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Gemeinderat, 66. Sitzung vom 24.04.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 86

 

schen, dass die SPÖ das genauso sagt bei den vielen Zuwanderern, die nach Österreich kommen. Das würde passen - hier nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Herr Klubobmann Gudenus!

 

Für den Vorwurf des parteipolitischen Vorsitzes erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei der SPÖ. - Heftige Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR Dr Aigner. Ich erteile ihm das Wort. (GR Mag Wolfgang Jung: Der ist ja wirklich nicht mehr ernst zu nehmen!)

 

Herr Kollege Jung! Für den Vorwurf (GR Mag Wolfgang Jung: ... Herr Kollege! - Ruf bei der SPÖ: Ruhig!) an den Vorsitzenden, ich bin nicht ernst zu nehmen (GR Mag Wolfgang Jung: Ja!), erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

 

Bitte, Herr Abgeordneter, bitte, lieber Wolfgang, fahre fort.

 

13.00.54

GR Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau EU-Abg Monika Vana! Liebe Kollegen aus dem EU-Parlament! Meine Damen und Herren!

 

Ich freue mich, dass wir heute die Gelegenheit haben, gemeinsam mit den Mitgliedern des Europaparlamentes auch über europapolitische Angelegenheiten einen - natürlich sehr verkürzten und sehr konzentrierten - Diskurs zu führen.

 

Ich möchte meinen Redebeitrag einmal dahin gehend beginnen, dass ich meine, dass der europäische Integrationsprozess nicht reduziert werden darf auf jene Länder, die heute EU-Mitglieder sind. Europa ist einfach viel mehr als die heutige EU, das hat der ehemalige tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus in einem sehr langen Interview in der Tageszeitung „Presse“ auch gesagt. Europa hat eine historische Dimension, Europa hat eine geographische Dimension, Europa hat eine politische Dimension, und wichtig ist, dass wir möglichst viel von dieser europäischen Dimension auch in den europäischen Integrationsprozess hineinbekommen.

 

Daher scheint es mir auch sehr wichtig, dass wir unsere traditionelle Abhängigkeit teilweise auch von den Vereinigten Staaten von Amerika kritisch hinterfragen, bei allem Verdienst, welches die USA in der europäischen Geschichte natürlich auf sich genommen hat. Aber es ist wichtig, dass wir als Europa im globalen Wettbewerb einen eigenständigen Standpunkt vertreten und dass wir nicht zum Anhängsel der USA werden. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Das betrifft die wirtschaftliche Dimension, das betrifft die militärische Dimension, und wenn Sie sich die heutigen Zeitungsschlagzeilen anschauen - ja, wenn die besten Verbündeten der Westdeutschen nichts Besseres zu tun haben, als Airbus und sonstige Industriebetriebe in Deutschland auszuspionieren, dann frage ich mich wirklich: Sind das Freunde? Oder sind das nicht im Endeffekt Konkurrenten, wenn es darum geht, wer wirtschaftlich die Nase vorne hat?

 

Ich glaube, gerade deshalb ist es eben wichtig, dass die europäischen Länder sich ihrer eigenen Identität bewusst werden, auch wenn es um die Sprache, wenn es um das Rechtssystem geht. Denn Imperialismus, Hegemoniebestreben haben viele Facetten. Da geht es natürlich um die Sprache. Klar, heute ist Englisch die dominierende Sprache, das ist gelaufen.

 

Es geht um das Rechtssystem, und da ist es noch nicht ganz gelaufen. Ist es das kontinentaleuropäische Rechtssystem, das auf Gesetzen beruht, die demokratisch erzeugt worden sind? Oder ist es eher das angelsächsische Modell, wo die Richter das Recht machen, wo auch viele juristische Entscheidungen nicht so wirklich vorhersehbar sind? Da sind wir in einem Wettbewerb, und da täten wir in Europa gut daran, wenn wir unsere europäische Tradition auch ernst nehmen und uns nicht vor den amerikanischen Karren spannen lassen. Denn letztendlich werden viele Dinge auf wirtschaftlicher Ebene im Vorfeld auch juristisch entschieden. Wir wissen alle, wie Prozesse enden, wenn man vor ein amerikanisches Gericht kommt: mit völlig abstrusen Schadenersatzforderungen. Da braucht man gar nicht hinzugehen.

 

Auch unter diesem Aspekt ist natürlich die Frage der Schiedsgerichte zu sehen. Ein Schiedsgericht ist per se weder gut noch schlecht. Es kommt darauf an, welche Causen dort hinkommen, es kommt darauf an, nach welcher Verfahrensordnung man dort agiert. Aber es ist vielleicht das eine oder andere Schiedsgericht immer noch besser als ein rein amerikanisches Gericht. - Das vielleicht auch zu der Debatte um die Schiedsgerichtsbarkeit; das hat sehr viele Facetten.

 

Aber Europa tut gut daran, zu sehen, dass es im Wettbewerb bestenfalls gemeinsame Interessen, aber keine Freundschaften gibt. Auch die, die sich uns gegenüber immer als Freunde ausgeben, sind in dem Moment, wo es dann wirklich ums Ganze geht, keine Freunde, sondern im besten Fall Konkurrenten. Im noch besseren Fall sind sie faire Konkurrenten, aber auch da habe ich meine Zweifel.

 

Da hat Europa eine ganz wichtige Aufgabe, und deswegen tut es mir im Nachhinein leid, dass wir unser ganzes Schul- und Universitätssystem erst recht wieder auf das amerikanische Modell umgestellt haben. Wozu brauche ich ein vereintes Europa, wenn ich dann das amerikanische Universitätsmodell mehr oder weniger eins zu eins übernehme? Ich glaube also, auch da kann man doch ein mangelndes Selbstbewusstsein feststellen - um nicht in manchen Fällen auch von einem Versagen Europas zu sprechen -, wenn wir eins zu eins das nachmachen, was die Angelsachsen uns vorgemacht haben.

 

Daher wäre es wichtig, in Zeiten wie diesen sich einmal die Frage zu stellen, was aus diesem vereinten Europa eigentlich noch werden soll. Um diese Frage drückt sich die EU seit vielen Jahren, um nicht zu sagen, Jahrzehnten, herum. Wenn Sie es geschichtlich betrachten, hat das Ganze mit einem extrem starken wirtschaftlichen Fokus begonnen: Von der Montanunion über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die Zollunion bis hin zum gemeinsamen Markt, es war ein wirtschaftlicher Fokus. Wohlstand, Sicherheit, Frieden durch wirt

 

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