Gemeinderat der Bundeshauptstadt Wien 19. Wahlperiode 66. Sitzung vom 24. April 2015 Wörtliches Protokoll Inhaltsverzeichnis 1. Entschuldigte Gemeinderätinnen bzw Gemeinderäte S. 3 2. Ansprache von Vorsitzendem GR Godwin Schuster anlässlich des Gedenkens an die Befreiung Wiens vom nationalsozialistischen Regime vor 70 Jahren, an den Genozid in Armenien vor 100 Jahren und an das Flüchtlingsdrama im Mittelmeer S. 3 3. Fragestunde 1. Anfrage (FSP - 01166-2015/0001 - KSP/GM) S. 4 2. Anfrage (FSP - 01172-2015/0001 - KU/GM) S. 7 3. Anfrage (FSP - 00790-2015/0001 - KVP/GM) S. 10 4. Anfrage (FSP - 01168-2015/0001 - KFP/GM) S. 14 5. Anfrage (FSP - 00793-2015/0001 - KVP/GM) S. 16 4. AST/01148-2015/0002-KSP/AG: Aktuelle Stunde zum Thema "Auf dem Weg zur ersten Milliarde Fahrgäste im Jahr auf den Wiener Öffis" Rednerin bzw Redner: GR Franz Ekkamp S. 19 StR Mag Manfred Juraczka S. 20 GR Mag Rüdiger Maresch S. 21 GR Anton Mahdalik S. 22 GR Dipl-Ing Roman Stiftner S. 23 GRin Ingrid Puller S. 24 GR Karl Baron S. 24 GR Erich Valentin S. 25 5. Mitteilung des Einlaufs S. 26 6. Gemäß § 26 WStV ohne Verhandlung angenommene Anträge des Stadtsenates S. 26 7. Umstellung der Tagesordnung S. 26 8. Begrüßung der Abgeordneten zum Europäischen Parlament Mag Claudia Schmidt, Dr Monika Vana, Mag Jörg Leichtfried und Harald Vilimsky S. 26 9. 00831-2015/0001-GFW; MA 5, P 6: 3. GR-Subventionsliste 2015 Berichterstatter GR Friedrich Strobl S. 26 Rednerinnen bzw Redner: EP-Abg Mag Claudia Schmidt S. 26 EP-Abg Dr Monika Vana S. 29 EP-Abg Harald Vilimsky S. 32 GR Mag Johann Gudenus, MAIS (zur Geschäftsordnung) S. 38 GR Dr Wolfgang Aigner S. 39 EP-Abg Mag Jörg Leichtfried S. 42 GRin Mag Barbara Feldmann S. 46 GR Mag Klaus Werner-Lobo S. 49 GR Mag Johann Gudenus, MAIS S. 52 GRin Prof Dr Elisabeth Vitouch S. 55 GR Dr Wolfgang Ulm S. 57 GR Dipl-Ing Martin Margulies S. 59 GR Mag Wolfgang Jung S. 60 GR Ernst Woller S. 63 GR Mag Wolfgang Jung (tatsächliche Berichtigung) S. 65 GR Univ-Prof Dr Herbert Eisenstein S. 65 GR Johann Herzog S. 66 10. Ordnungsruf an GR Mag Johann Gudenus, MAIS S. 39 11. Ordnungsruf an GR Mag Wolfgang Jung S. 39 12. PGL - 01214-2015/0001 - KFP/MDGAT: Dringlicher Antrag von GR Wolfgang Seidl, GR Manfred Hofbauer, MAS und GR Christian Unger betreffend "Errichtung sozialer, leistbarer städtischer Wohnungen und Vergabe an Personen mit ausreichenden Deutschkenntnissen" Begründung durch GR Wolfgang Seidl S. 66 Rednerin bzw Redner: StR Mag Manfred Juraczka S. 68 GR Mag Christoph Chorherr S. 69 GR Univ-Prof Dr Herbert Eisenstein S. 72 GRin Mag Muna Duzdar S. 73 Weiterer Redner zur Postnummer 6: GR Johann Herzog S. 74 Abstimmung S. 75 13. 00400-2015/0001-GSK; MA 21, P 17: Plan Nr 8044: Flächenwidmungs- und Bebauungsplan in 13, KatGen Hietzing und Schönbrunn Abstimmung S. 76 14. 00401-2015/0001-GSK; MA 21, P 18: Plan Nr 8077: Flächenwidmungs- und Bebauungsplan in 13, KatG Speising Berichterstatter GR Dipl-Ing Omar Al-Rawi S. 76 Redner: GR Ing Mag Bernhard Dworak S. 76 GR Mag Günter Kasal S. 77 GR Mag Christoph Chorherr S. 77 Berichterstatter GR Dipl-Ing Omar Al-Rawi S. 78 Abstimmung S. 78 15. 00766-2015/0001-GSK; MA 46, P 19: Verordnung betreffend Feststellung der Hauptstraßen und Nebenstraßen Berichterstatter GR Gerhard Kubik S. 78 Redner: GR Dipl-Ing Roman Stiftner S. 78 GR Dipl-Ing Martin Margulies S. 79 GR Anton Mahdalik S. 79 GR Mag Gerhard Spitzer S. 80 Abstimmung S. 81 16. 00949-2015/0001-GGU; MA 49, P 23: Leitbild Norbert-Scheed-Wald 2015 Berichterstatter GR Ernst Holzmann S. 82 Rednerin bzw Redner: GR Martin Flicker S. 82 GRin Ingrid Schubert S. 82 Abstimmung S. 83 17. 00743-2015/0001-GKU; MA 7, P 12: Verein Wiener Stadtfeste; Subvention 01010-2015/0001-GKU; MA 7, P 13: Verein Wiener Kulturservice; Subvention Berichterstatterin GRin Mag Sybille Straubinger, MBA S. 83 Rednerin bzw Redner: GR Anton Mahdalik S. 83 GRin Susanne Bluma S. 84 Abstimmung S. 84 18. 00700-2015/0001-GKU; MA 7, P 15: echo event gesmbh; Subvention Abstimmung S. 85 19. 00802-2015/0001-GJS; MA 51, P 8: Subventionen an Sportorganisationen und sonstige Institutionen aus den Sportförderungsmitteln Abstimmung S. 85 20. 00883-2015/0001-GJS; MA 13, P 10: Verein Zeit!Raum; Subvention Abstimmung S. 85 21. 01009-2015/0001-GIF; MA 17, P 1: Verein für österreichisch türkische Freundschaft; Subvention Berichterstatterin GRin Safak Akcay S. 85 Rednerin: GRin Angela Schütz S. 85 Abstimmung S. 86 (Beginn um 9.01 Uhr.) Vorsitzender GR Godwin Schuster: Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen des Wiener Gemeinderates! Ich eröffne die 66. Sitzung. Entschuldigt sind GRin Graf bis zirka 13 Uhr, GRin Mag Schneider während des gesamten Tages und GR Dr Van der Bellen ebenso während des gesamten Tages. Gleichfalls entschuldigt sind GR Dr Wansch bis zirka 11 Uhr und Amtsf StR Dr Mailath-Pokorny während des gesamten Tages - er befindet sich, wie auch in der Präsidialkonferenz mitgeteilt, auf Dienstreise. Sehr geehrte Gemeinderäte! Hochverehrter Herr Bürgermeister! In der Präsidialkonferenz habe ich mitgeteilt, dass ich am Beginn der Sitzung drei im Moment auch sehr aktuelle Themen ansprechen werde. Ich möchte mit dem ersten Thema beginnen und bitte Sie, sich am Ende meines Beitrages dann für eine Gedenkminute zu erheben. Am 13. April 1945, also heute genau vor 70 Jahren und 11 Tagen, wurde Wien vom Terrorregime des Nationalsozialismus befreit. Zwischen 6. und 13. April 1945 fand die "Schlacht um Wien", wie sie bezeichnet wird, im Stadtgebiet zwischen der Roten Armee und der Deutschen Wehrmacht statt. Mir persönlich erschien es sehr wichtig, dass die Rote Armee damals vor Beginn des Einmarsches in die Stadt garantierte, dass im Falle einer Eroberung möglichst schonend vorgegangen wird, die Stadt nicht bombardiert und die Wasserleitung nach Wien geschützt werden. Besonders wichtig für die Folgejahre war auch, dass dieser Kampf von österreichischen Freiheitskämpfern unterstützt wurde. Unser außerordentlicher Dank gebührt den Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern und den Soldaten, die unsere Stadt befreiten. Tausende von ihnen verloren für die Wiedererlangung von Demokratie und Freiheit - unserer Demokratie und Freiheit - ihr Leben. Bedanken sollen wir uns aber auch bei der Aufbaugeneration, die in der Nachkriegszeit - es waren darunter sehr, sehr viele Frauen, bekannt unter der Bezeichnung "Trümmerfrauen" - unter schwierigsten Bedingungen die damals stark zerstörte Stadt wieder aufgebaut hat. Damit schuf sie die Basis, auf der die nachfolgenden Generationen Wien zur Stadt mit der höchsten Lebensqualität gemacht haben. Die Verpflichtung unsererseits, die wir das Glück der Spätgeborenen haben und in einem seit 70 Jahren von Krieg nicht direkt betroffenen Land leben, ist es auch, die uns folgenden Generationen stets darauf hinzuweisen, dass Ressentiments gegen Minderheiten, Intoleranz, Rassismus, Antisemitismus und die zumindest teilweise Ablehnung von Religionsfreiheit nicht zu dulden sind. Wir dürfen aber auch unsere gemeinsamen Bemühungen, und zwar unser aller gemeinsame Bemühungen im Kampf gegen Radikalismus und Extremismus nie aufgeben. Das Motto "Niemals vergessen!" und "Kampf dem Faschismus!" ist heute leider noch immer sehr, sehr aktuell. Kofi Annan hat vor fast genau zehn Jahren anlässlich einer Gedenkveranstaltung in Auschwitz gesagt: "Das Böse braucht das Schweigen der Massen." - Ich ersuche Sie, nicht zu schweigen, sondern aktiv gegen vorher genannte Fehlentwicklungen aufzutreten. Zum Zweiten möchte ich betonen, dass genau heute vor 100 Jahren die Massenverhaftungen und die Vertreibung von Armeniern und Armenierinnen sowie der Genozid, welcher durch das Osmanische Reich an etwa eineinhalb Millionen Armeniern verübt wurde, begannen. Ich begrüße ausdrücklich die vor wenigen Tagen von allen sechs Fraktionen des Nationalrates erzielte gemeinsame Erklärung, in der festgehalten wird, dass sie der Opfer von Gewalt, Mord und Vertreibung, zu denen auch zehntausende Angehörige anderer christlicher Bevölkerungsgruppen im Osmanischen Reich wie jener der Aramäer, der Assyrer, Chaldäer oder der Pontos-Griechen gehören, gedenken. Auf Grund der historischen Verantwortung - die österreichisch-ungarische Monarchie war im Ersten Weltkrieg mit dem Osmanischen Reich verbündet - ist es unsere Pflicht, die schrecklichen Geschehnisse als Genozid anzuerkennen und zu verurteilen. Ebenso ist es die Pflicht der Türkei, sich der ehrlichen Aufarbeitung dunkler und schmerzhafter Kapitel in ihrer Vergangenheit zu stellen und die im Osmanischen Reich begangenen Verbrechen an den Armeniern als Genozid anzuerkennen. Das Verbrechen an den Armeniern vor 100 Jahren, das von Papst Franziskus als "erster Genozid des 20. Jahrhunderts" bezeichnet wurde - ich denke, er grenzt das ein bisschen stark ein -, macht die Notwendigkeit von Gedächtniskulturen deutlich. Denn das Bewusstsein für unsere unantastbaren Werte der Freiheit, des Friedens und der Menschenrechte ist untrennbar verbunden mit einem würdigen Andenken an die Opfer von Gewalt, Verfolgung, Vertreibung und Massenmord. Die Klubobleute der sechs im österreichischen Nationalrat vertretenen Parteien bekennen sich in dieser Erklärung dazu, den bewährten österreichischen Weg des Dialogs und der Versöhnung bei der Beilegung von internationalen Konflikten im Rahmen der Möglichkeiten konsequent fortzusetzen. Um die Aussöhnung zu fördern, wird die Absicht erklärt, eine Auseinandersetzung mit den historischen Ereignissen sowie deren Aufarbeitung durch die Türkei und Armenien als ersten Schritt zur Versöhnung und zur längst überfälligen Verbesserung der türkisch-armenischen Beziehungen sowohl bilateral als auch auf europäischer Ebene aktiv zu unterstützen. - Das waren im Großen und Ganzen die Inhalte dieser Erklärung. Ich möchte mich besonders bei Aslan Ergen - vielleicht für manche von euch nicht bekannt, aber er ist der Präsident der Assyrischen Demokratischen Organisation in Österreich - für seinen unermüdlichen Einsatz bedanken. Er betont ständig, dass es ihm nicht um Rache, sondern um Anerkennung des von seinen Vorfahren erlebten Unrechts gehe. Auf das dritte Thema, ein sehr, sehr aktuelles Thema, möchte ich nun gleichfalls eingehen - wahrscheinlich viel zu kurz, wie auch im Fall der anderen beiden Themen -, nämlich auf das Flüchtlingsdrama im Mittelmeer. Es ist zu erwarten, dass in den kommenden Monaten der Flüchtlingsstrom aus Nordafrika zunehmen wird. Ich denke, dass es für uns, die wir uns alle vorgenommen haben, unsere Zeit primär für eine Verbesserung der Situation von Menschen zur Verfügung zu stellen, unerträglich sein muss, wenn, wie in den letzten Wochen, tausende Menschen, und zwar Kinder und Erwachsene, auf der Flucht ertrinken. Die Ursachen dieser Tragödie sind vielfältig. Sie aber ausschließlich auf die Schlepper zu reduzieren, erfasst nicht die tatsächliche Breite der Problematik. Die EU muss ihre bisherige Flüchtlingspolitik ehest überdenken und unverzüglich wirksame Lösungen ausarbeiten, damit dieses Massensterben im Mittelmeer künftig möglichst verhindert wird. Bundespräsident Dr Heinz Fischer bezeichnete es bei einer Gedenkveranstaltung zu Recht als monströse Katastrophe. Ich ersuche Sie daher, sich zu einem Gedenken an die Toten des Zweiten Weltkriegs, verursacht durch den Nationalsozialismus, sowie den Genozid an den Armeniern und die viel zu vielen ertrunkenen Flüchtlinge für eine kurze Gedenkminute von Ihren Plätzen zu erheben. (Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen und verharren einige Zeit in stillem Gedenken.) Ich danke. (Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.) Wir kommen nun zur Fragestunde. Die 1. Frage (FSP - 01166-2015/0001 - KSP/GM) wurde von Herrn GR Siegi Lindenmayr gestellt und ist an den Herrn amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Bildung, Jugend, Information und Sport gerichtet. (Was ist Soziale Arbeit im öffentlichen Raum?) Bitte, Herr Stadtrat. Amtsf StR Christian Oxonitsch: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie fragen mich, was soziale Arbeit im öffentlichen Raum in Wien, für Wien letztendlich bedeutet. Es ist dies eine Frage, mit der sich gerade auch in den vergangenen Wochen und Monaten die fünf in diesem Handlungsfeld tätigen Geschäftsgruppen sehr intensiv auseinandergesetzt haben, wobei sie ressortübergreifend in einem sehr partnerschaftlichen Prozess eine gemeinsame Position für diesen für die Stadt sehr wichtigen Bereich der sozialen Arbeit im öffentlichen Raum erarbeitet, aber auch schriftlich festgehalten haben. Damit wurde die Haltung der Stadt Wien zur sozialen Arbeit im öffentlichen Raum ausgedrückt. Wien ist, und wir bekennen uns dazu, auch im Bereich der sozialen Arbeit natürlich eine weltoffene, eine pluralistische Metropole, die auf Vielfalt und gemeinsame Verantwortung baut, sowohl historisch als auch gegenwärtig, und sie ist von Internationalität und Diversität geprägt. Die Stadt Wien verfolgt hinsichtlich der sozialen Arbeit des Zusammenlebens traditionell eine Politik der Akzeptanz, der Integration, der Inklusion und auch - sehr wesentlich! - der Prävention. Partizipation als wichtiges demokratisches Element ist eine zentrale Voraussetzung für Inklusion auch von marginalisierten Menschen in unserer Gesellschaft. Das bedeutet, dass alle Menschen, auch jene, deren Handlungsoptionen durch soziale Ungleichheiten eingeschränkt sind, hinsichtlich der gesellschaftlichen Teilhabe entsprechend unterstützt werden. Die gemeinsam getragene Verantwortung sowie die aktive Beteiligung und Mitgestaltung machen unsere Stadt lebenswert und sicher, und das bestätigen uns ja auch immer wieder die diversen internationalen Auszeichnungen. Wo findet diese soziale Arbeit im öffentlichen Raum statt? - Es gibt hier in der Stadt bekanntermaßen eine Vielzahl von Einrichtungen, die auf unterschiedliche Thematiken und Problemlagen spezialisiert sind und für alle Bevölkerungsgruppen, von Kindern bis zu älteren Menschen, entsprechend zuständig sind. In meinem Bereich, im Bereich der Kinder und Jugendlichen, werden direkt Kinder und Jugendliche an den Aufenthaltsorten erreicht und unterstützt. Dies erfolgt durch Organisationen wie zum Beispiel die aufsuchende und mobile Jugendarbeit JUVIVO, Kiddy & Co und viele andere Vereine, aber auch durch die Wiener Parkbetreuung, durch die Wiener Jugendzentren, den Wiener Familienbund, die Wiener Kinderfreunde oder auch durch die entsprechenden Fair-Play-Teams. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Organisationen beraten Kinder und Jugendliche und deren Bezugspersonen in Notlagen schnell und vor allem direkt. Und gerade die MitarbeiterInnen sind durch die Begegnung in jenen Örtlichkeiten und Räumen, in denen sich junge Menschen aufhalten, ja ein ganz wesentlicher Transmissionsriemen auch der vielfältigen Hilfsangebote, die es in der Stadt für junge Menschen gibt. Bei der Begegnung unterschiedlicher NutzerInnen und Interessengruppen im öffentlichen Raum wird gerade über diese Institutionen auch entsprechend vermittelt. Es gibt aber auch im Bereich der Gemeinwesenarbeit und der sozialen Arbeit entsprechende Organisationen wie zum Beispiel die Wohnpartner, die Suchthilfe Wien mit SAM und "help U", die Gebietsbetreuungen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MA 17 für interkulturelle Projektarbeiten, aber auch Wiener Wohnen, die Wohnungslosenhilfe. Insgesamt arbeiten in diesem Bereich mehr als 800 Menschen in den unterschiedlichsten Bereichen im öffentlichen Raum für die Wiener und Wienerinnen und sind letztendlich für ihre Bedürfnisse und Bedarfe entsprechend tätig. Manche MitarbeiterInnen sind saisonal beschäftigt, wie zum Beispiel im Bereich der Parkbetreuung, andere wiederum arbeiten im öffentlichen Raum, aber auch in entsprechenden Einrichtungen, zum Beispiel im Bereich der Wohnungslosenhilfe. Die Grundsätze der sozialen Arbeit sind, dass die Stadt Wien den öffentlichen Raum als einen sozialen Raum versteht - auch mit der entsprechenden Bedeutung, der nicht zuletzt auch durch gesellschaftliche Machtverhältnisse strukturiert ist. Daher ist er auch ein Ort für die Aushandlung von Werten, von Interessen und von entsprechenden Lebensführungen. Der öffentliche Raum unterliegt bekanntermaßen unterschiedlichen und vielfältigen Nutzungsansprüchen, und er steht allen gleichermaßen zur Mitgestaltung offen. Dies ist ein Kennzeichen einer dynamischen, einer städtischen und, wie ich denke, auch einer entsprechend offenen Gesellschaft. Für alle Wienerinnen und Wiener ist der öffentliche Raum auch Aufenthaltsraum, Spielraum, Freiraum, Sozial- und Experimentierraum. Und besonders Kinder und Jugendliche haben ein Recht darauf, bei der Inanspruchnahme von Plätzen, Parks, von Nischen und Räumen entsprechend unterstützt zu werden. Und das tun die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinder- und Jugendarbeit in dieser Stadt sehr engagiert. Der öffentliche Raum ist aber auch charakterisiert durch unabgestimmte Vielfalt der Gesellschaft und daher auch Austragungsort von Differenzen und Reibungen. Diese Nutzungskonflikte sind auch eine Chance, einem gleichberechtigten Nebeneinander der unterschiedlichen Ansprüche gerecht zu werden. Wir treten im öffentlichen Raum selbstverständlich auch mit unseren Mitarbeitern und unseren vielen Instrumentarien gegen jegliche Form von Diskriminierung in und Verdrängung aus dem öffentlichen Raum auf. Daher ist unter anderem auch die gender-gerechte Gestaltung von öffentlichen Räumen, aber auch die angstfreie Gestaltung von öffentlichen Räumen ein wesentlicher Aspekt der sozialen Arbeit, aber letztendlich auch das Bieten einer Möglichkeit der Partizipation bei der Gestaltung von öffentlichen Räumen. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke für die Beantwortung. Die 1. Zusatzfrage stellt Frau GRin Ing Leeb. - Bitte schön. GRin Ing Isabella Leeb (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Schönen guten Morgen! Ich freue mich, dass auch Herr Kollege Lindenmayr jetzt nach 30 Jahren in der Kommunalpolitik eine ausführliche Antwort bekommen hat auf die Frage, was soziale Arbeit im öffentlichen Raum bedeutet. Dennoch, trotz all dem, was wir hier gehört haben und was die Stadt Wien alles investiert und unternimmt, hat die Polizei am vergangenen Wochenende oder in den vergangenen Wochen eine sehr große Jugendbande, die in Wiens Parks ihr Unwesen getrieben hat, ausheben können. Und das ist jetzt keine kleine Jugendbande, sondern da geht es doch um bis zu 150 Mitglieder. In den sozialen Netzwerken spricht man sogar von über 5 000 Freunden dieser Goldenberger, die in den Parks, unter anderem im 15. und 16. Bezirk und in der Brigittenau, ihr Unwesen treiben - Handys klauen, Kindern das Taschengeld wegnehmen, Schutzgelder erpressen und sich prügeln. Es hat sogar ein Foto gegeben, wo sich der Kopf dieser Jugendbande stolz mit dem Herrn Bundeskanzler fotografieren ließ. Und das alles unter den Augen der - offensichtlich doch nicht so gut funktionierenden - sozialen Arbeit im öffentlichen Raum! Ich habe hier einen Artikel aus der "Presse" vom vergangenen Sonntag, und darin ist zu lesen, dass Max Goldenberg, der Kopf dieser Jugendbande, sogar offiziell um Förderung angesucht hat. Meine Frage, Herr Stadtrat: Um welche Art der Förderung handelt es sich? Wurde diese ausbezahlt? Und in welcher Höhe wurde sie ausbezahlt? Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr Stadtrat. Amtsf StR Christian Oxonitsch: Zu Ihrer konkreten Fragestellung kann ich Ihnen gerne nach der entsprechenden Recherche die entsprechende Auskunft geben. Da Sie wissen, dass Förderungen in der Regel vom Wiener Gemeinderat und auch dem entsprechenden Ausschuss beschlossen werden, brauchen Sie nur die eigenen Tagesordnungen durchzuackern. Aber ich mache es gerne für Sie, dann können wir dem gerne auch entsprechend nachkommen. Ohne jetzt im Detail auf diese Fragestellung einzugehen, möchte ich schon ausdrücklich festhalten: Gerade die Zusammenarbeit, auch zum Beispiel der Kinder- und Jugendarbeit, ist immer wieder auch - und dazu bekennt sich die Stadt selbstverständlich auch - für die Kooperation zum Beispiel mit Sicherheitsbehörden in einzelnen Fragen eine wesentliche Voraussetzung, damit es hier immer wieder auch entsprechende Maßnahmen und letztendlich auch die Möglichkeit des Einschreitens in diesen Bereichen gibt. - Das ist der eine Aspekt. Der zweite Aspekt, und zu dem bekenne ich mich aber nach wie vor auch, gerade im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit: Bei null Toleranz gegenüber allem, was den Bereich von strafbaren Handlungen betrifft, auf der einen Seite ist Jugendarbeit immer auch geprägt von Beziehungsarbeit. Wir wissen, dass selbst im Bereich der Justiz - und die vergangenen Tage haben das durch die Äußerungen des Justizministers wieder gezeigt -, gerade auch zum Beispiel im Maßnahmenvollzug, Beziehungsarbeit immer wieder wesentlich ist und nicht nur rein die repressive Handlung. Da ist das also ein wesentlicher Bereich. Und diese Kooperation der sozialen Arbeit im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit ist in diesem Fall durchaus auch eine wesentliche Grundlage gewesen, um hier immer wieder auch die entsprechenden Aspekte der unterschiedlichen Beziehungsgeflechte, die es zwischen jungen Menschen in diesem Bereich gibt, einfließen lassen zu können, die dann letztendlich auch Maßnahmen möglich machen, die dann auch von der Polizei gesetzt werden. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. - Die 2. Zusatzfrage stellt Frau GRin Hebein. - Bitte schön. GRin Birgit Hebein (Grüner Klub im Rathaus): Guten Morgen, Herr Stadtrat! Sie haben es bereits angesprochen: Der öffentliche Raum gehört allen. Und niemand will in einer Stadt leben, wo zum Beispiel Obdachlose oder BettlerInnen vertrieben werden. Insofern teilen wir GRÜNEN selbstverständlich die Wertschätzung, die auch von Ihnen kommt, für die soziale Arbeit. Die SozialarbeiterInnen leisten enorm wichtige Arbeit, und im Grunde kann man ihnen nicht genug dafür danken. Ich würde gerne die Gelegenheit nützen, um über die Arbeitsbedingungen in der sozialen Arbeit zu sprechen und über die längst notwendige Absicherung des Berufsgesetzes für soziale Arbeit und Sozialpädagogik. Hier haben wir ja eine sehr konstruktive rot-grüne Arbeitsgruppe. Können Sie ein bisschen etwas darüber erzählen, ob wir es schaffen, in den nächsten Monaten dieses Gesetz auf Schiene zu bringen? Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr Stadtrat. Amtsf StR Christian Oxonitsch: Wie Sie zu Recht sagen, gibt es hier eine sehr konstruktive Arbeit nicht nur über die Parteigrenzen hinweg, sondern vor allem auch über die Berufsgruppen hinweg. Eine wesentliche Frage des Berufsgesetzes in diesem Bereich ist ja, letztendlich auch die unterschiedlichen Bedürfnisse und Erwartungshaltungen der unterschiedlichen Berufsgruppen in diesem Gesetz entsprechend abzubilden. Ich bin sehr froh darüber, dass es gerade hier eine - vor Kurzem noch ziemlich unwahrscheinliche - gemeinsame Positionierung der Berufsgruppen gegeben hat. Wir haben ja auch auf der politischen Ebene hier im Wiener Landtag letztendlich einen gemeinsamen Beschluss- und Resolutionsantrag für die Schaffung eines derartigen Berufsgesetzes, und zwar eines bundesweit gültigen Berufsgesetzes, beschlossen. Da es diesbezüglich nicht zu den entsprechenden Initiativen gekommen ist, haben wir uns bereit erklärt, gemeinsam mit den Berufsgruppenvertretern, gemeinsam letztendlich auch mit der Fachhochschule, einmal einen Entwurf zu erarbeiten. Dieser Diskussionsprozess läuft sehr konstruktiv, und ich bin überzeugt davon, dass wir jedenfalls noch im Laufe dieses Jahres einen entsprechenden Vorschlag gemeinsam erarbeiten werden können. Es ist mir aber auch wichtig festzuhalten - und ich habe das noch nicht ganz aus dem Auge verloren -, dass ich denke, wirklich Sinn macht ein derartiges Gesetz tatsächlich auf der Bundesebene. Ich halte nichts von neun unterschiedlichen Gesetzgebungen in einer derartigen Frage, wo ja - wir kennen das aus vielen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe - gerade auch immer wieder grenzübergreifende - wenn man die Grenze zwischen Wien und Niederösterreich überhaupt als solche bezeichnen will - beziehungsweise eben bundesländerübergreifende Kooperation notwendig ist. Darum würde ich es sehr begrüßen, wenn unser Vorschlag, den wir gemeinsam hier erarbeiten, dann auch breite Akzeptanz auf der Bundesebene finden und letztendlich zu einem gemeinsamen Gesetz für diese Berufsgruppen führen würde. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. - Die nächste Zusatzfrage stellt Herr GR Blind. - Bitte schön. GR Armin Blind (Klub der Wiener Freiheitlichen): Guten Morgen, Herr Stadtrat! Zunächst zur Frage selbst, die sich ja damit beschäftigt, was soziale Arbeit im öffentlichen Raum ist. Ich möchte nur darauf hinweisen: Wenn Kollege Lindenmayr Google bemüht hätte, hätte er zur Frage, auf die Sie uns die Antwort dankenswerterweise dann vorgelesen haben, das sogenannte Mission Statement der Stadt Wien zur sozialen Arbeit im öffentlichen Raum gefunden. Dazu war er offensichtlich nicht in der Lage. Das erklärt vielleicht auch, warum er jetzt nicht mehr Klubobmann der SPÖ ist. (Heiterkeit bei der FPÖ, ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Die Frage, die ich stelle, ist vielleicht ein bisschen investigativer. - Der Herr Kollege (in Richtung GR Siegi Lindenmayr) macht ein bisschen abfällige Handbewegungen. Ich bitte, das auch möglicherweise mit einem Ordnungsruf zu quittieren. (Neuerliche ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.) - Na ja, wenn Sie so etwas im öffentlichen Raum machen! Wenn wir gerade über den öffentlichen Raum sprechen und über den Respekt und all das, was Sie immer predigen, sollte sich vielleicht Herr Kollege Lindenmayr auch ein bisschen am Riemen reißen. Jetzt zu meiner Frage: Wir haben der Ausgabe des "Standard" vom 30. Jänner 2015 entnommen, was den relativen Anteil an Personen - meistens Jugendlichen -, die nach Syrien gehen, betrifft, dass deren Anzahl sich in Österreich auf 178 Personen beläuft. In Deutschland sind es beispielsweise 500. Wir wissen, Deutschland ist 10 Mal größer. Der Faktor ist also in Österreich drei Mal höher, was den Anteil der Personen betrifft, die sich radikalisieren und nach Syrien gehen. Sehen Sie im gegebenen Zusammenhang ein spezielles Versagen der sozialen Arbeit auch in Wien? Sehen Sie hier Verbesserungsbedarf? Wenn ja, welchen? Beziehungsweise: Welche Erfahrungen gibt es im Rahmen der sozialen Arbeit im öffentlichen Raum mit sich radikalisierenden Jugendlichen? Vorsitzender GR Godwin Schuster: Kollege Blind! Nicht alles, was man selbst als Scherz empfindet, muss einer sein. Und jemanden des Nicht-Lesen-Wollens zu bezichtigen, ist auch nicht ganz gut. Und daher: Es gibt dafür ja keinen Ordnungsruf, aber ich würde trotzdem bitten, diese Sticheleien weit unter der Gürtellinie etwas zu unterlassen. Ich weiß, wir sind schon in einer Vorwahlkampfphase, aber es muss nicht unbedingt hier gleich von Anbeginn so ausgelebt werden. (GR Mag Wolfgang Jung: Wir haben ihn ja nicht abgewählt!) Bitte, Herr Stadtrat, du bist am Wort. Amtsf StR Christian Oxonitsch: Also es überrascht mich ja auch durchaus nicht, dass der Versuch einer etwas inhaltlicheren Auseinandersetzung über eine Frage, die in dieser Stadt von großer Bedeutung ist - und nicht nur, weil 800 Menschen in diesem Bereich arbeiten -, Sie vielleicht ein bisschen überfordert. Das kann ich schon nachvollziehen, dass man sagt, man will sich eigentlich nicht inhaltlich auseinandersetzen, sondern man will nur auf aktuelle Erkenntnisse gehen. Ich glaube aber, dass gerade für einen Bereich wie den der sozialen Arbeit ein Selbstverständnis, ein gemeinsames, akzeptiertes Selbstverständnis der unterschiedlichen Bereiche und der unterschiedlichen Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, eine wesentliche Grundlage für eine Stadt ist. Deshalb war es mir auch wichtig, dass es nicht nur zu diesem Mission Statement kommt, sondern letztendlich auch zu dieser Arbeitsgruppe gekommen ist, die eben ein gemeinsames Selbstverständnis - und das merkt man ja aus den Fragestellungen, auch wenn man zwischen den Zeilen liest, dass in diesem Raum kein gemeinsames Selbstverständnis von sozialer Arbeit existiert - all jener, die in diesem Bereich arbeiten, erarbeiten soll, weil das wichtig ist. Darum bin ich auch über die entsprechende Frage sehr froh, weil es eben Unterschiede gibt - wie man ja sehr deutlich merkt - im Verständnis dessen, was soziale Arbeit ist. Wenn es das nicht gäbe, dann hätten wir das nicht gebraucht, aber dann würden wir wahrscheinlich auch die eine oder andere Diskussion in diesem Raum nicht führen. (GR Mag Dietbert Kowarik: ... die Frage! Die Frage ist ein Scherz!) Und sich darüber in irgendeiner Art und Weise lustig zu machen oder es als lächerlich hinzustellen, wenn sich viele Menschen sehr engagiert genau mit sehr grundlegenden Fragen einer internationalen Stadt auseinandersetzen, das sehe ich eigentlich nur als Beweis dafür, wie wenig ernst man diesen Bereich in der Stadt letztlich auch nimmt. Zur Ihrer konkreten Frage: Wie Sie richtig darauf hinweisen, geht es hier um ein österreichweites, um ein internationales Phänomen, mit dem wir konfrontiert sind, bei dem weder Wien noch Österreich noch zum Beispiel Wels - als jene Stadt mit dem größten Anteil an Personen, die nach Syrien gegangen sind - die Patentrezepte hat. Aber gerade Wien war jenes Bundesland, das hier als allererstes sehr eindrucksvoll die Initiativen ergriffen hat. Wir werden in wenigen Tagen eine große Enquete hier im Wiener Rathaus zu diesem Thema haben, wie Sie ganz genau wissen. Alle Bundesländer bauen letztendlich auf auf den vielfältigen Erfahrungen im Umgang mit Radikalisierung, die wir gerade auf Grund einer engagierten Kinder- und Jugendarbeit in der Stadt haben, und zwar nicht nur in der aktuellen Frage von Dschihadismus - wie auch immer man die diversen Bezeichnungen verwendet -, sondern auch durch viele Jahre und Jahrzehnte hindurch mit Radikalisierungen zum Beispiel am rechtsextremen Rand, auch am linksextremen Rand. Hier sind die Erfahrungen der Wiener Kinder- und Jugendarbeit eine sehr wesentliche Grundlage gewesen. Und ich bin sehr froh, dass letztendlich aufbauend auf diesen Grundlagen, auf diesen Erfahrungen der Wiener Kinder- und Jugendarbeit zum Beispiel auch der Herr Justizminister in den vergangenen Tagen sehr wertvolle Initiativen ergriffen hat, denen durchaus auch die entsprechende Anerkennung gebührt. Ich denke daher, hier so zu tun, wie wenn irgendjemand das Patentrezept hätte, ist unzulässig. Auch wir haben es nicht. Aber ich glaube, das, was man sehen kann, ist, dass wir die Ersten sind, die sich intensiv mit all diesen Themen immer wieder auseinandersetzen, nicht zuletzt deshalb, weil wir die Einrichtungen dafür haben - das ist mir wichtig: nicht nur das Know-how, sondern auch überhaupt die Einrichtungen haben, die sich dieser Dinge annehmen können. Viele Städte stehen vor demselben Phänomen wie Wien, haben aber jetzt das Problem, überhaupt erst einmal soziale Arbeit im öffentlichen Raum aufzubauen, Fair-Play-Teams aufzubauen, Jugendzentren aufzubauen. Wir haben das in Wien nicht erst seit gestern, sondern seit vielen Jahrzehnten. Und dieses Know-how der Kinder- und Jugendarbeit ist gerade auch in einer derartigen sehr, sehr schwierigen Situation für viele das Besondere, was Wien auch ausmacht, und findet deshalb auch international die entsprechende Anerkennung. