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Gemeinderat, 55. Sitzung vom 25.06.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 89 von 94

 

behauptet, wir haben die Proteste der Bürgerinnen und Bürger betreffend die Schutzwürdigkeit dieses Areals verstanden; wenn wir heute mit dem Gemeinderatsbeschluss den Kaufvertrag auflösen, ist damit dem Anliegen der Bevölkerung Genüge getan.

 

Natürlich ist nicht Genüge getan, meine Damen und Herren, und zwar steht schon drinnen von definierten Teilflächen, unter welchen Bedingungen diese Rückabwicklung erfolgen beziehungsweise das neue Baurecht vergeben werden soll. All diese Dinge stehen natürlich nicht im Akt. Wir bringen heute eben einen entsprechenden Antrag, nämlich einen Beschlussantrag mit meinen Kolleginnen Ingrid Korosec und Karin Holdhaus ein. Darin sagen wir, dass wir eben genau wissen wollen, wie diese Bedingungen lauten. Deswegen sind wir gegen dieses Aktenstück. Der Beschlussantrag lautet:

 

„Die zuständige amtsführende Stadträtin für Gesundheit und Soziales möge die weiteren Pläne für das Ostareal auf den Gründen des Otto-Wagner-Spitals offenlegen, was bisher nicht passiert ist.

 

In formeller Hinsicht beantragen wir die Zuweisung dieses Antrages an den Ausschuss der Geschäftsgruppe Gesundheit und Soziales.“ (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Dr Kickert. Ich erteile es ihr.

 

18.56.59

GRin Dr Jennifer Kickert (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Zuschauergalerie und hoffentlich auch noch im Internet!

 

Es geht heute bei diesem Aktenstück um die sogenannte Rückabwicklung des Kaufvertrages von 2008. Kollege Dworak hat ja schon bekannt gegeben, dass er nicht zustimmen wird, mit dem Hinweis auf sogenannte Schweigegebote bei den Beratungen und Ähnliches mehr und darauf, dass wir, nämlich diejenigen, die an diesem ganzen Prozess beteiligt waren, behaupten würden, damit wäre allen Forderungen der Bevölkerung Genüge getan.

 

Ich füge in meiner Rede quasi einen kurzen Teil einer tatsächlichen Berichtigung ein: Das haben wir nie behauptet. Was aber hier passiert mit diesem Aktenstück, ist das Nachkommen einer der vier Forderungen, die zum Beispiel von Anfang an die Bürgerinitiative oder die Bürgerplattform Steinhof aufgestellt hat und für die sie zig Tausende Stimmen gesammelt hat, nämlich den Verbleib der Grundstücke im Areal des Otto-Wagner-Spitals in öffentlicher Hand.

 

Dem kommen wir jetzt hier nach. Es ist der erste Schritt und die erste Erfüllung einer von den Parteien der Stadtregierung mitunterschriebenen Mediationsvereinbarung. Auch wir haben empfohlen, dass die Grundstücke in öffentlicher Hand bleiben; vor allem deswegen, weil dann auch eine Kontrolle der Stadt über die Nutzung und die Nachnutzung möglich ist, denn auch für die Nutzung dieses Areals und der Gebäude haben wir in der Mediation Vorschläge gemacht.

 

Ich greife aber jetzt einmal ein bisschen zurück auf die geschichtliche Entwicklung, weil das auch immer wieder vergessen wird. Im Dezember 2006 wurde für dieses Areal eine Flächenwidmung beschlossen, nämlich mit den Stimmen der FPÖ und der Sozialdemokratischen Partei. Dem Kaufvertrag zwei Jahre später im Juni 2008 haben auch die Abgeordneten der ÖVP zugestimmt.

 

Interessanterweise hat bei einer BürgerInnenversammlung am Beginn dieses Jahres ein ehemaliger Abgeordneter der ÖVP zum Gemeinderat, jetzt Abgeordneter zum Nationalrat, bekannt, dass er sich damals offensichtlich geirrt hätte. Okay, das nehme ich zur Kenntnis, ich habe mich sogar gefreut, weil ich mir gedacht habe, aha, da erfolgt so etwas wie eine Lernentwicklung.

 

Umso überraschter bin ich, dass jetzt dem Akt zur Rückabwicklung des Verkaufs, nach Aussage dieses Abgeordneten ein Fehler seinerseits, nun wieder nicht zugestimmt wird. Ich halte dieses Abstimmungsverhalten für, gelinde gesagt, sehr inkonsistent, und ich kann die Logik nicht verstehen. Ich kann sie nicht verstehen. Es fällt mir wirklich sehr schwer, weil ich nicht verstehe, auf welcher Basis sie diesem Schritt nicht zustimmen können.

 

Wenn Sie uns vorwerfen, wir würden den Forderungen eines Teils der Bevölkerung nicht nachkommen, und zwar nicht zu 100 Prozent der Summe der Forderungen nachkommen, dann würde ich es ja verstehen. Aber in diesem Fall kommen wir einer ganz wesentlichen Forderung nach, die nicht nur VertreterInnen der Bürgerinitiative unterstützt haben, sondern die auch von den Experten und Expertinnen bestätigt worden sind, die danach bei der Bewertung eingesetzt worden sind. Aber es ist wahrscheinlich auch dem geschuldet, dass nicht nur ich es nicht verstehen kann, sondern auch dem generellen Verständnis dafür geschuldet, was eine Mediation kann und was nicht. Herr Juraczka hat ja heute in der Früh im Zusammenhang mit der Mitteilung des Bürgermeisters zur Smart City eine kurze Replik zu diesem Verfahren eingeworfen, zwar mit dem Einleitungssatz, er sei kein Mediationsfachmann, ich kann bestätigen, ich bin auch keine Mediationsfachfrau, aber ich habe mir in den letzten zwei Jahren, in denen wir uns mit diesem Thema beschäftigt haben, oftmals Ziel, Definition und Notwendigkeit von einer sogenannten Mediation angeschaut und weiß daher inzwischen schon, was eine Mediation ist und was sie kann. Und nachdem ich als Politikerin auch so etwas wie einen Bildungsauftrag verspüre, möchte ich das hier noch einmal deutlich ausführen:

 

Eine Mediation ist ein strukturiertes Verfahren, an dem die TeilnehmerInnen freiwillig teilnehmen - freiwillig, das ist ganz wichtig - mit dem Ziel, einen Konflikt in irgendeiner Weise in einer konstruktiven Form beizulegen. Das Ziel ist, dass die Konfliktparteien zu einer gemeinsamen Vereinbarung kommen, die den jeweiligen Interessen möglichst entgegenkommt.

 

Es hat eine Mediation gegeben. Sie wurde mit einem Vertrag eingeleitet, bei dem sich alle TeilnehmerInnen - es waren übrigens 17, also mindestens 4 unterschiedliche Parteien, wenn man sie so einteilen will -, vertraglich verpflichtet haben, zu einem bestimmten Ziel eine, wie soll ich sagen, Beilegung oder Ideen zu finden. Diese 17 Personen, nämlich alle 17, haben dann am Ende der

 

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