – „haben noch nie zuvor an einer Evaluierung teilgenommen, bei der die Meinungen aller Beteiligten über die zu überprüfende Institution so übereinstimmend positiv waren wie im vorliegenden Fall.“ – Zitat Ende. Der WWTF kann ruhig das Doppelte an Mitteln erhalten seitens der Stadt, seitens der zuständigen Geschäftsgruppe; und ich bin überzeugt, er würde auch mit den doppelt so hohen Mitteln ausgezeichnete Arbeit machen. – Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Dr Monika Vana: Die Restredezeit der Grünen beträgt 3 Minuten, glaube ich. Das Programm funktioniert gerade nicht, aber es sind 3 Minuten

 

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