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke für die Beantwortung der 1. Frage. Die 2. Frage (FSP - 01172-2015/0001 - KU/GM) wurde von Herrn GR Dr Aigner gestellt und ist an die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Gesundheit und Soziales gerichtet. (Medienberichten zufolge planen private Gesundheitsversicherungen, am Gelände des AKH eine Privatklinik zu errichten. Die Stadt Wien soll dieses Vorhaben durch einen Grundstückstausch ermöglichen. Die Medizinische Universität Wien hat gegen diese Pläne bereits Einspruch erhoben, da dadurch die wenigen räumlichen Erweiterungsmöglichkeiten für das AKH auf Dauer blockiert wären. Eine Privatklinik auf dem Gelände einer Universitätsklinik wäre in der Tat ein Novum und würde wohl den Vorwurf der Zweiklassenmedizin nach sich ziehen. Sie haben sich in der Vergangenheit immer wieder dafür ausgesprochen, die Zahl der Sonderklassebetten in öffentlichen Spitälern auszuweiten, damit die Sonderklassegebühren nicht am öffentlichen Spitalswesen vorbei in den privaten Sektor gehen. Die geplante Privatklinik würde jedoch Sonderklassepatienten aus dem AKH abziehen. Wie stehen Sie als verantwortliche Stadträtin zu diesen Plänen?) Bitte, Frau Stadträtin. Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr GR Aigner! Sie fragen mich, wie ich zu den Plänen stehe, dass ein Privatspital übersiedelt. - Das AKH erarbeitet derzeit gerade in enger Zusammenarbeit mit der Medizinischen Universität Wien einen baulichen Masterplan für die optimale Nutzung der baulichen Infrastruktur, die zum Ziel hat, dass wir das umsetzen, was ich mit Universitätsmedizin 2020 dem Grunde nach plane, nämlich dass Lehre, Forschung und Spitzenbehandlung nicht voneinander zu trennen sind. Der bauliche Masterplan wird für den Zeitraum bis 2030 festgelegt und sieht eine effiziente Nutzung der baulichen Infrastruktur vor, der Krankenversorgung, der Lehre und der Forschung am AKH. Die Basis für diese Planungen sind ganz konkret die Anforderungen, die die MedUni hier gestellt hat, die sie in ihren Leitlinien für die zukünftigen Entwicklungsziele, Lehr- und Forschungsschwerpunkte festgelegt hat. Um es ganz klar zu sagen: Das sind nicht die Ideen, die die Führung des AKH hat, sondern die Unterlagen, die Ziele, die die MedUni dazu beigetragen hat, weil wir diesen Prozess schon in einem partnerschaftlichen Miteinander machen. Das klingt jetzt selbstverständlich - ich sage, und viele in diesem Haus wissen, das ist gar nicht selbstverständlich, sondern das erste Mal so. Um diese Ziele oder Anforderungen, die die MedUni definiert hat, zufriedenstellend erfüllen zu können, sollen der MedUni für Forschung und Lehre zwei zusätzliche Gebäude am Gelände des AKH zur Verfügung gestellt werden. Es handelt sich dabei um einen Neubau und um ein Bestandsobjekt, das es derzeit auch schon gibt. Grundflächen, die für den Betrieb des AKH - und da nenne ich wieder alles: Krankenversorgung, Forschung und Lehre - nicht mehr benötigt werden, stehen der Stadt Wien zur Projektentwicklung zur Verfügung. Das ist im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nur sinnvoll und der MedUni seit Langem bekannt und mit der MedUni auch abgestimmt. Im AKH stehen den Universitätskliniken derzeit rund 18 000 m² an reinen Forschungsflächen zur Verfügung. In den Klinischen Instituten werden Forschungs- und Krankenversorgungsflächen gemischt verwendet, sodass hier spezifisch nur für Forschung genutzte Flächen nicht angegeben werden können. Für die Klinischen Institute besteht ein 2010 neu errichtetes Forschungsgebäude mit 8 000 m². Daher steht grundsätzlich für eine Verwertung jene Fläche offen, die nicht in diesem baulichen Masterplan vorgesehen ist. Und als solche ist auch dieser Platz vorgesehen, der nicht zur Verfügung steht und sozusagen für diesen Masterplan nicht notwendig ist, der derzeit gerade Gegenstand der Diskussion ist und wo auch die Prüfung für den etwaigen Grundstückstausch erfolgen soll. Zu Ihrer Frage betreffend allfällige negative Auswirkungen eines neuen Privatspitals auf das öffentliche Gesundheitssystem lassen Sie mich Folgendes klarstellen: Für mich ist ganz klar, dass wir in dieser Stadt miteinander Herausforderungen und Probleme lösen müssen, und ein ganz wichtiger Punkt dabei ist der geförderte Wohnbau. Und wir wissen, dass es gerade im innerstädtischen Bereich nicht einfach ist, Flächen zu lukrieren, wo geförderter Wohnbau möglich ist, wissen aber auch, dass es ein Grundprinzip dieser Stadt ist, dass geförderter Wohnbau nicht nur irgendwo, wo sich Hase und Fuchs Gute Nacht sagen, passiert, sondern eben auch im städtischen Bereich. Daher stehe ich ganz klar dazu, dass, wenn hier Flächen zur Verfügung stehen, die nicht gebraucht werden, einem solchen Tausch aus diesem Grund nichts entgegensteht. Ob das möglich ist oder nicht, das ist eine Frage, die nicht in meinem Ressort zu klären ist, sondern die - und das ist ja mehrmals gesagt worden - im Ressort meines Kollegen Ludwig noch in Prüfung ist. Was aber in Bezug auf die Frage, wie die Rahmenbedingungen dafür sein müssen, schon auch ein ganz klarer Punkt ist: Das können natürlich nur und müssen ganz strenge Voraussetzungen sein, die es sozusagen möglich machen, damit Bedenken, die hier geäußert werden, sich nicht in die Tat umsetzen. In dem Zusammenhang ist ein ganz wesentlicher Punkt: Es kann und wird und soll zu keiner wie auch immer gearteten Ausweitung von privaten Betten kommen. Wir können jetzt eine lange Diskussion darüber führen und ich habe eine sehr klare Meinung dazu, wie sinnvoll und notwendig Privatspitäler - und damit meine ich nicht die gemeinnützigen Ordensspitäler - für die Gesundheitsversorgung sind. Ich sage Ihnen, ich kann mir die Gesundheitsversorgung in dieser Stadt sehr gut auch ohne Privatspitäler vorstellen. Ich glaube nicht, dass das die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung in dieser Stadt ist, und habe auch keinerlei rechtliche Grundlage, hier eine grundsätzliche Veränderung vorzusehen. Das, was ich tun kann, ist, sicherstellen, dass es nicht mehr Privatbetten gibt. Das kann ich sicherstellen und werde ich sicherstellen. Bei diesem geplanten Projekt geht es daher um keine Ausweitung, sondern um einen Tausch, durch den Betten - man kann das in Google Maps nachschauen - um nicht einmal 500 m verlegt würden. Ganz besonders wichtig ist für mich, dass es klare Abgrenzungen und Spielregeln für die allfälligen Nebenbeschäftigungen von Ärztinnen und Ärzten des AKH in Privatspitälern geben muss - ganz besonders wenn ein Privatspital hier noch näher rücken sollte, sollte es zu dieser Vereinbarung kommen. Diesbezüglich hat es ja in der Vergangenheit mit anderen Spitälern rund um das AKH immer wieder Probleme gegeben, und vor diesem Hintergrund finde ich die Diskussion schon, sagen wir, ein bisschen scheinheilig. Denn dass die sogenannte Goldene Meile nicht auf der Donauplatte ist, sondern jetzt schon rund um das AKH - mit der Wiener Privatklinik, mit dem Goldenen Kreuz -, ist eine Realität. Und, wie gesagt, man kann das grundsätzlich kritisieren - und ich bin eher diejenige, die das grundsätzlich kritisiert -, sollte aber jetzt nicht so tun, als ob sich hier etwas ganz Neues entwickeln würde, denn das ist nicht der Fall. Worauf ich mich nicht einlasse, ist sozusagen die Diskussion, die unter unterschiedlichen Betreibern der Privatspitäler stattfindet. Das ist kein Thema der Stadt Wien. Das ist eigentlich auch eines, wofür ich weder zuständig bin noch mich dafür zuständig erkläre. Generell ist es meine Absicht und bleibt es meine Absicht - und das steht ganz im Gegensatz zu dem, was die Privatspitäler wollen -, den Anteil der Sonderklasse in den öffentlichen Spitälern zu erhöhen, auch im AKH. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, dass wir Schritt für Schritt noch bessere Rahmenbedingungen schaffen, um den Anteil in den eigenen Krankenhäusern zu erhöhen, weil damit die Mittel der Privatversicherungen in die öffentlichen Spitäler fließen und damit allen zu Gute kommen. Ich möchte daher auch in Zukunft Verbesserungen dahin gehend machen, dass es auch für die Ärztinnen und Ärzte attraktiver ist, Sonderklassepatientinnen und -patienten in den eigenen Spitälern, insbesondere auch im AKH, zu behandeln. Die Stärkung der öffentlichen Spitäler steht für mich auch bei dem von Ihnen angesprochenen Projekt im Vordergrund. Das heißt, es darf hier zu keiner Verschlechterung für das AKH kommen. Gleichzeitig ist es aber für das öffentliche Gesundheitswesen, wie gesagt, nicht relevant, wie die Wettbewerbssituation zwischen den Privatspitälern aussieht, ob es dabei zu irgendwelchen Veränderungen durch diesen Grundstückstausch kommt. Das mögen sich diese Betreiber ausmachen. Dafür ist die Stadt Wien nicht zuständig, und ich bin auch nicht daran interessiert, mich in diese Debatte einzubringen. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke für die erste Beantwortung. Die 1. Zusatzfrage stellt Herr GR Dr Aigner. - Bitte schön. GR Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Ich darf mich diesem Dank anschließen für die sehr ausführliche und engagierte Beantwortung. Ich glaube, es wird Sie auch nicht sonderlich überraschen, dass ich auch prinzipiell nichts gegen Privatspitäler habe. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Ich ja eher schon!) Ich habe nicht prinzipiell etwas dagegen. Ich finde, in so eine vielfältige Spitalslandschaft gehören auch diese Spitäler, die ja auch einen gewissen Anteil an Versorgungsleistungen erbringen. Ich glaube aber schon, dass dieses Projekt, das Sie ja jetzt quasi in Grundzügen auch bestätigt haben, schon ein Quantensprung ist dahin gehend, dass es auf dem Gebiet in unmittelbarer räumlicher, vielleicht sogar baulicher Verbindung mit dem Topspital Österreichs gemacht wird und die Stadt Wien hier auch das Grundstück offenkundig zur Verfügung stellen möchte. Ich glaube also schon, dass sich - die "Goldene Meile" ist eine Tatsache, das ist ganz klar - natürlich rund um so einen großen "Flugzeugträger" auch viele kleinere Einrichtungen gruppieren, aber wenn man das so eng zusammenfasst, dann ist das schon etwas, wo es wahrscheinlich auch Rückwirkungen auf das AKH geben kann. Und ich stelle mir schon die Werbebroschüren vor, in denen es heißt: Wir sind auf dem Gelände des AKH. - Vielleicht wird das gar kein normales Belegspital, sondern eines für ganz besonders Reiche. Also ich glaube schon, dass das vielleicht ein bisschen anders zu beurteilen ist. Aber meine Zusatzfrage geht in eine andere Richtung. Ich habe gestern in der Zeitung gelesen, dass der berühmte Prof Penninger, der jetzt im Rahmen der Akademie der Wissenschaften wertvolle Forschungsarbeit in Österreich leistet, von Berlin sehr umworben wird. Können Sie uns vielleicht als Gesundheitsstadträtin, die jetzt gerade auch den Forschungsstandort Österreich und Wien angesprochen hat, darüber Auskunft geben, ob es seitens der Stadt auch Bestrebungen gibt, dem Prof Penninger Rahmenbedingungen zu schaffen und zu bieten, die ihn vom Weggehen aus Wien abhalten könnten? Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Wenn es der Herr Vorsitzende erlaubt, möchte ich zur Zusatzaussage etwas sagen und dann kurz die Zusatzfrage auch ganz klar beantworten. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Frau Stadträtin, es ist umgekehrt: Wenn du die Antwort geben willst, darfst du es tun, du musst es aber nicht tun. Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Gut. Ich möchte sehr gerne, weil ich das gerne alles ausräumen möchte. Ich würde wirklich anregen, sich örtlich die Situation rund um das AKH anzuschauen, was da näher oder ferner ist, denn - und ich bin denen allen gleich nahe; nahe kann ich nicht sagen, sondern gleich fern -: Wenn man sich zum Beispiel die derzeitige Situierung der Wiener Privatklinik anschaut und schaut, wo das Eck des möglicherweise - das ist ja eine Frage, die noch geprüft wird - erfolgenden Grundstückstausches mit diesem anderen Privatspital ist, dann wandert die Diagonale um vielleicht - wenn es 30 m sind, dann sind es viel. Mir scheint diese Diskussion ein bisschen so zu sein, wie wenn einer immer in Italien am Strand in der ersten Reihe liegt, und auf einmal kommt dann einer, der sein Handtuch daneben hinlegt, der aber bisher nicht da war. Und das sollen sich dann bitte die ausmachen, die da nebeneinander liegen, aber das ist keine gesundheitspolitische Frage, sondern das ist eine Wettbewerbsfrage unter Wettbewerbern. Dafür habe ich auch volles Verständnis, sie sollen es nur, bitte, auch so diskutieren. Das, was mir wichtig ist - und das möchte ich noch einmal ganz klar sagen -: Es darf zu keiner Verschlechterung für das AKH kommen. Es darf zu keiner Verschlechterung kommen für die Möglichkeit der Sonderklasse im AKH. Ich möchte den Sonderklasseanteil in den Wiener Spitälern anheben. Und es muss ganz klare Regeln geben - und wenn sozusagen ein weiteres Privatspital ein bisschen näher rückt, muss es noch klarere Regeln geben - für die Nebenbeschäftigung und für die Tätigkeit der Ärztinnen und Ärzte in diesen Privatspitälern. Das sind nämlich üblicherweise nicht welche, die aus Norwegen oder aus Finnland eingeflogen werden, sondern das sind Ärztinnen und Ärzte, die sonst auch in Wien in anderen Spitälern tätig sind. Zu Ihrer anderen Frage kann ich kurz, aber ganz klar antworten: Ja, da gibt es starke Bemühungen. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. - Die nächste Zusatzfrage stellt Frau GRin Korosec. - Bitte. GRin Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Guten Morgen, Frau Stadträtin! Auch herzlichen Dank für Ihre sehr umfassende Beantwortung. Sie haben jetzt einige Male erwähnt, der Sonderklasseanteil ist Ihnen so wichtig. Und wir wissen ja, besonders im AKH, aber auch in den KAV-Spitälern haben wir einen Anteil von etwa 5 Prozent. Das ist sehr gering, weil ja bis zu 25 Prozent möglich wären. Sie haben gesagt, Sie werden Maßnahmen setzen - das sagen Sie ja immer wieder, darüber haben wir ja schon sehr oft gesprochen, aber es wird nicht besser. Ich frage Sie daher jetzt einmal: Welche konkreten Maßnahmen haben Sie vor zu setzen - jetzt abgesehen davon, dass man bei der Hotelkomponente Verbesserungen vornimmt? Welche konkreten Maßnahmen werden Sie also setzen, damit tatsächlich der Anteil der Sonderklassepatienten nicht nur im AKH, sondern in allen KAV-Spitälern höher wird? Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin. Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Frau Kollegin Korosec, da ist sozusagen die Frage der Hotelkomponente sicher ein ganz wichtiger Punkt. Das kann man sich ja im AKH auch schon ganz konkret anschauen, und das ist ein Prozess, der Schritt für Schritt erfolgt, aber dort, wo wir neu gebaut haben oder umgebaut haben - ich nenne als Beispiel die Dermatologie -, dort ist sozusagen die Situation schon eine, wo man sagen kann, dass wir das sehr gut hergerichtet haben. Das kann natürlich nur in einem Prozess Schritt für Schritt gehen, und auch das ist vorgesehen in diesem baulichen Masterplan. Wir haben natürlich auch mit den Neubauten der Spitäler - sei es das Krankenhaus Nord oder seien es sozusagen auch die neuen Pläne - stark vorgesehen, die Hotelkomponente zu erhöhen, weil ich sehr stark davon ausgehe, dass, wenn die Möglichkeit besteht, das im eigenen Spital zu machen, das auch für die Ärztinnen und Ärzte attraktiv ist. Ich bin auch im Angebot an die Ärzteschaft - dieses Angebot wurde noch nicht angenommen, aber ich kann das sehr gerne hier zu einem wiederholten Mal sagen, dass ich gerne bereit bin, auch über die Frage, wie die Vergütung für die Ärztinnen und Ärzte ist, zu diskutieren, in einem nächsten Schritt, wenn wir zu Strukturänderungen kommen, die vorsehen, dass es für die Ärztinnen und Ärzte Konkurrenzverbot, Einschränkung von Nebenbeschäftigungen gibt. Denn wenn dieser Weg ganz klar eingeschlagen wird, ist es natürlich in der Frage, wie das wirtschaftlich sein kann, auch für den KAV deutlich leichter, die Bemühungen für mehr Möglichkeiten der Sonderklasse in öffentlichen Spitälern noch mehr zu forcieren. Da machen nicht alle die Welle, aber ich bleibe sicherlich dran. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. - Die nächste Zusatzfrage stellt Herr GR Mag Ebinger. - Bitte schön. GR Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Stadträtin! Soweit ich dieser Diskussion jetzt gefolgt bin, ist Ihre Haltung zu diesem Grundstückstausch ambivalent. Ich kann mich erinnern, diese Diskussion gab es ja schon einmal im Jahr 2006, als ein Spitzenspital oder Luxusspital vom damaligen ärztlichen Leiter vorgeschlagen wurde und die jetzige Vizebürgermeisterin Brauner gesagt hat, das kommt nicht in Frage, wir brauchen keine Drei-Klassen-Medizin, wir brauchen kein Privatspital. Wir sind auch der Meinung, dass man die Sonderklasse erhöhen sollte. Ich glaube allerdings, dass sich das jetzt konkurrieren würde. Meine Frage geht aber in eine andere Richtung. Sie betrifft etwas, was überhaupt noch nicht angeschnitten wurde und wo es mir wichtig wäre, dazu Ihre Meinung zu hören: Wenn es zu dem erwähnten Grundstückstausch kommt, dann gibt die Stadt Wien ein Grundstück im AKH-Bereich her und bekommt dafür von der UNIQA ein Grundstück im 9. Bezirk. Von diesem Grundstück wissen wir, dass es auf Grund der Bauklassebeschränkung maximal 14 bis 16 m hoch bebaut werden kann. Wir wissen auch, dass der Grundstückspreis so hoch ist, dass wahrscheinlich ein sozialer Wohnbau vielleicht für den KAV-Generaldirektor leistbar wäre, aber sonst für "normale" Bürger nicht finanzierbar sein wird. Und die Stadt Wien gibt dafür ein Grundstück im AKH her, das, wenn man den vielen Zeitungsmeldungen und den Meinungen, die man so hört, folgt, ein Vielfaches von dem wert ist, was das Grundstück der Confraternität wert ist. Das bedeutet jetzt für mich, wenn dieser Tausch in dieser Form stattfindet, dass die Stadt Wien Eigentum der Wienerinnen und Wiener fahrlässig oder vorsätzlich hergibt an private Versicherungen und dafür ein Fünftel bis Zehntel an Gegenwert bekommt. Ich hätte gerne gehört, wie Sie dazu stehen. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin. Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Auch zunächst zu Ihrer Zusatzaussage: Es besteht ein ganz wesentlicher Unterschied zwischen diesem vormaligen Projekt vor zehn oder mehr Jahren und dem, was jetzt der Plan ist. Und ich möchte noch einmal meine Meinung ganz klar sagen: Ich bin grundsätzlich der Meinung, das Gesundheitssystem in dieser Stadt würde ohne Privatspitäler - und damit meine ich nicht die gemeinnützigen Ordensspitäler - durchaus auch gut funktionieren. Ich weiß, dass ich mit dieser meiner Meinung die Minderheit vertrete, und ich habe auch keine rechtlichen Möglichkeiten, das zu verändern. Die Möglichkeit, die ich habe, ist, sicherzustellen, dass es keine zusätzlichen Betten gibt. Und der wesentliche Unterschied zwischen diesem alten Projekt und dieser Idee jetzt, wo die UNIQA auf die Stadt zugekommen ist, ist: Es gibt kein einziges Bett mehr, sondern es werden Betten sozusagen verschoben, 500 m weiter die Straße hinab. Das ist ein ganz, ganz wesentlicher Unterschied. Und ich sage noch einmal: Wichtig ist, es darf dabei keinen Schaden für das AKH geben. Und mein Ziel bleibt, mit einem möglichst hohen Anteil an Privatpatientinnen und Privatpatienten an den öffentlichen Spitälern eine große Konkurrenz zu den Privatspitälern zu werden. Zur Frage Grundstückstausch, Herr Kollege Ebinger, wissen Sie, dass ich die falsche Stadträtin bin, die Sie da jetzt fragen. Aber ich darf einfach sozusagen das, was ich weiß und was ja auch der Kollege Ludwig medial veröffentlicht hat, hier wiedergeben: Dass selbstverständlich bei einem Tausch die Voraussetzung der Gleichwertigkeit besteht; und wenn die Gleichwertigkeit nicht gegeben ist, muss die Differenz finanziell ausgeglichen werden. - Das war jetzt sehr dilettierend und Zeitung zitierend. Für Details, wenn Sie sozusagen Näheres wissen wollen, bitte sich an den Zuständigen zu wenden. Aber ich bin ziemlich sicher, dass ich Ihnen die Antwort richtig gegeben habe. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke für die sehr ausführliche Beantwortung der 2. Frage. Bevor wir zur 3. Frage kommen, muss ich es ganz einfach machen, weil es mir ein Bedürfnis ist: Auf der Galerie sitzen seit einer Dreiviertelstunde viele Damen und Herren - mehr Damen als Herren -, die sehr aufmerksam zuhören. - Ich möchte Sie hier ganz, ganz herzlich begrüßen und ich freue mich, dass Sie so großes Interesse zeigen. (Allgemeiner Beifall.) Wir kommen nun zur 3. Frage (FSP - 00790-2015/0001 - KVP/GM). Sie wurde von Herrn GR Ing Mag Dworak gestellt und ist an die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung gerichtet. (Im Zuge des Umbaues des Westbahnhofes war geplant, große Teile des dahinter liegenden Gleisanlagenareals für Wohnbau- und Gewerbezwecke zu nutzen. Nach der nunmehrigen Fertigstellung des Umbaues liegen nicht einmal vertiefende Planungen für dieses Vorhaben vor. Damit verzichtet man nicht nur auf die Schaffung von dringend benötigtem, zentral gelegenem Wohnraum, sondern es wird die Chance vergeben, die durch die Gleisanlagen verursachte Zweiteilung des 15. Bezirkes zu beseitigen. Was haben Sie als Planungsstadträtin unternommen, um das Wohnbauprojekt in der Felberstraße planerisch zu realisieren?) Bitte, Frau Vizebürgermeister. VBgmin Mag Maria Vassilakou: Sehr geehrter Herr Gemeinderat! Im Zusammenhang mit der Errichtung des neuen Wiener Hauptbahnhofes kam und kommt es zu einer Neustrukturierung bei vielen Flächen, die bis noch vor Kurzem für die Eisenbahninfrastruktur genutzt wurden. Die Entwicklungen am Areal des ehemaligen Süd- beziehungsweise Ostbahnhofes oder am Nordbahnhof zeigen bereits, dass es hier gelungen ist, leistbare, grüne und damit zukunftsfähige Stadtteile zu entwickeln. Diese Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen. Mit dem Neubau des Frachtenbahnhofes Inzersdorf wird bereits in wenigen Jahren der Nordwestbahnhof für Stadtentwicklung frei gemacht werden. Auch der von Ihnen erwähnte Westbahnhof hat Potenzialflächen, die in Zukunft eine Nutzung als gemischtes Gebiet für Wohnen und Arbeiten zulassen. Wie Sie wahrscheinlich wissen, ermöglicht die Wiener Bauordnung die Festsetzung von Flächenwidmungen und Bebauungsmöglichkeiten. Sie hat aber keine Instrumente, die die Umsetzung der vorgesehenen Nutzungen verordnen können. Damit Entwicklung passiert, sind die Beteiligten aufeinander angewiesen. Ordnungsplanung kann nur ermöglichen, nicht aber von sich aus aktiv tätig werden. In diesem Sinne haben wir in der Vergangenheit sehr gute Erfahrungen damit gemacht, größere Entwicklungen kooperativ mit den Grundstückseigentümern gemeinsam umzusetzen. Gerade mit den ÖBB haben wir in der Vergangenheit sehr gute Erfahrungen damit gemacht, wie nicht zuletzt das Areal um den Hauptbahnhof zeigt. Es braucht daher, um so ein großes und wichtiges Stadtentwicklungsgebiet in Umsetzung zu bringen, die Bereitschaft des Grundeigentümers. Am Westbahnhof sind die ÖBB derzeit aber noch nicht in der Lage, den zukünftigen Flächenbedarf für den Schienenverkehr anzugeben. Ich darf dazu Herbert Ofner, Sprecher der ÖBB, aus der Tageszeitung "Die Presse" wie folgt zitieren: "Alle internationalen Züge fahren auf den Hauptbahnhof. Die nationalen Züge, also etwa Intercities aus Bregenz und Salzburg, werden sich aber auf Haupt- und Westbahnhof aufteilen. Wie viele genau jeweils welchen Bahnhof anfahren werden, wird sich noch herausstellen." Bevor also feststeht, welche Flächen überhaupt für eine Entwicklung zur Verfügung stehen, macht es wenig Sinn, vertiefende Planungen zu beginnen. Die Stadtplanung hat aber natürlich grundsätzliche Planungsüberlegungen angestellt. Basierend auf dem Masterplan 2004 wurde eine Reihe vertiefender Untersuchungen durchgeführt. Ich möchte hier unter anderem auf einen gemeinsam mit den ÖBB durchgeführten kooperativen Planungsworkshop mit fünf internationalen Architekturbüros im Sommer 2013 hinweisen, dessen Ergebnisse im August 2013 im Architekturzentrum Wien auch präsentiert wurden. Abschließend möchte ich betonen, dass wir die Grundlagen für einen kooperativen Planungsprozess geschaffen haben, sodass wir jederzeit mit vertiefenden Planungen starten können. Voraussetzung dafür ist allerdings die Klärung über die Abgrenzung der für die Eisenbahn notwendigen Flächen. Wenn hier eine Klärung erfolgt ist und wenn es eine Bereitschaft für die Entwicklung seitens der ÖBB gibt, wird dieses Areal einen wichtigen Beitrag für einen sozialen, grünen und lebendigen Stadtteil leisten. Ich möchte übrigens auch die Gelegenheit nutzen, sofern Sie nicht bereits über diese Broschüre verfügen (Die Rednerin hält eine Broschüre in die Höhe.), sie Ihnen im Anschluss zu überreichen. Hier können Sie sich die Ergebnisse der ersten Planungsüberlegungen im Zusammenhang mit der Felberstraße auch selbst anschauen. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke für die Beantwortung. Die 1. Zusatzfrage stellt Herr GR Ing Mag Dworak. - Bitte schön. GR Ing Mag Bernhard Dworak (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Einen schönen guten Morgen, Frau Vizebürgermeisterin! Es ist eigentlich, was die Planungen betrifft, ein betrübliches Ergebnis, außer dass es einen Workshop gegeben hat. Jetzt hat es 2004 große Überlegungen gegeben, was man rund um den Westbahnhof machen kann: Ausbau der Felberstraße, Gewerbezeile, Wohnräumlichkeiten, und so weiter. Da stellt sich aber für mich die Frage - ich weiß nicht, ob Sie mich jetzt bestätigen -, ob man überhaupt eine Ziehung der benötigten Grundflächen bereits angedacht hat oder überhaupt in diesem Workshop möglicherweise irgendwo Linien gezogen hat, welche Grundstücke dann der Stadt Wien gehören sollen und welche dann weiter im Bereich der ÖBB verbleiben sollen. Denn es ist bekannt, dass die Westbahn weiter am Westbahnhof ihren zentralen Kopfbahnhof haben wird. Auf der anderen Seite werden durch die Eröffnung des Hauptbahnhofs viele Züge direkt auf den Hauptbahnhof beziehungsweise nach Wien-Meidling fahren. Also hier gibt es natürlich schon einerseits von den ÖBB Überlegungen. Welche Überlegungen sind dann von der Stadt Wien sozusagen gekommen? Also hier ist die Frage, ob überhaupt diese Grundstücksziehungen möglich sind oder bereits möglich waren. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Vizebürgermeister. VBgmin Mag Maria Vassilakou: Sehr geehrter Herr Gemeinderat! Ich bin mir nicht wirklich hundertprozentig sicher, ob ich Ihre Frage richtig verstanden habe. Allerdings: Die Stadt Wien - sprich, die Planungsabteilungen der Stadt - und die ÖBB sind seit sehr, sehr vielen Jahren in einer wirklich engsten Kooperation, weil wir ja gemeinsam intensiv aktuell mehrere ehemalige Bahnhofsareale entwickeln beziehungsweise auch solche, die in wenigen Jahren ab jetzt nachweislich nicht mehr benötigt werden, etwa den Nordwestbahnhof. Wie Sie sich vorstellen können, ist bei diesem äußerst intensiven Austausch auch der Westbahnhof laufend Thema. Fakt ist aber, dass sich das Areal tatsächlich nun einmal im Eigentum der Bundesbahnen befindet und dass die Bundesbahnen nach wie vor selbst nicht wissen, wie viele Schienen sie noch benötigen werden und wie viele nicht mehr. Aus dem ist ersichtlich, dass wir wiederum nicht wissen können - und wenn ich sage, wir, meine ich nicht nur die Stadt, sondern uns alle, die wir ein Interesse haben, das Areal zu entwickeln, also Stadt und ÖBB -, wie viel Fläche dann tatsächlich für eine künftige Entwicklung freigegeben wird. Was man also in so einer Situation tut, ist, dass man zunächst einmal eine erste grobe Planung in Angriff nimmt. Man hat daher auch schon eine Vorstellung, wie man das Areal hinkünftig entwickeln möchte. Aber das, was Sie ansprechen, sind sämtliche vertiefenden, konkretisierten Überlegungen: Wo sind dann die einzelnen Baulose? Wie groß sind diese? Wer wird diese von wem erwerben? Und wo kommt sozialer Wohnbau hin? Wo kommt nichtgeförderter Wohnbau hin? Wo kommt was auch immer hin? - Das alles kann erst erfolgen, wenn man tatsächlich weiß, über welche Flächen man verfügt und wo diese auch sind. Das heißt, was wir getan haben, ist, alles zu tun, was getan werden kann bis zu dem Zeitpunkt, wo dann der Startschuss kommt. Und der Startschuss kann erst kommen, wenn wir wissen, wie viel Fläche wir haben, schlicht und ergreifend. Also, jetzt steht alles, wenn Sie so wollen, und wartet auf ein Go von Seiten der ÖBB. Ich hoffe sehr, dass dieses Go in der nächsten Zeit kommen wird, denn tatsächlich ist abzusehen, dass die ÖBB in den nächsten wenigen Jahren zu einer Entscheidung darüber kommen werden, wie viel Fläche sie überhaupt für die Schienen, für den Schienenverkehr am Westbahnhof benötigen und wie viel nicht. Folglich würden weiterführende Planungen zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn ergeben. Sie wären auch absurd, weil ja dann alles wiederum umgeworfen werden kann. Abschließend: Was wir getan haben, ist, wie gesagt, Folgendes: Wir haben alles geleistet, um in dem Moment, wo von Seiten der ÖBB das Go kommt, bereit zu sein. Dann werden wir innerhalb eines sehr raschen, knappen Zeitraums die vertiefenden Untersuchungen machen, die erforderlich sind und dann einfach starten. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke vielmals. Die 2. Zusatzfrage stellt GR Mag Kowarik. - Bitte schön. GR Mag Dietbert Kowarik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Stadträtin! Sie haben uns berichtet über Planungsüberlegungen aus dem Jahr 2013. Ich darf Sie erinnern: Es gibt Planungsüberlegungen hinsichtlich des Westbahnhofareals, solange es diese Republik gibt. Der erste oder zweite Bezirksvorsteher unseres 15. Bezirks hat schon Überlegungen dazu angestellt, wie man das Areal nutzen kann. Es hat auch Überlegungen gegeben, wie man das überplatten kann, wie man es insgesamt nutzen kann. Sie kennen das Problem: Dieses Areal trennt unsere beiden Bezirksteile. Es ist der einstimmige Wunsch des Bezirkes, dass das zusammenwächst, im Idealfall dass alles genutzt werden kann. Ich darf auch hinweisen und den Herrn Kollegen erinnern: 2006 hat es da eine neue Flächenwidmung gegeben, die aus unserer Sicht auch nicht ideal war. Damals habt Ihr mitgestimmt, die GRÜNEN hingegen haben damals mit uns dagegen gestimmt - das nur zur Erinnerung. Sie haben gemeint, es gebe laufend Gespräche mit den ÖBB und Sie seien da in dauernder Kooperation mit den ÖBB, was in diesem Fall ja ganz wichtig ist. Sie haben uns einen Sprecher der ÖBB zitiert, aus der "Presse", glaube ich. Mich würde dazu etwas interessieren. Da ich bei den ÖBB kein Anfragerecht habe, frage ich Sie: Ist es absehbar, wann die ÖBB tatsächlich wissen, was sie dort behalten und was nicht? Sie haben versucht, es so darzustellen, dass es das Entscheidende ist zu wissen, was wir gut entwickeln können und was man vielleicht nicht entwickeln kann. Wann wissen die ÖBB das? Wissen Sie das? Vorsitzender GR Godwin Schuster (unterbrechend): Eine schwierige Frage. GR Mag Dietbert Kowarik (fortsetzend): Ja, anders kann ich nicht fragen. VBgmin Mag Maria Vassilakou: Sehr geehrter Herr Gemeinderat! Die Antwort lautet: Hoffentlich bald. Wie Sie wissen, sind die ÖBB wiederum in unterschiedliche Gesellschaften unterteilt. Mein Eindruck ist, dass insgesamt - also sowohl seitens der Immobilienentwicklung, naheliegenderweise, als auch seitens der Generaldirektion - der Wunsch sehr wohl da ist, dass man das angeht und dass man das weiterentwickelt. Es wartet alles darauf, dass die Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft eine Entscheidung trifft. Ich muss sehr vorsichtig sein, denn Kaffeesudleserei ist einfach nicht das, was wir hier betreiben sollten. Ich bin zuversichtlich, dass diese Entscheidung schon kurzfristig fallen könnte, sprich, innerhalb der nächsten zwei Jahre. Warum? Weil sich bis dahin die Situation am Hauptbahnhof im Zusammenhang mit den Fahrplänen so weit stabilisiert haben wird, dass da eine Gewissheit darüber kommt, wie sich das alles in den nächsten Jahren entwickeln wird. Ich kann nur sagen, wir von Seiten der Stadt sind da wirklich sehr dahinter. Es wird in regelmäßigen Abständen darauf hingewiesen, dazu gedrängt, dass man da zu einer Entscheidung kommt; weil dies nun mal ein wirklich sehr wertvolles innerstädtisches Areal ist und weil es da auch um die Verbindung von Bezirksteilen geht, die tatsächlich durch diese Barriere getrennt sind. Hoffen wir das Beste. Was ich hier versichern kann, ist, dass wir auf alle Fälle sehr dahinter sind. