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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 19.12.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 105 von 147

 

muss man positiv bemerken, und ich stehe nicht an, das zu betonen – über das Mietrechtsgesetz hinaus, wenn auch nur da oder dort in kleinen Bereichen, aber es bietet Mitbestimmung im Gemeindebau.

 

In Zukunft wird sich das Ganze ändern. Das heißt, es gibt eine Neufassung, und anstatt die Mitbestimmung gerade im Wiener Gemeindebau demokratiepolitisch zu verstärken, interessanter zu machen und mit mehr Rechten auszustatten, tun Sie genau das Gegenteil! Sie nehmen die wenigen Rechte komplett weg, gleichzeitig schreiben Sie aber eine Vielzahl von Pflichten für die Mieterbeiräte fest, die eine Ausübung ihres Mandates nahezu unmöglich macht.

 

Es wird in Zukunft eine Hausversammlung geben, bei der es um die Interessen der Bewohner geht. In dieser Hausversammlung gibt es eigene Sonderrechte bei der Mitbestimmung. Das heißt, Jugendliche haben eine Stimme, gleichzeitig haben sie aber noch einmal eine Stimme als Bewohner. Das heißt, manche werden in der Hausversammlung bevorzugt und haben jetzt eine doppelte Stimmmöglichkeit. – Das bedeutet eine sehr gravierende Schlechterstellung vieler, oft alleinstehender älterer Mieter. Kinderreiche Familien, die drei oder vier Stockwerke bewohnen, sind gegenüber den Einzelpersonen und älteren Menschen, die in den anderen zwei bis drei Stockwerken leben, klar im Vorteil.

 

Die Mitbestimmungsrechte der Mietergemeinschaft bei Einzelwohnungen werden gestrichen. Diese gibt es nicht mehr. Das heißt: Jede Kontrolle des Mieterbeirats vor dem Neubezug wird für den Fall, dass eine Wohnung frei geworden ist, ausgeschlossen, und zwar aus guten Gründen, denn diesfalls waren manche guten Mieterbeiräte dem Unternehmen Wiener Wohnen manchmal doch sehr lästig! Verschwendung und unnötige Neugestaltungen vor dem Neubezug werden ermöglicht, die Kontrolle der Auftragsausführung wird nicht mehr ermöglicht.

 

Das ist ja nicht mir eingefallen, sehr geehrter Herr Stadtrat, sondern Sie selbst sprechen im Hinblick auf dieses Statut von gravierenden Kommunikationsmängeln, die im Ergebnis zu einem besorgniserregenden Entwurf geführt haben.

 

Mir sind zahlreiche kritische Stellungnahmen von Mieterbeiräten bekannt. Allen voran – und jetzt rufe ich uns das in Erinnerung, was ich von wegen Repräsentanz der Beiräte gesagt habe – hat Ihnen der einzige Mieterbeirat, der als Sprecher für 34 Wirtschaftseinheiten mit immerhin über 11 000 Wohnungen im 10. Bezirk eine deutliche Legitimation gehabt hat, nämlich das Forum 10, einen offenen Brief geschrieben, auf den Sie auch geantwortet haben.

 

Was sagen diese Mieterbeiräte aus dem Forum 10? – Ich erlaube mir, jetzt zu zitieren. Es handelt sich hiebei nämlich um den einzigen Mieterbeirat, der nicht für 100 oder 200 Wohneinheiten spricht, sondern der repräsentativ für eine große Zahl von Wohnungen ist. Er spricht für 11 000 Wohnungen und schreibt zum Beispiel: „Es wurde vereinbart, den endgültigen Entwurf, der an den Gemeinderat zur Beschlussfassung geht, uns rechtzeitig – spätestens Mitte 2014 – zu übergeben, damit wir sehen können, ob das Verhandelte, so wie besprochen, umgesetzt wurde.“

 

Wissen Sie, wann diese sechs Mieterbeiräte von diesem Statut informiert wurden? Wissen Sie es? Ich weiß es! Sie wurden gar nicht informiert, und genau das ist das Problem! Vielleicht sind sie heute informiert worden, ich bin am Stand von gestern!

 

Ich zitiere weiter aus diesem Dokument: „Diese jetzige Vorgangsweise wird von den Mieterbeiräten des Forum 10 – wir sind demokratisch gewählt und unabhängig – als undemokratisch empfunden, und sie ist in keinster Weise eines sozialdemokratischen Stadtrates würdig.“ – Das ist eine starke Aussage, und zwar nicht von mir, das sage ich dazu. Ich sehe es zwar genauso, aber gesagt habe es nicht ich. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

 

Ich zitiere weiter: „Diese Ignoranz aller Beteiligten an dieser ‚Strategie‘ ist unserer Meinung nach keine Umgangsform mit seinen Bürgern.“ Es geht um immerhin 11 000 Wohneinheiten! „Es ist ein respektloses und machtdominierendes Verhalten und daher abzulehnen.“

 

Herr Stadtrat! Wenn das der einzige Repräsentative des Mitbestimmungsstatuts, der da mitgearbeitet hat und der einer der selbst ausgesuchten Experten ist, sagt, warum können Sie dann nicht die Hand ausstrecken und sagen, ich nehme dieses Geschäftsstück von der Tagesordnung?! Sie könnten aber auch meinen Antrag auf Absetzung von der Tagesordnung unterstützen und alle noch einmal zusammen ins Boot holen. Das wäre ein richtiger Schritt! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich zitiere weiter: „Dieser Entwurf entspricht in keiner Weise den Intentionen der Mietervertreter.“ Es entspricht also nicht dem, was die sechs Experten mit den Wohnpartnern et cetera ausverhandelt haben. „Sie werden – sollte dieser Entwurf vom Gemeinderat beschlossen werden – mit zum Teil unerfüllbaren Pflichten belegt und vieler ihrer bisherigen Mitbestimmungsmöglichkeiten entkleidet. Damit wären alle Schulungen hinfällig und Ihre Aussagen, sehr geehrter Herr Stadtrat, dass Sie unsere Arbeit schätzen und für wichtig halten, nicht mehr glaubwürdig. Die einzige wirkliche Mitbestimmungsmöglichkeit der Mietervertreter wurde gestrichen.“

 

Sehr geehrter Stadtrat! Im Hinblick darauf würde ich einmal in mich gehen und nachdenken, welches Gewicht die Stimme eines Mieterforums von 11 000 Wohneinheiten in Wahrheit gegenüber dem einen oder anderen Expertenmieterbeirat, der vielleicht nur 100 Wohneinheiten vertritt, hat! Das wäre an der Zeit! Man kann einmal einen Fehler machen, aber man sollte ihn zugeben und eingestehen.

 

Es gibt unzählige Stellungnahmen von Mieterbeiräten – wenn Sie diese nicht bekommen haben, kann ich sie Ihnen gerne weiterleiten! –, und diese Stellungnahmen wären aus unserer Sicht mit sachlicher Kompetenz in transparenter Form und vor allem in Ruhe vor einem Beschluss hier im Gemeinderat zu beurteilen.

 

Gleichzeitig sollte es zu einer nachhaltigen Kooperation mit den Mieterbeiräten und zu einem Mindestmaß an Partizipation kommen, und zwar zu einer Partizipation in dem Sinne, dass repräsentative Mieterbeiräte aus größeren Einheiten in welcher Form auch immer aufgesucht werden.

 

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