Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 45 von 125
Deswegen wehre ich mich so gegen diese gutmenschliche Unwahrheit, die hier gebracht wird (GRin Mag. Muna Duzdar: Welche Unwahrheit?), weil man die Augen vor der Realität und vor der Realität des Möglichen verschließt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Wien ist vertreten im Europa der Regionen, in der Donauraumpolitik, wo uns einige vortanzen, wie man es nämlich in der Flüchtlingspolitik wirklich macht, und im europäischen Zweig des Städtebundes. Man lese dazu, empfehle ich Ihnen übrigens, die Vorstellungen und Aussagen des deutschen Städtebundes, des deutschen Pendants. Der Herr Bgm Häupl hat gute Beziehungen dorthin. Dann werden Sie sehen, dass die dort laut sagen, wir sind am Ende angelangt. Das sagen dort nicht nur die Bürgermeister der schwarzen oder der roten Städte, sogar die der grünen Städte, meine Damen und Herren von den GRÜNEN. Das sagt sogar ein grüner, Landeshauptmann heißt er nicht, Ministerpräsident in Baden-Württemberg, meine Damen und Herren. Es sagen die GRÜNEN überall dort, wo sie in Wirklichkeit Verantwortung tragen und nicht nur als kleines Häufchen am Rande sitzen und zufrieden sind, wenn sie eine Vizebürgermeisterin von der SPÖ geschenkt bekommen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Aber das Hauptproblem sind nicht die Willkommenskultur und das Empfangen. Das Hauptproblem ist die Zukunft, die auf uns zukommt. Wir hören heute schon, es ist untragbar, dass junge Männer tagelang, wochenlang unbeschäftigt in den Lagern für Flüchtlinge untergebracht sind. Es wird auch jetzt schon gesagt, es muss fast zwangsweise zu Komplikationen führen. Was glauben Sie, wird passieren, wenn sie zwei Jahre lang und länger dort drinnen sitzen, weil wir für sie keine Arbeitsplätze haben, denn wir haben sie nicht einmal für die eigenen Menschen in dem Land? Das ist es, was wir Ihnen als unverantwortlich vorwerfen, weil Sie nicht auf die eigenen Leute schauen und sagen, wir wollen helfen, aber es hat Grenzen. Genau gegen dieses Wort Grenzen wehren Sie sich. Der Herr Bundeskanzler fürchtet sich sogar so sehr vor Grenzen und Zäunen, dass er dann von Türen mit Seitenflügeln spricht. Die Seitenflügel wachsen mittlerweile schon kräftig hinaus auf drei Kilometer und sind fest im Bau. Aber vorher hat er sich dagegen gewehrt. Das ist doch alles nicht ehrlich als Politik den Bürgern gegenüber, was hier passiert!
Jetzt sollen wir sogar vor der Türkei in die Knie gehen, eine Menge zahlen, vor jenem Staat, vor dem noch vor Kurzem gewarnt wurde, die Journalisten haben keine Freude, die Kurden werden unterdrückt, und so weiter. Was tut man denn auf einmal nicht alles, damit man selbst nicht ehrlich sagen muss, wir können das nicht mehr? Jetzt will man, dass die Mazedonier abwehren, dass die Griechen abwehren und die Türken die Leute nicht aus dem Land lassen. Das ist genau das Gleiche. Aber bei der Politik, meine Damen und Herren, sagen Sie es nicht.
Sagt ihm denn eigentlich niemand, dass er sich lächerlich macht, wenn er zum x-ten Mal an die Solidarität der europäischen Völker und Staaten appelliert, die ihm alle schon längst den Rücken zugewiesen haben, wenn heute vom Finanzminister bis zum Bundeskanzler alle sagen, Europa muss das Problem lösen? Europa ist nicht bereit, das Problem zu lösen. Das wissen Sie so gut wie wir! Das ist keine ehrliche und keine anständige Politik! Es wäre Zeit, das auch im Europaausschuss zu behandeln und anzusagen.
Wir fordern den Herrn Bürgermeister auf, er soll hier hereinkommen, er soll eine Erklärung zur Lage der Stadt in der Situation abgeben. Dann soll er uns sagen, wie er das Problem lösen will und was er tut, wenn die Bundesregierung nichts macht, so wie jetzt, und was er tut, wenn Europa nichts macht. Das soll er sagen. Das wäre eigentlich seine Aufgabe und seine Verantwortung.
Wir brauchen nämlich Zahlen. Wenn die Flüchtlinge hereinkommen und Sie Flüchtlingsprobleme bewältigen wollen, brauchen Sie Zahlen. Nur mit Zahlen können Sie planen. Anders kann man nicht seriös und anständig planen. Alles andere ist unanständig. Ich kann nicht sagen, ich will vorsorgen, aber ich weiß nicht, wofür und für wie viele. Das ist nicht ehrlich und nicht anständig, Herr Kollege Strobl! Es wäre wichtig, dass der Bürgermeister sagt, welche Forderungen er an die Bundesregierung hat und dass bei der Union Druck gemacht wird. Letztlich müssen wir auch lernen, irgendwann einmal Nein zu sagen. Wir steuern auf eine extrem gefährliche Situation zu. Da muss man den Mut dazu haben. Denn so weiterzuwurschteln, schaffen wir nicht. Denken Sie, Herr Bürgermeister, kann man ihm nur ins Stammbuch schreiben, und die SPÖ daran, es gibt nicht nur Menschenrechte, es gibt auch Bürgerrechte! Meine Damen und Herren, die Rechte der Bürger in diesem Land und dieser Stadt haben wir in erster Linie zu vertreten. Das ist unsere Aufgabe! - Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Duzdar. - Ich erteile es ihr. - Gewählte Redezeit 15 Minuten.
GRin Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Das Jahr 2015 war gezeichnet von Konflikten, Kriegen und Terroranschlägen sowie einer der größten Flüchtlingswellen, die wir in Europa im letzten Jahrzehnt erlebt haben. Das politische Chaos in der Mittelmeerregion, die immerhin doch auch eine Nachbarregion Europas ist, hat sich in diesem Jahr nochmals verschärft durch den Zerfall von Staaten, wie dem Irak und Libyen. Jemen, Syrien und vielleicht auch der Libanon sind auf dem Weg des Zerfalls. Die Somalisierung der gesamten Region hat tausende und abertausende Menschen zur Flucht gezwungen.
Da dieser Tage die weltweite Klimakonferenz in Paris zu Ende geht, ist es sehr wichtig zu betonen, dass auch der Klimawandel eine wesentliche Fluchtursache darstellt und Konflikte anheizt. Denn der Klimawandel wirkt sich vor allem auf die Länder des globalen Südens aus, durch die Ausbreitung der Wüste, durch Dürre, durch den ansteigenden Meeresspiegel, und das, obwohl diese Länder des globalen Südens niemals die Errungenschaften der Globalisierung und Industrialisierung erlebt ha
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