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Gemeinderat, 66. Sitzung vom 24.04.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 58 von 86

 

enthaltssystem nicht gänzlich aufgeben wollen, dann muss es selbstverständlich zu einer Abschiebung von Personen kommen, die sich illegal im Bundesgebiet aufhalten. Immer so global von einer Flucht aus Afrika zu sprechen, das ist einfach nicht richtig, wenn es sich überwiegend um Zuwanderung handelt. Eine Flucht findet von Flüchtlingen statt, und ein Flüchtling ist jemand dann, wenn er nach der Genfer Flüchtlingskonvention aus rassischen, politischen oder nationalen Gründen persönlich verfolgt wird und in seiner Heimat keinen Schutz finden kann.

 

Dazu gibt es dann nach der EU-Richtlinie noch die subsidiär Schutzberechtigten. Auch die sind in Wahrheit den Österreichern gleichgestellt, haben allerdings ihr Aufenthaltsrecht nicht auf Dauer, sondern nur während der Zeit, da es nicht möglich ist, dass sie in ihr Heimatland zurückkehren.

 

Ich kann also diese Polemik der Grünen wirklich nicht verstehen, die immer nur von einer Festung Europa sprechen und davon, dass hier die Grenzen dicht gemacht werden, dass man die Grenzen kontrolliert und dass man sich abschottet. Ja, selbstverständlich, die Grenzen müssen kontrolliert werden, und eine Festung ist ja auch nichts Schlechtes an sich, denn sie kann denen, die Hilfe brauchen, Schutz bieten. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Zur FPÖ. Das war einigermaßen arg, weil unsachlich, was hier vom Europa-Abgeordneten Vilimsky gesagt wurde. Ich möchte fast sagen, dass Klubobmann Gudenus da noch ein bisserl was relativieren konnte, was der Standpunkt der FPÖ in EU-Fragen ist. Aber nur beleidigend und nur polemisch auf die EU hinzudreschen, ohne einen einzigen konstruktiven Ansatz, das war einfach enttäuschend. Und mich würde schon auch interessieren, wie die Bürger das einschätzen. Es war ja interessant, dass Vilimsky gemeint hat, wie war denn das seinerzeit, als es diese offenen Grenzen noch nicht gegeben hat, wenn man in den Ostblock gefahren ist. Da ist man halt ein paar Minuten an der Grenze gestanden. Na, mein Gott, so schlimm ist das auch nicht. Stundenlang ist man an der ungarischen Grenze gestanden, man ist sogar stundenlang an der italienischen Grenze gestanden. In Thörl-Maglern hat der Stau kilometerlang zurückgereicht. Halbe Tage haben die Familien in ihren Autos verbracht, wenn sie auf Urlaub fahren wollten.

 

Aber es ist ja nicht nur die Reisefreiheit, die uns die EU gebracht hat, es ist unser Wohlstand. Wir sind ein Land, das vom Export lebt, unsere Wertschöpfung stammt überwiegend aus dem Export, und es wäre natürlich eine Katastrophe, wenn wir nun nicht mehr in dieser Währungsgemeinschaft wären, weil unser Wohlstand, der auf Export gegründet ist, einbrechen würde. Es sind viele, viele Vorteile, die uns die EU bringt, und wie ich aus meinen Gesprächen mit den Bürgern höre, sehen das die Bürger überwiegend auch so, auch wenn es natürlich immer wieder – keine Frage – berechtigte Kritik an dem einen oder anderen in der EU gibt.

 

Zu den Wortmeldungen der SPÖ muss ich sagen, dass ich da in hohem Ausmaß übereinstimmen kann mit dem, was ich sowohl vom EU-Abgeordneten Leichtfried als auch von der Frau Kollegin Dr Vitouch gehört habe. Es ist auch so, dass wir dem Antrag, den Sie eingebracht haben, zustimmen werden, nämlich betreffend die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer. Es ist sicher richtig, dass dem Sterben der Flüchtenden im Mittelmeer Einhalt geboten werden muss und dass ein solcher Stopp eine gesamteuropäische Aufgabe ist. Ich glaube auch, dass es wichtig ist, wie in Ihrem Antrag steht, dass Zentren des UNHCR in Nordafrika eingerichtet werden, wo es Beratung für die Menschen gibt, vor allem aber auch gesundheitliche Versorgung und Versorgung mit Lebensmitteln. Ich glaube auch, dass es wichtig ist, dass es eine solidarische Aufnahme von Asylwerbern in allen Staaten der Europäischen Union gibt. Das ist allerdings – das muss uns schon bewusst sein – Zukunftsmusik, denn Asylrecht ist eben keine Kompetenz auf EU-Ebene, und ob die Mitgliedstaaten diese Kompetenz an die EU abgeben wollen, das ist sehr die Frage. Wir verlangen immer Solidarität, wir verlangen immer Quoten, aber das wäre nur möglich, wenn die Kompetenz des Asylrechts an die EU übertragen würde.

 

Es gibt noch einen weiteren Antrag am heutigen Tag, den ich einbringen darf, wo es die Unterstützung von allen Fraktionen gibt. Einbringende Personen sind die Kollegen Schicker, Berger-Krotsch, Aichinger, meine Person, Ellensohn und Werner-Lobo, und es geht um das Gedenken an den Genozid an den Armeniern. Im Resolutionsantrag ist davon die Rede, dass sich am 24. April der Genozid jährt. Dieser Völkermord hat natürlich nicht nur an einem Tag stattgefunden, sondern zieht sich zumindest durch ein Jahr, wenn nicht sogar durch mehrere Jahre. Es ist das halbe christliche Volk der Armenier zu Tode gekommen während dieser Zeit des Ersten Weltkrieges, aber nicht nur christliche Armenier, sondern auch noch andere christliche Bevölkerungsgruppen wie die Aramäer, Assyrer, Chaldäer oder Griechen.

 

Ich freue mich daher, dass wir mit diesem Antrag diese Verbrechen als Völkermord anerkennen, beurteilen und auch verurteilen. Das ist nicht nur die Pflicht der Türkei, auf die wir noch warten, sondern das ist auch vor allem die Pflicht von uns, weil wir ja auch in der Tradition von Österreich-Ungarn stehen. Österreich-Ungarn war Bündnispartner des Osmanischen Reiches, genauso wie auch das Deutsche Reich während des Ersten Weltkrieges. Da muss man schon sagen, man hat hier in Wien genau gewusst, wie die Armenier im Osmanischen Reich zu Tode kommen. Man hatte ja dort Botschafter, man hatte dort Konsuln, man hatte Handelsdelegierte, man hatte Militärs dort. Es gab ja engste Zusammenarbeit. Man wusste von dem Völkermord, und man hat von Wien aus nichts dagegen unternommen. Es hätte vielleicht das Deutsche Reich noch mehr unternehmen können, mag sein, aber auch dort hat die sogenannte Hohe Politik sich durchgesetzt und man ist nicht eingeschritten, weil man den Bündnispartner Osmanisches Reich nicht verlieren wollte.

 

Papst Franziskus hat vom ersten Genozid des 20. Jahrhunderts gesprochen. Ja, das war der erste Völkermord, und wie wir wissen, sind weitere gefolgt. Ich meine, dass es deshalb so wichtig ist, über solche Verbre

 

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