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke schön. Die 3. Zusatzfrage stellt GR Woller. - Bitte schön. GR Ernst Woller (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! In Wien gibt es ja auch andere Bahnhofsareale wie beispielsweise den Nordbahnhof, Nordwestbahnhof, die für eine städtebauliche Entwicklung vorgesehen sind, wo es auch schon eisenbahnrechtliche Rahmenbedingungen gibt. Wie ist da der Stand der städtebaulichen Planungen und Entwicklungen? Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Vizebürgermeister! VBgmin Mag Maria Vassilakou: Sehr geehrter Herr Gemeinderat! Ich denke, dass der Nordbahnhof ein Gebiet ist, in dem man bereits jetzt in den ersten bereits bebauten Teilen sehen kann, wie unglaublich schön Stadt sein kann, wie unglaublich schön auch neue Stadt sein kann. In Wien haben wir alle ja einen sehr starken Bezug zu den gründerzeitlichen Vierteln. Sie bedeuten ein Stück weit Identität für die Stadt. Und nun sind in der Nähe des Nordbahnhofs erste Stadtteile entstanden, die, wie gesagt, unglaubliche Lebensqualität haben. Ich möchte übrigens alle einladen, an einen so schönen Tag wie heute einen kleinen Spaziergang zum Rudolf- Bednar-Park zu machen, um sich dort vor Ort anzuschauen, was es bedeutet, wenn man Menschen großzügige Freiräume gibt, was es bedeutet, wenn einfach Kinder hinausgehen können, spielen können, wenn die Schule unmittelbar am Park ist, wenn da rundherum einfach hochwertiger geförderter Wohnbau vorhanden ist. Es ist, muss ich ehrlich sagen, eines der schönsten Viertel, die ich in Wien kenne. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Jawohl!) Ich freue mich sehr darüber, dass dort die Entwicklung weitergeht. Nun zu den einzelnen Schritten konkret. Was es bis jetzt bereits gegeben hat, ist der Wettbewerb für den Bank Austria Campus, Baubeginn März 2015, sprich, jetzt, und der städtebauliche Wettbewerb für den Rest des Areals 2011 bis 2012. Das Siegerprojekt Studio Vlay hat übrigens ein wirklich wunderbares Konzept geliefert, das ebenfalls vorsieht, dass da eine sehr, sehr großzügige grüne Mitte entsteht, die im Übrigen auch verbunden sein wird mit der grünen Mitte, die wiederum im Areal des Nordwestbahnhofs entstehen wird. Das heißt, da haben wir den Ausblick, dass wirklich ein sehr, sehr großzügiges grünes Areal, Neues entsteht, das zugänglich und für die gesamte Stadt nutzbar ist, das sich erstreckt vom Prater quer durch den 2. und den 20. Bezirk. Auf Basis dieses Siegerprojekts erfolgte die Entwicklung des Leitbildes, wobei es bei der Leitbilderstellung intensive BürgerInnenbeteiligung gegeben hat. Im Februar 2012 erfolgte der Beschluss des entsprechenden Plandokuments Wohnallee mit Campus für zirka 560 Wohnungen und der dazugehörige Schulbauplatz für den Campus. Was es inzwischen auch gegeben hat, ist der Wettbewerb für den Bildungscampus. Der ist aktuell in Vorbereitung. Dieser Bildungscampus wird dann in weiterer Folge errichtet werden. Wir rechnen damit, dass er 2020 bezogen wird. Die Hochbauten, die hier rundherum entstehen, werden übrigens rund um das Jahr 2018 fertiggestellt. Was sind nun die nächsten Schritte? Erarbeitung eines Flächenwidmungsplans, Verortung geförderter leistbarer und freifinanzierter Wohnbauten, natürlich inklusive des konkreten Ausmaßes, der Qualitätssicherung, der Definition der Bauphasen, der phasenbezogenen Festsetzung der Bebauungspläne und der Durchführung der Qualitätssicherung für die Hochbauten. Begleitend gibt es natürlich die Erarbeitung beziehungsweise Durchführung von Konzepten, Studien, Untersuchungen zur Sicherstellung der Umsetzung, die Planung der technischen Infrastruktur, die Planung und Gestaltung des öffentlichen Raums, die Planung und Gestaltung des Grünraums - da ist, wie gesagt, darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um einen wirklich sehr, sehr großzügigen neuen Grünraum handelt - und natürlich laufend und parallel dazu Bürgerinnen- und Bürgerinformation. Beim Nordwestbahnhof wiederum hat es 2008 einen städtebaulichen Wettbewerb gegeben. Auf dessen Basis ist das Leitbild entwickelt worden. Derzeit befinden wir uns in einer Phase, wo die städtebauliche UVP vorbereitet wird. Wir gehen davon aus, dass das Flächenwidmungsverfahren, also die ersten Vorbereitungen im Herbst 2015 beginnen. Wir gehen davon aus, dass im Dezember 2015, spätestens Anfang 2016 die Grundlagen für das UVP- Verfahren vorliegen werden. Die Dauer des UVP-Verfahrens ist wiederum mit zwei Jahren veranschlagt. Das heißt, wir gehen wiederum davon aus, dass wir Anfang 2016 in die Flächenwidmung gehen können und vorbereitet sind, wenn voraussichtlich 2019 das Areal zur Entwicklung freigegeben wird, sodass wir dann gleich starten können. Ich kann abschließend nur einmal mehr sagen: Es handelt sich hierbei meiner Meinung nach um zwei Projekte, die in ihrer Gesamtkombination eine unglaubliche Aufwertung bedeuten werden, und das nicht nur für den 2. und 20. Bezirk, sondern für unsere gesamte Stadt. Es handelt sich wirklich um Perlen. Ich bin überzeugt davon, dass die Delegationen, die nach 2020 nach Wien kommen werden, allesamt dorthin geführt werden, um zu sehen, was neue Stadt schlicht kann. Ich nutze die Gelegenheit, mich bei allen zu bedanken, die bei all diesen Planungsüberlegungen und Planungsschritten unterstützt haben, ermöglicht haben, daran gearbeitet haben. Ich glaube, das Ergebnis ist eines, auf das wir alle stolz sein können. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke vielmals. Die letzte Zusatzfrage stellt Herr GR Ing Mag Dworak. - Bitte schön. GR Ing Mag Bernhard Dworak (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Stadträtin! Wir haben gehört, Sie wissen noch nicht sehr viel. Es hat 2004 den Plan von den ÖBB gegeben, von Neumann & Partner, der ist ja bekannt. Andererseits haben Sie mir von den Workshops von 2013 erzählt und möchten mir dazu die Broschüre überreichen. Die Frage, die sich jetzt stellt: Damals, 2004, wurden rund 255 000 m2 Bruttogeschoßfläche geplant. Wissen Sie, wie das nach den Plänen von 2013 in etwa ausschaut? Hat sich das erhöht oder verringert? Natürlich hängt es von den zur Verfügung stehenden abzureißenden Gleistrassen ab, ob die Tiefe 55 m, mehr oder weniger betrifft. Aber weiß man, ob da mehr als diese 255 000 m2 angedacht sind oder ob es weniger werden? Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Vizebürgermeisterin! VBgmin Mag Maria Vassilakou: Sehr geehrter Herr Gemeinderat! Auswendig kann ich Ihnen das wahrhaftig nicht sagen. Ich werde Ihnen gleich die Broschüre geben. Entweder steht es da drin, wovon ich eigentlich ausgehe. (Zwischenruf von GR Mag Dietbert Kowarik.) - Sie wissen das auswendig? (GR Mag Dietbert Kowarik: Nein, ich möchte sie haben!) - Ach so, selbstverständlich, ich gebe sie Ihnen gerne. Und wenn diese Information darin nicht enthalten ist, was wir ja gleich feststellen können, reiche ich sie Ihnen nach. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke vielmals für die Beantwortung der 3. Frage. Wir kommen nun zur 4. Frage (FSP - 01168-2015/0001 - KFP/GM). Sie wurde von Herrn GR Univ-Prof Dr Frigo gestellt und ist an die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Gesundheit und Soziales gerichtet. (Laut EU-Vorgabe kommt es zur Reduktion der Arbeitszeit auf 48 Stunden in den Spitälern des Wiener Krankenanstaltenverbundes - KAV. Die dadurch notwendigen Gehaltsverhandlungen mit dem ärztlichen Personal scheiterten bislang. Wann ist mit einer Einigung zu rechnen?) Bitte schön, Frau Stadträtin. Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Das ist eine spannende Frage. Es geht nämlich um Gehaltsverhandlungen, und die Frage ist, wann mit einer Einigung zu rechnen ist. Nun sind wir hier weder die Vollversammlung noch die Kurie der angestellten Ärzte der Ärztekammer, daher kann ich diese Frage nicht beantworten. Was ich Ihnen beantworten kann, ist, dass wir bei der letzten Landtagssitzung ein Gehaltspaket für die Ärztinnen und Ärzte dieser Stadt beschlossen haben, das eine Grundgehaltserhöhung im Wert von 47 Millionen EUR vorsieht, das eine Gehaltserhöhung im Wert von 20 Millionen EUR vorsieht. Ich habe, wie Sie wissen und wie Sie sicher den Medien entnommen haben, weitere sehr konstruktive Gespräche mit der Ärztekammer geführt, die neue Gesprächspartner entsandt haben, sodass ich mit neuen Gesprächspartnern gesprochen habe. Es ist ein weiterer Punkt hinzugekommen, weil da eine Meinungsänderung in der Ärztekammer war. Die Ärztekammer hat nämlich ursprünglich das Opt-out befürchtet und ihre Meinung dann geändert. Daher haben wir uns gemeinsam darauf geeinigt, dass es eine Anreizsetzung für das Opt-out geben soll, nämlich mit einem Durchrechnungszeitraum, der ab dem 1. Jänner 2015 beginnt. Auch dazu gibt es eine Einigung. Keine Einigung gibt es allerdings in Bezug auf den Wunsch nach zusätzlich jetzt noch mehr Geld. Da habe ich ganz klar gesagt, dass das nicht möglich ist. Aber auch dazu gibt es ein ganz klares Angebot von mir, dass ich für weitere Strukturmaßnahmen - und ich habe schon in der Beantwortung der Anfrage der Frau Kollegin Korosec einen solchen Punkt genannt, nämlich für die Frage von Strukturänderungen wie zum Beispiel mehr Privatpatientinnen und Privatpatienten in den eigenen Häusern und auch für sonstige Veränderungen - gerne bereit bin, kreativ weiter darüber nachzudenken. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke. Die 1. Zusatzfrage stellt Prof Dr Frigo. - Bitte schön. GR Univ-Prof Dr Peter Frigo (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Stadträtin! Die Wartezeiten auf Operationen im KAV werden trotzdem immer länger. Ich habe mich da erkundigt. Zum Beispiel auf eine Hüftoperation wartet man mittlerweile 14 Monate. Jetzt ist meine Frage: Es war immer die Aussage, es werden da bis zu 400 Stellen von Ärzten reduziert. Wie ist das aus heutiger Sicht mit dieser Stellenreduktion? - Denn ich kann ja annehmen, dass trotz alledem ein vermehrter Bedarf an Ärztestellen da ist und diese Aussage ja mehr oder weniger in den Wind gegangen ist. Oder stehen Sie immer noch zu dieser Stellenreduktion an Ärzten im KAV? Vorsitzender GR Godwin Schuster (unterbrechend): Am einfachsten wäre es, wenn man eine einzige Frage stellt. GR Univ-Prof Dr Peter Frigo (fortsetzend): Die Frage ist: Gibt es immer noch diese Stellenreduktion im KAV? Stehen Sie immer noch zu dieser Stellenreduktion, die Sie damals bei den Verhandlungen angekündigt haben? Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin. Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Herr Vorsitzender! Herr Gemeinderat! Ich kann es gerne zum wiederholten Mal hier beantworten. Wir haben, wie ich gesagt habe, einen sehr guten Dialog mit den Vertretern und Vertreterinnen der Ärzte geführt, um auch da Missverständnisse auszuräumen und klarzustellen. Es handelt sich hier erstens um rechnerische Größen. Diese rechnerischen Größen ergeben sich daraus, dass wir nun Arbeitszeitmodelle haben, die deutlich flexibler sind, als das vormals der Fall war, wo sozusagen entweder Vormittagsdienst oder 25-Stunden-Dienst war. Jetzt gibt es deutlich flexiblere Vorgangsweisen. Wir haben außerdem, und das ist ein ganz wesentlicher Punkt, die Zulagen ins Grundgehalt verschoben. Das heißt, es besteht keine Notwendigkeit, Nachtdienste zu machen, die ja früher ein ganz, ganz wichtiger Gehaltsbestandteil waren. Wir haben auch, ich habe diese Rechnung schon einmal vorgerechnet, ich kann das gerne nochmals machen, aus den Nachtdiensten, die sich auf Grund von Rahmenbedingungen, die sich auch ändern müssen - wie zum Beispiel zentrale Notaufnahmen und keine Aufnahme in der Nacht oder Schwerpunktsetzungen in der Nacht, ich möchte nicht alles wiederholen, weil ich es ja hier schon gesagt habe -, die Möglichkeit, Nachtdienste zu reduzieren. Da sind alle Abteilungen einzeln angeschaut worden. Es ist geschaut worden, was unter welchen Rahmenbedingungen möglich ist. Und ein Teil dieser Stunden, die in der Nacht reduzierbar sind, sind dafür da, um am Nachmittag Personal zu verstärken; ein Teil wird nicht nötig sein und möglicherweise woanders eingesetzt werden. Wir haben in den Dialoggesprächen, die ich seit dem Abschluss am 29. Jänner dazu geführt habe, auch ganz klar und auch gemeinsam mit der Gewerkschaft festgelegt, dass wir individuell in jeder Abteilung ganz genau schauen, wo wir Möglichkeiten der Veränderung haben; und da wird es auch Abteilungen geben, wo man draufkommt, dass wir zusätzliches Personal brauchen. Dazu müssen wir uns aber bewegen, denn wenn alles bleibt, wie es ist und dann etwas dazukommt, dann wird es immer schwieriger und ist auch im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht sinnvoll. Das heißt, das ist eine Präzisionsarbeit, die aber jetzt gerade auch geleistet wird. Und es handelt sich hierbei auch um einen mehrjährigen Prozess. Sie wissen es ohnehin, aber ich sage es mehr fürs Protokoll. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ständiges Wiederholen hat auch seinen Sinn. - Die nächste Zusatzfrage stellt Frau GRin Korosec. Bitte schön. GRin Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Stadträtin! In der letzten Woche ist über die Medien sehr viel über die Gangbetten berichtet worden. Sie wissen, wir haben diese Diskussion hier schon oftmals geführt. Wir haben Anfragen gestellt. In Anfragen sagen Sie immer, es gibt keine Gangbetten, da ist gar kein Platz am Gang. Dem ist aber nicht so. Ich habe 14 Tage lang täglich jemanden aus meinem familiären Umfeld im Wilhelminenspital besucht, und ich kann Ihnen sagen, es hat jeden Tag Gangbetten gegeben. Ein Mal war es nur eines, ein Mal waren es fünf, also Gangbetten gibt es. Vorigen Donnerstag ist ja eine Überprüfung gemacht worden, wo in 7 Spitälern insgesamt 20 Gangbetten waren. Und da stellt sich heraus, dass es vor allem in den Unfallabteilungen Gangbetten gibt - wobei das auch auf die Wetterverhältnisse ankommt - und dass sehr viele ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger als Patienten am Gang liegen müssen. Das habe ich auch im Wilhelminenspital festgestellt, es war nämlich die Unfallabteilung. Und gerade für ältere Menschen ist es, meine ich, besonders tragisch, wenn sie am Gang liegen. Das ist eben Tatsache. Heute habe ich in der "Wiener Zeitung" gelesen, dass Präsident Szekeres den Vorschlag gemacht hat, man könnte die Bettenanzahl erhöhen. Also ich glaube nicht, dass das die Lösung ist. Aber ich frage Sie: Wie stehen Sie dazu? Veränderungen müssen kommen. Ist es in Ihrem Konzept enthalten, nämlich im Zusammenhang mit der ganzen Umorganisation, dass die Gangbetten wegfallen? Das muss doch in Ihrem Interesse sein. Ich muss auch sagen: Es hat mich getroffen, wenn Sie immer wieder behaupten, das gibt es nicht, während man sich jeden Tag überzeugen kann, dass es das gibt. Ist in Ihrem Konzept vorgesehen, dass die Gangbetten sozusagen in den KAV-Spitälern wegfallen? Beziehungsweise muss ich sagen, in den Ordensspitälern ist eine entschieden bessere Organisation. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin! Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Ich muss kurz durchatmen. Frau Kollegin Korosec, bei Ihnen ist es immer so schwierig, weil Sie das ja alles wissen. Sie müssen das jetzt fragen und ich bemühe mich jetzt, sozusagen die passende rollenmäßige Antwort zu geben. Aber Sie wissen natürlich, dass die Ordensspitäler hier eine vollkommen andere Rolle haben als die städtischen Spitäler. Da wird nun mal in der Nacht nicht mit der Rettung angefahren. Man muss eines sagen: Sie haben die Zahl selbst genannt. 20 Gangbetten bei insgesamt, nur dass man die Relation sieht, 7 500 Betten! Sie sagen immer, ich sage, es gibt keine Gangbetten. Ich sage immer - und das können Sie in allen Anfragebeantwortungen, die ich geschrieben habe, nachlesen -, es gibt strukturell keine Gangbetten. Wir haben eine Versorgungverpflichtung, und da muss man auch zwischen Gangbett und Gangbett unterscheiden. Es gibt temporäre Gangbetten, und das war im Wilhelminenspital die Problematik, auch mit einem Aufzug, der nicht funktioniert hat, der jetzt aber wieder gerichtet ist. Ich glaube, Sie wissen das eh. Die Alternative dazu wäre, Menschen nicht aufzunehmen, das ist aber keine Alternative. Und so eindeutig, wie das Thema Gangbett ausschaut, ist es nicht, weil es differenziert ist. Wir haben im Unfallbereich Kapazitätsprobleme. Ich bin in sehr guten Gesprächen mit der AUVA und bemühe mich darum, zu erreichen, dass die Unfallspitäler wieder bereit sind, mehr zu machen, wie das früher der Fall war. Ich bin auch der Meinung, dass wir zukünftig in einem noch engeren Ausmaß mit den Unfallspitälern kooperieren sollen. Aber es gibt durchaus auch Betten, die am Gang stehen, die Sinn machen - weil Patientinnen und Patienten in einer Situation sind, wo der Stützpunkt sagt, es ist besser, das schieben wir hinaus. Das schaut aus wie ein Gangbett, hat aber keinen Mangel an Kapazität als Ursache. Wenn Sie mich fragen, und das war Ihre Frage, ob ich mich darum bemühen werde, dass es keine Gangbetten gibt, gebe ich Ihnen zur Antwort: Ja, ich bemühe mich sehr und werde mich auch zukünftig bemühen, dass es keine Gangbetten gibt, die darauf zurückzuführen sind, dass die Kapazitäten voll sind. Ich bin sehr wohl der Meinung, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entscheiden können müssen, dass ein Patient/eine Patientin am Gang in der Nähe des Stützpunktes bleibt, wenn es für den einzelnen Patienten, für die Patientin auf Grund seiner gesundheitlichen Lage sinnvoll ist. Das muss auch weiterhin möglich sein. Ich teile Ihre Meinung und nicht jene des Herrn Ärztekammerpräsidenten Szekeres, dass es sozusagen die Lösung des Problems sei, wenn wir mehr Betten bauen. Sondern wir brauchen auf der einen Seite eben eine Ausweitung im Unfallbereich, den wir ja vorgesehen haben mit dem Krankenhaus Nord. Es gibt ja nur zwei Bereiche, die durch das Krankenhaus Nord dazukommen, das sind die Unfallchirurgie und die Kinder- und Jugendpsychiatrie. Alles andere sind Übersiedlungen von ganzen Häusern oder Übersiedlungen von Abteilungen. Ich habe den KAV aber auch beauftragt. Es wurde eine Task Force gegründet, wo es genau darum geht, wo gerade das Problem liegt. Da sind auch die Kooperationen, die Gespräche mit der AUVA dabei. Und ja, ich bemühe mich jetzt schon sehr und werde mich auch zukünftig darum bemühen, dass wir einen möglichst geringen Stand an Gangbetten haben. Ich sage Ihnen noch einmal, 20 Betten im Vergleich zu weit über 7 000, das ist schon auch eine Relation. Jedes Bett, das nicht aus medizinischen, sondern aus Kapazitätsgründen notwendig ist, ist natürlich eines zu viel, aber lassen wir bitte ein bisschen die Kirche im Dorf. Der Vergleich mit den Ordensspitälern ist wirklich unfair, nämlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im KAV gegenüber, denn die stehen vor Herausforderungen, mit denen Ordensspitäler auf Grund des unterschiedlichen Versorgungsauftrags nie konfrontiert sind. Ich sage nicht, dass es die Ordensspitäler deswegen schlecht machen, sondern das ist eben der Unterschied zwischen einem städtischen Spital und einem Ordensspital. Das liegt nicht an der besseren Organisation der Ordensspitäler, sondern daran, dass die in die Situation gar nicht kommen, denn da kommt am Abend und in der Nacht keine Rettung angefahren. Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. Die letzte Zusatzfrage zu dieser Anfrage stellt GR Prof Dr Frigo. - Bitte. GR Univ-Prof Dr Peter Frigo (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Stadträtin! Sparen ist ja etwas Schönes, aber nicht wenn Sparen zur Abwanderung von Ärzten in die Bundesländer führt, nicht wenn Sparen zu Gangbetten führt, nicht wenn Sparen dazu führt, dass das Personal so belastet ist, dass alte Menschen sediert werden oder, wie in den Medien berichtet wird, jetzt schon ab 17 Uhr mit der Schlaftablette schlafen gelegt werden. Dazu wollte ich Sie fragen: Wird es weitere Untersuchungen zu diesen Vorfällen geben, über die die Medien berichten? Es wird nämlich berichtet, dass in Pflegeheimen angeblich, ich sage einmal, "angeblich" ältere Menschen so vorzeitig schlafen geschickt werden, damit man Personal spart. Werden Sie dazu weitere Untersuchungen veranlassen? Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin. Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Herr GR Frigo! Ich halte es für skandalös, auf welche Art und Weise Sie hier einen Generalverdacht über tausende hervorragende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dieser Stadt, die im Pflegebereich tätig sind, äußern! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - StR DDr Eduard Schock: Wir haben Sie kritisiert und nicht die Mitarbeiter!) Ich spreche hier sowohl für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeinde Wien als auch für jene der Caritas, der Volkshilfe, der Caritas Socialis, für jene des Samariterbundes, für Mitarbeiter all jener Einrichtungen, wo Pflege stattfindet. Es gibt eine Presseaussendung der Volksanwaltschaft, die auf offenbar neue Art und Weise agiert und sich für alles zuständig erklärt - von Forderungen zur Impfpflicht bis hin zur Baustelle im Auhof, ich nehme das in Demut zur Kenntnis - und in einer flapsigen und meiner Meinung nach sehr verunsichernden Art und Weise, und zwar sowohl für die Bewohnerinnen und Bewohner als auch für die Angehörigen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Generalverdacht ausspricht. Wenn es wo konkrete Vorwürfe gibt, dann bitte ich um eine klare Information, wo es diese Vorwürfe gibt, dann wird man denen selbstverständlich nachgehen. Ich kann in diesem Zusammenhang nur die Direktorin der Wiener Wohn- und Pflegeheime, die Frau Dr Drapalik zitieren, die eine langjährige Geriaterin ist und die seit dem April des heurigen Jahres dieser Teilunternehmung vorsteht. Sie hat gestern in der ZIB 1 gesagt, für Wien, für die Wiener städtischen Pflegewohnhäuser kann sie sagen, dass das nicht der Fall ist, dass das ihrer Information nach der Märchenstunde der Volksanwaltschaft angehört. Ich bin auch sehr verärgert über die Art und Weise, wie die Volksanwaltschaft da agiert. Wenn es konkrete Vorwürfe gibt, dann sollen die bitte konkret auf den Tisch gelegt werden, anstatt dass in allgemeinen Pressekonferenzen Mitarbeiter diffamiert und Angehörige und Bewohnerinnen und Bewohner verunsichert werden. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke für die Beantwortung der 4. Frage. Die 5. Frage (FSP - 00793-2015/0001 - KVP/GM) wurde von Herrn GR Norbert Walter gestellt und ist an den Herrn amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung gerichtet. [Ein Großteil der Wienerinnen und Wiener wohnt derzeit in geförderten Wohnbauten (Gemeindewohnungen, geförderte Wohnungen, etc) - ein im internationalen Vergleich hoher Anteil. Der letzte Gemeindebau wurde 2004 in Liesing fertiggestellt. Seither fokussierte die Stadt Wien ihre finanziellen Anstrengungen ausschließlich auf den effizienteren geförderten Wohnbau durch gemeinnützige Wohnbauträger. Sie stellten zuletzt mehrfach dezidiert klar, dass Sie kein Freund des Neubaues von Gemeindewohnungen seien, da dies letztlich zu teuer sei. Warum sind Sie nun plötzlich doch dafür?] Bitte, Herr Stadtrat. Amtsf StR Dr Michael Ludwig: GR Norbert Walter, auf die Frage, warum wir neben dem geförderten Wohnbau jetzt auch Gemeindewohnungen errichten, kann ich antworten, dass wir, wie völlig richtig in der Anfrage dargestellt worden ist, in den letzten Jahren einen besonderen Schwerpunkt im Bereich des geförderten Wohnbaus entwickelt haben, nämlich in Kooperation mit sehr viel gemeinnützigen, aber auch gewerblichen Bauträgern, und auch eine Spitzenleistung in der Übergabe von geförderten Wohnungen erreichen konnten. Wir haben im vergangenen Jahr 7 273 geförderter Wohnungen übergeben. Das sind 140 pro Woche und damit mehr als in jeder anderen europäischen Großstadt. Auf diesem hohen Niveau werden wir den geförderten Wohnbau auch fortschreiben. Wir haben letztes Jahr 7 990 Zusicherungen vorgenommen. Das heißt, es ist davon auszugehen, dass wir auch in den nächsten Jahren dieses sehr hohe Niveau von über 7 000 geförderten Wohnungen pro Jahr weiter umsetzen können. Aber es ist sicher von Vorteil, dass man immer wieder auch neue Möglichkeiten schafft, speziellen Zielgruppen zu kostengünstigen Wohnungen zu verhelfen, und zum Zweiten dass man dem Prinzip der Nachhaltigkeit folgend auch versucht, einen möglichst starken Bestand an Wohnungen, die im kommunalen Eigentum sind, auch zu belassen und dieses auch auszubauen. Wir haben mit 220 000 Gemeindewohnungen einen sehr großen Grundstock an kommunalen Wohnungen, die nicht nur für die rund 500 000 Wienerinnen und Wiener, die eine solche Wohnung haben, von Vorteil sind, sondern auch insgesamt das Mietniveau in unserer Stadt deutlich stabil halten. Daher macht es Sinn, in dem sehr breiten Angebot des geförderten Wohnbaus auch zusätzliche Maßnahmen zu treffen. Eine solche Maßnahme ist, dass wir als Stadt wieder Gemeindewohnungen errichten. Gemeindewohnungen bringen nämlich, wie gesagt, viele Vorteile mit sich (StR Mag Manfred Juraczka: Welche?), nämlich dass es besonders günstige Mieten gibt, dass es eigenmittelfreie Wohnungen sind und dass diese günstigen Mieten bei Neuverträgen sich verbinden mit einem sehr hohen Mieterschutz, und dass Vergabe, Vermietung und auch Verwaltung dieser Wohnungen durch die Stadt Wien erfolgen. Das ist deshalb möglich, weil es auch eine zusätzliche Finanzierung gibt. Das ist vielleicht auch die Antwort auf die Frage, Herr GR Norbert Walter, warum es möglich ist, jetzt diese Gemeindewohnungen zu errichten. Es ist deshalb möglich, weil es durch die zusätzliche Förderung, die in Abstimmung mit dem Finanzressort erfolgt, möglich ist, den Eigenmittelbeitrag, der bei früheren Gemeindewohnungen notwendig war, "wegzufördern". Jetzt wird man fragen: Warum ist das in der jetzigen Situation notwendig? Wir sehen, dass in den letzten Jahren die Einkommen in vielen Branchen sehr stabil geblieben sind, in manchen Branchen sogar leicht rückläufig waren. Das heißt, es gibt durchaus Menschen, die auf Grund ihrer Situation am Arbeitsmarkt Probleme haben, sich eine attraktive eigene Wohnung zu leisten. Und es ist für uns wichtig, vor allem für junge Menschen, aber nicht nur für junge Menschen, sondern für alle Generationen ein Wohnungsangebot zu stellen, das sie sich leisten können. Dabei geht es nicht nur um die Miete. Für viele stellt auch der Eigenmittelbeitrag oft eine Hürde dar, wenn es darum geht, eine solche Wohnung zu bekommen, und durch diese Maßnahme ist sichergestellt, dass wir für solche Zielgruppen ein Wohnungsangebot bieten können. Zu diesem Zweck gründen wir gerade eine eigene Gemeindewohnungserrichtungsgesellschaft, die zu 51 Prozent im Eigentum der zur Wien Holding gehörenden Gesiba sein wird, während zu 49 Prozent Wiener Wohnen daran beteiligt sein wird. Das heißt, beide Partner sind im Eigentum der Stadt Wien. Damit ist sichergestellt, dass diese Wohnungen auch nach der Fertigstellung im Eigentum der Stadt bleiben, dass die Vergabe nach den sehr strengen Kriterien von Wiener Wohnen erfolgen wird, und somit auch Menschen, die es sich vielleicht nicht leisten können, sich am Wohnungsmarkt zu versorgen, ein sehr attraktives Angebot bekommen. Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Die 1. Zusatzfrage wird von Herrn GR Walter gestellt. - Bitte schön. GR Norbert Walter, MAS (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Guten Morgen, Herr Stadtrat! Vielen Dank für die Beantwortung der Frage. Meine Zusatzfrage geht in folgende Richtung: Sie haben gerade selber gesagt, es gibt mehr Geld und man kann die Eigenmittel "wegfördern". Was bedeutet das in konkreten Zahlen für die Errichtung dieser Gemeindewohnungen? Um wie viel mehr muss gefördert werden im Vergleich zum "normalen" geförderten Wohnbau, um diese Wohnungen zu errichten? Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Bitte, Herr Stadtrat. Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Das ist deshalb mit einer Zahl nicht zu beantworten, weil wir auch jetzt schon ein sehr ausdifferenziertes Förderprogramm haben, um unterschiedlichen Zielgruppen mit kostengünstigen Wohnungen zu helfen. Da möchte ich nur jene Projekte ansprechen, an denen wir beide gemeinsam gearbeitet haben. Das ist zum einen das Projekt der sogenannten Superförderung, die ergänzend im gemeinnützigen Wohnbau versucht hat, zielorientiert noch eine spezielle Förderung zu bieten, nämlich in enger Kooperation mit gemeinnützigen Bauträgern, vor allem jenen Bauträgern, die sehr eigenkapitalstark sind und auch in der Lage waren, diese Superförderung zu leisten. Zum Zweiten wäre in diesem Zusammenhang das Smart-Wohnungsprogramm zu erwähnen. Da ist es mir darum gegangen, im Rahmen des geförderten Wohnbaus alle Möglichkeiten auszuschöpfen und auch innerhalb des gemeinnützigen Wohnbaus besonders kostengünstige Wohnungen anzubieten. Das ist ja auch gelungen. Wir haben bei den Smart-Wohnungen eine Maximalgrenze von 60 EUR pro Quadratmeter für den Eigenkapitalbeitrag eingeführt, die man als Bauträger nicht überschreiten durfte. Wenn man bedenkt, dass bei sonstigen geförderten Wohnungen dieser Eigenkapitalbeitrag zwischen 450 und 550 EUR pro Quadratmeter liegt, war dieses Programm ein sehr, sehr überlegtes. Wir haben unter Einbeziehung der Technischen Universität, der Wirtschaftskammer, vieler Expertinnen und Experten aus dem Bereich der Bauwirtschaft versucht, das Smart-Wohnungsprogramm so zu konzipieren, dass wir keine spürbaren Nachteile in der Qualität für die Mieterinnen und Mieter haben; das heißt, wir haben hohe Qualität mit besonders leistbaren Konditionen verbunden. Daher ist es jetzt schwer zu vergleichen. Man müsse sich anschauen, womit man Gemeindewohnung Neu vergleichen will. Danach würde sich die Differenz orientieren. Aber verglichen zu den Smart-Wohnungen kann man es relativ leicht beantworten. Das wären 60 EUR pro Quadratmeter. Das sind die Eigenmittel, die es bei den Smart- Wohnungen noch gegeben hat, die es bei den Gemeindewohnungen Neu nicht gibt. Das ist auf jeden Fall die zusätzliche Förderung, die notwendig ist, um den eigenmittelfreien Beitrag zu leisten und die Gemeindewohnung Neu in dieser Form zu übergeben. Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr GR Mag Chorherr. - Bitte schön. GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Stadtrat! Wir teilen die Meinung aus eben diesen Gründen, die Sie ausgeführt haben, dass Gemeindebauten im Bereich der Palette sinnvoll sind. Die Frage, wie günstig sie sind, hängt ja von den Herstellkosten ab. Da möchte ich auf ein Objekt verweisen, das ohnehin bereits auch medial diskutiert wurde. Es ist ein seit vielen Jahren leer stehendes Schwesternheim im 22. Bezirk. Es ist aus unserer Sicht unverständlicherweise leer stehend, da man wahrscheinlich den billigsten Gemeindebau Wiens errichten könnte, weil die Sanierungskosten natürlich deutlich unter den Herstellkosten liegen. Ich weiß zwar, dass das sozusagen im Weitesten auch das Areal des Krankenanstaltenverbundes ist, aber für die Grundstücksangelegenheiten ist ja im Sinne der Immobilienstrategie die MA 69 zuständig, die in Ihrem Ressort liegt. Darum meine Frage: Wissen Sie schon, wie rasch im Zusammenhang mit diesen seit Jahren leer stehenden 500 Kleinwohnungen, die Wien zum Beispiel als Gemeindebau dringend brauchen könnte, mit einem Projekt zu rechnen sein wird? Haben Sie als Wohnbaustadtrat Vorstellungen dazu? Haben Sie Gespräche dazu geführt? Ich glaube, dass es sinnvoll wäre, dass man sorgfältig mit öffentlichen Mitteln umgeht, und wenn ein Objekt mit 500 Wohnungen seit Jahren leer steht, ist das nicht gerade eine Art, sorgfältig mit Mittel umzugehen. Das ist nicht Ihre Verantwortung, aber eine Chance wäre es, das rasch zu realisieren. Wann kann man damit rechnen, dass dort eine konkrete Umsetzung stattfindet? Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Herr Stadtrat! Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Das Projekt wurde uns vor Kurzem zur Prüfung vorgelegt. Es haben sich einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Ressorts bereits damit beschäftigt. Ich werde kommenden Montag mit der zuständigen Gesundheitsstadträtin Wehsely auch einen Termin zu diesem Projekt sowie zu anderen Fragen haben. Wir haben natürlich ein starkes Interesse an einer Entwicklung von Wohnraum, müssen aber natürlich einige technische und auch ökonomische Fragen klären. Prinzipiell bin ich überzeugt, dass die von uns aufgesetzte Immobilienstrategie, die jetzt auch ressortübergreifend wirken soll, eine gute Möglichkeit sein wird, um in Zukunft das Immobilienportfolio der Stadt noch stärker im Fokus zu haben; und zwar nicht nur an den einzelnen Interessen der jeweiligen Ressorts, sondern auch an einer Gesamtstrategie orientiert. Ich bin sehr froh, dass es möglich war, gemeinsam mit allen Kolleginnen und Kollegen des Stadtsenates zu dieser Immobilienstrategie zu kommen. Ich bin auch sehr froh darüber, dass wir da Herrn Magistratsdirektor Hechtner als Bündnispartner in der Verwaltung haben, um das umzusetzen. Ich denke, da gibt es zum einen Möglichkeiten, innerhalb der Stadt selbst Immobilien zu entwickeln, zum anderen aber auch gemeinsam noch stärker am Immobilienmarkt aufzutreten gegenüber anderen Marktteilnehmern, weil wir dadurch auch unsere Position in den Verhandlungen stärken können. Um auf die Frage noch einmal einzugehen: Ich bin sehr stark interessiert an dieser Immobilie und bin überzeugt, dass wir gemeinsam, die Frau StRin Wehsely und ich, da sehr schnell zu einer Lösung kommen werden. Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Die nächste Zusatzfrage wird von Herrn GR Dr Eisenstein gestellt. - Bitte schön. GR Univ-Prof Dr Herbert Eisenstein (Klub der Wiener Freiheitlichen): Einen schönen guten Morgen, Herr Stadtrat! Auch auf die Gefahr hin, dass Sie sich eventuell wiederholen - aber ich glaube, das macht ja nichts -: Bei der Eröffnung des neuen Wohnservice Wien haben Sie gesagt, die Smart-Wohnungen wären praktisch die neuen Gemeindewohnungen. Meine Frage an Sie ist: Gilt das jetzt mit der Neuerrichtung der Gemeindewohnungen nicht mehr? Haben die Gemeindewohnungen jetzt Vorrang? Oder: Welchen Stellenwert werden die Smart-Wohnungen für ihre Gestaltung haben? Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Herr Stadtrat! Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Ich ändere meine Meinung nur selten. Es wird dabei bleiben; das, was ich damals gesagt habe, gilt auch jetzt. Das Smart-Wohnungsprogramm wird auch in Zukunft eine große Stellung im geförderten Wohnbau einnehmen. Ich habe mir vorgenommen, dass wir rund ein Drittel des gesamten Bestandes im geförderten Wohnbau nach diesem Muster entwickeln werden. Das heißt, wenn wir uns derzeit rund 7 000 geförderte Wohnungen vornehmen, werden zumindest 2 000 Wohneinheiten nach diesem Smart-Wohnungsprogramm entwickelt werden. Ergänzend dazu, und ich werde nicht müde, das zu betonen, kommen die Gemeindewohnungen Neu. Denn ich war immer der Meinung, dass diese Wohnungen zusätzlich errichtet werden müssen und nicht den bis jetzt geförderten Wohnbau beeinträchtigen sollen, in dieser Größenordnung. Wir haben uns festgelegt, dass wir vom gesamten geförderten Wohnungsbestand etwa 10 Prozent an Gemeindewohnungen errichten. Das wären rund 700 Gemeindewohnungen pro Jahr. Das sind gerundete Zahlen, denn es wird immer wieder darauf ankommen, wie wir die Grundstücksrequirierung vornehmen, aber prinzipiell, auf die gesamte Legislaturperiode hochgerechnet sollen es pro Jahr 700 Gemeindewohnungen und rund 2 000 Smart- Wohnungen sein, nämlich bei einer Größenordnung von etwa 7 000 geförderten Wohnungen. Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Die 4. Zusatzfrage wird von Herrn GR Walter gestellt. - Bitte schön. GR Norbert Walter, MAS (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Stadtrat! Vielen Dank für die bisher ausführlich beantworteten Fragen. Mich würde noch interessieren, einerseits: Wie wollen Sie die Grundstücke für diesen besonders günstigen Gemeindebau aufstellen, sage ich einmal? Kommen die Grundstücke dann primär aus den Reserven der Stadt, sprich, aus dem Wohnfonds oder von anderwärtigen Liegenschaftshaltern - ich sage jetzt Wiener Linien, KAV, von wem auch immer? Und zum Zweiten: Gibt es ein zusätzliches Budget für diese Wohnungen? Denn wenn es das nicht geben sollte, würde das bedeuten, man hätte mit diesem Geld auch im geförderten Wohnbau etwas mehr machen können. Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Bitte, Herr Stadtrat. Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Die Grundstücksrequirierung wird auf verschiedenen Ebenen laufen. Zum Teil sind es Grundstücke, die wir bereits im Portfolio der Stadt haben, in den verschiedensten Bereichen; zum anderen wird es natürlich auch darum gehen, dass wir weiter Grundstücke requirieren. Es ist neben dem Wohnfonds auch die MA 69 immer wieder daran interessiert, Grundstücke auch anzukaufen, was wir auch machen. Daher ist es wichtig, dass wir in der Immobilienstrategie in der Stadt Wien gemeinsam als Stadt auftreten, um die Marktposition stark zu halten. Zum zweiten Teil der Frage, nämlich ob es da eine zusätzliche Finanzierung gibt, kann ich sagen: Ja. Frau Finanzstadträtin Brauner und ich haben bei der gemeinsamen Präsentation darauf verwiesen, dass es zusätzliche Mittel geben wird und dass die Errichtung der Gemeindewohnungen nicht auf Kosten des bestehenden geförderten Wohnbaus gehen wird. Wir werden beides benötigen. Da die Stadt beziehungsweise die Zahl der Menschen, die in unserer Stadt leben, größer wird, wird es notwendig sein, mehr Wohnungen zu errichten. Das heißt, wir werden geförderten Wohnbau benötigen und wir werden im Rahmen dieses geförderten Wohnbaus mit dem Schwerpunkt der neuen Gemeindewohnungen einen weiteren Mosaikstein in der erfolgreichen Wohnbaupolitik der Stadt Wien legen. Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Danke. Die Fragestunde ist somit beendet. Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde. Der Klub der Sozialdemokratischen Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema "Auf dem Weg zur ersten Milliarde Fahrgäste im Jahr auf den Wiener Öffis" verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt. Ich bitte den Erstredner, Herrn GR Ekkamp, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass seine Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist. GR Franz Ekkamp (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Herr Vorsitzender! Geschätzte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zum Thema "Auf dem Weg zur ersten Milliarde Fahrgäste im Jahr auf den Wiener Öffis" muss ich sagen: Es ist ein ambitioniertes Ziel der Wiener Linien. Bis 2020 soll es erreicht werden. Aber es ist der richtige Weg, der eingeschlagen wurde. Dass die Wiener Linien, die Wiener Öffis toll sind, bewiesen die 931 Millionen Fahrgäste im letzten Jahr. Tolle Öffis sind, wie wir wissen, auch ein Beitrag zur Lebensqualität. Der große Zuspruch resultiert aus Preis, Leistung und Qualität. Ich erinnere an die Einführung der Jahreskarte um 365 EUR im Jahr durch die rot-grüne Stadtregierung. Das hat ein Plus von 300 000 Jahreskarten innerhalb von 4 Jahren bewirkt. Ich erinnere an die Einführung des Jugendtickets um 60 EUR in der Ostregion. Ich denke, auch das ist ein Beitrag für die Familien zur Entlastung des Haushaltsbudgets. Aber es gehört natürlich noch etwas dazu: Modernes Wagenmaterial, kurze Intervalle und ein sehr gutes Linienangebot. Die Wiener Linien befragen natürlich ständig, jedes Jahr, ihre Kundinnen und erstellen einen Kundenzufriedenheitsindex. 97 Prozent der Befragten haben die Wiener Linien als "Sehr gut" oder "Gut" bewertet, und das spricht, glaube ich, eine eindeutige Sprache. Die ständig steigenden Fahrgastzahlen, die wir in den letzten Jahren, bis auf eines, hatten, sprechen auch dafür. Wenn Wien wächst, wenn wie im letzten Jahr jährlich 35 000 Menschen nach Wien ziehen, muss sich die Stadt wappnen, um diese Verkehrsströme bewältigen zu können. Ich verweise nur auf eine Studie von Arthur D Little, Urban Mobility Index 2.0 - wir haben das auch im sogenannten Stadtwerkeausschuss schon kurz angesprochen -, wo Wien weltweit im Vergleich an 5. Stelle liegt, sich also eine sehr gute Position erarbeitet hat. Meine Damen und Herren, für eine Milliarde Fahrgäste, natürlich in einem gewissen Zeitraum, sind auch noch Anstrengungen notwendig. Qualität, Angebot und Effizienz müssen ständig hinterfragt und auch gesteigert werden. Ich erinnere an den Ausbau der U1 nach Oberlaa bis Herbst 2017 - investiert werden 600 Millionen EUR. Ich erinnere auch an die Vorbereitungsarbeiten der neuen Linie U5, die notwendig geworden ist und der Entlastung dienen soll, weil die Linien U6, aber zum Beispiel auch die Linie 43 sehr stark frequentiert sind. Ich denke auch an die Weiterführung der U2, die ein tolles Angebot im Verkehrsnetz bedeutet. Ich erinnere an die begonnene U4-Modernisierung um 335 Millionen EUR. Ich erinnere an die Modernisierung der Fahrzeugflotte im Bereich der Straßenbahnen, Busse und natürlich auch der U-Bahn. Ich erinnere auch an den Einsatz von Elektrobussen, insbesondere im City-Bereich. Das bedeutet natürlich auch einen ressourcenschonenden Umgang mit unserer Umwelt. Ich erinnere auch an die Energieeffizienzsteigerung durch Einsatz modernster Leuchtmittel beziehungsweise durch Rückgewinnung von Bremsenergie. Aber auch die Effizienz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter soll man nicht unerwähnt lassen. War vor 10 oder 11 Jahren ein Mitarbeiter hochgerechnet für 91 000 Fahrgäste zuständig, so entfielen im Jahr 2014 bereits etwa 110 000 Fahrgäste pro Mitarbeiter. Das ist natürlich eine Steigerung von etwas über 20 Prozent. Und wenn man es hochrechnet, bedeutet das für die Wiener Linien eine Einsparung von zirka 370 Millionen EUR. Ich erwähne das im Zusammenhang mit Investitionen, weil das natürlich auch eine Wertschöpfung für die Region und Arbeitsplatzsicherung bedeutet. Die TU Wien hat errechnet, dass durch den Einsatz, durch Investition von ungefähr 110 Millionen EUR in diesen Bereich, also zum Beispiel in den U-Bahn-Bau, zirka 1 200 Arbeitsplätze gesichert werden. Das bedeutet nur bei der Erweiterung der U1 nach Oberlaa, bei dieser Investition von 600 Millionen EUR 7 200 Arbeitsplätze. Das tolle Angebot muss natürlich erweitert werden. Ich erinnere, seit Frühjahr ist die WienMobil-Karte faktisch aktiv geworden: U-Bahn, Bim, Bus, Wipark, Lokalbahnen, Partnertaxi, Citybike-Stationen, all das ist inkludiert, kann man vernetzt aus dem Angebot nützen, und das um 1 EUR pro Monat, wenn man eine Jahreskarte besitzt. Auch mehr Service im Fahrbereich gibt es, meine sehr verehrten Damen und Herren, ab April werden 40 neue MitarbeiterInnen eingesetzt, und zwar ist das ein Probebetrieb auf 2 Monate, mit dem Ziel, dass später einmal 200 MitarbeiterInnen einsetzt werden, wenn es ordentlich läuft. Ziel ist, dass die Fahrgäste einen Ansprechpartner oder eine Ansprechpartnerin in den Stationen haben, die kompetent mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ein weiterer Punkt, seit gestern im Betrieb: Gratis-WLAN in zehn U-Bahn-Stationen. Ich gebe zu, im ersten Schritt nur bei den Informationsstellen. Ziel ist aber, dass auch das weiter ausgebaut wird. Gratis-WLAN für eine Stadt ist heute unverzichtbar, und ich glaube, Sie kennen das ambitionierte Ausbauprogramm im WLAN-Bereich für unsere Stadt. In weiterer Folge soll es im gesamten Bereich der U-Bahn-Passagen und mittelfristig auch in U-Bahn-Zügen sowie in Straßenbahnen Gratis-WLAN geben. Hinweisen möchte ich noch auf den neuen Finanzierungsbetrag ab 2017, der im Finanzausschuss einstimmig beschlossen worden ist. Da geht es um Effizienz, Leistbarkeit und höchste Qualität. Dieser Finanzierungsbetrag ist natürlich eine Basis für weitere Leistungssteigerungen und regelt natürlich die Ausgleichszahlung beziehungsweise die Kapitalzufuhr für unsere moderne Verkehrsinfrastruktur in unserer Stadt. Die Zielpunkte sind: Steigern der Fahrgastzahl, weitere Optimierung des Verkehrsangebotes, optimierte Fahrpläne beziehungsweise Umsteigmöglichkeiten, Ausweitung des Bus- und Schienennetzes. Dadurch müssen die Qualität und Sicherheitsstandards weiterhin gesichert werden. Weiters bringt dieser neue Vertrag die größtmögliche Transparenz der Finanzierung und der erbrachten Leistungen - die sind hier klar und deutlich einzusehen, und das ist sehr positiv. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, Wien ist nicht nur eine schöne Stadt, sondern auch eine Stadt mit einer sehr hohen Lebensqualität, und die Wiener öffentlichen Verkehrsmittel in Form der Wiener Linien haben natürlich auch ihren Anteil daran. Die rot-grüne Stadtregierung bekennt sich zu dem tollen Öffi-Angebot, zum weiteren Ausbau der Öffis und dessen Finanzierung. Die Wiener Linien als professioneller Dienstleister werden mit ihren engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Ziel von einer Milliarde an Fahrgästen pro Jahr, ich gebe zu, erst 2020, Schritt für Schritt im Interesse unserer Stadt mit hoher Qualität erreichen. - Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren des Gemeinderates nur ein Mal zu Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist. Als nächster Redner hat sich der Herr StR Mag Juraczka gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. - Bitte. StR Mag Manfred Juraczka: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! So ein komplexes Thema wie den Verkehr in Wien in fünf Minuten zu betrachten, ist gar nicht so einfach; aber ich freue mich, dass auch die Sozialdemokratie gesehen hat, dass der Verkehr in einer Millionenstadt natürlich eklatante Wichtigkeit hat. Ich fange meine heutige Wortmeldung vielleicht etwas unerwartet an, aber ich darf der StRin Brauner durchaus gratulieren. Die Wiener Öffis sind im internationalen Vergleich absolut wettbewerbsfähig, ja sogar im Vergleich mit anderen Großstädten durchaus ein Vorzeigeprojekt. Da bewegt sich vieles in die richtige Richtung. Aber ... (VBgmin Mag Renate Brauner: Ich habe mir gedacht, dass jetzt ein Aber kommt!) - ja eh, das ist meine Rolle, und ich glaube, es ist auch wichtig. Wer gut sein will, muss Dinge verändern, um auch gut zu bleiben. Ich glaube, da sind wir uns einig. Ich freue ich mich auch explizit, dass die Sozialdemokratie im Gegensatz zum Koalitionspartner sich zum U-Bahn-Ausbau bekennt. Gerade ich als Hernalser war immer ein Verfechter beispielsweise der U-Bahn-Linie U5. Ich appelliere ganz massiv, schon beim ersten Ausbauschritt zumindest bis Michelbeuern, bis an den Gürtel zu bauen, um da die dringend nötige Entlastung der U6 sicherzustellen. Anderwärtig würde diese Linie nur sehr bedingt im ersten Ausbauschritt eine wirkliche Verkehrsentlastung bringen. Aber - und jetzt bin ich schon bei einem Thema, das mir auch ganz wesentlich ist - um diesen öffentlichen Verkehr immer wieder besser zu machen, braucht es auch Effizienz, Kollege Ekkamp hat sie angesprochen, und die sehe ich nur sehr bedingt. Wir alle wissen, welche Zeiten vor uns liegen. Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten sehr oft von der 365 EUR Jahreskarte hören. Ja, die Verkaufszahlen haben gezeigt: Es ist durchaus gut, wenn man Menschen dazu motiviert, die Öffis zu nutzen. Nur was natürlich tunlichst nicht genannt wird, sind die unglaublich hohen Zahlungen der Stadt an die Wiener Linien, damit sie diesen Betrieb überhaupt aufrechterhalten kann. 730 Millionen EUR, meine Damen und Herren! Das heißt, wir reden nicht davon, ob die Jahreskarte 450 EUR, 365 EUR oder, wie einmal gefordert, 100 EUR im Jahr kostet. Wenn man redlich argumentiert, weiß man, das summa summarum die Jahreskarte jeden Wiener, wenn er eine Jahreskarte kauft, etwa 800 EUR kostet; weil jeder Wiener und jede Wienerin vom Kleinkind bis zum Greis, ohne noch eine Station gefahren zu sein, rund 400 EUR an Zuschüssen zahlen muss, damit es die Wiener Linien überhaupt kostendeckend gibt. Das ist der eine Punkt. Der zweite Punkt ist etwas, das mir auch ganz wichtig ist, zum Thema Verkehr in dieser Stadt generell. Ein Nebensatz letztes Wochenende am Landesparteitag der SPÖ - spät, sehr spät, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist dieser Satz gefallen, vielleicht nicht zu spät -: Auch Autofahrer sind Menschen. Fast belanglos. Aber nach viereinhalb Jahren darauf zu kommen, werte Damen und Herren von der Sozialdemokratie, ist ein wenig spät. Wir wissen, was in den viereinhalb Jahren an Schikane, an Problemstellungen alles gemacht wurde. Und das wurde von einer - nein, Koalition darf man nicht mehr sagen, die ist ja zu Ende - Regierungszusammenarbeit gemacht. Da kann man sich nicht drücken. Ich appelliere, ganz dringend: Wenn wir die Verkehrsprobleme dieser Stadt in den Griff bekommen wollen, dann reicht es nicht, eine U-Bahn vom Rathaus zum Alten AKH zu bauen; dann müssen wir endlich die heißen Themen angehen. Angesichts der 250 000 PKWs, die täglich einpendeln, müssen wir - und da hinken wir im internationalen Vergleich hinten nach - uns ein Beispiel an Paris, London und Berlin nehmen und diese U-Bahn endlich an die Stadtgrenzen und auch darüber hinaus führen. Das ist dringend notwendig! Herr Kollege Schuster! Wenn Sie jetzt sagen, an uns liegt's ja nicht - diese Botschaft entnehme ich Ihrer Gestik -, an wem liegt es dann? (Zwischenruf von GR Godwin Schuster.) Ich kann Ihnen sagen: Der niederösterreichische Verkehrslandesrat sagt, er wäre jederzeit bereit, Gespräche darüber aufzunehmen, aber von Seiten Wiens gibt es kein Interesse. Was ist das für eine Verkehrspolitik? Darüber müssen wir endlich nachdenken. (Beifall bei der ÖVP. - Zwischenruf von GR Siegi Lindenmayr.) Herr Kollege Lindenmayr! Melden Sie sich zum Wort, bitte. Sind Sie nicht so emotional, wir wollen ja in der Stadt auch etwas weiterbringen und da gibt es Versäumnisse. Die aufzudecken, ist Aufgabe der Opposition und hier ist es dringend notwendig. Und wenn der Kollege Maresch jetzt seinen Platz verlässt, dann ist es ja das Problem, dass er uns permanent erzählt: Wir werden die U-Bahn für die Niederösterreicher nicht zahlen. Es ist aber mehr Lebensqualität für die Wiener und Wienerinnen, wenn wir auch dieses ganz wichtige Projekt angehen. Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Mag Maresch, wie schon vorhin angekündigt, gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. GR Mag Rüdiger Maresch (Grüner Klub im Rathaus): Danke, Herr Vorsitzender! Also ich hab' nicht den Saal verlassen wollen, sondern ich bin der nächste Redner. Bei Ihnen hat das rote Lichterl schon geleuchtet, da hab' ich mir gedacht, ich stell' mich da gleich heraus und mach' das. Ich möchte Ihnen nur eine kleine Aufklärung geben: Der Herr Landesrat, der vielgelobte Herr Wilfing, weigert sich zum Beispiel im Moment auch, mit Wien über die Errichtung von Schnellbahnen zu reden, sondern er kommt nur her und sagt, er würde gern einen Schnellbahntunnel unter dem Stephansplatz durch haben mit einer Ausstiegstelle in der Herrengasse. Sie könnten mit ihm gern darüber diskutieren! Ich sag' Ihnen: In der Herrengasse! Und zwar wissen wir eh, was in der Herrengasse ist. (Aufregung bei StR Mag Manfred Juraczka.) So, jetzt aber zum Thema. 365 EUR, ein ganz wichtiger Punkt in Wien. Rot-grüne Verhandlungen zu Beginn, die Wiener Linien waren sehr, sehr skeptisch, ob die 365 EUR den Wiener Linien überhaupt gut tun und haben uns, wenn man so will, deutsche Experten geschickt, die uns gesagt haben, wir ruinieren die Wiener Linien. Es war nicht so, ganz im Gegenteil. Statt 345 000 verkaufter Jahreskarten haben wir im Moment 650 000 verkaufte Jahreskarten. Ich war jetzt auf einem Kongress zum öffentlichen Verkehr in Pilsen und international wird das sehr, sehr beachtet, sehr, sehr gelobt, vor allem dass der Modal-Split beim öffentlichen Verkehr der WienerInnen auf über 39 Prozent gestiegen ist. Das ist in Europa nahezu einmalig, das muss man dazusagen. Rot-grüne Verkehrspolitik hat sehr, sehr viel weitergebracht. Wenn wir uns nach Ihnen gerichtet hätten ... (Weitere Aufregung bei StR Mag Manfred Juraczka.) Ja, ja, Sie können sich zum Wort melden, aber das geht sich jetzt leider nicht aus. Heiße Luft von der ÖVP, wissen wir eh. Dann haben wir natürlich immer wieder diese Geschichten "U-Bahn an den Stadtrand", das kennen wir auch schon. Da gibt es eine Schnellbahn, Herr Kollege. Die Schnellbahn wird in Wirklichkeit von Ihnen vernachlässigt. Die Niederösterreicher wollen nicht zahlen, das kennt man schon, da geht gar nichts weiter. Also noch einmal: Die Stadt investiert in U-Bahn, Straßenbahn, Bus und muss natürlich auch in die ÖBB investieren. Nur da brauchen wir Niederösterreich dabei. Also noch einmal: Wir haben eine große, große Herausforderung in Wien und zwar heißt die: Jedes Jahr 25 000 neue WienerInnen. Den Modal-Split wollen wir verbessern. Stadtentwicklungsplan und Smart-City- Programme halten uns dazu an, noch besser zu werden, als wir hier schon sind. Der aller-, allerwichtigste Punkt aber war: Es hat noch eine Neuerung in der Stadt gegeben und zwar hat es eine Ausschreibung zu den neuen Garnituren der Straßenbahn gegeben. Am Schluss hat es zwei Bewerber gegeben: Siemens und Bombardier, Bombardier hat den Zuschlag bekommen. Das war eine ganz, ganz wichtige Errungenschaft dieser Koalition. Ja, wir wollten die Ausschreibung haben. Sie ist gekommen und Bombardier hat den Zuschlag erhalten, international beachtet. (Große Aufregung bei StR Mag Manfred Juraczka.) Entschuldigung, reden Sie irgendein anderes Mal. Nächster Punkt war in Wirklichkeit, was die Stadt noch erreicht hat. Die Stadt hat erreicht, dass beim Feinstaub, beim Stickoxid Rückgänge waren. Wir haben in Wirklichkeit die Luftgütewerte eingehalten, weitaus besser als all die Jahre davor, und zwar warum? Weil wir eine restriktive Parkraumbewirtschaftung eingeführt haben und nicht nur eingeführt haben, sondern erweitert haben. Das war der erste Schritt. Und der zweite Schritt: Ja, es hat eine gute rot- grüne Politik beim öffentlichen Verkehr gegeben. Das war ganz, ganz wichtig und die Wiener Linien haben die Herausforderung angenommen. Ja, es gibt Taktverdichtung, es wird neue Straßenbahnlinien geben, es wird neue Busverbindungen geben und es wird vor allem auch die von Ihnen so hergewünschte U-Bahn geben, und zwar die U2 und U5. Und dann möchte ich Ihnen noch eine ganz kleine Korrektur sagen, Herr nichtamtsführender Stadtrat: Es ist nicht so, dass 250 000 Menschen mit dem Auto über die Grenze kommen - da müssten Sie die Texte genau lesen -, sondern es sind über 350 000! Das ist in Wirklichkeit ... (StR Mag Manfred Juraczka: Jetzt wieder der Herr Lehrer!) Ja, der Herr Lehrer, genau, aber wenn Sie ein schlechter Schüler sind, muss man Sie korrigieren, tut leid, so ist die Welt. (Allgemeine Heiterkeit.) Sie haben leider einen Fehler gemacht und den hab' ich korrigiert! Sie haben sich einfach um 100 000 geirrt und das muss man leider korrigieren! Also noch einmal: Bitte zurück an den Start. Lesen Sie sich die Papierln gescheit durch, es sind jedes Jahr 350 000! Da wollen wir ganz massiv rein und zwar, ganz wichtig, wir wollen die 365 auch ins Umland haben. Da braucht es Verhandlungen mit dem Land Niederösterreich, nicht so wie die FPÖ das gerne hätte, das werden wir einfach machen. Da muss man mit Niederösterreich über die Kosten verhandeln, das wäre wichtig, weil die Herausforderung ist, die PendlerInnen - und da geht es sich wieder nicht aus mit Ihrer Rechnerei - werden nämlich nicht alle in eine Park-and-ride-Anlage fahren können, weil die Kosten dann fünf Milliarden sind, die wir nicht haben werden, sondern die PendlerInnen müssen im Umland auf den ÖV umsteigen und dann in Wien mit den guten Wiener Linien weiterfahren. Also noch einmal: Rechnen lernen, Herr Kollege! Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Mahdalik zum Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. GR Anton Mahdalik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Werter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Rüdiger! Eine Bitte: Das nächste Mal, wenn du zu einem Kongress nach Pilsen fährst, sag's mir bitte, da fahr ich mit, das ist eine hochinteressante Stadt, Thema ist eher nebensächlich. Aber wie ich heute in der Früh den Geisterradler auf der Titelseite des "Heute" gesehen habe, habe ich an den Herrn Blum denken müssen. Er hat sich ja voriges Mal, vor 2 Wochen, einen Haxen ausgefreut auf Twitter, dass er ohne Ampel in 50 Minuten vom Praterstern zum Flughafen gekommen ist, um sich dort ein Eis zu kaufen oder wahlweise, wie der Herr Kollege Chorherr gesagt hat, nach Brüssel zu fliegen und sich einen Preis abzuholen. Er hat zwar nicht erklären können, wie er ohne Ampel vom Praterstern zum Flughafen kommt. Das ist technisch nur schwer möglich, außer er sieht sich als Schutzpatron aller Rad-Rowdies, die rote Ampeln gemeinhin missachten. Und warum habe ich im Zusammenhang mit diesem Thema an den Kollegen Blum denken müssen? Erstens einmal habe ich geglaubt, er hat es ab dem Knoten Erdberg probiert, weil er dort wirklich ohne Ampel zum Flughafen kommt. Es ist zwar ein bissel gefährlich die ganze Geschichte, aber vielleicht wollte er einmal über keine rote Ampel drüberfahren. Aber der Kollege Blum ist ein gewiefter Verzähler, er kommt ja ganz locker flockig von 170 000 Winterradlern auf 255 000 ohne viel Federlesens. Darum habe ich mir gedacht, vielleicht haben die Sozialdemokratie oder die GRÜNEN den Kollegen Blum engagiert, damit wir auf bald eine Milliarde Fahrgäste bei den Wiener Linien kommen, weil bis jetzt keiner, auch der Erstredner nicht, erklären konnte, wie die Wiener Linien zu diesen Schätzungen beziehungsweise Zahlenangaben tatsächlich gelangen. Ich habe zwar Vermutungen: Also entweder hat der Blum gezählt oder es werden halt die verkauften Jahreskarten mit X multipliziert und dazu die Fahrscheine und dann wird mal 2 multipliziert, oder der Prof Kopietz wird auch hinzugezogen. Der schafft es ja auch jedes Jahr beim Donauinselfest, aus 800 000 Besuchern über 3 Millionen Besuche zu machen, die natürlich dann in den Medien als Besucher firmieren, weil ja alle dort eine Bühne stehen haben. Aber sowohl bei Grün als auch bei Rot sind die kreativen Zähler seit jeher am Werk. Und so glaub' ich, wird man 2020 auch ganz locker auf eine Milliarde Fahrgäste kommen. Viel wichtiger wäre aber eine ganze Menge anderer Sachen bei den Wiener Linien zu verbessern, nämlich die Sicherheit der Fahrgäste und des Fahrpersonals. Sie werden das auch gelesen haben, von 2013 auf 2014 haben sich die tätlichen Angriffe auf das Fahrpersonal massiv gesteigert, einige schwere Verletzungen waren darunter. Wien ist eine der wenigen Großstädte in Europa - und wir haben zwar ein sehr gut ausgebautes Verkehrsnetz, hat der Kollege Juraczka gesagt, das stimmt auch, das aber in den meisten Verkehrsmitteln, Busgarnituren, Wagengarnituren, U- Bahnen sowieso, aber in den Bim-Garnituren nicht über abgetrennte Lenkerkabinen verfügt. In anderen Städten ist das längst Standard. Also hier sollten wir ansetzen und nicht fiktive Besucher- oder Fahrgastzahlen bejubeln. Was noch sehr wichtig wäre, wäre, die Sauberkeit zu verbessern und vor allem die Zuverlässigkeit. Wir haben zwar heute auch in einer Zeitung gelesen, es gibt jetzt 10 WLAN Hot Spots in Wien. Donnerwetter! Ich war jetzt vor Kurzem in Glasgow. In jedem Pimperlbus gibt's WLAN und das nicht erst seit gestern, sondern seit vielen Jahren, in Dublin das Gleiche. Viele Städte, die weit kleiner sind als Wien und die vielleicht nicht über ein so gut ausgebautes Netz verfügen, haben WLAN schon längst als Standard eingeführt. Also auch kein großartiger Grund zum Jubeln! Aber die Wiener Linien stellen ja überhaupt einen Rekord nach dem anderen auf. Erst vor zwei Wochen wurde ein neuer Rekord aufgestellt beziehungsweise zumindest angepeilt, nämlich ein Motorjournalist wollte alle 177 Straßenbahnkilometer mit einer Garnitur in einem an einem Tag durchfahren. Das hat nicht ganz geklappt. In Floridsdorf ist er gestartet und nach wenigen Stunden ist die Spezialgarnitur, teuer bepickt, eigene Homepage, und, und, und, wegen eines Defekts stehen geblieben. Also PR-Coups schauen anders aus. Und die Bim war unter anderem beklebt mit "23 Millionen Kilometer im Jahr, rund 30 Mal zum Mond und retour fahren die Wiener Linien." Also an dem Tag war es eher vom Bahnhof Floridsdorf nach Jedlersdorf und retour. Viel mehr war da nicht drinnen. Also das nächste Mal, wenn ihr um unser Fahrgastgeld Weltrekordversuche startet, um unser Steuergeld, dann überlegt es euch. Aber wahrscheinlich brauchen wir dazu auch eine neue Stadträtin, weil die zuständige hat in den letzten Jahrzehnten oder im letzten Jahrzehnt herzlich wenig zustande gebracht. Aber auch das werden wir am 11. Oktober 2015 gemeinsam mit dem Wähler regeln. (Beifall bei der FPÖ.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Dipl-Ing Stiftner gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. GR Dipl-Ing Roman Stiftner (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Damen und Herren! Dass sich die SPÖ jetzt ein Verkehrsthema für die Aktuelle Stunde ausgesucht hat, kann man nur anhand der momentanen Regierungspartnerschaft - Koalition, wie ich gehört habe, ist es ja nicht mehr - erklären. Und dann kommt der Herr Kollege Maresch heraus, der Oberlehrer, der jetzt gar nicht mehr im Saal ist, zumindest sehe ich ihn nicht mehr, und erklärt hier einfach (GR Mag Rüdiger Maresch, hinter den Sitzreihen stehend: Ich bin hier!) einmal mehr - na bitte, da hinten, wo immer ein Lehrer stehen kann -, warum was nicht geht. Das Einzige, das geklappt hat, sehr geehrte Damen und Herren, ist das Chaos, das Grün in den letzten viereinhalb Jahren veranstaltet hat. Ich erinnere: Chaos Mariahilfer Straße, überbordende Radwegeausgaben, nicht unbedingt Kilometer, ohne viel Nutzen dahinter, ein vollkommener Stopp im innerstädtischen Straßenausbau. Wir haben so etwas wie die Strafsteuer fürs Parken, auch Parkraumbewirtschaftung genannt. Wir haben das Pendlerproblem vollkommen ungelöst links liegen gelassen. Wir sind bei den öffentlichen Verkehrsmitteln zugegebenermaßen etwas besser als vielleicht im europäischen Durchschnitt, aber wir haben einfach Unpünktlichkeitsprobleme. Wir haben das Thema Sicherheit auch dort nicht wirklich zusammengebracht. Und zu alldem kommt der Frust fast aller Verkehrsteilnehmer, der Autofahrer ganz besonders. Die Aggression ist irgendwo im Steigen, sonst wäre es seitens der Regierungskoalition nicht notwendig, hier auch eine entsprechende Kampagne durchzuführen, die offenbar jetzt dazu dienen soll, die selbstgeschürten Emotionen durch ein nichtkooperatives Verhalten und Modalitäten wieder ein wenig in den Griff zu bekommen. Das ist die Verkehrspolitik, das ist das Resümee der Verkehrspolitik dieser grünen Stadtregierungskoalitionsseite, die wir hier zu resümieren haben, sehr geehrte Damen und Herren! Eine Partnerschaft, die funktioniert, würde anders aussehen. Und wenn Herr Kollege Ekkamp die Wiener Linien hochlobt, dann schauen wir uns doch ein bisschen mehr das Detail an. Auf der einen Seite gibt es in einigen Jahre Zuwächse. Ja, wir haben auch Jahre gehabt wie zum Beispiel das Jahr 2013, wo es Rückgänge gegeben hat, und das, obwohl man eigentlich den Kilometeranteil ausgebaut hat. Die Tatsache, dass es hier zu Fahrgastzahlensteigerungen gekommen ist, hat sehr wenig mit der Jahreskarte und ihrer Verbilligung zu tun. Das kann man anhand der Wiener Linien und ihrer Umsatzbilanz ablesen: Die Umsatzerlöse sind ja mehr oder weniger stagnierend. Es ist ja letztendlich vollkommen egal, woher das Geld kommt. Auslösender Moment für mehr Fahrgastzahlen ist schließlich und endlich nur der Ausbau und der hat in der Tat in einigen Stadtentwicklungsgebieten stattgefunden. Und das ist der eigentliche Erklärungsgrund, warum es überhaupt zu Fahrtgastzahlensteigerungen gekommen ist, die anzuerkennen sind. Aber es hat nichts mit Qualität zu tun. Es hat nichts mit einer Verbesserung der öffentlichen Verkehrsmittel in Wien zu tun. Das hat schlicht und einfach damit zu tun, dass sie mehr Stationen haben, mehr Kilometer haben, mehr Menschen in der Stadt haben. Und mehr Menschen in der Stadt mit mehr Kilometern ergibt einfach ein höheres Maß an Benutzung. Das ist ganz einfach die Erklärung für Ihre so grandiosen Zahlen, sehr geehrte Damen und Herren! Was auf jeden Fall auf der Strecke geblieben ist, ist der infrastrukturelle Ausbau. Der S-Bahn-Ring, der liegt nicht in Niederösterreich, Kollege Maresch, den kann man auch hier selbst gestalten, er ist ausschließlich auf Wiener Territorium - leider wieder einmal nicht umgesetzt. Leider fehlt es hier an den notwendigen Tangentialverbindungen, und das ist einmal mehr ein echtes Problem für diese Stadt, denn ohne Tangentialverbindungen speziell in den Außenbezirken ist auch das Einpendlerproblem nicht in den Griff bekommen, sehr geehrte Damen und Herren! Aber wir haben auch andere Chaos-Hoppalas. Ich möchte schon auch hier in dem Rahmen sagen, weil das auch ein bissel zu Weltruhm geführt hat, nämlich die Mariahilfer Straße, da gibt es einen Marathon und dann muss man eigentlich trotz einer Fußgängerbeauftragten, und was weiß ich, was wir noch alles haben, mit internationalem Medienecho feststellen, dass man eine Stolperkante hat. Dann wird rasch der Presslufthammer ausgeborgt und ausgepackt und wird eingesetzt. Wir haben uns hier letztendlich wieder einmal der Lächerlichkeit preisgegeben, nein, die Stadträtin für Verkehr hat Wien der Lächerlichkeit preisgegeben. Und das Projekt, das angeblich internationale Vorzeigeprojekt Mariahilfer Straße ist ein für alle Mal passé, sehr geehrte Damen und Herren! Die größte Flop-Situation haben wir jetzt mit den Fahrradgaragen am Westbahnhof, mit 800 000 EUR ein Prestigeprojekt vom Kollegen Chorherr, die vollkommen leer stehen. Ja, da glaubt man, man fährt mit dem Koffer am Packelträger zum Westbahnhof, um dort sein Rad abzustellen. Das sei die größte Sorge der Reisenden! Heute steht es leer. Sehr geehrte Damen und Herren, es ist nicht das Problem der fehlenden Fahrradstellplätze, sondern es ist das Problem der Qualität der öffentlichen Anbindungen! Es wäre viel besser gewesen, dieses Geld hier in Park-and- ride-Anlagen auf Wiener Stadtgebiet zu investieren, um dieses Problem in den Griff zu bekommen. Sehr geehrte Damen und Herren, verkehrspolitisch trägt Grün die Hauptverantwortung, Rot die Mitverantwortung. Ich denke, aus dieser Hauptverantwortung wird die Grüne Fraktion demnächst vom Wähler entlassen werden. