Gemeinderat, 1. Sitzung vom 24.11.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 40 von 59
der Periode, zu streiten beginnen, zum Beispiel, ob Bautunnel oder welche sonstige Abkommen es gibt, und nicht erst am Schluss, wie bei der letzten Wahlperiode. Das ist für mich das einzig Neue, das ich an dieser Regierung sehe. (Beifall bei den NEOS.)
Obwohl die Bevölkerung eine Erneuerung möchte, wird diese politisch nicht geboten. Man merkt einen Veränderungsdrang, aber es wird keine Erneuerung gezeigt, weder inhaltlich noch personell. Es ist keine Ansage an Erneuerung, wenn kein einziges Mitglied der Stadtregierung anders ist, es ist keine Ansage an Erneuerung, wenn der Bürgermeister seit über 21 Jahren im Amt ist. – Da halte ich es mit Obama, der letztens gesagt hat, zwei Amtsperioden sind genug. Ein Politiker sollte nicht länger als zwei Amtsperioden im Amt sein, weil eine längere Verbundenheit in diesem Amt zu politischer Vernaderung führt, zu Intransparenz im System und zu freundschaftlichen Abhängigkeitsverhältnissen.
Und genau das sieht man in Wien, das haben wir im Wahlkampf auch thematisiert und deshalb haben wir auch WienLeaks gegründet, wo wir Anliegen von Bürgern bekommen, die es satt haben, dass man in Wien einen Vorteil hat, wenn man Leute kennt. Das ist für mich ein unfaires System. (Beifall bei den NEOS.)
Bevor ich zum Regierungsprogramm kommen möchte, ein paar Erwiderungen zum Herrn Ellensohn, der sagt, man solle seine Prinzipien vorleben: Ich bitte Sie, leben Sie die Prinzipien vor, wenn wir einen Antrag einbringen, dass wir den zweiten Bezirksvorsteher-Stellvertreter abschaffen. Leben Sie Ihre Prinzipien, wenn wir das PID-Budget halbieren wollen, oder leben Sie auch Ihre Prinzipien, wenn wir das Wahlrecht wirklich fair gestalten wollen, mit dem Faktor Null. Nach Ihrer Argumentation muss man, wenn man für etwas ist, auch prinzipiell dazu stehen. Das heißt, ich erwarte mir, dass die GRÜNEN bei diesen Punkten auch mit uns mitstimmen, um auch wirklich Veränderung in diese Stadt zu bringen. (Beifall bei den NEOS.)
Nun zum Regierungsprogramm: Es ist oft der Satz gefallen, es ist fair und gerecht. Für mich ist es eine Frage der Perspektive, vielleicht ist es ein faires Übereinkommen für einen Pensionisten oder Beamten, aber für mich als Jungen sehe ich keine Generationengerechtigkeit in diesem Programm, sehe ich eine Ungleichbehandlung von jungen Menschen. Und das möchte ich anhand von drei Punkten aufzeigen. Das eine sind die Schulden, die schon angesprochen wurden, das andere ist das Pensionssystem und drittens auch die Bildung.
Zu Schulden ist gesagt worden, man kann ja einfach investieren, dann gibt es Wachstum. Nach dieser Logik könnte man eigentlich unendlich investieren und man hätte unendliches Wachstum. Irgendwie erschließt sich mir das nicht ganz. Jede Investition in die Zukunft und Schulden bedeuten auch, dass es weniger Spielraum für die nächsten Generationen gibt. Umso größer der Schuldenberg wird, umso weniger kann man in Zukunft in der Politik handeln. Genau dorthin entwickeln wir uns, und da sehe ich keinerlei Willen, den Schuldenstand auch nur im Geringsten zu senken. Es kann nicht sein, dass sich der Schuldenstand in den letzten sieben Jahren mehr als verdreifacht hat und das Problem einfach negiert wird. Anstatt einen Plan aufzustellen, wie man dieses Problem handhabt und die Schulden abbaut, wird ein System der Golden Rule geschaffen, dass Investitionen nicht als Schuldenmacherei angesehen werden. Wenn aber im Regierungsprogramm über 60 Mal das Wort Investitionen fällt, dann ist eigentlich alles im Regierungsprogramm Schuldenmacherei und fast alles von dieser Klausel ausgenommen. (Beifall bei den NEOS.)
Das ist einerseits gegen die Maastricht-Kriterien, denen wir uns verpflichtet fühlen sollten, und andererseits ungerecht gegenüber der jungen Generation. Ich finde es sehr interessant, dass es 2010, als die Wirtschaftskrise noch nicht so lange her war, im Regierungsübereinkommen einen Passus gab, dass man einen konsolidierten Haushalt herstellen möchte – 2010, kurz nach der Wirtschaftskrise –, 2015 steht das nicht einmal mehr drinnen. Das heißt, wohin sollen wir uns entwickeln, wenn die Wirtschaftskrise immer weiter weg ist, aber der Wille, Schulden abzubauen und einzusparen, gar nicht vorhanden ist, dann werden wir in Zukunft auch immer mehr Schulden aufnehmen.
Mich wundert es, dass Schulden nicht abgebaut werden, indem man zum Beispiel in der Verwaltung einspart oder auch im Pensionssystem Reformen durchführt. Es wurde gesagt, dass weniger Investitionen der einzige Weg zu weniger Schulden ist. Das stimmt nicht, man kann auch im Bereich Verwaltung oder im Bereich Pensionen einsparen. Ich finde es ja interessant, dass Pensionen und Personal wie auch Verwaltung eigentlich gar nicht im Koalitionsübereinkommen vorkommen. Es steht zwar drinnen, dass es eine genfreie oder eine atomfreie Stadt geben soll – wo sich meine physikalischen Freunde wundern, was eine atomfreie Stadt ist –, aber was nicht drinnen steht, ist Verwaltungsvereinfachung und Einsparungen auch im Pensionssystem. Und dort könnte massiv eingespart werden. Wir leben in einem Pensionsparadies für einige wenige, für die, die Privilegien haben. Aber dieses Pensionsprivileg und dieses Paradies werden langfristig nicht aufrechtzuerhalten sein. Das heißt, genau meine Generation, die Angst hat, keine Pension mehr zu bekommen, steht vor der Herausforderung, vor allem auch mit der Politik, die in Wien gemacht wird.
Wir haben da drei Punkte: Das ist einerseits die Empfehlung des Bundes, die Pensionsreform endlich anzupassen. Dazu sagt der Herr Bürgermeister: Nein, mit mir nicht, unter schwarz-blauem Stand, das wird nicht umgesetzt, oder erst 2042! – Das kostet insgesamt 350 Millionen EUR, wie der Rechnungshof ausgerechnet hat. Und das finde ich eine Frechheit, wenn sich die Stadtregierung nicht an die Empfehlung eines Rechnungshofes und an Bundesgesetze hält. Das heißt, da fordere ich, dass das auch schnell umgesetzt wird. (Beifall bei den NEOS.)
Zweiter Bereich sind zum Beispiel Luxuspensionen, die in Wien noch nicht abgeschafft worden sind. Da könnte man sich ein Beispiel am Bund nehmen, zum Beispiel die Nationalbank, indem man bei Luxuspensionen wirklich auch einen fairen Anteil abführt bezie
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