Gemeinderat, 55. Sitzung vom 25.06.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 74 von 94
Ausschuss berichtet werden und in die Statistik zunächst vollkommen ungeprüft einfließen. Da ist unsere Überlegung, dass wir gemeinsam mit dem Herrn Stadtrechnungshofdirektor über Möglichkeiten nachdenken, die statistischen Werte der Befolgung der Empfehlungen des Stadtrechnungshofes - ich formuliere es einmal so - verlässlicher zu machen. Ich bin davon überzeugt, dass sich eine Möglichkeit finden wird, um das in dieser Form umzusetzen, weil es am Ende schon eine wichtige Kennzahl für den Stadtrechnungshof, aber auch eine Kennzahl für die geprüften Einrichtungen ist, wie sie mit den Empfehlungen des Stadtrechnungshofes umgehen.
An dieser Stelle ist interessant, wenn man sich die Statistik des 2. Halbjahres 2013 genauer anschaut, kommt man auf eine Tatsache, die auf den ersten Blick ins Auge fällt. Von den zwölf Fällen des Berichtszeitraumes, in denen die Umsetzung der Empfehlung durch die geprüfte Stelle gemäß ihrer Bekanntgabe nicht geplant ist, entfallen sage und schreibe elf Empfehlungen, die nicht umgesetzt werden sollen, auf die Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke. Das ist aus mehreren Gründen interessant.
Nachdem wir alle ein bisschen unter dem Eindruck der Rechnungsabschlussdebatte stehen, man da sehr vieles gehört hat und immer wieder erzählt wurde, es gibt die grenzenlose Transparenz in Wien, möchte ich diese Tatsache jetzt ein bisschen weiter hinterfragen, weil - das haben wir so gesagt und ich werde es heute im Verlauf meiner Rede auf Grundlage der Stadtrechnungshofberichte belegen - es ist in Wirklichkeit gerade dieses Ressort ein Hort der Intransparenz und schlussendlich entgegen aller widerlautender Beteuerungen ein Hort der Spekulation. Deshalb ist es auch besonders - ich möchte da nicht unsachlich werden - ärgerlich, wenn man immer wieder hört, es gibt keine Spekulation, es ist alles transparent und dann liest man in den Berichten die gegenteiligen Tatsachen.
Ich nenne einfach ein Beispiel: Das ist die Prüfung der Cross-Border-Leasing-Geschäfte der Stadt Wien, Prüfbericht KA - K-10/12. Die Prüfung, die eigentlich eine Nachprüfung auf Grund eines Prüfberichtes des Jahres 2008 war, nämlich eines Prüfberichtes zu den sieben Cross-Border-Leasing-Transaktionen der Stadt Wien, erfolgte auf Grund eines Prüfersuchens des Freiheitlichen Gemeinderats- und Landtagsklubs.
Worum geht es? Die Cross-Border-Leasing-Geschäfte stellen ein Lehrstück oder, besser, ein Gruselstück unkontrollierter Privatisierung dar. In der Fachliteratur ist dieses Phänomen des hemmungslosen Neokapitalismus eingegangen unter der Bezeichnung „Cross-Border-Leasing, ein Lehrstück zur kommunalen Enteignung der Städte“. Es ist und bleibt ein Sündenfall der SPÖ in Wien, dass über einen Zeitraum von fünf Jahren, von 1998 bis 2003, in sieben Transaktionen Teile des kommunalen Anlagevermögens langfristig in amerikanische Hände gegeben wurden, nämlich Teile des Kanalnetzes des 21. und 22. Bezirkes, der U-Bahn-Züge, der Straßenbahngarnituren und anfangs sogar der Stadtrechnungszentrumsanlagen, in einem Geschäftsmodell, das zu Lasten des amerikanischen Steuerzahlers unter Einbeziehung komplexer Veranlagungs- und Darlehensmodelle aufgezogen wurde. Es ist ein Sündenfall, und da stehe ich hier nicht an zu sagen, auch eine Schande, dass die SPÖ in Wien diese Privatisierungsmodelle gemeinsam mit Neokapitalisten durchgezogen hat und noch immer durchzieht! Meine Damen und Herren der SPÖ, wer soll Ihre regelmäßigen Warnungen vor dem Neokapitalismus und vor den Neokapitalisten in der ganzen Welt noch ernst nehmen, wenn Sie hier in Wien dieselben Maßnahmen umgesetzt haben und sich weigern, diese Geschäfte rückgängig zu machen beziehungsweise mit Schaden auszusteigen und zu Lasten der kommenden Generationen nach dem Motto „Augen zu und durch“ weiterspekulieren? (Beifall bei der FPÖ.)
Dann möchte ich nur einige Anekdoten bringen, wobei man das Wort Anekdoten in Wirklichkeit bei der Ernsthaftigkeit dieser Angelegenheit nicht verwenden sollte. Ich zitiere jetzt einfach aus dem Stadtrechnungshofbericht: „Die Originalverträge liegen lediglich in englischer Sprache vor und sind bei einer Anwaltskanzlei in New York hinterlegt, wodurch weder von Wiener Linien noch vom Kontrollamt ein direkter Zugriff genommen werden kann. Es dürfen auch keine Kopien dieser Verträge nach Wien gebracht werden, dies aus Gründen der Gebührenpflicht.“ - Darauf komme ich etwas später noch einmal zurück. Diese Verträge, von denen es keine Kopien gibt, stellen eine unparaphierte Loseblattsammlung in dieser Anwaltskanzlei in den Vereinigten Staaten dar. Da sage ich, ich gratuliere, 2,3 Milliarden EUR war das Gesamttransaktionsvolumen dieser Cross-Border-Leasing-Geschäfte und diese finden sich, sind gesichert, dargestellt und dokumentiert in einer Loseblattsammlung ohne Paraphen. Ich möchte niemandem etwas unterstellen, aber ich möchte niemals in einen Rechtsstreit kommen, wo ich dann dort anrufen und sagen muss, das ist mein rechtliches Problem, aber bitte tut mir die Blätter, die nicht paraphiert sind, nicht austauschen.
Wenn wir dann noch zu einem Punkt kommen, der es in aller Kürze noch wert ist, sich zu verinnerlichen, hat es immer geheißen, dass das Vermögen in der Verfügung der Stadt Wien steht. Wenn wir erzählt haben, das ist Privatisierung, da habt ihr den Kanal, da habt ihr die Straßenbahngarnituren und U-Bahn-Garnituren privatisiert, war die Antwort immer, das ist wieder typisch FPÖ, alles nicht wahr, selbstverständlich hat es die Stadt Wien in der Verfügung und alles ist in Ordnung. Dazu zitiere ich ganz einfach aus dem Stadtrechnungshofbericht: „Die umfangreichen Vereinbarungen aus der Cross-Border-Leasing-Transaktion bedingen, dass wesentliche bauliche Veränderungen der Kanalanlagen“ - das war die Passage „Kanalanlagen des 21. und 22. Bezirkes“ – „daraufhin zu prüfen sind, ob beziehungsweise welche Veranlassungen, zum Beispiel Einholung der Zustimmung der Investorin, zu treffen sind.“ - Die Investorin ist die andere Seite beim Cross-Border-Leasing-Geschäft, die den Steuervorteil zu Lasten der amerikanischen Steuerzahler lukrieren soll. – „Auf Grund der Komplexität der bestehenden Verträge werden in solchen Fällen Beraterfirmen herangezogen, was neben internen Kosten auch externe Kosten verursacht. So bestätigte etwa
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