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Frau GRin Puller zum Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort. GRin Ingrid Puller (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich spreche jetzt nicht als Oberlehrerin, sondern als Frau der Praxis. Ich beginne dort, wo ich eigentlich bei den Wiener Linien begonnen habe, und zwar im vorigen Jahrtausend. Da hat es damals, wie ich als Fahrerin begonnen habe, nur zwei Straßenbahntypen gegeben, das waren der E1 und der E2. Für Laien: Das sind alles Hochflurgarnituren. Der E1 hat diese ausfahrbare Schwenkstufe gehabt. Das war für uns, für die Fahrer und Fahrerinnen, schon der Cadillac. Das war der Cadillac der Straßenbahnen. Da hat es eben noch keinen Finanzierungsvertrag zwischen der Stadt Wien und den Wiener Linien gegeben und die Wiener Linien haben auch noch Verkehrsbetriebe geheißen. Mittlerweile, und jeder Mensch, der vernünftig denkt, weiß es, denke ich mir, dass man nicht das gesamte Wiener Straßenbahnnetz von heute auf morgen mit Niederflurgarnituren umrüsten kann. Es dauert seine Zeit. Jetzt haben wir zirka 300 Niederflurgarnituren, und das ist eine ganz eine schöne Summe. Was sich da in den 15 Jahren bewegt hat, ist ja augenscheinlich, und für jeden Bürger und jede Bürgerin dieser Stadt, für jedes Kind ist ersichtlich, wo die Gelder hinfließen, wenn hier jedes Mal von der Opposition Kritik an der Finanzierung kommt. Ich möchte ein Beispiel noch nennen, das kommt nicht von mir, das kommt von hochrangigen VerkehrswissenschaftlerInnen, die sagen oder haben bewiesen, eine einzige Straßenbahn ersetzt bis zu 190 Autofahrten. Da habe ich mir erlaubt, eine Rechnung aufzustellen. Wir haben 29 Straßenbahnlinien, eine Linie ist jetzt mit ungefähr 10 bis 12 Straßenbahngarnituren bestückt. Das ergibt eine Summe von 320 Straßenbahnen, die täglich in Wien unterwegs sind. Wenn ich jetzt diese 320 Straßenbahnen, die täglich in Wien unterwegs sind, und da übertreibe ich, mit den 190 ersparten Autofahrten multipliziere, dann erspart sich die Stadt Wien 60 000 Autofahrten täglich. Das wären 60 000 Autofahrten mehr für die Stadt Wien. Das wäre täglich ein Verkehrsinfarkt, wenn die 60 000 Autofahrten wirklich stattfinden würden. Ich möchte noch zu einem kurzen Thema kommen und das ist das Bonus-Malus-System, das ja ein fester Bestandteil des neuen Finanzierungsbetrags sein soll oder sein wird. Und da habe ich nur eine leise Warnung, eine leise Kritik: Zum Beispiel werden die Leistungen ja immer evaluiert. Jedes Jahr werden die vorgegebenen Ziele nicht erreicht. Führt das zu einer Reduktion des finanziellen Ausgleichs? Im Gegensatz, bei Übererfüllung sind hingegebene Bonuszahlungen als Anreiz vorgesehen, was ja nicht so schlecht ist. Nur eben meine Überlegung ist, und das habe ich schon am eigenen Leibe erfahren, als ich noch im aktiven Fahrdienst war, dass Sparmaßnahmen, oder sagen wir so, dass übereifrige Schreibtischattentäter die Fahrzeiten dann so reduzieren, dass das natürlich zu Lasten des Fahrpersonals geht, zum Beispiel wenn bei den Anfangs- und Endstellen die Ausgleichszeiten reduziert werden. Das geht nämlich zu Lasten des Fahrpersonals. Und das muss ich als Ex-Gewerkschafterin schon sagen, das kann natürlich wieder ins Negative gehen, dass das Fahrpersonal sehr ausgelaugt ist, dass es hohe Fluktuation oder viele Leichtdienstler gibt und im Endeffekt dann auch für die Wiener Linien oder für die Stadt Wien Kosten entstehen. Im Großen und Ganzen oder sagen wir, Fakt ist, wir GRÜNE waren in den letzten Jahren maßgeblich daran beteiligt, dass die Fahrgastzahlen eben durch die Jahresnetzkarte um 365 EUR gestiegen sind. Und ein Letztes noch an den Herrn Juraczka, der leider nicht da ist. Da habe ich als Beispiel genommen, 1 Straßenbahn ersetzt 190 Autofahrten. Das neue Plakat, das mir ins Auge gesprungen ist mit einer feschen Dame, die alleine im Auto sitzt - im Gegensatz dazu befördert 1 Autofahrt nur 1,09 Personen. Also in diesem Sinne macht Rot- Grün zusammen mit den Wiener Linien ein sehr gutes Verkehrs... öffentlicher Verkehrsan... - wie sagt man? (Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Politik!) öffentliche, ja bin ich schon fertig - (VBgmin Mag Maria Vassilakou: Verkehrspolitik!) sehr starke öffentliche Verkehrspolitik, danke. Ich bin stolz darauf, dass ich auch ein Teil der Wiener Linien bin. Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Bei aller Schwierigkeit, die Redezeit einzuhalten, darf ich trotzdem daran erinnern: Wir haben grundsätzlich fünf Minuten Redezeit. Ich bringe es nur in Erinnerung. Der Nächste zum Wort Gemeldete ist Herr GR Baron. Ich erteile ihm das Wort. GR Karl Baron (Klub der Wiener Freiheitlichen): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, in diesem Haus sind wir uns über alle Fraktionen hinweg einig, das öffentliche Verkehrsmittel gehört ausgebaut, gehört verbessert, gehört laufend nach dem neuesten Stand der Technik optimiert. Darüber sind wir uns einig. Das ist auch von uns Freiheitlichen so gewollt, so gewünscht und das soll auch so sein. Verkehrspolitik besteht aber nicht nur aus öffentlichen Verkehrsmitteln. Das muss uns auch einmal klar sein. Ganz anders zu sehen ist das nämlich beim Individualverkehr. Sowohl diese Stadtregierung als auch vorherige haben die Problematik bis jetzt vollkommen vernachlässigt, ignoriert und eigentlich verschlafen. Weite Teile Wiens versinken täglich in Superstaus und ganz massiv betroffen davon ist Donaustadt. Ich glaube, auch darüber sind wir uns hier im Haus einig. Hauptschuld dafür ist die noch immer fehlende Nordostumfahrung. Ich glaube, nirgends in Wien ist ein Versagen der Politik deutlicher sichtbar als bei dieser Thematik. Das Ansiedeln von zig Tausend Menschen im Gebiet von Wien, wo das Straßennetz schon vorher vollkommen überlastet war, macht deutlich, welche Ignoranz die Verantwortlichen hier eigentlich ausleben. Meine Damen und Herren, so kann man doch nicht Verkehrspolitik machen! Wir brauchen eine Stadtumfahrung, eine Stadtumfahrung, die wir Freiheitliche, und ich bin jetzt 25 Jahre in der Politik, schon seit Anfang dieser Zeit fordern. Die freie Wahl des Verkehrsmittels ist ein Bürgerrecht, das zu respektieren ist. Wenn sich ein großer Teil der Bevölkerung für das Auto entscheidet, dann haben die Stadtregierungen dafür zu sorgen, dass ausreichend Straßen zur Verfügung gestellt werden. Das ist unsere Pflicht. Aber eigentlich ist das Gegenteil der Fall. Autofahren wird vermiest, vernadert, Grünflächen werden da gemacht, wo Parkplätze möglich wären, und im Großen und Ganzen arbeitet man am Problem vorbei und der Autofahrer wird sekkiert. (Heiterkeit bei GR Mag Rüdiger Maresch.) Heute Morgen bin ich mit der U-Bahn hierhergekommen, beim Donauspital eingestiegen, die Vegetation wuchert überall, aber was ist dort? Eine riesige Betonwüste! Also wenn es Ihnen wirklich so ums grüne Wien geht, dann bitte, warum unbedingt auf Parkplätzen oder auf Parkflächen, wo Parkplätze sein könnten, wo Autos abgestellt werden könnten, wo die Bevölkerung ihre Autos dringend wieder los werden muss, wenn sie schon einmal damit fährt? Bei vielen öffentlichen Plätzen wie in Simmering da bei diesen neuen Bauten in der Etrichstraße, es ist eine abenteuerliche Betonwüste. Das einzig Grüne, was ich praktisch auf hunderte Meter links oder rechts gesehen habe, waren die Haare von einem Punker, aber sonst kein Grashalm, keine Grünpflanze, kein Strauch, kein Baum! Also nehmen wir das Problem doch bitte bei der Wurzel. Gehen Sie weg von dieser Autofahrervernaderei! In Siedlungen wie der Seestadt Aspern, die grundsätzlich ein gutes Konzept sein könnte, werden Parkplätze absichtlich so weit weg geschaffen, dass praktisch der Bürger, der mit der U-Bahn fährt, keinen Nachteil gegenüber dem Autofahrer haben soll und es genauso weit haben soll. Also bitte, wenn das Ganze mal so anfängt, frage ich mich schon: Wo wird denn das einmal aufhören? Denken Sie daran, dass die Bürger dieser Stadt auch Wähler sind, und ich glaube, das werden wir in wenigen Monaten auch deutlich sehen. Das hoffe ich zumindest. Meine Damen und Herren, die Nordostumfahrung ist nicht nur ein Baby der Freiheitlichen Partei. Ich glaube, die Diskussion geht auch quer durch die Parteien und es gibt in allen anderen Parteien Befürworter und Ablehner. Aber es wurde längst begonnen, die Nordostumfahrung praktisch bis Schwechat zu starten. Warum geht denn überhaupt nichts weiter, wenn es einmal in die Richtung Donaustadt geht? Wo liegt denn tatsächlich das Problem? Wir versuchen, Projekte dem Bürger zu verkaufen, dass wir unter der Donau durchbauen in einer Finanzsituation, wo wir alle wissen, das können wir uns doch eh in 100 Jahren nicht leisten. Natürlich wäre es schön, wenn wir keine Brücke haben werden, wenn man praktisch unsichtbar die Donau queren könnte, aber realistisch ist das Projekt nicht. Wie man Verkehrspolitik betreiben kann, werden wir Freiheitliche zeigen, wenn wir die Möglichkeit haben, der nächsten Stadtregierung anzugehören. Wenn nicht, appelliere ich an Sie beziehungsweise an die nächste Stadtregierung, hier verantwortungsvoller vorzugehen! Danke. (Beifall bei der FPÖ.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Valentin zum Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. GR Erich Valentin (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, auch wenn einige Herren des Hauses bei der jetzigen Diskussion bereits in den Wahlmodus geschalten haben, dass wir doch mit einigen Zahlen relativ klar und deutlich festmachen können, wie wir in Wien liegen. Nachdem einige gesagt haben, wir sollten nach Deutschland schauen, habe ich mir die Mühe gemacht und habe mir gestern noch die Zahlen des Modal-Split der zehn größten Städte Deutschlands herausgeholt. Und wenn ich dem Umweltverbund, und man muss das immer gemeinsam sehen, weil diejenigen, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind, die zu Fuß gehen und die mit dem Rad unterwegs sind, alle diejenigen sind, die auf das private Kfz verzichten, dann liegen wir bei 72 beziehungsweise 73 Prozent. Da liegen wir bei 73 Prozent. Und wenn ich mir alle deutschen Städte anschaue, auch das vielgelobte Berlin kommt nicht auf diesen Wert. Das heißt, es ist schon gut und schön, wenn man kritisch beleuchtet, nur würde ich sehr, sehr massiv darauf drängen, dass man sich das Zahlenmaterial auch tatsächlich anschaut. Wenn wir uns die Frage stellen, und das ist auch eine Frage des Zahlenmaterials, ob die Wienerinnen und Wiener nun jetzt einverstanden und zufrieden mit ihren öffentlichen Verkehrsmitteln, mit ihren Wiener Linien sind, dann schauen wir uns einfach die Befragung an. Die liegt von 6 Punkten auf 1,8 und hat sich in den letzten Jahren immer um 2 bis 3 Zehntel-Prozentpunkte verbessert. Ich denke mir, das ist eine klare Sprache. Sprechen wir gemeinsam darüber, wie wir es noch besser machen können, aber sind wir uns einig darüber, dass die Wienerinnen und Wiener mit den Wiener Linien sehr, sehr zufrieden sind. Darauf können wir gemeinsam stolz sein und es soll auch weiterhin so geschehen. Deshalb gibt es auch dieses Investitionsprogramm, zu dem wir auch als Wiener Gemeinderat stehen. Meine Damen und Herren, lassen wir uns noch durch eine dritte Zahl ein bisschen leiten. Gehen wir zur Studie "Wohlfühlen oder Wohnen in Wien, Leben in Wien" mit über rund 10 000 Beteiligten. Wenn Sie es nicht im Gedächtnis haben, so bringe ich es ein weiteres Mal nahe: 97 Prozent haben gesagt, sie können sich nicht vorstellen, in einer anderen Stadt zu leben. Sie leben gerne, sehr gerne in Wien. Wenn man dann hinterfragt hat, warum sie das tun, dann haben sie als allerersten Punkt immer wieder auch den öffentlichen Verkehr genannt. Und ich denke mir, das ist ein schönes Zeugnis, ein Zeugnis gut für diese Regierung und gut für die Frau VBgmin Brauner. Meine Damen und Herren, einmal mehr möchte ich Sie darauf verweisen, wenn wir über die Frage "Ausdehnung und Tarifsystem" diskutieren - ich darf jetzt schon über ein Jahrzehnt in der VOR GesmbH für Wien sitzen und wir haben viele Anläufe genommen, unter anderem auch, um das Tarifmodell aus Wien hinaus nach Niederösterreich auszudehnen, die Kernzone auszudehnen. Und da darf ich dem StR Juraczka sagen: Ja, die Wünsche der Niederösterreicher sind groß. Ja, sie können sich alles Mögliche vorstellen. Und dann, wenn wir dann zusammengefasst haben, was sie sich alles vorstellen können und gesagt haben, was das kostet, haben sie gesagt, aber das Geld haben wir nicht dafür. Ich darf Sie daran erinnern, meine Damen und Herren, dass wir anlässlich der Verbesserung und damit der Erhöhung der Jahresnetzkartenbezieher gemeinsam mit Niederösterreich Park-and-ride- Plätze finanziert haben. Also ich sage Ihnen einmal mehr: Wien hat seine Hausaufgaben mehr als erledigt. Jetzt sind die Niederösterreicher dran. Es ist zu wenig, Leuten billiges Bauland zu versprechen und dann mit der Infrastruktur hintennach zu bleiben. Das ist nicht die Aufgabe Wiens, das ist die Aufgabe Niederösterreichs, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.) Letzte Überlegung, weil ja auch die Zeit drängt: Mobilität, meine Damen und Herren, ist die Grundvoraussetzung zur Partizipation der Wienerinnen und Wiener und auch um sie an der Demokratie teilhaftig werden zu lassen. Wenn Wien sich dazu entschließt, zu jeder Fahrt rund 40 Prozent zuzuschießen, auch bei der Fahrt, die die Niederösterreicher in Wien bewältigen, dann ist es ein hohes Zeichen der Demokratiefreudigkeit, aber auch der Leistungsbereitschaft dieser Stadt, worauf wir gemeinsam stolz sein können und das die Wienerinnen und Wiener immer wieder bei Umfragen und schlussendlich, da bin ich mir sicher, auch im Oktober honorieren werden. Meine Damen und Herren, wir bekennen uns zur Fortsetzung dieser Politik, die eine erfolgreiche ist, mit der Frau VBgmin Brauner und wir sind sicher, die Wienerinnen und Wiener sind da mit dabei. Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Die Aktuelle Stunde ist nunmehr beendet. Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 5 Abs 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass an schriftlichen Anfragen von Gemeinderatsmitgliedern des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien sechs und des Klubs der Wiener Freiheitlichen neun eingelangt sind. Vor Sitzungsbeginn ist von Gemeinderatsmitgliedern des Klubs der Wiener Freiheitlichen ein Antrag eingelangt. Den Fraktionen wurde der Antrag schriftlich bekannt gegeben, die Zuweisung erfolgt wie beantragt. Von den GRen Wolfgang Seidl, Manfred Hofbauer und Christian Unger wurde ein Antrag an den Herrn Bürgermeister betreffend Errichtung sozialer, leistbarer städtischer Wohnungen und Vergabe an Personen mit ausreichenden Deutschkenntnissen gerichtet. Das Verlangen auf dringliche Behandlung dieses Antrags wurde von der notwendigen Anzahl von Gemeinderäten unterzeichnet. Gemäß § 36 Abs 5 der Geschäftsordnung wird die Besprechung des Dringlichen Antrags vor Schluss der öffentlichen Sitzung erfolgen. Ist diese um 16 Uhr noch nicht beendet, wird die Gemeinderatsitzung zur tagesordnungsgemäßen Behandlung des Dringlichen Antrags unterbrochen. Die Anträge des Stadtsenats zu den Postnummern 2 bis 5, 7, 9, 11, 14, 16, 20 bis 22, 24 und 25 gelten gemäß § 26 der Wiener Stadtverfassung als bekannt gegeben. Bis zu Beginn dieser Sitzung hat kein Mitglied des Gemeinderats zu diesen Geschäftsstücken die Verhandlung verlangt. Ich erkläre daher gemäß § 26 der Wiener Stadtverfassung diese als angenommen und stelle fest, dass die im Sinne des § 25 der Wiener Stadtverfassung erforderliche Anzahl von Gemeinderatsmitgliedern gegeben ist. In der Präsidialkonferenz wurden nach entsprechender Beratung die Postnummer 6 zum Schwerpunkt- Verhandlungsgegenstand erklärt und gleichzeitig folgende Umreihung der Tagesordnung vorgeschlagen: Postnummern 6, 17, 18, 19, 23, 12, 13, 15, 8, 10 und 1. Die Postnummern werden daher in dieser Reihenfolge zur Verhandlung gelangen. Es gelangt nunmehr die Postnummer 6 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft die 3. Gemeinderatssubventionsliste 2015. Vom Herrn Ersten Vorsitzenden dieses Gemeinderats, von Herrn GR Godwin Schuster, wurden nach Vereinbarung mit allen im Gemeinderat vertretenen Parteien zum Thema "20 Jahre EU- Mitgliedschaft Österreichs, Wohlstand für alle sichern, in die Zukunft und den Frieden investieren" die österreichischen Abgeordneten zum Europäischen Parlament in den Wiener Gemeinderat eingeladen. Ich darf nunmehr Frau Abg Mag Claudia Schmidt, Frau Abg Dr Monika Vana, Herrn Abg Mag Jörg Leichtfried und Herrn Abg Harald Vilimsky herzlichst in diesem Haus begrüßen. (Allgemeiner Beifall.) Ich bitte den Berichterstatter, Herrn GR Strobl, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatter GR Friedrich Strobl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie um Zustimmung zur vorliegenden Subventionsliste. Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Danke. Ich eröffne die Debatte und zum Wort gemeldet ist die Frau Abgeordnete zum Europäischen Parlament, Frau Mag Schmidt. Ich erteile es ihr, wobei ich anmerke, dass Sie 40 Minuten Redezeit haben. Bitte schön. EP-Abg Mag Claudia Schmidt (ÖVP): Ja also ein herzliches Grüß Gott von meiner Seite. Zu Ihrer Beruhigung kann ich sagen, ich werde die 40 Minuten nicht ausschöpfen, sondern ich werde mich auf ungefähr die Hälfte beschränken. Sehr geehrter Herr Vorsitzende! Sehr geehrte Stadträte, soweit vorhanden! Geschätzte Damen und Herren Gemeinderäte! Liebe Zuhörer! Nochmals herzlichen Dank für die Einladung ins Rathaus! Herzlichen Dank für Ihre Bereitschaft auch zum Meinungsaustausch! Ich möchte mich kurz vorstellen: Eigentlich bin ich gelernte Sonder- und Heilpädagogin und habe viele Jahre mit geistig und mehrfach behinderten Menschen gearbeitet, unterrichtet und Seminare gegeben. Ich bin die typische Quereinsteigerin in die Politik, was jedoch auch schon einige Jahre her ist. Vor meiner jetzigen Tätigkeit im EU-Parlament war ich Baustadträtin in der Stadt Salzburg und bin daher, natürlich in einem wesentlich kleineren Maßstab, durchaus noch mit den Segnungen der Stadtpolitik vertraut. Ich kann mich noch ganz gut daran erinnern, als ich ganz frisch in meinem Amt war, dass mir meine damaligen Mitarbeiter von der elektrischen Beleuchtung gesagt haben, dass die Umstellung der Lichtsignalanlagen, also der Ampeln, auf LED so teuer ist, dass sich die Stadt Salzburg nur fünf im Jahr leisten konnte. Zur damaligen Zeit hatten wir ungefähr 15 derartige Anlagen. Drei Tage später bin ich dann nach Wien gefahren quer durch die ganze Stadt zum Jedleseer Friedhof und war ganz erstaunt zu sehen, dass ganz Wien ausschließlich LED-Licht-Verkehrssignalanlagen hatte, wo ich dann natürlich entsprechend neidisch war. Ganz wichtig für mich zu sagen ist, dass ich ein ganz erklärter Fan der Lokalpolitik bin, weil wo sonst kommt man so viel mit Bürgern in Kontakt, wo sonst gibt es so viel Mitsprache, gewollte oder auch ungewollte, und wo sonst kann man auf kurzem Wege wichtige Informationen transportieren? Wo sonst hat man es auch mit so viel Emotionen zu tun, mit den sogenannten Aufregern, wenn ich, wie Sie wahrscheinlich schon oft darüber gesprochen haben, jetzt in Wien die Mahü anspreche oder in Salzburg die Lokalbahn oder Radwege, Baustellen, und so weiter, und so fort. Die Europapolitik ist da eher unemotionaler, wenn es sich nicht gerade um hochbrisante Themen und Aufreger wie TTIP im Moment oder Dauerbrenner wie Atomkraft oder Gentechnik handelt. In meiner ehemaligen Arbeit als Stadträtin bin ich nicht wirklich mit der Europäischen Union in Berührung gekommen. Dafür versuche ich jetzt ganz dringend, mit der Stadtpolitik in Kontakt zu bleiben und sie mit der EU zu verknüpfen, die ja einiges von den Städten verlangt. Wussten Sie, meine Damen und Herren, dass laut dem aktuellen Weißbuch "Verkehr" in gerade einmal 15 Jahren der konventionelle Autoverkehr halbiert werden soll und in 35 Jahren kein konventionelles Auto mehr in Städten verkehren soll? Und bevor jetzt die Kollegen der GRÜNEN vor fiebriger Begeisterung von den Stühlen kippen, muss ich jedoch anmerken, dass es wenig bis gar keinen Fortschritt in diese Richtung gibt und auch nicht geben wird, da es hier, wie leider häufig, so ist, dass die EU die Bürger nicht mitnimmt auf diesem Weg, schon gar nicht die Bürger in Süd- und Osteuropa, denn dort gibt es drängendere Probleme. Ich kenne auch keine einzige Stadt, die einen validen Aktionsplan für diese Forderungen aus dem Weißbuch "Verkehr" hat beziehungsweise an der Formulierung der Ziele mitgearbeitet hat. Obwohl sich die Union dazu verpflichtet hat, stärker auf Regionen und damit auch auf Städte einzugehen, das Subsidiaritätsprinzip auch unterhalb der Mitgliedstaatenebene mit Leben zu erfüllen, gibt es bislang wenig oder auch keinen Austausch zwischen den EU-Organisationen und Vertretern der Städte zu diesen so wichtigen Themen. In der alltäglichen Rolle beschäftigen wir uns im EU-Parlament mehr damit, wie man die Verhinderungspolitik mancher Nationalstaaten brechen kann als mit den Bedürfnissen der Städte und Gemeinden. Trotzdem werden Maßnahmen diskutiert und beschlossen, die auf den Bürger und damit auf sein unmittelbares politisches Umfeld massiven Einfluss haben. Es liegt an den Ländern und an den Städten, Lobbying zu betreiben und Europa auch in der alltäglichen Arbeit mitzudenken. Wir in Brüssel können eine große Hilfe sein. Es besteht jedoch auch die Gefahr, dass Maßnahmen beschlossen werden, die diametral den Zielen der Städte entgegenstehen. Viele osteuropäischen Städte, Länder und Kommunen betreiben aktives Lobbying bei der EU, nur Österreich hält sich hier vornehm zurück. Hier sollten wir alle, egal, welcher politischen Richtung wir angehören, beginnen umzudenken. Blicke über den jeweiligen Tellerrand sind also selten möglich. Der wichtige und eigentlich selbstverständliche Meinungsaustausch kommt dadurch zu kurz. Das ist ineffizient. Erstaunlicherweise wird vom Bürger unisono und selbstverständlich erwartet, dass er sich mit allen Ebenen auseinandersetzt und differenziert denkt. Das passt einfach nicht und das passt so lange nicht, bis wir Politiker beginnen, die Europäische Union genauso wie die Stadt als Teil unseres Systems zu verstehen. Nach 20 Jahren EU-Mitgliedschaft müssen wir vorerst feststellen, wir hatten einen guten Start, und nun beschädigen wir aber dieses einzigartige Projekt, indem wir es nicht bewahren und ausbauen, sondern in der alltäglichen Arbeit fast ignorieren. In Sonntagsreden oder absolut begrüßenswerten Veranstaltungen wie dieser hier gibt es dann die üblichen Utopisten auf der einen Seite und das bekannte EU-Bashing von links und rechts außen. Die Lust an einer wirklichen politischen Diskussion ist aber leider auf beiden Seiten enden wollend. Genau das spiegelt das heutige Thema wider: "20 Jahre EU-Mitgliedschaft Österreichs, Wohlstand für alle sichern, in die Zukunft und in den Frieden investieren". Was heißt das? Verkürzt heißt das nichts anderes als Friede, Freude, Eierkuchen und alles ist in Ordnung. Das Thema klingt nett, tut mit Sicherheit keinem weh, es interessiert aber auch nicht besonders viele Menschen außerhalb dieses Raumes und hier herinnen wahrscheinlich nur für die Dauer der Veranstaltung, wenn überhaupt. So lange wir das nicht ändern, verschenken wir Möglichkeiten, beziehungsweise noch schlimmer: Es werden in Europa Vorgaben gemacht, die sich an einem Input orientieren, der selten eine österreichische Komponente aufweist. Aber zurück zum Thema. Wer sperrt sich gegen Investitionen in die Zukunft und wer will gegen Frieden argumentieren? Ich nehme an, dass um die 95 Prozent der hier im Raum Anwesenden wenige Probleme mit Frieden, Wohlstand oder Zukunft haben. Es sind wohl auch die drei Schlagworte, die man unter "feel, good, overkill" subsumieren kann. Interessanter für uns und für unseren tatsächlich politischen Output und vor allem für die Bürger wird es erst, wenn man sich über das Wie unterhält. Wie erreicht man nun diese erstrebenswerten Ziele? Tatsache ist, diese Frage können wir nur durch eine verstärkte Diskussion zwischen Union, Bund, Ländern und Gemeinden versuchen zu beantworten gemeinsam mit den Bürgern. Und am Schluss muss eine Position stehen. Bis jetzt ist es so, dass die österreichische Position der kleinste gemeinsame Nenner ist und dementsprechend wenig kann man auf europäischer Ebene ausrichten. Nicht von ungefähr ist von Merkel das Bonmot überliefert, dass der österreichische Regierungschef mit keiner Meinung kommt und mit der deutschen Meinung wieder geht. Der EU beizutreten und diese auch in politische Zukunftsplanungen weitgehend links liegen zu lassen beziehungsweise auf österreichische Art freundlich zu ignorieren, ist und war nicht die schlaueste Herangehensweise. Was wir brauchen, ist eine aktive Politik. Was wir brauchen, ist eine Meinung. Und wir müssen definieren, wie wir den erreichten Wohlstand sichern wollen und wie wir Investitionen in die Zukunft tätigen wollen. Nur dann können wir auf europäischer Ebene die Interessen unserer Bürger dementsprechend würdigen und nur dann können wir von europäischen Initiativen wirklich auch profitieren. Ich erwähne das aus einem ganz einfachen Grund: Jeder redet im Moment vom sogenannten Juncker-Fonds. Jene 315 Milliarden EUR sind vornehmlich aus der Privatwirtschaft, genauer von den Pensions- und Hedgefonds, die momentan wie eine Erlöserfigur durch die Mitgliedsstaaten getragen werden. Alle Probleme des Kontinents sollen damit überwunden werden, munkelt man, und dementsprechend mystifiziert findet die Debatte darüber statt. Solche Erwartungen gehen aber in den seltensten Fällen in Erfüllung. Dieser Fonds, der EFSI, ist eigentlich ein ganz normales Finanzinstrument, das die Europäische Investitionsbank in ähnlicher Form bereits mehrfach operativ betreibt. Das Neue ist jedoch die Risikoabdeckung, um privates Kapital in Projekte zu lenken, die sonst nur mit Steuergeld zu verwirklichen wären. Der Fonds selbst verfügt über ein Gesamtvolumen von 21 Milliarden EUR aus dem EU-Haushalt sowie 5 Milliarden EUR, die von der Europäischen Investitionsbank eingespeist werden. Damit sollen 60 Milliarden EUR Kapital von den Finanzmärkten eingeworben werden. Diese wiederum sollen in Projektbeteiligungen bis 20 Prozent fließen, sodass insgesamt eine 15-fache Hebelwirkung der öffentlichen Mittel erzielt wird. Italien, Frankreich ... (GR Mag Wolfgang Jung: Das glauben Sie?) Ja, Italien, Frankreich, Deutschland und Polen - (GR Mag Wolfgang Jung: Und das glauben Sie?) ich erkläre es gleich - werden auf nationaler Ebene jeweils noch Geld hinein tun, nämlich 8 Milliarden EUR, und Spanien 1,5 Milliarden EUR. Die Verhandlungen zwischen den Mitgliedsstaaten und dem Europäischen Parlament sollen bis zum Sommer abgeschlossen werden, sodass der Fonds möglichst schnell seine Arbeit aufnehmen kann. In Brüssel, meine Herren, wird mit Hochdruck verhandelt und am Montag wurden im Parlament über 3 500 Änderungsanträge zum EFSI abgestimmt und ein Verhandlungsmandat erteilt. Die Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten haben ebenso diese Woche begonnen. Trotzdem, wenn man jetzt rechnet: 315 Milliarden dividiert durch 28 Mitgliedsstaaten ergeben nur mehr 11,25 Milliarden. Wenn man jetzt die Größe der verschiedenen Mitgliedsstaaten nach dem Bevölkerungsschlüssel errechnet, verbleiben für Österreich 5,21 Milliarden und das für 3 Jahre. Das bedeutet, wir haben tatsächliche Investitionen von nicht einmal 2 Milliarden pro Jahr. Das ist zwar bei Gott nicht schlecht, es wird uns aber auch nicht in eine neue Zukunft katapultieren. Ungeachtet dessen planten aber schon jedes Land und viele Städte, wie dieses Geld ausgegeben werden kann, bevor der Fonds überhaupt steht und rechtlich ausformuliert ist. Ich bin mir nicht sicher, ob es auch in Wien bereits Überlegungen und Begehrlichkeiten dahin gehend gibt. Es wäre allerdings im höchsten Maße begrüßenswert. Da der Fonds aber darauf baut, privates Kapital zu mobilisieren, wird es leider für einige ein trauriges Erwachen geben. Über die Investitionen entscheiden nämlich immer noch die Geldgeber. Welche Projekte verwirklicht werden, haben wir als Politiker leider nicht in der Hand. Somit ist eine kluge und sorgsame Vorbereitung unabdingbar. Was wir allerdings gänzlich in der Hand haben, ist etwas anderes und soll zumindest erwähnt werden. Es gibt vom Kommissionspräsidenten Juncker für die kommenden fünf Jahre einen Zehn-Punkte-Plan mit dem Titel "Wachstum ohne Schulden". Hier müssen wir politisch arbeiten, hier müssen wir uns um das Wie streiten, um zu einem Ergebnis zu kommen. Dieser Plan ist nicht 315 Milliarden EUR schwer, sondern wirft 1 700 Milliarden EUR pro Jahr in die Waagschale, 1 700 Milliarden EUR, die sogenannte Ineffizienzen im europäischen und nationalen Regelwerk sind. Nur ein Beispiel aus der Praxis: Ich habe in Salzburg zum Beispiel die elektronische Vergabe von Bauaufträgen eingeführt. Wenn das quer durch Europa so gemacht würde, wird hier eine Ersparnis von 150 Milliarden EUR angenommen. Diese Summe haben wir als Politiker in der Hand zu realisieren, müssten uns jedoch gemeinsam auf ein Wie einigen. Wenn man in Brüssel mit Vertretern des sogenannten Großkapitals redet, und ganz unabhängig davon, ob Pensions- oder Hedgefonds, der Tenor ist immer derselbe, ich zitiere hier wörtlich: "Wir brauchen kein öffentliches Geld. Wir brauchen keine PPP-Modelle. Was wir brauchen, sind einheitliche Spielregeln und nicht 28 verschiedene. Und solange es diese nicht gibt, investieren wird lieber in China oder Amerika." Wäre Europa ein wirklicher einheitlicher Markt, dann würden die Leute auch investieren. Jetzt stimuliert unser Geld, unsere Pensionsfonds, die Wirtschaft in Asien und Amerika. Das