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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 103 von 125

 

dergärten Gefährliches gelehrt werden? Wer dich auf die eine Wange schlägt, dem halte auch die andere hin? Oder: Wer einen Armen trifft, der teile seinen Mantel mit ihm? Die Erfahrung lehrt, dass Kinder von katholischen Kindergärten nicht dem Phänomen der Parallelgesellschaft ausgesetzt sind.

 

Werte Kolleginnen und Kollegen, Gleichbehandlung ist ein hoher Wert, aber alles wiederum in einen Topf zu werfen, ist eigentlich absurd. Ich zitiere aus der „Presse“ vom Sonntag, Michael Prüller. „Weil es einzelne Religionen - oder einzelne Aspekte einzelner Religionen - gibt, die uns Sorgen machen, spart man Religion überhaupt aus? Wenn Osama bin Laden nicht auftreten soll, lassen wir fairerweise auch Mutter Teresa nicht sprechen.“ Ungleiches gleich zu behandeln, ist denkfaul, nicht neutral. Es ist bequem, weil man damit niemandem weh tut, aber man schadet allen. (GRin Birgit Hebein: Wir sind nicht in der Kirche!) - Noch eines, Wien hat angekündigt, auch die Interpretation des Gottesbegriffes zu überprüfen. Liebe Kollegin, das gehört in die Kirche. Theologie soll die Stadt Wien nicht betreiben.

 

Darum stellen wir heute den Antrag, dass die Trägervereine islamischer Kindergärten genauer untersucht werden sollen. Wir bitten um Zuweisung an den betreffenden Ausschuss. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sprechen heute über das Budget. Ich habe also noch ein Ceterum censeo mitgebracht. Als Bürgerin und Mutter kann ich einem Budget nicht zustimmen, das meine Enkelkinder bezahlen müssen.

 

Meinen Antrag für die islamischen Kindergärten, aber auch einen Antrag für die Umsetzung der 50 Punkte von Sebastian Kurz in Bezug auf Wien werde ich abgeben. - Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Die Kollegin hat 6 Minuten Redezeit verbraucht. Damit gibt es eine Restredezeit der ÖVP-Fraktion von 19 Minuten. Als nächste Rednerin zum Wort gemeldet hat sich Frau GRin Mag. El-Nagashi. Selbstgewählte Redezeit sind 5 Minuten. - Bitte sehr.

 

20.23.54

GRin Mag. Faika El-Nagashi (GRÜNE)|: Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Integration ist nicht eine Phantasie, in der eine Gruppe über eine andere herrscht. Integration ist auch nicht der Zustand, in dem eine Gruppe auf eine andere herabsieht, weil sie selbst oder ihre Eltern oder ihre Urgroßeltern an einem Ort geboren sind, der andere GPS-Koordinaten hat. Integration ist das, was wir miteinander schaffen, das gute und gleichberechtigte Zusammenleben mit verschiedenen Menschen, Mitbestimmung, Mitgestaltung von allen und für alle.

 

Die Hälfte der Wiener Bevölkerung hat diesen sogenannten Migrationshintergrund. Es ist absurd, von ihr und wir zu sprechen, von In- und AusländerInnen, von Gleichen und weniger Gleichen. Die Österreicher sind Österreicherinnen und Österreicher, sind Frauen und Männer und transidente Menschen, die seit ewig hier leben oder erst seit Kurzem. Nein, daraus lässt sich nichts ableiten, keine Veranlagung für bestimmte Berufsgruppen, kein Blues im Blut, kein Soul in der Stimme, keine Unterwürfigkeit, keine Hochbegabung, keine Willigkeit und auch keine Unwilligkeit! Die Wiener und Wienerinnen sind die Menschen, die hier leben. Das sind bald zwei Millionen und jede zweite Person hier hat eine Migrationsbiographie. Das sind wir. Wir sind Wien. Wovor sollen wir uns fürchten? Vor uns selbst? (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Die FPÖ hat viele dazu gebracht, sich vor den anderen zu fürchten. Die fürchten sich wahrscheinlich auch schon wieder selbst. Aber das ist nicht Integration. Integration ist nicht Angst. Integration ist nicht, trenne das Trennende. Das ist Hetze und Ausgrenzung!

 

Integration ist das Gemeinsame. (GR Dr. Wolfgang Aigner: Was für ein Gemeinsames?) Die Herkunft, die Religion, das Geschlecht, die sexuelle Orientierung, das Alter, all das darf nicht zu Benachteiligung und Ausgrenzung führen. Das ist die Verantwortung, die wir haben, wenn wir Menschenrechte ernst nehmen.

 

Wir wissen aber, dass es in der Realität immer noch anders aussieht, dass MigrantInnen im Durchschnitt unter ihrem Ausbildungsniveau beschäftigt sind, dass sie die schlechteren Jobs haben, schlechter bezahlt sind, in schlechteren Wohnungen und in schlechter versorgten Gegenden leben. All das macht Menschen arm und krank. Und es schafft eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, in der manche dazugehören und andere nicht. Es gibt aber keine Menschen zweiter Klasse! Muslimische Wienerinnen und Wiener, Kopftuch und Turban tragende Jugendliche, schwarze Menschen in und aus Wien, eine neue und eine alte Generation von Vertriebenen, alle sind Wien.

 

Was wir brauchen, ist mehr Zuversicht und weniger Misstrauen, aber zuallererst Verteilungs- und Chancengerechtigkeit. Unser Beitrag dazu, Integration ab Tag 1. Das heißt, Chancen zu schaffen ab Tag 1 für Mitbestimmung und für Mitgestaltung. Integration ab Tag 1 ist aber auch eine Frage der Haltung.

 

Wien ist Menschenrechtsstadt und das ist für uns nicht eine Floskel. Die Menschenrechte sind der Kompass unserer politischen Arbeit. Sie gelten für ArbeiterInnen und für Arbeitslose genauso wie für Wohnungssuchende und Wohnungslose, für Erwachsene und Kinder, für Menschen mit und ohne Behinderung, für einen Tankwart genauso wie für eine Ärztin, für eine Sexarbeiterin ebenso wie für einen Kindergärtner. Das Recht auf Bildung, auf ein Dach über dem Kopf, auf Arbeit, auf Gesundheit, auf die freie Meinungsäußerung oder auf Asyl betrifft uns alle, egal, wo wir geboren sind. Wien sagt klar, Asyl ist ein Menschenrecht. Wien stellt sich gegen jede Form von Ausgrenzung und Diskriminierung.

 

Bevor Sie irgendwelche Anträge aus der Hüfte schießen, nein, das Kopftuch ist kein Zeichen von Unterdrückung! (GR Dr. Wolfgang Aigner: Das sehe ich ja!) Und nein, niemand hat das Recht, Frauen Bekleidungsvorschriften zu machen, nicht darüber, was sie zu tragen haben und nicht darüber, was sie nicht tragen dürfen! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Und nein, das Halal am Fleisch quält nicht die Tiere, aber jedes Schnitzel ist gestorben! Und nein, Männer,

 

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