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Gemeinderat, 59. Sitzung vom 24.11.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 110

 

tivsten Start-up-Standort der Region.“ - Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen schon, wie schwierig es ist, im Vergleich mit anderen Ländern, in Wien ein Unternehmen zu gründen? Es beginnt schon mit der Erlangung einer Gewerbeberechtigung und geht bis hin zu Problemen bei der Gründung von Kapitalgesellschaften, et cetera. Wobei ich die Bestimmungen in Österreich für richtig halte, nur: In anderen Ländern ist das schlichtweg einfacher. Warum sollte dann jemand nach Österreich kommen? Und diese 10 000 Start-up-Gründungen jährlich sind in meinen Augen Wunschdenken. Worauf gründet sich dieser Optimismus, sehr geehrte Frau Vizebürgermeister?

 

Und, sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, wir haben in Wien derzeit etwa 5 500 bis 6 000 Insolvenzen pro Jahr. Ich weiß, dass die Insolvenzen im Zeitraum Jänner bis September 2014 gegenüber dem gleichen Zeitraum von 2013 um 3 Prozent zurückgegangen sind, aber es sollte doch verstärkt eines der Ziele Ihrer Wirtschaftspolitik sein, eine massive Verminderung der Insolvenzen zu bewirken - und nicht, sinnlos 10 000 neue Unternehmen zu gründen. Die Hälfte dieser Neugründungen wird ohnedies wieder durch Insolvenz vom Wirtschaftsmarkt verschwinden, und der Rest wird vermutlich von selbst zusperren. Also ich fürchte, dass diese angekündigte ausdifferenzierte Förderpolitik für zukunftsorientierte Unternehmen genauso wenig umgesetzt werden wird wie die versprochene Weiterentwicklung der Wirtschaftsförderung. Und noch einmal: Ich kann mir nicht vorstellen, dass man unter Weiterentwicklung der Wirtschaftsförderung eine massive Kürzung verstanden hat.

 

Ich darf mir eine sarkastische Bemerkung erlauben: In Ihrem Koalitionsübereinkommen Rot-Grün steht für Gründungsförderungen der EPUs mehr als in Ihrem Smart-City-Konzept. Das Koalitionsübereinkommen gilt bis 2015. Die Überlegungen im Smart-City-Konzept gelten bis 2050.

 

Dann, vierter Punkt: „Die Direktinvestitionsströme von und nach Wien haben sich“ - 2050 – „gegenüber 2013 verdoppelt.“ - Auch hier wäre interessant zu erfahren, wie dies verwirklicht werden soll, sehr geehrte Frau Vizebürgermeister. Dazu gibt es überhaupt keinen Hinweis in dieser Broschüre, keinen einzigen Satz.

 

Und der fünfte und letzte Punkt aus Ihrem Konzept: „Der Anteil der technologieintensiven Produkte an den Exporten ist bis 2050 auf 80 Prozent gestiegen – Klammer: Ausgangsbasis: 60 Prozent in 2012.“ - Und hierzu gibt es eine Erläuterung - ich zitiere: „Die Stadt stellt mit einer ausdifferenzierten Förderpolitik sicher, dass zukunftsorientierte Unternehmen die Chance erhalten, sich am Markt zu positionieren und Wien als Sprungbrett auf globale Märkte zu nutzen. Dazu gehört auch eine umfassende Betreuung und Begleitung in der Gründungsphase von Unternehmen. Mit Beratungstätigkeiten sowie der Bereitstellung und Entwicklung geeigneter Liegenschaften bietet die Stadt ein breites, integratives Serviceangebot an.“

 

Begleitung in der Gründungsphase: Wer führt diese Begleitung durch? Wer soll diese Begleitung finanzieren?

 

Bereitstellung von Liegenschaften: In welcher Form soll diese Bereitstellung erfolgen? Wer finanziert diese Bereitstellung?

 

Interessant wäre auch zu erfahren, wie diese ausdifferenzierte Förderung finanziert wird. Wer wird überhaupt gefördert?

 

Und betrachtet man das Budget 2015 im Bereich der Wirtschaftsförderung, sieht man Folgendes: Voranschlag 2010: 117 Millionen EUR; Voranschlag 2015: 72 Millionen EUR - also um 45 Millionen EUR weniger bei der Wirtschaftsförderung, das sind immerhin 38 Prozent. Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, das ist für mich unverständlich! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Es ist für mich deshalb unverständlich, weil sich auch der Herr Bürgermeister in seiner Regierungserklärung für die Wirtschaftsförderung stark gemacht hat. Ich darf den Herrn Bürgermeister zitieren: „Die Wirtschaftsförderung wird weiterentwickelt. Eine noch zielgenauere Unterstützung von Klein- und Kleinstunternehmen soll positive Effekte mit sich bringen. Und wir reden hier von jenen Unternehmen, die den überwiegenden Teil der Wiener Wirtschaft ausmachen.“ - So der Herr Bürgermeister in seiner Regierungserklärung.

 

Ich wiederhole: Wirtschaftsförderung 2010: 117 Millionen EUR; 2015: 72 Millionen EUR, also um 45 Millionen EUR weniger. Und unser Herr Bürgermeister hat vollkommen recht mit der Aussage: „Wir reden hier von jenen Unternehmen, die den überwiegenden Teil der Wiener Wirtschaft ausmachen.“ - Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Herr Bürgermeister mit „zielgenauer Unterstützung“ eine Kürzung der Wirtschaftsförderung meinte.

 

Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister! Derzeit kann offensichtlich nicht einmal die in der Regierungserklärung des Herrn Bürgermeisters versprochene Weiterentwicklung der Wirtschaftsförderung umgesetzt werden. Glauben Sie tatsächlich an die ausdifferenzierte Förderpolitik für zukunftsorientierte Unternehmen laut Ihrem Smart-City-Projekt im Jahr 2050? - Ich kann mir das nicht vorstellen.

 

Und mit diesen fünf Punkten ist das Kapitel „Wirtschaft im 21. Jahrhundert“ abgeschlossen. Sie sind zum Teil meines Erachtens Wunschdenken, und es ist mit keinem Wort erklärt, wie dieses Wunschdenken umgesetzt oder gar finanziert werden soll. Was ich in diesen Überlegungen komplett vermisse, sind Überlegungen hinsichtlich Schuldenbilanz, Schuldentilgung, Investitionsüberlegungen, Arbeitslosenbeschäftigung, also Arbeitsmarkt, Lehrstellen, et cetera.

 

Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister! Mir ist schon klar, dass KMUs und EPUs in Wien keine Headquarters errichten. Denken Sie bitte dennoch an diese Unternehmen und unterstützen Sie diese - zum Wohle der Stadt Wien, im Sinne der von Ihnen angedachten Rahmenstrategie „Smart City Wien“!

 

Ich beende meine Ausführungen mit einem Zitat des Herrn Bürgermeisters im Zusammenhang mit KMUs. Er sagte: „Wir reden hier von jenen Unternehmen, die den überwiegenden Teil der Wiener Wirtschaft ausmachen.“ (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Kollege

 

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