ist absurd. Wenn wir unseren Wohlstand sichern wollen, wenn wir in die Zukunft und in den Frieden investieren wollen, dann müssen wir Regeln vereinheitlichen. Dann müssen wir unsere Märkte öffnen und wirklich einmal europäisch denken. (Beifall bei der ÖVP.) Im Folgenden möchte ich mich auf die Herausforderungen im Bereich des Verkehrs und der Infrastrukturmaßnahmen beschränken. Neben der Tatsache, dass ich in diesen Bereichen tätig war und nun im Europäischen Parlament auch bin, handelt es sich um einen Bereich, der hohe Investitionskosten verlangt und somit mehr als geeignet ist, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, andererseits weil ein einheitlicher Wirtschafts- und Währungsraum auch einen einheitlichen Verkehrsraum braucht, um wirklich effizient zu funktionieren. Abgesehen davon konzentrieren sich sowohl der Juncker-Fonds als auch das Zehn-Punkte-Programm im Wesentlichen auf diesen Sektor. Die Kommission ist gerade dabei, das Weißbuch "Verkehr" zu überarbeiten, um es an die Meta-Ziele der Union Wachstum und Beschäftigung anzupassen. Kurz gesagt, hier wird in Kürze etwas auf die Mitgliedsstaaten zukommen, nicht nur auf die Mitgliedsstaaten, sondern auch auf die Länder und auf die Kommunen und Städte. Mit dem Weißbuch "Verkehr" von 2011 nahm sich die Europäische Kommission dem Ziel für ein ressourcenschonendes Europa an, das sektorübergreifend realisiert werden sollte. Bis zum Jahr 2050 setzt sich die EU-Kommission vier Ziele bestehend aus der Verringerung der Importabhängigkeit von Öl, der Senkung der verkehrsbedingten CO2- Emissionen um 60 Prozent, der Schaffung eines europäischen Verkehrsbinnenmarktes und der Steigerung der Effizienz des Verkehrs. Im Fokus steht aber die Vorstellung eines stabilen und wettbewerbsfähigen Verkehrssystems, das es zu realisieren gilt. Und das gilt es auch zu nutzen. Ich begrüße es ausdrücklich, dass die neugewählte Kommission unter der Führung von Kommissionspräsident Juncker das Ziel ausgegeben hat, dass der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Verkehrsträger in Europa wieder an erster Stelle stehen soll. Die Verkehrspolitik auf österreichischer, europäischer und internationaler Ebene ist eine der wesentlichsten Stellschrauben, die über Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Effizienz und Beschäftigung entscheiden. Österreichische Unternehmen sind auf gute Straßen, auf vernünftige Schienenanbindungen und offene Lufträume angewiesen. Daher ist ein integriertes Verkehrskonzept, das die Stärken aller Verkehrsträger nutzt und einbezieht, klar zu bevorzugen, anstatt sich wie bisher auf Kämpfe zwischen Verkehrsträgern zu konzentrieren. Verkehrspolitik muss eine effiziente Komodalität zum Ziel haben. Zur Bewältigung des weiteren Verkehrswachstums werden alle Verkehrsträger gleichermaßen gebraucht. Zentrale Aufgabe ist daher die Effizienzsteigerung bei jedem Verkehrsträger einzeln und in Kombination. Deshalb sollte die reibungslose und effiziente Verzahnung verschiedener Verkehrsträger gefördert werden. Investitionen in Verkehrsinfrastruktur sollten sich auf die wichtigen Verkehrskorridore konzentrieren und die bestmögliche Nutzung der nationalen und EU-Mittel auf Grundlage einer Kosten-Nutzen-Analyse gewährleisten. Wien zum Beispiel liegt an der Schnittstelle von zwei der neuen transeuropäischen Hochleistungskorridore und verfügt über einen internationalen Flughafen. Wiens Ausgangssituation ist also blendend. Nicht blendend bestellt ist es jedoch um den Schienenverkehr, im Nahverkehr als auch im Fernverkehr. Hier ist jedoch vieles im Umbruch sowohl von politischer Seite hinsichtlich der längst überfälligen Liberalisierung der Dienstleistungen als auch im Investitionsbereich. Hier scheint sich ein Fenster aufzutun. Ich habe allerdings die Angst, dass wir dieses Fenster verpassen. Um auf meine Eingangsworte zurückzukommen: Es passiert leider viel zu wenig außer ein paar Sonntagsreden. Im Alltag findet Europa keinen oder zu wenig Niederschlag. Über 2 000 Projekte wurden bereits bis jetzt für den Juncker-Fonds eingereicht und davon stammen stolze 0,1 Prozent aus Österreich, in absoluten Zahlen peinliche 22. Von den Bundesländern haben sich überhaupt nur die Steiermark, das Burgenland und Salzburg um Projekte bemüht. Aus Wien gibt es bis jetzt nur ein Projekt der Wien Energie, welches für ein Wasserkraftwerk in Molln um Finanzmittel wirbt. Im Vergleich dazu hat allein die Stadt Brüssel 77 Projekte eingereicht. In Österreich wurde in der offiziellen Debatte mehr darüber gesprochen, ob Investitionen, die unter den EFSI fallen, Maastricht-konform sind oder nicht, anstatt sich Gedanken zu machen, mit welchen Projekten man das Geld der österreichischen Sparer, Banken und Pensionsfonds im Land halten kann. Es ist geradezu absurd, dass wir darüber debattieren, mehr Schulden zu machen, anstatt die sich bietenden Chancen zu nutzen, um privates Kapital in öffentliche Interessen zu lukrieren. (Beifall bei der ÖVP.) Die Wirtschaft anzukurbeln, ohne dass man den nächsten Generationen einen noch höheren Schuldenberg hinterlässt, sollte eigentlich auf breiten Konsens stoßen. Das geht aber nur, wenn wir Politiker über den Tellerrand blicken und Europa 20 Jahre nach dem Beitritt als Chance wahrnehmen und in unsere Arbeit integrieren. Nur dann können wir den Wohlstand sichern und den nächsten Generationen ein lebenswertes Land übergeben! Herzlichen Dank für die geteilte Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie von GRin Marianne Klicka und GR Godwin Schuster.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zum Wort gemeldet ist nunmehr Frau Dr Vana, Abgeordnete zum EU- Parlament. Ihnen muss ich nicht erzählen, wie unsere Bräuche und Sitten sind. Bitte schön. EP-Abg Dr Monika Vana (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich ja heute besonders, dass wir 2011 in diesem Haus und auch vor dem Wiener Landtag ein Rederecht für EU-Abgeordnete eingeführt haben und dass ich jetzt das erste Mal seit der Europa-Wahl hier sprechen darf. Also nicht nur, weil ich viele Kolleginnen und Kollegen wieder treffen kann, auch wenn nicht nur bei mir heute der Sitzplatz gewechselt hat, bei einigen oder bei dem einen oder anderen, lassen Sie mich das so formulieren. Wien war ja beim Rederecht eines der VorreiterInnenbundesländer. Wir waren auch immer sehr stolz darauf. Vor ein paar Wochen hat der Nationalrat nach jahrelanger Debatte jetzt endlich nachgezogen und dort ein Rederecht eingeführt, das auch qualitativ sehr hochwertig ist. Wir dürfen dort zukünftig auch in Fachausschüssen sprechen, was, finde ich, für Wien vielleicht auch überlegenswert wäre. Natürlich haben wir starke zeitliche Restriktionen. Viele von uns Europa-Abgeordneten sind zwei Drittel ihrer Zeit in Brüssel, in Straßburg, in anderen europäischen Städten und Regionen unterwegs und maximal ein bis zwei Tage in der Woche in Wien. Das heißt, ich denke, der Schnitt, den wir hier in Wien im Gemeinderat und Landtag mit zirka ein Mal im Jahr haben, ist gar kein so schlechter. Trotzdem könnte man sich überlegen, auch das Rederecht nicht quantitativ, aber vielleicht noch qualitativ zu intensivieren oder aufzuwerten, indem wir zum Beispiel in Zukunft auch Europaabgeordnete aus Nachbarländern einladen könnten, was interessant wäre, gerade auch in Bezug auf die aktuellen Herausforderungen. Meine Kollegin Claudia Schmidt hat es schon angesprochen, den Investitionsplan von Jean-Claude Juncker, wo in große Infrastrukturprojekte, die natürlich auch grenzüberschreitende Bedeutung haben, investiert wird. Oder zur Frage von grenznahen Atomkraftwerken oder zu transeuropäischen Netzen. Diesbezüglich wäre eine qualitative Aufwertung des Rederechts zu überlegen. Jedenfalls ist die Brücke, die wir hier gemeinsam schlagen, zwischen Europaparlament, zwischen uns ParlamentarierInnen in Europa und Ihnen als ParlamentarierInnen auf lokaler Ebene, insbesondere in Städten enorm wichtig. Europapolitik ist Kommunalpolitik. Ich denke, das Europaparlament ist auch ein natürlicher Partner der Städte. BürgerInnenbeteiligung: Was wir in Europa tun, prägt den Alltag und die Lebensrealität vieler Menschen. Deshalb haben wir hier auch viele gemeinsame Themen zu diskutieren. Das Rederecht ist ein Beitrag dazu. Sei das einerseits die sogenannte "Urban Agenda", die städtische Agenda, die wir gerade im Europaparlament im Regionalausschuss intensiv verhandeln. Meine Kollegin Claudia Schmidt ist auch im Regionalausschuss und bei den Verhandlungen intensiv dabei, wo es darum geht, die Rolle der Städte im Institutionengefüge substanziell aufzuwerten, aber auch bei Themen wie, ich habe es schon angesprochen, Investitionsplan, wo es darum geht, auch soziale Investitionen, Investitionen in öffentliche Dienstleistungen sicherzustellen, nicht nur große wirtschaftliche Infrastrukturprojekte, die zum Teil hinter bereits erreichte Standards, wie die "Europa 2020"-Ziele im Klimaschutz, zurückfallen, also zum Beispiel Investitionen in Atomkraft, die wir aus der Regionalpolitik längst draußen haben. Es war ein jahrelanger Kampf der Grünen im Europaparlament, dass in der Regionalpolitik nicht mehr in Atomkraft investiert wird. Keine Förderung aus europäischen Strukturfonds für Atomkraft! Und was kommt jetzt durch die Hintertür mit dem Investitionsplan von Jean-Claude Juncker? Indirekte Investitionen für Hinkley Point und andere Atomforschung! Das ist wirklich kein Fortschritt! Das ist eine große Enttäuschung dieses Investitionsplans! Das ist ein Rückschritt! Ich denke, hier auch die Einbeziehung der lokalen und regionalen Ebene in den Investitionsplan sicherzustellen, ist ein gemeinsames Anliegen von Europaparlament und Städten und Gemeinden. (Beifall bei den GRÜNEN.) Oder TTIP: Die Stellungnahme des Wiener Europaausschusses, die ich vor ein paar Tagen erhalten habe, gegen die regulatorischen Ausschüsse zum Beispiel, ist eine große Unterstützung für unsere Arbeit im Europaparlament gemeinsam mit der Zivilgesellschaft. Viele von Ihnen - ich auch - waren letzte Woche beim gemeinsamen globalen Anti-TTIP-Aktionstag. Tausende Menschen in Österreich, in ganz Europa, auf der Straße gegen die Gefährdung von sozialen Standards, von Umweltstandards, von KonsumentInnenschutzstandards, von öffentlichen Dienstleistungen! Das ist wirklich etwas, das uns hier gemeinsam beschäftigen sollte, die Gefahr durch TTIP, aber auch TiSA - das ist das Dienstleistungsabkommen - oder CETA. Hier sollten wir wirklich gemeinsam mobilmachen, auch mit nationalen Parlamenten, mit lokalen Parlamenten, mit der Zivilgesellschaft. Wir im Europaparlament haben schon erreicht, dass sich 5 von 14 Ausschüssen gegen die privaten Schiedsgerichte und den Investorenschutz, der die Demokratie in Europa völlig aushöhlen würde, aussprechen. Seien wir uns ehrlich, wenn große Firmen Regierungen klagen können, weil sie Umweltschutzgesetze, ArbeitnehmerInnenstandards oder Sozialgesetze erlassen, ist das eine Privatisierung der Demokratie, und diese müssen wir gemeinsam verhindern! Ich kann Ihnen nur aus meiner neuen Rolle heraus, aber auch als langjähriges Mitglied des Europaausschusses, sagen, wie stark lokale Aktivitäten, städtische Aktivitäten, was Wien im stadtaußenpolitischen Bereich tut, in Brüssel wahrgenommen werden und wie wichtig dies als Unterstützung für unsere Arbeit als EuropaparlamentarierInnen ist (Beifall von GRin Prof Dr Elisabeth Vitouch.), zum Beispiel im kommunalen Wohnbau, wo Wien eine Vorreiterinnenrolle gespielt hat und auch eine Ausstellung über die Wichtigkeit des sozialen Wohnbaus und die Erhaltung des kommunalen Wohnbaus im Brüsseler Europaparlament gemacht hat. Die öffentlichen Dienstleistungen habe ich schon angesprochen. Aber auch Jugendarbeitslosigkeit: Die Wiener Ausbildungsgarantie war ein Vorbild für diese Überlegungen auf europäischer Ebene. Es kommen immer wieder wirklich gute Impulse aus Europas Städten. Auch das ist wichtig zu sehen und zu leben. Die überregionale Bedeutung Wiens ist wirklich gegeben. Auch der Europabericht, den ich mir jetzt angeschaut habe - ich glaube, im Entwurf liegt er für dieses Jahr schon vor -, zeigt, dass gerade Wien die aktive Stadtaußenpolitik nicht nur als Wirtschaftspolitik oder Wachstumspolitik sieht, sondern eben auch weit darüber hinaus als Sozialpolitik, als Antidiskriminierungspolitik und immer öfter auch die Zivilgesellschaft einbezieht. Das ist etwas, das ich sehr begrüße. Es ist wahr, wir brauchen uns nicht vor den Bürgern und Bürgerinnen zu fürchten! (Beifall von GRin Prof Dr Elisabeth Vitouch.) Das sagen wir Grüne immer wieder. Ich bin davon überzeugt, dass es langfristig zu nachhaltigeren und auch qualitativ wesentlich besseren Ergebnissen kommt, nicht nur in der Stadtplanung, sondern überall, wenn man die Bürger und Bürgerinnen einbezieht. Denn nur dadurch verringert sich die Kluft zwischen Europa und den Bürgern und Bürgerinnen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) "20 Jahre EU-Mitgliedschaft Österreichs: Wohlstand für alle sichern, in die Zukunft und den Frieden investieren", ist der Titel, zu dem wir heute eingeladen sind. 20 Jahre sind natürlich ein guter Anlass, sich nicht nur über die historische Rolle des EU-Beitritts, sondern natürlich auch mit der aktuellen Bedeutung der EU auseinanderzusetzen und zu reflektieren. Ich muss aber schon sagen, dass ich den Titel angesichts der jüngsten Entwicklungen, insbesondere des Flüchtlingsdramas, das sich prolongiert vor den Toren Europas abspielt, maximal als schöne Vision bezeichnen kann und ich der Meinung bin, dass derzeit die EU-Institutionen eigentlich bei all den drei Themen, die wir hier als Vision formulieren - Wohlstand, Zukunft sichern und in den Frieden investieren - glatt versagen! Das möchte ich einmal feststellen! (Beifall von GR Mag Johann Gudenus, MAIS.) Das Mittelmeer als Massengrab: Michael Chalupka, der Direktor der Diakonie, hat am Montag bei dieser ergreifenden Trauerveranstaltung am Minoritenplatz, an der ich auch teilgenommen habe, gesagt: "strukturierte Verantwortungslosigkeit der europäischen Institutionen." Ich denke, dem ist nichts hinzuzufügen, auch nach dem gestrigen Sondergipfel der EU, der zwar sicher insofern Fortschritte gebracht hat, indem wenigstens die Budgetmittel in diesem Bereich aufgestockt werden, aber eigentlich weit hinter das zurückgeht, was man als menschenwürdige Lösung bezeichnen kann und bizarre Vorschläge gebracht hat, wie, hier plötzlich militärisch vorzugehen. Man muss sich einmal die Umdeutung der Begriffe auf der Zunge zergehen lassen. Vor Wochen hat man über Flüchtlingsboote geredet und jetzt heißen sie auf einmal nur mehr Schlepperboote. Nur die Schlepper sind jetzt schuld. Flüchtlinge, Flüchtlingsboote, Rettung von Menschen kommt in der Terminologie der Ergebnisse des gestrigen Gipfels überhaupt nicht vor! Ich denke, dieser Schande Europas müssen wir alle gemeinsam und entschlossen endlich ein Ende bereiten! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Es braucht in erster Linie ein Seenotrettungsprogramm, das Menschenleben rettet, wie es das "Mare Nostrum"- Programm war. Wir haben im Europaparlament auch eine Initiative gestartet - Kollege Leichtfried, glaube ich, hat schon unterschrieben -, dass wir als EuropaparlamentarierInnen das EU-Budget, das wir noch vor dem Sommer abstimmen werden, ablehnen, wenn es keine entsprechenden Budgetmittel zur Seenotrettung von Menschen - nicht zum Grenzschutz - gibt. (Beifall bei den GRÜNEN.) Die Menschenrechtspolitik und nicht die sogenannte vermeintliche Kriminalitätsbekämpfung muss hier im Vordergrund stehen. Ich denke, hier geht es um die Glaubwürdigkeit der EU, die Glaubwürdigkeit von uns allen und dass wir überhaupt das Wort Solidarität noch in den Mund nehmen dürfen. Ich begrüße es sehr, dass der Wiener Gemeinderat heute - mein Kollege Klaus Werner-Lobo wird nachher viel ausführlicher dazu sprechen - eine entsprechende Stellungnahme verabschieden wird. Zur historischen Rolle des EU-Beitritts vielleicht ein paar Worte aus grüner Sicht: Die GRÜNEN hatten sich damals, wie bekannt, beim EU-Beitritt mehrheitlich für ein Nein ausgesprochen. Ja zu Europa, Nein zur EU, haben wir damals gesagt, haben uns aber nach dem eindeutigen Entscheid der Bevölkerung dafür entschieden, a) natürlich, das Ergebnis zu akzeptieren und b) innerhalb der EU aktiv für mehr Demokratie, für ein soziales Europa, für eine Sozialunion, für Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit zu kämpfen. Ich denke, dass sich diese Linie aus heutiger Sicht als richtig und zielführend herausgestellt hat. Ich denke, die Mitgliedschaft in der EU hat auch Veränderungen und Reformen gebracht, die ohne den Beitritt unterblieben oder lange verzögert worden wären. Sprechen wir zum Beispiel von der Gleichbehandlungsrichtlinie am Arbeitsmarkt, von Antidiskriminierungsbestimmungen, von der Freizügigkeit von ArbeitnehmerInnen am Arbeitsmarkt oder von der Öffnung der Gemeindebauten für Drittstaatsangehörige. Dies sind, denke ich, wirklich Reformen, die einen Impuls aus der Europäischen Union gebraucht haben, die wir sonst auf Grund der politischen Verhältnisse in Österreich wahrscheinlich nur sehr verzögert oder gar nicht erreicht hätten. Ich denke auch, dass die Analyse stimmt, dass der Beitritt, insbesondere dann durch die Osterweiterung, auch wirtschaftliche Vorteile gebracht hat. Selbstverständlich war natürlich die politische Mitsprache der wichtigste Effekt. Damals war auch noch der Europäische Wirtschaftsraum im Gespräch, ob wir eventuell nur dem Europäischen Wirtschaftsraum und nicht der EU beitreten sollten. Es hat hier eine Mitsprachemöglichkeit gebracht, die weit über die anderen strategischen Möglichkeiten, die Österreich gehabt hätte, hinausgeht. Ich denke, das ist wichtig, denn globale Krisen, das sehen wir auch, sind isoliert auf nationalstaatlicher Ebene nicht mehr zu bekämpfen. Andererseits müssen wir schon auch sehen und müssen wir immer dazusagen, wer denn die ProfiteurInnen dieser wirtschaftlichen Integration sind. Nicht wenige sagen, wegen des EU-Beitritts und der Politik des Neoliberalismus - ich denke, es ist unbestritten, dass die EU ein Vehikel des Neoliberalismus ist, das wird niemand leugnen - geht die Schere zwischen Arm und Reich in Europa dramatisch auseinander, steigt die Armut, steigt die Zahl der Menschen, die trotz Arbeit nicht leben können und steigt natürlich, das sehen wir tagtäglich in ganz Europa, in den sogenannten reichen und in den sogenannten ärmeren Ländern - diese Arm-und-Reich-Terminologie ist keine sehr geglückte - die Zahl der VerliererInnen dieser Art von Politik. Wir sehen das mittlerweile im Massenwiderstand auf Europas Straßen, Widerstand gegen die Krisenpolitik der europäischen Regierungen und der Troika. Die Menschen haben genug von dieser Politik, die nur Banken und Finanzinvestoren rettet, Sozialsysteme zerstört und Arbeitsrechte aushöhlt. Wir brauchen nur das Beispiel Griechenland anzuschauen: höchste Kindersterblichkeit Europas in Griechenland, 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit, die medizinische Versorgung vollständig zusammengebrochen. Da frage ich mich schon, wenn ich jetzt wieder auf den Titel der heutigen Einladung repliziere: Ist das die Politik Europas für Wohlstand und Frieden? - Sicher nicht! Ich denke, wenn wir mit dieser Politik weitermachen, dann werden wir auch den Rechtsnationalisten und den Rechtsextremen die Wahlerfolge weiter am Tablett servieren. Das ist sicher etwas, was wir entschieden bekämpfen, was wir verhindern müssen und was nicht im europäischen Interesse sein kann. Denn, und ich denke, das ist vielleicht die wichtigste Botschaft heute, die EU ist wirklich fragiler in ihrer Existenz, als viele glauben. (GR Mag Wolfgang Jung: Das stimmt!) Wenn wir die EU nicht substanziell verändern - ich habe das wiederholt von diesem Pult aus gesagt -, dann werden wir die europäische Idee nicht retten. Und wenn wir keinen substanziellen Kurswechsel, sozial, demokratisch und ökologisch, herbeiführen, dann wird es eher in Richtung Renationalisierung und weiterer Desintegration gehen und werden wir immer weniger Menschen gemeinsam davon überzeugen können, was denn die Vorteile einer EU-Mitgliedschaft sind. Ich denke, wenn man sich die öffentliche Diskussion anschaut - wir haben das hier schon einige Male diskutiert -, spielt sich die Europadebatte sehr auf einer gewissen Boulevardebene ab und entbehrt sehr oft einer seriösen Grundlage. Da werden Details, und ich will sie nicht als unwichtig erklären, wie die angebliche Gurkenkrümmung, die neuen Glühbirnen oder Antiallergiekennzeichnungen - sie sind nicht unwichtig, aber das meine ich nicht - lang, breit und stundenlang in öffentlichen Fernsehdebatten, in allen Medien diskutiert, während aber die wichtigsten Aspekte der EU meiner Meinung nach im alltäglichen Leben kaum ankommen. Das ist einerseits eben der Gedanke der europäischen Solidarität, andererseits die meiner Ansicht nach unumstrittene Rolle als Friedensprojekt, zumindest historisch, und als Bewahrerin von Werten wie Toleranz und Meinungsfreiheit, zumindest in der Theorie. Ich weiß als EU-Kritikerin, aber dennoch überzeugte Europabefürworterin, dass es uns die EU mit ihrer Politik nicht immer leicht macht. Mir macht sie es nicht immer leicht, die EU auch würdig zu verteidigen. Denn wir sehen enorme Defizite im Bereich der Solidarität, im Umgang mit Flüchtlingen, der steigenden Armut und im Versagen beim Kampf gegen Ungleichheiten, was ich vorhin schon angesprochen habe, aber auch bei der Verteidigung der Demokratie und der Meinungsvielfalt. Wenn wir in unser Nachbarland Ungarn schauen, wo immer noch sehr zahnlos mit Viktor Orban umgegangen wird, der die Demokratie, die Medienfreiheit, die Meinungsvielfalt eigentlich abschafft, so ist er aber immer noch problemlos Mitglied in der größten Fraktion des Europaparlaments, nämlich der Fraktion der Volkspartei. Ich denke, da dürfen wir nicht gemeinsam wegschauen, wenn der Rechtsstaat ausgehöhlt und die Demokratie in unserem Nachbarland abgeschafft wird! Dennoch, trotz all dieser Unzulänglichkeiten in der Verfasstheit der Europäischen Union und der aktuellen Politik der Europäischen Union - beziehungsweise gibt es die EU ja nicht, es ist die Summe der Staats- und Regierungschefs, des Europaparlaments, und so weiter, und so fort, also, die EU ist in Wahrheit nichts Abstraktes, das sind wir schon alle, die da gemeinsam wirken -, hat die EU etwas erreicht, das für mich in jedem Fall ausreicht, ihre Daseinsberechtigung auf das Entschiedenste zu verteidigen und zu legitimieren. Das ist die Überwindung der historischen Spaltung Europas. Ich denke, das historische Projekt einer Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich stand am Beginn der europäischen Einigung. Dann gab es verschiedene Schritte in Richtung Osterweiterung 2004, 2007 und 2013. Ich mag das Wort Osterweiterung eigentlich nicht, aber es ist nun einmal die offizielle Terminologie. Und wer weiß, wie Konflikte heute zwischen Serbien und Kroatien, Ungarn, Rumänien, der Slowakei oder innerhalb Mazedoniens ausgetragen werden würden, wenn nicht eine Beitrittsperspektive des Westbalkans zumindest in der Diskussion stünde und eine Perspektive für diese Länder wäre oder einige Länder nicht bereits Mitglied in der Europäischen Union wären. Wir brauchen nur in die Ukraine zu schauen, dass wir sehen, wie fragil der Friede in Europa ist und dass wir den Frieden tagtäglich aufs Neue nicht nur bewahren, sondern erkämpfen müssen. Auch das ist ein Ziel der Europäischen Union und nicht selbstverständlich. Manchen jungen Menschen, für die die Europäische Union selbstverständlich ist, ist es schwierig, zu sagen, wie wichtig es ist, alles zu bewahren und wieder zu erkämpfen, einerseits den Frieden und andererseits die Demokratie in Europa. Ich denke, es muss uns eine gemeinsame Hauptaufgabe sein, einen Perspektivenwechsel zu einem gesamteuropäischen Denken mit entsprechender Diskussionskultur zu schaffen. Der steigende Populismus und auch der steigende Nationalismus in Europa bieten hier sicher keine Lösungen an. Es gibt kein einziges europäisches Problem, wo die Rechtspopulisten, Nationalisten und Fraktionslosen im Europäischen Parlament wirklich tragfähige und nachhaltige Lösungen anbieten können. Im Gegenteil, ich denke, zurück zum Nationalstaat und das Kokettieren mit einem Austritt aus der EU sind nicht nur fahrlässig, sondern vollkommen an der Realität vorbei. Eine Insel der Seligen sind wir als Nationalstaat schon lange nicht mehr. Probleme wie deren Lösungen haben transnationalen Charakter. Sie sind grenzüberschreitend. Abschottung und Grenzen dicht ist Vergangenheit. Integration und gemeinsame Zusammenarbeit ist die Zukunft. Ich denke, eine gute und enge Zusammenarbeit, auch zwischen dem Europaparlament und diesem Haus, ist etwas, was wir in Zukunft für ein soziales, für ein bürgerInnennahes, für ein ökologisches Europa, für Frieden, für ein gutes Leben für alle und für starke Städte praktizieren wollen! - Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ sowie von GRin Ingrid Korosec.) Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Herr EP-Abg Vilimsky. Ich erteile es ihm. EP-Abg Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Meine Damen und Herren! Schönen Dank für das Wort. Ich möchte mich ganz besonders bei meiner Fraktion bedanken, die mir heute die Gelegenheit gegeben hat, über Fragen der Europapolitik zu sprechen. Ihr seid eine hervorragende Fraktion! Und ihr seid in diesem wichtigen Wahljahr auf der Überholspur und eröffnet damit auch die Möglichkeit, dass all diese rot- grüne Tristesse, dieser rot-grüne Stillstand, diese Schuldenpolitik und all die Widrigkeiten, die das rot-grüne Bündnis über Wien gebracht haben, beendet werden können. Damit Glück auf! Kraft meiner Möglichkeiten werde ich euch bestmöglich dabei unterstützen! (Beifall bei der FPÖ. - GR Heinz Hufnagl: Sprechen Sie über Europathemen, nicht als Parteisekretär! Der Kniefall war gewaltig! Ich war fasziniert!) Hören Sie zu, Herr Kollege! Ich habe 40 Minuten Zeit und werde noch über viele Europathemen sprechen, die Ihnen so etwas von unangenehm sein werden, dass sie noch genug Gelegenheit haben, hier über europapolitische Fragen einen Diskurs mit mir zu führen. Es ist diese Europäische Union nicht Europa, weil diese beiden Dinge muss man ganz deutlich voneinander unterscheiden. Diese Europäische Union ist von der ersten Sekunde an auf Lügen gebaut worden. Diese Europäische Union ist herbeigelogen worden, auch von Leuten, die hier sitzen, mit falschen Versprechungen, mit Beteuerungen, die nicht erfüllt werden konnten. Und heute sitzen wir in der Malaise, die europaweit, aber auch in Österreich immer wieder diskutiert wird. Erinnern Sie sich noch an die Zeit vor der EU-Abstimmung? Kein Europageld, D-Mark und Schilling bleiben! Das haben Sie damals mit Ihrem Bundeskanzler der Bevölkerung versprochen. Ich nehme an, die "Kronen Zeitung", zu der die SPÖ ein gutes Verhältnis hat, wird von Ihnen durchaus aus Quelle akzeptiert. Das war eines der zentralen Versprechen. Deswegen ärgert es die Leute so, weil sie von der ersten Sekunde an nur belogen wurden! Aber nicht nur die Frage der Währungspolitik: Brigitte Ederer, glaube ich, kennen Sie alle. Sie hat versprochen, jeder spart sich einen Tausender, wenn wir zu dieser Europäischen Union gehen. Heute ist es nicht ein Tausender, den man sich erspart, sondern, ganz im Gegenteil, es sind mehrere Tausend Euro, die jeder für dieses europäische Einigungsprojekt bei einer Rekordverschuldung, bei Rekordarbeitslosigkeit, bei Rekordinsolvenzen, und so weiter, und so fort zu zahlen hat. Alles Lug und Trug! Die Menschen wurden nie wirklich eingebunden in diesen Weg der europäischen Zentralisierung. Sie wurden instrumentalisiert für ein Projekt, das für Industriemagnaten, für Bankdirektoren, für Personen der Finanzwirtschaft ein sehr lukratives ist, das aber quer durch Europa die Menschen in Armut, in Probleme und in Arbeitslosigkeit hineinmanövriert hat! (Beifall bei der FPÖ.) Erinnern Sie sich an die letzte Wahl: Damals hat die Sozialdemokratie voller Stolz einen Spitzenkandidaten präsentiert, der quer durch die Lande getourt ist, auf Ihre Einladung hin auch durch Österreich, und sich für Verteilungsgerechtigkeit breit gemacht hat, eine Person, die öffentlich dafür eingetreten ist, die Steuerschlupflöcher bei Menschen, die an die 50 Prozent und mehr mit Steuern belastet sind, zu schließen. Dieser europäische Spitzenkandidat der Sozialdemokratie, Herr Schulz, nimmt jeden Monat 24 000 EUR netto. 