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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 87 von 125

 

Wohnbauprojekten, würden wir anders gestalten, nämlich auf 5.000 Gemeindewohnungen pro Jahr.

 

Ganz kurz zur StRin Vassilakou, die leider nicht mehr da ist. Ohne dass wir jetzt persönlich werden, aber, Entschuldigung, es ist eine Frage der Persönlichkeit und des Charakters, dass, wenn man etwas sagt, man auch dazu steht. Daher bin ich der Meinung, dass Frau Vassilakou ihr Wort halten und zurücktreten soll. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist GR Dr. Stürzenbecher. Ich erteile es ihm. 20 Minuten ist die selbstgewählte Redezeit.

 

18.30.57

GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

 

Budgetdebatte ist immer irgendwie auch ein Ritual, und ich meine nicht, dass das negativ besetzt sei. Ein Ritual gehört mit zur parlamentarischen Demokratie. Wenn man sich etwa die feierliche Eröffnung des Parlaments in Westminster anschaut, so ist es auch ein Ritual und trotzdem ein ziemlich erhebendes Ereignis. Jetzt will ich nicht sagen, dass unsere Budgetdebatte, insbesondere manche Beiträge dazu, auch so erhebend sind. So weit sind wir nicht. Aber immerhin haben wir jetzt zumindest großteils in der Wohnbaudebatte, wie auch der Kollege Chorherr festgestellt hat, weitgehend sachlich miteinander diskutiert. Das halte ich auch für wichtig, weil Ritual kann was Tolles, Schönes, Positives sein, wo irgendwas rauskommt, oder es kann einfach eine Pflichtübung sein, die allen auf die Nerven geht, und das wollen wir ja alle nicht haben. In dem Sinn möchte ich dann auch sachlich auf Punkte eingehen, die von meinen Vorrednern gebracht worden sind. Vorher möchte ich aber noch sagen, dass es mich freut, dass von allen die positive Funktion des sozialen Wohnbaues in Wien außer Streit gestellt wird. Es ist wirklich so, dass der soziale Wohnbau in Wien, so wie er existiert, weltweit einzigartig ist, wenn man bedenkt, und man soll ja auch in der Budgetdebatte einige Zahlen nennen, dass wir mit unserer Wohnbauförderung, auch wenn es immer noch höher sein könnte, insgesamt immerhin 582,52 Millionen EUR budgetiert haben, davon 298 Millionen EUR, also fast 300 Millionen EUR für die Förderung von Neubau, für die Sanierung 181 Millionen EUR und für die Subjektförderung 103,2 Millionen EUR. Das ist etwas, was außerordentlich viel ist.

 

Ich war letztes Wochenende in Berlin, weil der Herr Stadtrat die Einladung zwar gekriegt hat, aber nicht hinkonnte. Ich durfte ihn dort bei einer Tagung bundesdeutscher Architekten zum Thema „Das urbane Gewissen, Wege aus der Ökonomisierung“ vertreten. Es war die 20. Tagung dieser Art, die sehr vielfältig ist, wo nicht nur Politiker und Wohnbauexperten reden, sondern auch Philosophen und Dichter und andere Disziplinen. Dort habe ich in meinem Vortrag unseren Wohnbau dargestellt und, so wie es uns ja immer geht, wenn wir in anderen Ländern sind, besonders in Deutschland, das ja ein sehr wohlhabendes Land ist, die Leute glauben es teilweise fast nicht. Unser Wohnbau, unsere Förderungssumme ist zum Beispiel, hat uns der Architektenchef gesagt, genauso hoch wie in der gesamten Bundesrepublik Deutschland die Förderungen vom Bund sind. So hoch ist allein unsere Wiener Förderung und darauf, glaube ich, können wir wirklich stolz sein, dass das so ist! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Und wir sollen hier nicht unser Licht unter den Scheffel stellen.

 

Das Gleiche ist, wenn man in Frankfurt mit Leuten diskutiert oder wenn der Herr Stadtrat in anderen deutschen Städten ist. Mit ganz anderen europäischen Ländern, die nicht das Wohlstandsniveau von Österreich oder Deutschland haben, ist es sowieso nicht vergleichbar. Aber selbst dort, wo insgesamt etwa das gleiche Niveau herrscht wie bei uns, ist unsere Wohnbaupolitik absolut vorbildgebend. Das wird praktisch über alle Parteien hinweg so festgestellt. Also das sollte man schon auch sagen, wenn man eine faire Debatte führt.

 

Und wenn man die führt, dann möchte ich jetzt auf einige Argumente eingehen, die vom Kollegen Gara gebracht worden sind. Die soziale Treffsicherheit, hat er angemeldet, sei nicht gegeben. Genau dafür aber, und das hat auch Kollege Chorherr ausgeführt, also wir sind uns da in der Koalition erfreulicherweise ziemlich einig, gibt es ja leider, wenn man zynisch wäre, müsste man sagen, ein negatives Modellprojekt in Frankreich, wo man wirklich für hunderttausende Menschen ein Projekt in den Banlieues von Paris hingestellt hat, also in den Vororten von Paris, wo die soziale Treffsicherheit 100-prozentig ist und so schaut‘s aus, dass dort nämlich wirklich alle Leute zusammengepfercht werden, die schwere Probleme im Leben haben, die ganz wenig Einkommen haben. Dort gibt es dann auch ständig Straßenkämpfe, großes Elend und für alle schlechte Lebensverhältnisse. Wir waren ja auch einmal bei einer Wohnbauausschussreise dort, und man hat uns gesagt, wenn jemand von diesen Vororten ein Bewerbungsschreiben irgendwohin schickt, dann geht dieses Bewerbungsschreiben automatisch in die Rundablage. Das heißt, es wird in Frankreich an diesem Beispiel wirklich sozial selektioniert, wo man wohnt, und wenn das ein „schlechter“ Ort ist wie diese Banlieues, dann hat man keine Chance im Leben.

 

Das absolute Gegenteil ist Wien, wo wir von Haus aus alle Gemeindebauten in allen Bezirken gebaut haben und nicht nur eine funktionale Durchmischung haben, sondern auch eine soziale und örtliche Durchmischung. Wir haben nicht umsonst den Karl-Marx-Hof mitten in Döbling, den sogenannten Nobelbezirk, hingebaut, und er passt dort wunderbar hin, auch wenn damals die konservative „Reichspost“ gesagt hat, nach drei Wochen wird der Karl-Marx-Hof zusammenstürzen. Er ist nicht zusammengestürzt, sondern wie der Bgm Karl Seitz damals richtig gesagt hat, diese Steine werden noch sprechen, wenn wir einmal nicht mehr sind.

 

Genauso ist die soziale Wohnbaupolitik in der Zweiten Republik bis heute fortgesetzt worden, und so gesehen ist es richtig, dass wir genau das Gegenteil von dem machen, dass wir soziale Förderungen nicht nur für die Armen machen, sondern breit in die Mittelschichten hinein. Das ist genau das, was letztlich den Armen nützt, aber auch den Mittelschichten und was die Mittelschich

 

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