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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 19.12.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 147

 

sondern im Gegenteil bedeutet es für uns, dass wir den Kampf für die universellen und unteilbaren Menschenrechte als Herausforderung sehen, die wir in dieser Stadt verwirklichen wollen und wo Wien weltweit Vorbild dafür sein möchte. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Ich halte es für keinen Zufall, dass ausgerechnet eine rot-grüne Stadtregierung eine Weltmetropole zur Stadt der Menschenrechte machen möchte. Die Sozialdemokratie hat sich als Menschenrechtspartei gegründet. Die Sozialdemokratie ist traditionell von ihren Wurzeln her jene Partei, die mit dem Kampf um ArbeiterInnenrechte, um Gewerkschaftsrechte, um die Rechte von Unterdrückten gegründet worden ist. Das ist die Grundlage, die Wurzel ihrer Partei. Auch wir GRÜNEN sehen die Grundlage und die Wurzel unserer politischen Tätigkeit im täglichen Kampf und im täglichen neuen Kampf für die universellen Menschenrechte, nicht nur für uns, sondern auch für nachfolgende Generationen.

 

Wir sehen Menschenrechte als Herausforderung. Wir wissen und sind uns dessen bewusst, dass es hier viel nachzuholen gibt. Da geht es zum Beispiel um das Recht auf Arbeit für alle Menschen, die hier leben, unabhängig von ihrer Herkunft. Da ging es zum Beispiel aus unserer Sicht auch darum, diesen alten Bartenstein-Erlass, der Flüchtlingen, Asylwerbern das Recht auf Arbeit verbietet, aufzuheben. Deswegen an dieser Stelle auch ein Appell an den Sozialminister, diese Ungerechtigkeit endlich zu beenden! (GR Mag Wolfgang Jung: Könnten Sie das für die SPÖ wiederholen?) Da geht es darum, auch Flüchtlingen, auch unterprivilegierten Gruppen, auch Bettlerinnen und Bettlern Schutz und Unversehrtheit in dieser Stadt und das Recht, hier mit gleichen Rechten zu leben, zu garantieren. Da geht es darum, Polizeiübergriffe, die in dieser Stadt leider auch immer wieder passieren, gegen Demonstranten, gegen Demonstrantinnen, gegen Bettler und Bettlerinnen, gegen Flüchtlinge, gegen Menschen anderer Hautfarbe, endlich zu beenden. Da geht es um die unbedingte Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Transgender-Personen, von Frauen. Da geht es um das Recht auf Bildung. Da geht es um Religionsfreiheit. (GR Mag Wolfgang Jung: Versammlungsfreiheit!) Es geht auch um das Wahlrecht für alle Menschen.

 

Vor 96 Jahren, am 12. November 1918, wurde das Wahlrecht für Frauen in Österreich erstmals erkämpft. Heute würde es jeder, ich glaube und hoffe, auch jeder und jede von Ihnen, für völlig absurd halten, wenn Frauen nicht das allgemeine Wahlrecht hätten. Dennoch leben wir heute in einer Stadt, wo 25 Prozent der Menschen, die hier leben, nicht das allgemeine Wahlrecht haben! (GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Wozu gibt es eine Staatsbürgerschaft?) In wenigen Jahren wird das eine Mehrheit der Menschen für völlig absurd halten. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Wenn sie wählen wollen, können sie woanders hingehen, um zu wählen!) Ich kann Ihnen etwas sehr Persönliches sagen: Meine eigene Frau, die Mutter meines Kindes, lebt seit acht Jahren in dieser Stadt, zahlt Steuern, trägt etwas zum Sozialsystem bei, hat hier den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen und darf sich an der Gestaltung dieser Stadt nicht durch ihr Wahlrecht beteiligen. (GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Warum wird sie nicht Staatsbürgerin?) Ich halte das für eine Verletzung des Menschenrechtes. (GR Mag Wolfgang Jung: Das Wahlrecht ist ein Staatsbürgerrecht!)

 

Liebe FPÖ, die da zwischenschreit, der Herr GR Gudenus hat sich vorhin darüber aufgeregt, dass es kein Menschenrecht auf Binnen-I gibt. (GR Mag Wolfgang Jung: Er hat sich nicht darüber aufgeregt!) Sie würden wahrscheinlich am liebsten das scharfe S abschaffen und durch ein Doppel-S ersetzen! (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Der war gut! - GR Armin Blind: Ist Ihnen das nicht peinlich?)

 

Es geht in Zeiten der neoliberalen Globalisierung auch darum, die Menschenrechte gegen die Interessen großer Konzerne zu verteidigen. Deswegen werden wir heute unter anderem eine Resolution gegen TTIP, gegen Freihandel zu Gunsten von Konzern und gegen Menschen, beschließen.

 

Der Kampf um Menschenrechte ist ein Kampf, der täglich mit Zivilcourage neu geführt werden muss. Wir werden diesen Kampf führen. Wir werden den Kampf gegen Faschismus, gegen Sexismus, gegen Homo- und Transphobie, gegen Islamophobie, gegen Antisemitismus und alle Formen der Diskriminierung in dieser Stadt täglich neu führen.

 

Ich möchte zum Schluss die indische Menschenrechtsaktivistin Arundhati Roy zitieren: „Unsere Freiheiten wurden uns nicht von irgendeiner Regierung gewährt. Wir haben sie ihnen abgerungen. Und sind sie einmal preisgegeben, wird der Kampf um ihre Rückgewinnung zur Revolution. Dieser Kampf muss in allen Kontinenten und Ländern geführt werden. Kein Ziel ist zu klein, kein Sieg zu unbedeutend.“ - Wir werden diesen Kampf in Wien führen. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Mit dem Schwarzen Block gemeinsam!) Wir hoffen, dass wir ihn gemeinsam mit Ihnen führen können. Wer ihn nicht führt, deklariert sich als jemand, der mit Menschenrechten nichts am Hut hat!

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik (unterbrechend): Herr Kollege, ich bitte, dass Sie zum Schlusssatz kommen.

 

GR Mag Klaus Werner-Lobo (fortsetzend): Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Okay, danke. - Ich darf darauf hinweisen, dass fünf Minuten zur Verfügung stehen. (GR Mag Wolfgang Jung: Das war viel zu viel!) Das trifft natürlich alle Redner, nicht nur den letzten Redner. Herr GR Blind hat ums Wort gebeten. - Ich erteile es ihm.

 

10.57.45

GR Armin Blind (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Werter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen!

 

Ich wundere mich ein bisschen ob der Wichtigkeit dieses Themas, das auch von den Regierungsparteien immer wieder betont wird, über die mangelhafte Anwesenheit derselben. Wenn Sie nämlich das, was Sie hier vorbringen, ernst nehmen würden, würden Sie sich auch selbst ernst nehmen und bei diesem Thema wenigstens anwesend sein! (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.)

 

Zur Sache selbst: Wenn wir uns die Präambel dieser

 

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