24 000 EUR netto nimmt Ihr Spitzenkandidat! Das ist Ihr Aushängeschild einer Europapolitik! Und Sie glauben allen Ernstes, uns kritisieren zu können? Da sind Sie am falschen Dampfer unterwegs! (Beifall bei der FPÖ. - GR Godwin Schuster: Und wie schaut es bei Ihnen mit dem Geld aus?) Lassen wir uns das doch bitte auf der Zunge zergehen! Jeden Monat 24 000 EUR für den obersten Sozialdemokraten, der sagt, wie wichtig die Europäische Union ist! Da dürfen wir nicht kritisieren, und so weiter, und so fort! (GR Godwin Schuster: Das ist ein Niveau, das wir hier nicht gewohnt sind!) Schauen wir uns weitere Exponenten dieser Europäischen Union an. Es hat dieses Täuschungsmanöver gegeben. (GR Godwin Schuster: Wie viel kriegen Sie, Kollege Vilimsky? Sagen Sie uns Ihr Einkommen!) - Es liegt ein bisschen unter dem Nationalrat. Das können Sie aus dem Bezügegesetz deutlich ersehen. (GR Godwin Schuster: So geht es nicht! Sagen Sie Ihr Einkommen! Sagen Sie es!) - Herr Schulz hat ein Verwirrspiel darum gemacht. (GR Godwin Schuster: Und welche Leistung erbringen Sie?) Ich weiß, Sie können das nicht mehr akzeptieren, genauso wenig, wie Sie akzeptieren können, dass sich Ihr Spitzenkandidat 18 000 EUR vom ORF für eine Zahnreparatur hat zahlen lassen! (Beifall bei der FPÖ. - GRin Martina Ludwig-Faymann: Geht es noch tiefer?) Zudem noch 400 000 EUR Pension! Und Sie sagen als Sozialdemokraten, welcher Wohlstand quer durch diesen Kontinent gebracht wurde! Das ist doch lächerlich! (GR Godwin Schuster: Das ist lächerlich! Was haben Sie gemacht?) Ich lasse die Sozialdemokraten kurz weg, damit sich manche wieder beruhigen können (GR Godwin Schuster: Nicht wir, Sie müssen sich beruhigen!), und komme zum Spitzenkandidaten der Konservativen, Herrn Juncker. Diesen kennen Sie alle. Das ist derjenige, der gesagt hat: "Wenn es ernst wird, muss man lügen." Der oberste Repräsentant der Europäischen Union gesteht öffentlich ein, dass man lügen muss, wenn es ernst wird, nämlich ernst mit der Währung, um an die Gelder der einfachen Leute quer durch Europa zu kommen! (GRin Martina Ludwig- Faymann: Sind Sie nur polemisch?) Dieser Herr Juncker - ich habe mir das Zitat heute mitgenommen - bringt in einem Satz mit einem von ihm autorisierten Zitat, glaube ich, recht gut die Strategie dieser Europapolitik zutage: "Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück gibt." - Herr Juncker, der vor Kurzem noch eine EU-Armee gefordert hat, um sie gegen Russland in Stellung zu bringen. Sie haben mich durch Ihre Zwischenrufe ein bisschen enerviert und zu der einen oder anderen Klarstellung gezwungen, aber ich bin hier, um über Europapolitik in ihrem eigentlichen Kern und ihrer Bedeutung zu sprechen. Da gibt es zwei Gruppen in der öffentlichen Wahrnehmung: Da gibt es die guten Europäer. Das sind diejenigen, die das alles unterstützen, die den Herrn Schulz und den Herrn Juncker zu Spitzenkandidaten machen, die sagen, alles ist pfui, was auch nur irgendwo im leisesten Ansatz dieses Europa kritisiert. Und dann gibt es die schlechten Europäer. Das sind wir und andere, die aus unserer Sicht für ein besseres Europa mit uns kämpfen, weil wir uns aus Ihrer Sicht erfrechen, diesen Zentralisierungswahn, diesen Regulierungswahn, diesen Überwachungswahn wieder zurückzuschrauben und Europa seine Pluralität und seine Vielfalt zurückzugeben. Europa hat doch funktioniert, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gab die Europäische Gemeinschaft. Das waren Partnerstaaten, die in Freundschaft und auf Augenhöhe miteinander bestens kooperiert haben. Es gab freien Handel, es gab Prosperität, bis dann der erste Bruch mit dieser an sich, aus meiner persönlichen Beurteilung heraus, sehr positiven Entwicklung Europas war. Das war Maastricht. Dort hat man darüber befunden, den Zentralisierungsweg und in Richtung einer gemeinsamen Währung zu gehen. Als dann - ich kürze das Ganze von der geschichtlichen Entwicklung ab - die gemeinsame Währung, auch in Österreich, ante portas stand und wir von der Freiheitlichen Partei wieder etwas unglaublich Schädliches, Böses und Europafeindliches gemacht haben, nämlich uns erfrecht haben zu fordern, dass die Menschen darüber abstimmen müssen und wir eine Volksabstimmung machen sollten, hat es geheißen, das brauchen wir nicht, es wird einfach durchgedrückt. Genau so war es! Damals haben die Rufe von uns gesagt, es ist nicht gut, wenn man Hartwährungszonen, Weichwährungszonen, unterschiedliche Definitionen der unterschiedlichen Wirtschaften in Europa in ein gemeinsames Währungsboot wirft. Wir haben recht behalten, und Sie sitzen jetzt alle in einer Situation, wo mit Hilfsmilliarden, Abermilliarden und noch mehr Milliarden irgendwie die Währung knapp über Wasser gehalten werden muss, mit den wundersamen 1,4 Billionen, die Herr Juncker aus dem Nichts erschafft und mit einem Hebel von 25 irgendwelche Beteiligungen anderer erhofft, die es in dieser Form nicht geben wird. Das ist keine gesunde Wirtschafts- und Währungspolitik. Das ist eine Voodoo-Politik! (Beifall bei der FPÖ.) Diese ist nur mehr darauf ausgerichtet, den Kopf über Wasser zu halten und zu versuchen, dass dieses europäische Währungsgebilde nicht untergeht. Nach allen ökonomischen Einschätzungen hätte es in dieser Form leider, sage ich auch dazu, schon untergehen müssen. Man bedient sich aber immer absurderer Tricks und immer gewiefterer Hütchenspielermethoden, um das Ganze noch irgendwie am Laufen zu halten. Übrigens fällt mir gerade auf, nachdem alle sagen, wie wichtig Europa ist, ich sehe eigentlich nur eine Fraktion, die hier geschlossen der Debatte beiwohnt. So wichtig kann diese EU für Sie gar nicht sein! (Beifall bei der FPÖ. - GR Heinz Hufnagl: Es ist kein Wunder, wenn Ihnen nicht alle zuhören!) Ist es Ihnen unangenehm? Sagen Sie es! (GR Heinz Hufnagl: Wir kennen Ihre Position!) Wo sind denn die Leute? Wo sind die Hohepriester der EU, die aus Leidenschaft diese EU verteidigen? (GR Heinz Hufnagl: Sie haben nicht einmal eine Fraktion zusammengebracht!) Interessiert es sie gar nicht? Sie sind wahrscheinlich in der Cafeteria! (GR Godwin Schuster: Das ist ein Wahnsinn! Wir haben ein bestimmtes Niveau in diesem Haus!) - Sie sprechen das bestimmte Niveau an? Ich habe mir erlaubt, zu kritisieren, dass niemand zuhört! Das ist doch durchaus im Rahmen eines tragfähigen Niveaus! (Beifall bei der FPÖ. - GR Heinz Hufnagl: Ihre Fraktion ist peinlich wie sonst nichts!) Was aus diesem Sektor intoniert und mir als Zwischenruf dargeboten wird, ist, glaube ich, eher das, was Sie ansprechen, dass hier das Niveau manchmal nicht die erforderliche Qualität aufweist. (GR Petr Baxant, BA: Das sagt jemand, der einen Selbstversuch mit einem Taser gemacht hat!) - Sie sind der Herr Baxant, oder? (GR Petr Baxant, BA: Und Sie sind der Mann mit dem Taser!) Ich weiß, Sie sind eine recht illustre Person (GR Godwin Schuster: Das sind Sie aber auch!), die in Wahrheit politisch nichts weiterbringt! Aber Sie sind heute nicht Thema! (Beifall bei der FPÖ.) Wie waren bei Maastricht und der Ausschaltung des Willens des Bundesvolkes bei der Beschlussfassung, ob wir den Euro machen oder auch nicht machen. (GR Petr Baxant, BA: Wie war das mit dem Taser?) - Jetzt atmen Sie alle einmal ein bisschen ruhig durch, sammeln Sie Ihre Argumente und sagen Sie dann Ihrem Vertreter in Brüssel, Herrn Leichtfried, was er mir auf den Weg mitgeben soll. (GR Heinz Hufnagl: Das weiß er selber! Wir brauchen es ihm nicht zu sagen!) Nachdem der Euro durchgepeitscht wurde, kam dann der nächste Versuch der Zentralisierung. Das war der sogenannte Verfassungsvertrag. An diejenigen, die sich vielleicht noch daran erinnern, da war ein großes Problem im Rahmen dieses europäischen Zentralismus und es gab Volksabstimmungen. Die Ersten, die Nein gesagt haben, waren die Holländer und dann die Franzosen. Die Europäische Union hat gemerkt, so geht das nicht, sie muss die Bremse ziehen und hat den Verfassungsvertrag vermeintlich schubladisiert. Nur hat sie ihn in Wirklichkeit nicht schubladisiert, sondern hat 98 Prozent dessen, was im Verfassungsvertrag vorgesehen war, in den sogenannten Lissabon-Vertrag hineinreklamiert. Wieder waren wir so schlimm, so böse und so zerstörerisch und haben gebeten, die Bevölkerung abstimmen zu lassen. Man kann nicht diese Zentralisierung immer weiter vorantreiben, ohne die Mehrheit seiner eigenen Bevölkerung im Rücken zu haben. Das hat aber niemanden interessiert. Das brauchten wir nicht. Es ist für Sozialdemokraten überall dort ganz schlecht, wo die Bevölkerung abstimmen darf. Ich verstehe es eh. Wenn ich mich an diese ganze Geschichte mit der Wehrpflicht zurückerinnere, sitzt das halt schon tief in den Knochen, wo man versucht, etwas herbeizuführen, und dann geht das Ganze nicht so aus, wie man es gerne hätte. Wir waren bei Lissabon und was ebenfalls, ohne die Bevölkerung zu fragen, durchgepeitscht wurde. Dann kamen irgendwann Wahlen in Österreich, und da hat Ihr Vorsitzender in ganzseitigen Inseraten in Boulevardmedien versprochen: "Wenn weitere Änderungen der europäischen Vertragspolitik kommen, dann, garantiere ich als Herr Bundeskanzler Werner Faymann, wird es eine Volksabstimmung geben." Erinnern Sie sich zurück an den ESM! Es gab keine Volksabstimmung! Die Bevölkerung darf nicht mitreden. Auch jetzt, wo über TTIP und andere Widrigkeiten der Europäischen Union Sozialdemokraten sagen, in der Form wollen sie das nicht haben, wette ich mit Ihnen, worum Sie wollen, die SPÖ wird, wenn TTIP kommt - und wenn diese Regierung nicht abgelöst wird, wird TTIP kommen -, die Bevölkerung wieder ausblenden. Es ist die Furcht vor der Bevölkerung und es ist diese Europäische Union, die Sie so heraufbeschwören, die es nicht erlaubt, dass die Bevölkerungen mitreden, weil es in Wahrheit - jetzt kommt ein sehr schweres Urteil meinerseits - die meisten auch gar nicht mehr interessiert. Wissen Sie, wie hoch die Wahlbeteiligung bei der letzten Europawahl im Schnitt europaweit war? Ich verrate es Ihnen: 42 Prozent! Das heißt, 58 Prozent interessiert es gar nicht mehr, an diesem Europa mitzuwirken! Es gibt Negativbeispiele, wie etwa in der Slowakei, wo es 13 Prozent Wahlbeteiligung gab! 87 Prozent der Bevölkerung sagen dort, wurscht, wie gewählt wird, wurscht, wie es ausgemacht wird, es interessiert sie nicht. Das ist das Problem dieser Politik der Europäischen Union, weil man nie die Bevölkerung mitgenommen hat, weil man sich nie des Rückhalts der eigenen Bevölkerung versichert hat, um weitere Schritte, egal, in welche Richtung, durchzuführen. Irgendwann sagt Ihnen die Bevölkerung, es reicht ihr. Genauso wird es übrigens auch bei der Wiener Wahl der Fall sein! Aber um Ihnen begreiflich zu machen, was das Zerstörerische, Schlechte und Üble an unserer Europapolitik ist, möchte ich Ihnen das ganz kurz skizzieren: Wir stehen zu einer europäischen Kooperation. Man müsste doch dumm sein, um Kooperation auf unserem Kontinent nicht zu wollen. Nur, was wir nicht wollen, ist dieser Zentralisierungswahn, ist der Versuch, aus unserem Kontinent eine Art Abklatsch der Vereinigten Staaten von Amerika zu machen. United States of Europe sind genau das, was wir nicht wollen, weil wir anerkennen, dass dieser Kontinent auf Pluralismus, auf Vielfalt, auf tausenden Jahren unterschiedlicher gewachsener Systeme fußt. Nur derjenige, um auf den Anfang zurückzukommen, ist wirklich ein guter Europäer, der sich zu dieser Vielfalt bekennt, zu einer Kooperation in Freundschaft miteinander und nicht zu diesem ganzen Zentralisierungswahn, der in Wahrheit nur Leuten hilft, die multinational mit Unternehmen tätig sind, im Bereich der Finanzwirtschaft, und so weiter und so fort. Das sind die Profitnehmer, weil die Kaufkraft der einfachen Menschen ist seit Mitgliedschaft in dieser Europäischen Union nach unten gegangen. Die Arbeitslosigkeit ist aber nach oben gegangen. Fragen Sie einmal heute, 20 Jahre danach, Ihre eigene Bevölkerung, ob sie damit einverstanden ist! Trauen Sie es sich doch, nach 20 Jahren Mitgliedschaft in der Europäischen Union! Frau Kollegin, vielleicht haben Sie recht, vielleicht hat der Herr Leichtfried recht, vielleicht habe ich recht. Es ist in Wahrheit alles wurscht! Wichtig ist, was die Bevölkerung sagt! Das ist das Wesensmerkmal einer Demokratie, wofür wir eintreten! (Beifall bei der FPÖ.) Meine sehr geehrten Damen und Herren, man kann heute aktuelle Situationsbilder und Entwicklungen internationaler Politik nicht auslassen und muss deutlich Position bekennen. Etwas, das sehr tragisch ist, ist natürlich die Situation am, im und rund ums Mittelmeer, weil wir eine Situation verzeichnen, dass aus dem afrikanischen Kontinent sehr viele Menschen nach Europa drängen und Schlepper dies in einer widerlichen Art und Weise ausnutzen und in weiterer Konsequenz Menschen den Tod finden. Das muss verhindert werden. Die Frage ist nur: Wie verhindern wir es? Auch da haben wir zwei unterschiedliche Denkmodelle, unterschiedliche Konzepte. Es ist hier die Mehrheit einer jetzt am Ruder befindlichen rot-schwarz-grünen Nomenclatura, die sagt, sie können alle herkommen. Jeder, der auf einem Boot unterwegs Richtung Italien ist, ist in Wahrheit jemand, der weiter Werbung dafür macht, dass noch mehr kommen. Sie verwechseln auch Flüchtlinge, Asyl und Einwanderung. Faktum ist, von all den Menschen, die nach Europa drängen, sind 20 Prozent Flüchtlinge und der Rest sind Menschen, die wirtschaftlich für sich selbst eine bessere Zukunft suchen. Die Frage ist: Wie viele dieser Menschen kann Europa tatsächlich aufnehmen? Das ist genau die Zahl, die Sie verschweigen. Sind es 100 Millionen? Sind es 200 Millionen? Kommen Sie heraus und sagen Sie bei all Ihren Versuchen, alle nach Europa hereinzulassen, wie viele dieser Menschen Sie hier haben wollen! Diese Frage müssen Sie beantworten! Sie können nicht sagen, Europa muss offen für alles sein und dann nicht sagen, um wie viele Menschen es sich tatsächlich eigentlich handeln sollte. Es gibt seit dem Jahr 2005 einen guten Vorschlag, den die Freiheitliche Partei gemacht hat. Ich weiß nicht, ob wir es parallel entwickelt haben oder vorher oder danach waren. Ich erhebe gar nicht die Urheberschaft darauf. Es war der damalige deutsche Innenminister Schily, der gesagt hat, wir müssen mit einem nordafrikanischen Staat einen Weg finden, dort eine Erstaufnahmestelle einzurichten, um abzuklären, wer überhaupt nach Genfer Konvention asylwürdig ist und wer nicht. Da hat es geheißen, das sei unmenschlich, schlimm, das können wir nicht machen und alle müssen herkommen. Nachdem der Flüchtlingsstrom aber über lange Zeit hinweg angehalten und jetzt durch die Situation auf der arabischen Halbinsel eine Dimension für Europa bekommen hat, die kaum mehr kontrolliert werden kann, hat im vergangenen Jahr wieder der deutsche Innenminister, diesmal Herr de Maiziere, gesagt, wir brauchen eine Kooperation mit einem afrikanischen Staat. Wir hätten Marokko, Ägypten, Tunesien. Das wäre etwas für eine gemeinsame europäische Aktivität, hier Verhandlungen aufzunehmen. Das kann man mit Finanzmitteln unterstützen. Da kann man versuchen, das nach seinen eigenen Standards einzurichten, gar nicht darauf zu schauen, dass irgendjemand die gefährliche Reise übers Mittelmeer antreten muss, um hier in Europa Fuß zu fassen. (Beifall bei der FPÖ.) Die Australier machen es schlau. Sie nehmen niemanden von einem Flüchtlingsboot. Natürlich wäre das ein Weg, wie man all den Schleppern ihr dreckiges Handwerk legen könnte, indem man die Menschen wieder zurückbringt auf den afrikanischen Kontinent, dort in ein Erstaufnahmezentrum bringt, abklärt, ob Fluchtwürdigkeit überhaupt gegeben ist oder nicht und den Menschen auch hilft. Ja zu einer humanitären Verpflichtung. Das ist doch gar keine Frage! Aber das Konzept, das jetzt schreckartig überall herumgeht, alle nach Europa zu lassen, kann mit Sicherheit nicht funktionieren! (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.) Ein weiteres Beispiel, das am Rande den Gemeinderat hier trifft, ist die Ukraine. Sie erinnern sich zurück an die Revolution, an die Wirrnisse, an den Putsch, egal, wie man es bezeichnen mag, am Maidan, wo Janukowitsch quasi fluchtartig das Land verlassen musste und in weiterer Folge eine Friedensbewegung mit Sturm- und Maschinengewehren am Maidan einen Regimewechsel herbeigeführt hat. Interessant ist, dass dieser Herr Janukowitsch, der damalige Regierungschef der Ukraine, von einer Minute auf die nächste, nachdem die Amerikaner das so vorgegeben haben, zur Unperson erklärt wurde. Dass er zwei Monate vorher bei Ihnen hier im Rathaus war, Gast von Bgm Häupl war, vom rot-grünen System empfangen wurde, vom Bundeskanzler empfangen wurde, vom Wirtschaftsminister empfangen wurde, will man nicht mehr wissen. Mein Vorwurf an Sie ist derjenige, dass Sie sich von US-amerikanischen Interessen lenken lassen. Ab dem Zeitpunkt, wo es heißt, Sie müssen ihn für böse erklären, ist es Ihnen völlig wurscht, wenn ein Regime ans Ruder kommt, in dem erklärte Antisemiten und Rechtsextremisten hocken. Das ist alles unerheblich! Das ist die neue Demokratiebewegung! In Wahrheit erklären Sie auch die, sage ich, über Jahre und Jahrzehnte gelebte Partnerschaft mit den Russen von einem Tag auf den anderen für beendet und es ist Ihnen völlig egal, ob das Arbeitsplätze kostet, ob Unternehmen zusperren müssen. Sie stimmen einfach in dieses internationale Russen-Bashing mit ein, anstatt nach außen als Vertreter eines neutralen Landes zu sagen, setzen wir uns an den Verhandlungstisch, versuchen wir, einen tripolaren Weg zwischen den Russen, zwischen der Europäischen Union und den Ukrainern zu finden, wie wir auf Dauer Frieden absichern und die Situation wieder so deeskalieren lassen können, dass es zum Vorteil der Menschen ist und nicht dem Interesse US-amerikanischer oder sonstiger europäischer Einflussträger dient, sondern Arbeitsplätze absichert, Frieden absichert und für alle Beteiligten das Beste schafft. (Beifall bei der FPÖ.) Meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Vorrednerin hat die Bankenrettung und generell die Rettungspolitik angesprochen. Erinnern wir uns zurück an das Jahr 2008 und Lehman Brothers. Ich möchte jetzt nicht im Detail darauf eingehen, was verantwortlich war. Aus meiner Sicht gibt es einen erklärten und unzweifelhaft Schuldigen an dem Ganzen. Dieser unzweifelhaft Schuldige ist die Gier, die leider weit verbreitet ist. Aber, wie auch immer, Lehman Brothers ging den Bach hinab und hat das europäische Bankensystem ins Schleudern gebracht. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, wie man damit umgehen kann: Möglichkeit Nummer 1 wäre gewesen, auf Grund der Irritationen im Finanzsektor Geld in die Hand zu nehmen, in den mittelständischen Wirtschaftssektor zu überführen, damit die Wirtschaft bei uns wieder mehr ins Laufen kommt und damit diesen Bewegungen entgegenwirken kann. Die andere Variante ist eine, die seit 2008 in Permanenz beibehalten wird. Man hat nie Geld in die Hand genommen, um die Wirtschaft zu stärken, nämlich die kleine und mittelständische, nie Geld in die Hand genommen, um den Menschen zu helfen, man hat den Bondmarkt, das sind die Anleihen, mit Geld der Europäischen Zentralbank abgesichert, damit diejenigen, die über die Griechenanleihen verfügt haben - das waren große Banken und große Versicherer -, nicht in Verluste überführt werden mussten. Wissen Sie, wie das Spiel war? Die Europäische Zentralbank hat damals um einen Prozentpunkt Geld zur Verfügung gestellt, das abgerufen werden konnte, damit dann Spekulanten im Banken- und Versicherungsbereich und in großen Hedgefonds um 7, 8, 9 Prozent, es waren zeitweise bis 15 Prozent, Griechenland-Anleihen, portugiesische Anleihen erwerben konnten und 14 Prozent Schnitt ohne irgendein Risiko machen, ohne irgendetwas zu tun, während die europäischen Völker immer ärmer werden, während die Arbeitslosigkeit in Portugal, in Spanien, in Italien und in Griechenland immer mehr explodiert, während Sie all die Herzschmerz-Geschichten erzählen, die ich genauso als solche erachte und sehe, dass junge Mütter in Griechenland ihre Kinder abgeben müssen, weil sie es finanziell nicht mehr schaffen, diese großzuziehen, weil in Norditalien die Suizidrate nach oben klettert, und so weiter, und so fort. Es ist doch eine Politik, wo Sie nur sehr schwer erklären können, dass das im Interesse der Völker Europas und seiner Menschen liegt! (Beifall bei der FPÖ.) Das liegt einzig und allein im Interesse von Banken, von Versicherern, von Big Playern, die fetter und immer fetter werden. Dann gibt es Versuche der Sozialdemokratie - Herr Leichtfried, vielleicht sagen Sie dann auch etwas dazu -, indem gesagt wird, probieren wir es mit einer Finanztransaktionssteuer. Im Prinzip kann man darüber reden. Aber die Finanztransaktionssteuer heißt nicht, dass ich dann jeden, der mit wenigen Euros Aktien kauft, diesbezüglich auch zur Kassa bitte. Eine Finanztransaktionssteuer müsste bedeuten, dass ich den ganzen Bereich des Hochfrequenzhandels, des "Over the counter"-Handels, der sogenannten "Dark Pools" in den Börsen, heranziehen muss. Dort rennt das große Geschäft. Dort werden finanziell gigantische Volumina bewegt. An diese, Herr Leichtfried, hat man nie gedacht. Den Hochfrequenzhandel könnte ich regulieren, indem ich mit einer Finanztransaktionssteuer nur diesen zur Kassa bitte und nicht den kleinen Investor, der ein paar Aktien kauft, um sie wieder in die Wirtschaft hineinzupumpen. Diese Politik der Europäischen Union, diese Politik der Europäischen Zentralbank ist eine Unanständige. Ich lasse mich bei dieser Kritik nicht beirren. Ich bleibe da auf Kurs, auch wenn sie mir zehn Mal erklären, das ist schiach, ist böse und ich bekenne mich nicht zu alldem. Ich bekenne mich auch nicht dazu. Ich will ein anderes Europa. Ich hätte gerne ein Europa, das auf Frieden, auf sozialen Absicherungen, auf Prosperität, auf einer Völkerfreundschaft zueinander fußt und nicht eines, das unseren Kontinent immer mehr den Interessen der Big Player ausliefert und dabei die Bevölkerung unter die Räder kommen lässt. Es ist doch dasselbe mit TTIP, das heute auch schon angesprochen wurde. Da wird ein bisschen eine Scheinkritik seitens der Verantwortlichen deponiert. Da wird ein bisschen herumpolemisiert, was die Schiedsgerichte anbelangt. Das Ganze ist in Wahrheit auf Schiene. Ich hätte als legitimierter Vertreter eines solchen gemeinsamen Gebildes nie zugestimmt, dass Verhandlungen von der europäischen Beamtennomenclatura mit US-amerikanischen Firmen durchgeführt werden, die Politiker nach langem Drängen in irgendeinen Sicherheitsraum geführt werden, wo sie nicht einmal irgendetwas abfotografieren dürfen und sich in Wahrheit die Multis ein unglaublich gutes Geschäft ausmachen. In Wahrheit geht das nächste Versprechen flöten, das auch Sie gegeben haben, wenn Sie sich erinnern, Österreich wird der Feinkostladen Europas bleiben. Nichts ist damit! Es ist das Abkommen mit Kanada, CETA-Abkommen, bereits auf Schiene. Sie wissen, dass die Amerikaner gleichzeitig mit den Asiaten auch über eine Freihandelszone verhandeln. Wenn die Amerikaner, deren Standards weit unter unseren liegen, mit den Asiaten verhandeln, die noch darunter liegen, und sie sich vielleicht in der Mitte einpendeln werden, heißt das, das amerikanische Level fällt nur mehr ordentlich nach unten und dann wird mit Europa ein wahrscheinlich sehr viele Stufen weiter unten angesiedeltes Übereinkommen geschlossen werden. - Ich sehe gerade, da ist Wasser. Das ist gut. Da werde ich einen Schluck nehmen. (Beifall bei der FPÖ.) Es sind auch hier nicht die österreichischen Biobauern und nicht die Qualität österreichischer Lebensmittel, die primär im Visier der Verhandlungen stehen, sondern natürlich sind internationale Interessen dominant. Wenn Sie auch dieser Meinung sind, dann sorgen Sie schleunigst dafür, dass die Verhandlungen über dieses Abkommen abgebrochen werden und deponieren Sie nicht irgendwelche nach außen gerichtete Scheinkritikpunkte und wissen dabei genau, dass es im Kern umgesetzt werden wird, wenn sich diese Regierungssysteme nicht ändern. Einen Punkt möchte ich vielleicht noch erwähnen, der mir auch ein Anliegen ist, den ich am Beginn meiner Tätigkeit als EU-Mandatar versucht habe, um Mehrheiten zu sondieren. Das ist der Spargedanke im Europäischen Parlament. Sie müssen das dort erleben. Es sind 751 Mandatare. Ich behaupte, die Hälfte davon würde auch reichen. Wir könnten das Europäische Parlament verkleinern. Wir könnten es halbieren. Wir könnten das machen, was auch vor der Wahl schon Thema war, nicht nur von uns, sondern auch von sogenannten etablierten Fraktionen quer durch Europa, eine Halbierung der Kommission. 28 Kommissare. Wenn ich jetzt hier eine Prüfung mache und nach den einzelnen Kommissaren frage, ob Sie diese überhaupt kennen, würde ich wahrscheinlich glauben, es ist wie beim Ö3-Mikromann, wo ganz interessante Ergebnisse herauskommen. Also, Halbierung der Kommission, Halbierung des Parlaments bei gleichzeitiger Reduktion der Kompetenzen. (GR Godwin Schuster: Dann sind Sie aber nicht mehr drinnen!) - Das ist etwas Interessantes, das Sie sagen. Aber wissen Sie, dass das genau mein Ziel ist? Ich bin frischgewählter Nationalrat gewesen. Ein halbes Jahr war das her. Ich hätte den Nationalrat weiterführen können und habe aus einer politischen Frustration heraus in das Europaparlament gewechselt, weil ich gemerkt habe, der österreichische Bundesgesetzgeber ist so etwas von redimensioniert in dieser Europäischen Union und 70 bis 80 Prozent jener Beschlüsse, die im österreichischen Nationalrat stattfinden, sind nur das Umlegen irgendwelcher EU-Richtlinien. Dann hört man von Roten und von Schwarzen das Klagen abseits der offiziellen Diskussionen, sie können eh nichts machen, sie müssen es umsetzen. Für mich war es eine Herausforderung, einen kleinen Beitrag zu leisten. Ob ich mittelfristig oder langfristig erfolgreich bin, weiß ich nicht. Es ist auch wurscht. Ich mache es aus Ehrlichkeit heraus motiviert, einen kleinen Beitrag zu leisten, dass wir Kompetenzen wieder nach Österreich zurückholen. (GR Heinz Hufnagl: Sie können nicht einmal als Fraktion einen Antrag stellen!) Sie sollten auch dafür sein, weil damit Kompetenzen wieder nach Wien kommen können! (Beifall bei der FPÖ.) Es ist nur die Frage, was man möchte. Möchte man die Kompetenzen (GR Godwin Schuster: Sie kriegen für null Leistung viel Geld! Das ist das Angenehme für Sie in Europa!) - lassen Sie mich ausreden - supranational angesiedelt wissen oder möchte man sie mehr in den jeweiligen Heimatstaaten angesiedelt wissen? Das ist eine reine Frage des Konzepts. Das ist nichts Böses. Es sind zwei unterschiedliche Konzepte, was man mehr möchte. Das eine mag aus den Augen des anderen schlecht sein und vice versa. Faktum: zwei politische Modelle, die im Rahmen des demokratischen Spektrums beide ihre Wertschätzung genießen. Wir treten dafür ein, dass wir wieder mehr rot-weiß- rote Kompetenzen haben wollen und die Kooperation auf die Punkte reduzieren, wo tatsächlich kooperiert werden soll und nicht auf jeden Regulierungsmist, der uns immer wieder entgegenschwappt. Ich war beim Spargedanken der Halbierung der Kommission, der 28 hinunter auf 14, bei der Halbierung des Parlaments. (GR Heinz Hufnagl: Sie müssen die Redezeit nicht voll ausnützen!) Ich würde dann meine Aufgabe erfüllt sehen, wenn auch mein Mandat in der Europäischen Union endet und ich in das österreichische Parlament zurückkehren kann. Dann würde ich sagen, die Mission war erfolgreich, es ist etwas gelungen und meine Wähler haben dadurch einen entsprechenden Mehrwert. (Beifall bei der FPÖ.) Sie schütteln den Kopf. Einigen wir uns darauf, dass Sie nicht recht haben und dass ich nicht recht habe. Wieso fragen wir nicht die Bevölkerung? Wieso sind Sie nicht dafür, Demokratie sicherzustellen und bei all den Entwicklungen in der Europäischen Union nachzufragen, was die Menschen wollen? Schengen ist auch so ein Beispiel, wo Sie alle sagen, es ist wichtig, es ist gut. Ich habe nicht in Erinnerung, dass ich in der Zeit vor Schengen von Mauern umgeben gewesen wäre, sondern ich habe halt am Weg nach Italien und auch nach Osteuropa eine halbe Stunde warten müssen. Dafür war sichergestellt, dass nicht nur jede Menge Illegale nicht ins Land hereinkommen, sondern auch wieder relativ bequem herauskommen. Fragen wir die Menschen, ob sie wieder mehr an Sicherheit und weniger an illegaler Migration Richtung Österreich und dafür wieder, wenn Sie ein Mal im Jahr auf Urlaub fahren, vielleicht eine halbe Stunde an der Grenze warten wollen oder ob das Prinzip der offenen Grenzen den Menschen so wichtig ist, dass sie sagen, die Kriminalität ist ihnen wurscht, sie soll durchaus sein, sie wollen sich die Viertelstunde sparen, wenn sie nach Italien fahren. Dann soll es auch so sein. Aber es hat in einer Demokratie einer nun einmal immer recht und das ist die Bevölkerung. Das sind nicht Sie, und das bin ich nicht. Das ist der mehrheitliche Wille, der in unserer Wählerbevölkerung ausgesprochen wird. Nur wenn Sie das einmal behirnen und akzeptieren, leben Sie Demokratie, so wie sie aus meiner Sicht auch wirklich sein sollte! (Beifall bei der FPÖ.) Jetzt habe ich doch wesentlich länger gebraucht, als es eigentlich mein Plan war. Es verlassen bereits einige den Saal. Soll auch so sein. Wenn ich zusammenfasse: Ja zur Kooperation in Europa. Die EU ist aber nicht Europa. Das ist ein Verein wie jeder andere, dessen Regeln man ändern kann und aus dem man auch austreten kann, wenn sie sich schlecht entwickeln. Mein Ziel ist es, so an den Regelschrauben der Europäischen Union drehen zu können, ob es Schengen betrifft, das ich ausgesetzt haben möchte, ob es die Frage der Arbeitsmarktfreizügigkeit ist, die ich für meine Leute im Land wieder zurückerobert haben möchte und in dem ich das Prinzip für die Zukunft nicht mehr als tauglich erachte, oder ob das andere Dinge sind wie der Überwachungswahnsinn, der in dieser Europäischen Union immer mehr um sich greift, den ich zurückbauen möchte. Ich will auch nicht, dass unsere Daten in zentralen Bereichen gespeichert sind und die Amerikaner wahllos darauf zurückgreifen können. Das ist doch keine freie Bürgergesellschaft. Auch das will ich verändert haben, ebenso wie viele andere Dinge, wo ich behaupte, wenn Sie den Mut haben, das zu tun, wird die Bevölkerung dem auch zustimmen. Dann hat ein europäischer Einigungsprozess mehr Chancen, als er heute hat. Dann werden auch wieder mehr als 42 Prozent der Menschen zur Wahl gehen, weil es in Wirklichkeit eine Schande für die Europäische Union ist, dass sich 58 Prozent der Menschen in Europa überhaupt nicht mehr dafür interessieren, wer eigentlich ihre Repräsentanten sind. Für mich hat dieses Europäische Parlament damit auch nicht mehr die erforderliche Legitimation. Wenn Sie mithelfen, diese Menschen ins Boot der Entscheidungen zurückzuholen und Ihre Entscheidungen anhand des mehrheitlichen Willens orientieren, dann kommen wir in ein Europa, das mir gefiele und das auch Ihnen gut tun würde, weil dann würden Ihnen die Wähler nicht mehr so davonlaufen. (GR Dipl-Ing Martin Margulies begibt sich zu GRin Ingrid Puller, die sich als einziges Mitglied des Grünen Klubs im Rathaus in die Sitzreihen begeben hat. - GR Mag Dietbert Kowarik: Margulies, sag es laut! Geschwind wieder aufstehen, Frau Kollegin Puller! - GR Mag Wolfgang Jung: Die grüne Demokratie!) Danke, dass Sie mir zugehört haben, auch wenn es für Sie nicht immer bequem war. Ich freue mich schon jetzt, und ich bin davon überzeugt, mit mir freuen Sie sich auch, dass ich vielleicht in einem halben oder einem Jahr wieder bei Ihnen sprechen darf. - Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.) Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, darf ich festhalten, dass wir in Wien das erste und, soweit ich weiß, bis jetzt das einzige Bundesland sind, das den Mitgliedern des Europäischen Parlaments die Möglichkeit gibt, als Gäste hier im Haus zu uns zu sprechen, natürlich auch unterschiedliche Standpunkte mit uns zu diskutieren, was eine sehr wichtige und inhaltliche Diskussion ist. Aber von Gästen erwarte ich auch, dass sie ihr Gastrecht einhalten. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - GR Dipl-Ing Omar Al- Rawi: Genau! - GR Mag Wolfgang Jung: Das wurde überhaupt nicht verletzt!) Von Gästen erwarte ich, dass Sie ihr Gastrecht einhalten. (GR Ing Udo Guggenbichler, MSc: Das ist ein Skandal!) Von Gästen erwarte ich, dass sie ihr Gastrecht einhalten (GR Mag Wolfgang Jung: Das ist nicht Ihr Ressort dort oben!), dass Sie zur Sache sprechen und weder das Haus noch einzelne Fraktionen noch einzelne Abgeordnete kritisieren. (GR Mag Wolfgang Jung: Das ist unglaublich! Auch nicht der Vorsitzende!) Das erwarte ich. (GR Mag Wolfgang Jung: Legen Sie den Vorsitz zurück!) Ich darf auch die Damen und Herren des Europäischen Parlaments ersuchen, wenn Sie wiederkommen oder diejenigen, die heute noch sprechen, meinen Wunsch zu berücksichtigen. (Beifall bei der SPÖ. - GR Mag Wolfgang Jung: Seien Sie ein bissl brav, wie der Kaiser sagt!) Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Mag Gudenus gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. GR Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender, Sie haben wieder einmal, wie des Öfteren, eindrucksvoll unter Beweis gestellt, wie eine parteiische Vorsitzführung aussehen kann! (Beifall bei der FPÖ.) So kann es aber in diesem Haus nicht sein! Wir erheben zu Recht unseren Protest! Natürlich sind wir alle gemeinsam stolz darauf, dass hier EU-Mandatare reden können. Aber man muss auch die Größe haben, erstens als Zuhörer, aber vor allem auch als Vorsitzender, einmal eine andere Meinung zu hören, als den Mainstream hier im Haus bei dieser misslungenen EU-Politik. Wenn Sie davon sprechen, dass das Gastrecht nicht missbraucht werden darf, dann reden Sie anscheinend nur davon, wenn hier am Rednerpult Meinungen gebracht werden, die Ihnen nicht genehm sind! (GRin Martina Ludwig-Faymann: Sie haben es nicht verstanden!) Das dürfen Sie als Vorsitzender aber nicht richten, sehr geehrter Herr Vorsitzender! (Beifall bei der FPÖ.) Wenn Sie davon sprechen, dass das Gastrecht nicht ausgenützt werden soll, dann würde ich mir schon wünschen, dass die SPÖ das genauso sagt bei den vielen Zuwanderern, die nach Österreich kommen. Das würde passen - hier nicht! (Beifall bei der SPÖ.) Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Herr Klubobmann Gudenus! Für den Vorwurf des parteipolitischen Vorsitzes erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei der SPÖ. - Heftige Zwischenrufe bei der FPÖ.) Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR Dr Aigner. Ich erteile ihm das Wort. (GR Mag Wolfgang Jung: Der ist ja wirklich nicht mehr ernst zu nehmen!) Herr Kollege Jung! Für den Vorwurf (GR Mag Wolfgang Jung: ... Herr Kollege! - Ruf bei der SPÖ: Ruhig!) an den Vorsitzenden, ich bin nicht ernst zu nehmen (GR Mag Wolfgang Jung: Ja!), erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) Bitte, Herr Abgeordneter, bitte, lieber Wolfgang, fahre fort. GR Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau EU- Abg Monika Vana! Liebe Kollegen aus dem EU-Parlament! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir heute die Gelegenheit haben, gemeinsam mit den Mitgliedern des Europaparlamentes auch über europapolitische Angelegenheiten einen - natürlich sehr verkürzten und sehr konzentrierten - Diskurs zu führen. Ich möchte meinen Redebeitrag einmal dahin gehend beginnen, dass ich meine, dass der europäische Integrationsprozess nicht reduziert werden darf auf jene Länder, die heute EU-Mitglieder sind. Europa ist einfach viel mehr als die heutige EU, das hat der ehemalige tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus in einem sehr langen Interview in der Tageszeitung "Presse" auch gesagt. Europa hat eine historische Dimension, Europa hat eine geographische Dimension, Europa hat eine politische Dimension, und wichtig ist, dass wir möglichst viel von dieser europäischen Dimension auch in den europäischen Integrationsprozess hineinbekommen. Daher scheint es mir auch sehr wichtig, dass wir unsere traditionelle Abhängigkeit teilweise auch von den Vereinigten Staaten von Amerika kritisch hinterfragen, bei allem Verdienst, welches die USA in der europäischen Geschichte natürlich auf sich genommen hat. Aber es ist wichtig, dass wir als Europa im globalen Wettbewerb einen eigenständigen Standpunkt vertreten und dass wir nicht zum Anhängsel der USA werden. (Beifall bei der FPÖ.) Das betrifft die wirtschaftliche Dimension, das betrifft die militärische Dimension, und wenn Sie sich die heutigen Zeitungsschlagzeilen anschauen - ja, wenn die besten Verbündeten der Westdeutschen nichts Besseres zu tun haben, als Airbus und sonstige Industriebetriebe in Deutschland auszuspionieren, dann frage ich mich wirklich: Sind das Freunde? Oder sind das nicht im Endeffekt Konkurrenten, wenn es darum geht, wer wirtschaftlich die Nase vorne hat? Ich glaube, gerade deshalb ist es eben wichtig, dass die europäischen Länder sich ihrer eigenen Identität bewusst werden, auch wenn es um die Sprache, wenn es um das Rechtssystem geht. Denn Imperialismus, Hegemoniebestreben haben viele Facetten. Da geht es natürlich um die Sprache. Klar, heute ist Englisch die dominierende Sprache, das ist gelaufen. Es geht um das Rechtssystem, und da ist es noch nicht ganz gelaufen. Ist es das kontinentaleuropäische Rechtssystem, das auf Gesetzen beruht, die demokratisch erzeugt worden sind? Oder ist es eher das angelsächsische Modell, wo die Richter das Recht machen, wo auch viele juristische Entscheidungen nicht so wirklich vorhersehbar sind? Da sind wir in einem Wettbewerb, und da täten wir in Europa gut daran, wenn wir unsere europäische Tradition auch ernst nehmen und uns nicht vor den amerikanischen Karren spannen lassen. Denn letztendlich werden viele Dinge auf wirtschaftlicher Ebene im Vorfeld auch juristisch entschieden. Wir wissen alle, wie Prozesse enden, wenn man vor ein amerikanisches Gericht kommt: mit völlig abstrusen Schadenersatzforderungen. Da braucht man gar nicht hinzugehen. Auch unter diesem Aspekt ist natürlich die Frage der Schiedsgerichte zu sehen. Ein Schiedsgericht ist per se weder gut noch schlecht. Es kommt darauf an, welche Causen dort hinkommen, es kommt darauf an, nach welcher Verfahrensordnung man dort agiert. Aber es ist vielleicht das eine oder andere Schiedsgericht immer noch besser als ein rein amerikanisches Gericht. - Das vielleicht auch zu der Debatte um die Schiedsgerichtsbarkeit; das hat sehr viele Facetten. Aber Europa tut gut daran, zu sehen, dass es im Wettbewerb bestenfalls gemeinsame Interessen, aber keine Freundschaften gibt. Auch die, die sich uns gegenüber immer als Freunde ausgeben, sind in dem Moment, wo es dann wirklich ums Ganze geht, keine Freunde, sondern im besten Fall Konkurrenten. Im noch besseren Fall sind sie faire Konkurrenten, aber auch da habe ich meine Zweifel. Da hat Europa eine ganz wichtige Aufgabe, und deswegen tut es mir im Nachhinein leid, dass wir unser ganzes Schul- und Universitätssystem erst recht wieder auf das amerikanische Modell umgestellt haben. Wozu brauche ich ein vereintes Europa, wenn ich dann das amerikanische Universitätsmodell mehr oder weniger eins zu eins übernehme? Ich glaube also, auch da kann man doch ein mangelndes Selbstbewusstsein feststellen - um nicht in manchen Fällen auch von einem Versagen Europas zu sprechen -, wenn wir eins zu eins das nachmachen, was die Angelsachsen uns vorgemacht haben. Daher wäre es wichtig, in Zeiten wie diesen sich einmal die Frage zu stellen, was aus diesem vereinten Europa eigentlich noch werden soll. Um diese Frage drückt sich die EU seit vielen Jahren, um nicht zu sagen, Jahrzehnten, herum. Wenn Sie es geschichtlich betrachten, hat das Ganze mit einem extrem starken wirtschaftlichen Fokus begonnen: Von der Montanunion über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die Zollunion bis hin zum gemeinsamen Markt, es war ein wirtschaftlicher Fokus. Wohlstand, Sicherheit, Frieden durch wirtschaftliche Prosperität war eigentlich so etwas wie ein Erfolgsrezept. Wir sind dann in der Integration immer weiter fortgeschritten. Aber irgendwann kommt man zu dem Punkt, wo man sich die Frage stellen muss: Gehen wir jetzt noch weiter in Richtung eines europäischen Bundesstaates? Oder lassen wir die Integration dort, wo sie uns bisher hingebracht hat, und nehmen wir einfach die Vielfalt in Europa zur Kenntnis? Dieser Integrationsprozess hat ja parallel zu einem massiven Erweiterungsprozess stattgefunden. Die ersten Mitgliedstaaten, die drei Beneluxstaaten, haben die europäische Integration in einem auch staatsrechtlich sehr engen Sinn vorgemacht, aber natürlich aus einem Modell der historischen und geographischen Nähe. Da sind ja Grenzen lang vor jedem Schengen-Raum abgeschafft gewesen. Aber das sind eben Staaten, die sehr viele Gemeinsamkeiten gehabt haben. Die drei Großen, Westdeutschland - damals -, Frankreich, Italien, sind dazugekommen. Mittlerweile reicht die Europäische Union von den Grenzen des Atlantiks bis weit nach Osteuropa, vom Nordkap bis weit hinein in den südlichen Mittelmeerbereich. Es ist die geographische Dimension auch eine ganz andere geworden, und die Frage ist natürlich zu stellen: Kann man das, was man seinerzeit mit dem Kerneuropa vielleicht hätte machen können - einen Bundesstaat, wenn man das gewollt hätte -, auch in dieser großen geographischen Dimension bewerkstelligen? Wenn man sich die Geschichte ein bisschen anschaut: Es sind Entwicklungen, für die es kein historisches Vorbild gibt, immer sehr schwer zu beurteilen. Das ist teilweise bei der Währungsunion so, das ist teilweise auch bei der jetzigen europäischen Integration so: Es gibt kein historisches Vorbild, daher kann man das so oder so sehen. Aber die Geschichte lehrt uns, glaube ich, dass solchen Superstaaten meistens kein langes Leben beschieden ist. Es ist einfach viel zu schwierig, so viele unterschiedliche Entwicklungen unter einen Hut zu bringen. Daher müsste man jetzt einmal die Frage beantworten: In welche Richtung soll sich dieses Europa weiterentwickeln? Wo geht man weitere Schritte der Integration? Wo verlagert man im Sinne des Subsidiaritätsprinzips auch wieder Kompetenzen zurück zu den Mitgliedstaaten? - Was wir jetzt teilweise haben, ist eine Überbürokratisierung, die von der Zentrale kommt, und in vielen wichtigen, nur gemeinsam europäisch zu lösenden Problemen fehlt es an gemeinsamen Regelungen. (Beifall bei der FPÖ.) Um diese Debatte sollte man sich nicht herumschwindeln. Wir haben jetzt ein Nebeneinander von teilweise staatlicher Zusammenarbeit bei den europäischen Gipfeltreffen - wobei man da schon auch ganz ehrlich sagen muss, es gibt eben Gleiche und Gleichere. Ich meine, ganz klar ist, dass nicht jeder Regierungschef, nicht jede Regierungschefin gleich wichtig sind. Es gibt hier natürlich den harten Kern, es gibt die zentralen Achsen. Also geht es schon auch um die Argumente, die man teilweise in Österreich gebracht hat: Wenn wir nicht dabei sind, haben wir nichts mitzureden. Die Frage müsste man schon ehrlich einmal stellen: Was haben wir eigentlich mitzureden? (Beifall bei der FPÖ.) Vielleicht liegt es aber auch an unserer eigenen Politik, weil es natürlich relativ leicht ist, nach Brüssel zu fahren, überall die Mandate mitzuerteilen, dann nach Österreich zurückzukommen und zu sagen, es passt uns vieles nicht. Ich glaube auch, viele Dinge könnte man verbessern mit einer konsistenteren und fokussierteren österreichischen Europapolitik, die auch Allianzen schmiedet. Auch das ist uns leider vielfach abhandengekommen. Man braucht natürlich in einem Klub, wo 28 Staaten vertreten sind, permanent Allianzen. Das können nicht immer dieselben sein, aber man muss sich permanent zusammensetzen. Es ist natürlich in erster Linie Aufgabe der Bundesregierung, hier auch unsere Interessen dadurch zu vertreten, dass wir uns mit jenen Ländern - teilweise funktioniert es ja, etwa dann, wenn wir an die Gentechnik denken, da haben wir durchaus nicht ganz unerfolgreich Allianzen geschmiedet - zusammen tun und dann entsprechend auch gemeinsam auftreten. Allein ist man da sicher zu schwach. Aber die Grundsatzdebatte darüber, was aus dieser europäischen Integration wird, findet zur Zeit überhaupt nicht statt. Mein persönlicher Zugang ist: Es ist in erster Linie wichtig, dass wir wirtschaftlich zusammenarbeiten. Der gemeinsame Markt ist eine Errungenschaft und ist auch notwendig. In der Frage, ob eine gemeinsame Währung wirklich der Weisheit letzter Schluss ist, sind wir gerade mitten dabei, auch diese Frage vielleicht beantwortet zu bekommen. Ich glaube, man sollte beim Euro auch viel weniger Ideologie hineinbringen. Wenn man sich die Geschichte des Euro anschaut, sieht man, dass er ja erst im Zuge der deutschen Wiedervereinigung entstanden ist, weil seinerzeit die Franzosen und auch die Briten massive Vorbehalte hatten und dann gesagt haben, die Deutschen müssen ihre D-Mark aufgeben, dann wird alles gut. Eigentlich haben wir eine harte Währung gehabt. Wir sind auch mit dem harten Schilling sehr gut gefahren, wir haben gar keine Währungsunion gebraucht. Es ist uns gelungen, durch relativ parallele wirtschaftliche Koordinaten und Eckdaten eigentlich den Kurs zwischen Schilling und damals D-Mark über viele Jahre konstant zu halten, und wir sind damit nicht schlecht gefahren. (GR Heinz Hufnagl: An welchen Kurs würden wir uns da anlehnen, wenn es die D- Mark nicht mehr gibt?) Ja, die Frage ist: Ist der Euro der Nachfolger der D-Mark und der harten Währungen, oder ist der Euro heute eine Lira und eine Drachme? - Ich möchte keine Lira und möchte keine Drachme, ich möchte eine harte Währung. Das hat man den Menschen damals auch versprochen. (Beifall bei der FPÖ.) Wenn man sich den Kursverfall des Euro zum Dollar anschaut: Kurzfristig mag es sein, dass es Exportchancen eröffnet, aber langfristig importieren wir uns Inflation. Inflation hat in Ländern wie Deutschland, Österreich, den Niederlanden oder Finnland keinen guten Ruf. Das ist zwar interessant für jene, die viele Schulden haben - das sind meistens die Staaten -, aber für die fleißigen und tüchtigen Bürger, die etwas auf die Seite gelegt haben, ist die Inflation eigentlich etwas ganz Schlechtes. Dass da wirtschaftspolitisch vieles schiefläuft, sieht man ja schon anhand der Perversion des Zinssystems. Wenn man jetzt dafür, dass man einem anderen Geld borgt, kein Geld bekommt und etwas dafür zahlen muss, dass man Sparguthaben hat, dann stimmt etwas ganz grundlegend nicht. Das ist einfach die Verkehrung jeglicher wirtschaftspolitischer Vernunft. Es kann auf Dauer nicht gutgehen, dass das Schuldenmachen belohnt und das Sparen bestraft wird. Da sieht man schon, wenn man zu solchen Methoden greifen muss - angefangen haben damit die Amerikaner, aber die sind nie so weit gegangen wie jetzt die Europäische Zentralbank gehen musste: Dass der Kreditnehmer etwas draufgelegt und der Sparer etwas abgezogen bekommt, und zwar nicht nur real, sondern auch nominell -, dann stimmt hier etwas ganz gewaltig nicht! Ich weiß nicht, ob wir uns da nicht in etwas hinein verlaufen, was dann im Endeffekt nicht gut ausgehen wird. Wohlstand und Sicherheit sind ganz entscheidende Komponenten. Wenn man sich den Beginn der europäischen Integration anschaut, war es ja genau der Gedanke, die jahrhundertelange Rivalität und teilweise Feindschaft zwischen Deutschland und Frankreich zu applanieren, indem man gemeinsamen Wohlstand schafft. Ich bin auch der Meinung, dass, wenn es Menschen gut geht, es viel weniger Gründe dafür gibt, alles in Schutt und Asche zu legen. Es gibt viel weniger Gründe für Radikalismus. Das gilt vielleicht nicht in allen Facetten, es gibt schon auch Menschen, die einfach ideologisch radikalisiert sind und wo Gewalt zum Selbstzweck wird. Aber grundsätzlich ist der Ansatz "Wohlstand schafft Sicherheit, schafft Frieden" ein sehr, sehr begrüßenswerter. Wenn man jetzt die Brücke zur aktuellen Debatte der Flüchtlinge, ich würde eher sagen, der Immigration schlägt, muss man schon auch sagen: Dieses Modell, das wir in Europa vorgemacht haben, müsste man eigentlich auch exportieren, und zwar in jene Länder, wo der Wohlstand eben nicht vorhanden ist, wo der Unfriede zum System geworden ist und wo Unfriede und Armut die Menschen zur Flucht treiben und zwingen. Eines muss uns klar sein: Wir sind mit unserem eigenen System vielfach an den Grenzen der Möglichkeiten unserer finanziellen Leistungsfähigkeit angelangt. Es gibt nicht mehr mehr, sondern es gibt weniger. Es werden auch in Europa die Verteilungskämpfe beginnen. Es ist auch bei uns nicht so einfach. Die Regierungsfraktionen wissen, wie schwierig es ist, ein Sparpaket zu knüpfen, denn es lässt sich keiner etwas wegnehmen. Jeder hat hundert Gründe, warum das bei ihm nicht passieren darf. Also so, dass wir im Überfluss schwimmen und jetzt für Millionen und zig Millionen hier sozusagen unsere Sozialtöpfe öffnen können, ist es bei Gott nicht! Es sind unsere Pensionen nicht mehr so sicher. Wir kennen alle die Kontoauszüge, die auch nur einen vorübergehenden Wert haben, aus dem Pensionskonto. Wir wissen um Nulllohnrunden. Wir wissen um Einsparungsmaßnahmen. Also auch die Wohlfahrtsstaaten Westeuropas haben irgendwo die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit erkannt. Deswegen ist es, glaube ich, eine Schimäre, zu meinen, wir könnten Millionen und Abermillionen an Menschen, die aus durchaus legitimen Gründen sagen, wir wollen nicht mehr zu Hause bleiben, ein Zuhause bieten. Von dieser Vorstellung, glaube ich, muss man sich ganz einfach verabschieden. Was kann man daher machen? Man muss zum einen legale Möglichkeiten schaffen. Aber auf der anderen Seite müssen wir natürlich auch unsere Grenzen schützen. Das ist gar keine Frage. Internationales Verbrechen und Schleppertum sind schlichtweg kriminell. Es werden hier Menschen verheizt, es wird zynische Politik betrieben mit dem Tod von bedauernswerten Menschen, die viel Geld zahlen mussten, um nach Europa zu kommen. Es wird Erpressung betrieben. Schauen Sie sich die Homepages des IS in Richtung Italien, und so weiter an: Es wird gedroht mit immer noch mehr Flüchtlingsbooten. Das ist also kein rein soziales Problem, es ist ein Sicherheitsproblem. Es ist natürlich ein menschliches Problem, aber das können wir nicht dadurch lösen, dass wir alle, die von zu Hause weg wollen, nach Europa lassen. (Beifall bei der FPÖ.) Auch hier muss man ganz selbstkritisch sagen: Libyen war keine Demokratie, aber Libyen war ein ausgesprochen sozialer Staat. Da hat es Sozialleistungen für alle gegeben, es hat ein vorbildliches Gesundheitssystem gegeben. Was ist geschehen? Großbritannien, Frankreich und natürlich die unvermeidlichen USA, die überall dabei sind, wenn irgendwo eine Aktion vonnöten ist, haben alles zusammengeschossen. Nach drei Monaten war der Spuk vorüber, dann hat man das Land sich selbst überlassen, und jetzt herrscht dort Chaos. Jetzt können wir es uns aussuchen: Wollen wir die IS, wollen wir al-Qaida, oder wer kommt sonst? Das Gleiche im Irak, das Gleiche in Syrien, und wenn in Ägypten nicht irgendwie das Militär noch die Notbremse gezogen hätte, wäre auch Ägypten im gleichen Chaos versunken wie viele andere Länder. Das ist alles vor unserer Haustür! Die Amerikaner sind weit weg, die schicken zur Not einen Flugzeugträger, der aus ihrer Sicht das Ärgste verhindert. Und was machen die Amerikaner? Sie bauen Zäune und Stacheldraht gegen Mexiko, gegen Mittelamerika. Man sieht also schon, mit welch zweierlei Maß hier gemessen wird. Im Endeffekt haben wir uns nichts Gutes damit getan, dass wir mitgeholfen haben, einigermaßen stabile und funktionierende Staaten in unserem engsten Umkreis zu zerstören - in der naiven Hoffnung, dass dort dann gewählt wird: Da gibt es dann Sozialdemokraten, Christdemokraten nicht, aber vielleicht Konservative, Sonstige und vielleicht ein paar Grüne. Nichts dergleichen ist passiert! Die Länder sind zerstört. Sie sind gefallene Staaten, wie das die EU und auch die UNO bezeichnen. Wir sind mit dem Zerfall dieser Staaten hautnah konfrontiert und haben eigentlich keine wirkliche Antwort. Nur: Eine Luftbrücke, dass hier sozusagen alle, die wegwollen, nach Europa ausgeflogen werden, wird sich, meine ich, bei uns auch gesellschaftlich nicht machen lassen. Ich weiß auch nicht, ob wir hier wirklich gut daran tun, diese Hoffnungen zu wecken. Wenn Sie sich in anderen Teilen der Welt umschauen, sich auch China anschauen, das ja wirtschaftlich höchst erfolgreich ist: Natürlich, politisch kann man darüber diskutieren, aber das ist eigentlich auch nicht in erster Linie unser Problem, das muss vor Ort gelöst werden. China hat seinen Wohlstand nicht zuletzt der Tatsache zu verdanken, dass man der unkontrollierten Bevölkerungsvermehrung irgendwo einen - zwar sehr rigorosen und diskussionswürdigen - Riegel vorgeschoben hat. Es wird jeder wirtschaftliche Wohlstand aufgefressen, wenn es im Jahr ein Bevölkerungswachstum von 4 oder 5 Prozent gibt. So schnell kann eine Wirtschaft gar nicht wachsen, um hier Wohlstand für die zusätzlichen Menschen zu schaffen. Sofern es nicht gelingt, auch auf dieser Ebene einigermaßen ein Gleichgewicht herzustellen, kann man die Probleme Afrikas und dieser Länder im Prinzip nicht lösen. Da kann China insofern ein Vorbild sein, als man dort gesehen hat, dass beim Bevölkerungswachstum irgendwo eingegriffen werden muss. Darüber, ob die Maßnahmen gerechtfertigt waren oder nicht, maße ich mir kein Urteil an. Ich persönlich habe da einen differenzierten Zugang. Aber man hat zumindest dieses Problem erkannt, dass Wohlstand auch etwas mit dem Bevölkerungswachstum zu tun hat. Und wenn Sie sich die Zahlen aus Afrika anschauen, wird einem da im wahrsten Sinne des Wortes angst und bange. Der Wohlstand Europas findet sich nicht in allen Staaten, wir haben ja auch noch genügend Staaten, die hinterherhinken. Gerade Österreich hat hier auch seinen Beitrag zu leisten. Denken Sie an Bulgarien, Rumänien, und so weiter, es sind ja dann doch auch viel mehr Arbeitnehmer gekommen, die in Österreich eine Verbesserung ihrer Situation gefunden haben im Rahmen der Freizügigkeiten, die durchaus eine Errungenschaft Europas sind. Aber es ist auch nicht so, dass wir in Europa einen so paradiesischen Zustand hätten, dass wir einfach sagen können, ja, wir können uns alles leisten. Denken Sie an die Rettung Griechenlands: Wie diese hunderten Milliarden aufgebracht werden sollen, wissen wir bis heute nicht. Wir können Griechenland nicht retten, und dafür muten wir uns gleichzeitig schon die Ukraine zu. Aber das sind 40 Millionen oder 45 Millionen Einwohner, die auch die Hoffnung auf Europa haben und natürlich auch den Wohlstand sehen. Das ist also auch etwas, was man nicht so aus der Portokasse bezahlen kann, wenn schon das relativ kleine Griechenland auch ganz massive wirtschaftliche Probleme in Europa nach sich zieht. Man sieht, das Ganze ist eine ausgesprochen vielschichtige Angelegenheit. Wir müssen auch den sozialen Frieden in unserem eigenen Land und in unserer eigenen Region irgendwo im Auge behalten. Wir wollen ja nicht, dass unsere Gesellschaft genauso auseinanderfällt, wie das in manchen anderen Teilen passiert. Auf der anderen Seite müssen wir schauen, dass unsere Wirtschaft konkurrenzfähig ist. Da haben wir es wirklich nicht leicht, denn wir sind heute nicht mehr nur in Konkurrenz mit Staaten, die ähnliche Systeme haben, wo Steuern, Sozialsystem, Umweltauflagen vergleichbar sind, sondern wir müssen uns heute matchen mit Ländern, wo Menschen ausgebeutet werden, wo sklavereiähnliche Zustände herrschen. Beim Hemd und beim T-Shirt, das man irgendwo in irgendwelchen Billigläden bekommt, ist es vielen Konsumenten in Europa auch egal, unter welchen Umständen die Sachen hergestellt worden sind, da zählt dann nur der Preis. Das ist also das Konkurrenzumfeld, das wir heute haben. Das gilt natürlich auch beim Klimawandel. Ich bin sehr dafür, dass wir unser Klima gemeinsam schützen. Aber das darf nicht dazu führen, dass die Industrie sich aus dem relativ sauberen und strengen Europa verabschiedet, dann in noch viel schmutzigere Länder geht und dort ohne irgendwelche Einschränkungen letztendlich genau den gleichen Klimawandel mitverursacht, den wir bei uns eigentlich verhindern wollen. Das heißt also, das Wettbewerbsumfeld ist weltweit ein sehr schwieriges. Wir haben es nicht leicht, unseren Wohlstand zu halten, wir müssen uns im Gegenteil sehr anstrengen. Aber wir müssen natürlich im Rahmen unserer Möglichkeiten solidarisch sein, solidarisch im gemeinsamen Europa und über die Grenzen Europas hinaus. Das ist eine gesamteuropäische Aufgabe. Ich hoffe, dass wir dieser Aufgabe à la longue auch gerecht werden können. (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Ulm.) Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Herr Europa-Abgeordneter Mag Leichtfried. Ich erteile es ihm. EP-Abg Mag Jörg Leichtfried (SPÖ): Vielen Dank, Herr Vorsitzender! Geschätzte Damen und Herren! Ich bedanke mich selbstverständlich bei allen Fraktionen für die Einladung in den Wiener Gemeinderat. (Allgemeiner Beifall.) Bei Herrn Vilimsky bedanke ich mich eher nicht. Ich habe überlegt, wie man diesen Redebeitrag werten soll. Ich würde sagen, es ist sogar bewundernswert, was er da von sich gegeben hat. Ich habe - das ist schon länger her - diesen "Da Vinci Code" von Dan Brown gelesen; ich habe mir gedacht, bist du deppert, der kann das mit den Verschwörungstheorien! Aber der Herr Vilimsky kann das noch besser. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) Aber zu dem allen, was er da angemerkt hat mit diesen tollen Zeitungsausschnitten und was er dann gesagt hat (GR Mag Wolfgang Jung: Alles FPÖ-Zeitungen!) - ich habe mich ja nicht so auf das eingestellt und vorbereitet, deshalb entschuldigen Sie mein Improvisieren -, gibt es darauf eine Antwort. (Der Redner hält ein Blatt Papier in die Höhe, das einen blattfüllenden Kreis zeigt.) Das soll eine Null sein, falls das jemand nicht erkennt. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Herr der Ringe! - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wie funktioniert das Europäische Parlament? Das Europäische Parlament ist ein Arbeitsparlament (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Ist das ein Symbol fürs Parlament?) ohne Klubzwang (GR Mag Wolfgang Jung: Ohne Gesetzgebungskompetenz, ohne ...), ohne fixe Koalitionen ... (Ruf bei der SPÖ: Hören Sie einmal zu!) Werden Sie schon nervös? (GR Mag Wolfgang Jung: Nein, ich sage es Ihnen nur! - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich glaube, Ihr Klubobmann hat gemeint (GR Ing Udo Guggenbichler, MSc: Das ist die Normalform!), man soll sich auch einmal andere Meinungen anhören. Also vielleicht respektieren Sie wenigstens Ihren Klubobmann, nicht? (GR Mag Wolfgang Jung: Aber Sie müssen aufpassen ...) Ja, dann wird er das tun, und er wird recht haben. Das Europäische Parlament ist eines, wo die Fraktionen eine maßgebliche Rolle bei der Arbeit spielen. Ich könnte das jetzt genau erklären, aber da wird der Herr da wieder nervös werden, darum lasse ich das. (GR Mag Wolfgang Jung: Nein, aber ich war dort schon drinnen, da waren Sie noch gar nicht in der Nähe! - Heiterkeit bei der SPÖ. - GR Prof Harry Kopietz: Er ist immer so!) Ich bin ein bisschen jünger, gell, das stört manchmal, ja. (GR Mag Wolfgang Jung: Die Erfahrung zählt!) Aber es hat eine Eigenschaft. Es gibt österreichische Abgeordnete - das sind die meisten -, die sind in Fraktionen organisiert. Die beteiligen sich sehr aktiv an der Arbeit im Europäischen Parlament. Wenn Sie der Frau Vana zuhören, der Frau Schmidt zuhören: Ja, die tun das auch, was sie da reden. Und dann gibt es die Abgeordneten der Freiheitlichen Partei, die sind bei keiner Fraktion. Die sitzen ganz rechts, ganz hinten, ganz oben. Das ist dort also ein bisschen anders als hier bei Ihnen, da sitzen sie witzigerweise links - aber bitte, es ist so. Manchmal reden sie etwas, da hört ihnen keiner zu. Aber sie waren bis jetzt nicht in der Lage, die Gesetzgebung im Europäischen Parlament auch nur irgendwie zu beeinflussen. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Das machen die Lobbyisten!) Keinen einzigen Antrag durchgebracht, keinen einzigen Bericht gehabt! Überhaupt nichts bewirkt in diesem Parlament! (GR Mag Wolfgang Jung: Sie haben ja gar kein Gesetzgebungsrecht, Herr Kollege!) Die ganze Zeit nur gescheit reden und überhaupt nichts weiterbringen! (Beifall bei der SPÖ.) Wissen Sie, wofür die Null steht? Die Null steht für die Arbeitsleistung der FPÖ im Europäischen Parlament. Die sind genauso wenig gratis wie der Schulz im Parlament, aber vollkommen umsonst sind sie dort! (Beifall bei der SPÖ. - GR Ing Udo Guggenbichler, MSc: Was ist mit dem Gastrecht, Herr Vorsitzender? - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Herr Vorsitzender, Herr Vorsitzender, ich weiß was, ja, ja. (Heiterkeit bei der SPÖ. - GR Mag Wolfgang Jung: Der ist im klassischen Sinn nicht unparteiisch! Das ist hier das Problem! - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich bin aber dafür dankbar - noch einmal -, hier sein zu dürfen. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Noch einmal!) Denn es gibt in der europäischen Politik doch einige Dinge, über die man diskutieren muss und die man ansprechen muss. Es gibt viele Missverständnisse. Es gibt viele Dinge, die anders gesehen werden. Ich habe mir gerade jetzt gedacht - und ich glaube, da sind wir uns wahrscheinlich alle einig -, dass das, was im Mittelmeer passiert, eine der größten Katastrophen der letzten Jahrzehnte ist. Dass Menschen ersaufen, dass Kinder im Unterdeck eingesperrt sind, und wenn die Boote kentern, kommen sie nicht einmal mehr raus - das ist inakzeptabel! Wenn man in letzter Zeit österreichische Zeitungen gelesen hat - die meisten zumindest -, wenn man österreichischen Politikerinnen und Politikern zugehört hat, war das Erste, das gesagt wurde: Europa ist schuld, Europa lässt die Menschen ertrinken, ja, die Europäische Union, das sind Mörder! - Ich habe das gelesen, und meines Erachtens ist das etwas, über das man ganz intensiv diskutieren muss, nämlich dahin gehend: Was kann die Europäische Union da überhaupt machen? Welche Kompetenzen hat sie überhaupt? Die Asyl- und Flüchtlingspolitik liegt in der Kompetenz der Mitgliedstaaten, geschätzte Damen und Herren, und die Europäische Union kann sich nicht Kompetenzen aneignen, die sie nicht hat! Es sind die Mitgliedstaaten, die höhere Beträge für die Hilfe für diese Menschen bis jetzt verweigert haben. Es sind die Mitgliedstaaten, die sagen, es soll keine koordinierte Verteilung von Menschen, die flüchten, in der Europäischen Union geben. Es sind die Mitgliedstaaten, die blockieren, wenn Europa handeln möchte. Das ist etwas, worüber man dann auch diskutieren muss! Der Herr Menasse hat - gestern, glaube ich, war es - in der Presse geschrieben: Wenn man schon jemand als Mörder bezeichnet, dann kann man auch darüber diskutieren, ob man nicht die Mitgliedstaaten als solche bezeichnen soll. - Gestern war Gipfel, und was ist herausgekommen? Meines Erachtens zu wenig! Einige Länder weigern sich noch immer, über Quoten zu diskutieren. Der englische Premierminister, Herr Cameron, möchte die HMS Bulwark schicken, das Flaggschiff der Royal Navy, da passen 710 Royal Marines drauf. Aber er will nicht fünf Flüchtlinge mehr nehmen. Solange das so ist, geschätzte Damen und Herren, wird das nicht funktionieren. Wir müssen endlich darüber diskutieren, wie sinnvoll es ist, gewisse Kompetenzen europäisch zu zentrieren, und umgekehrt aber auch darüber diskutieren, wo sie keinen Sinn machen. Das ist, glaube ich, auch Sinn einer solchen Aussprache, um zwischen Europaabgeordneten und Mitgliedern des Gemeinderates zu diskutieren, was die einen als sinnvoll erachten und was die anderen als sinnvoll erachten. Ich glaube, es macht wenig Sinn, sich hier in gegenseitigen Beschimpfungen zu erschöpfen. Ein weiteres Problemfeld ist meines Erachtens die Frage der unfairen Verteilung in der Europäischen Union, die Frage der Steuerpolitik, die Frage der Einkommen. Ist es noch möglich, nationalstaatlich gegen diese Dinge aufzutreten? Ist es noch möglich, als Republik Österreich zu sagen, Konzerne müssen wieder ordentlich Steuern zahlen? Darüber muss man diskutieren, und wenn man es genauer hinterfragt, kommt man drauf, dass das schwer möglich ist. Ich bin nicht so sehr ein Freund der theoretischen Diskussionen, ich habe das immer gern an praktischen Beispielen vor mir, wenn ich über Konzernbesteuerung diskutiere, damit man auch wirklich weiß, was das ist. Mir ist das so bewusst geworden - ich bin vielleicht nicht so zahlenbewandert wie andere da herinnen -, aber mir ist das einmal in London bewusst geworden. Ich war bei einer Kaffeehauskette mit grünem Emblem und habe dort einen Kaffee getrunken. Ich bin eigentlich wegen dem Wi-Fi-Anschluss hineingegangen und habe dann einen Kaffee bestellt, in einem Anflug von - ja, ich gebe es zu - Diätwahn ohne Milch und ohne Zucker. Ich habe dann einen Becher heißes Wasser mit schwarzer Farbe bekommen und habe für diesen Becher 7 Pfund bezahlt. Das sind in echtem Geld fast 10 EUR. Heißes Wasser schwarz: 10 EUR! Ein bisschen später habe ich in einer englischen Zeitung gelesen, dass es in Großbritannien eine Diskussion darüber gibt, dass Starbucks - Entschuldigung, jetzt habe ich den Namen genannt, aber Sie haben das vielleicht ohnehin schon vermutet -, dass Starbucks keine Gewinne in Großbritannien macht und deshalb keine Steuern zahlt. Jetzt habe ich mir gedacht: Die verlangen für heißes Wasser 10 EUR und machen keine Gewinne - hallo, da stimmt doch etwas nicht! Entweder das Management ist komplett daneben, oder es ist etwas anderes. Dass bei einem derartigen Konzern das Management daneben ist, kann man ausschließen, zumindest großteils, also ist es etwas anderes. Starbucks und wie sie alle heißen sind in der Lage, die Unterschiedlichkeiten der Steuersysteme der Mitgliedstaaten so auszunützen, dass sie mit Verschiebungen von Gewinnen, mit Geld Herumschicken, mit Bilanzen Herumschicken in ganz Europa, in der ganzen Europäischen Union keine Steuern mehr zu zahlen brauchen! Und da gibt es manche, die davon reden, dass man die Kompetenzen von der EU wieder zurückverlegen soll - nein, in diesen Bereichen sind sie zur EU hinzuverlegen. Wenn wir uns mit den Großen anlegen wollen, braucht es beispielsweise europäische Kompetenzen in der Konzernbesteuerung, geschätzte Damen und Herren! Anders wird es nicht gehen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Aber man muss auch zur Kenntnis nehmen, dass es dort, wo es europäische Kompetenzen gibt, manchmal auch falsche Entscheidungen gibt. Ich stimme mit denen überein, die sagen, diesem transatlantischen Freihandelsabkommen jetzt zuzustimmen, wäre ein Fehler. Ich stimme aber nicht denen zu, die sagen, man hätte mit den Amerikanern überhaupt nicht zu verhandeln brauchen. Das ist meines Erachtens Unsinn. Mit jedem muss man einmal verhandeln, mit jedem muss man einmal überlegen, ob man sich gemeinsam verbessern kann. Aber wenn sich ein Abkommen in eine Richtung entwickelt, wo es nicht mehr ein Abkommen zwischen zwei Staaten ist und dieses Abkommen denen, die hart für ihr Geld arbeiten, nützt, sondern wenn es ein Abkommen zwischen den großen Konzernen auf beiden Seiten des Atlantiks ist, die allen anderen ihre Regeln aufdrücken wollen, dann ist so ein Abkommen abzulehnen, geschätzte Damen und Herren! Dann brauchen wir so etwas nicht. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Es ist meines Erachtens nicht rechtsstaatlich, wenn private Schiedsgerichte in der Lage sind, Entscheidungen von demokratischen Gremien, von legitim gewählten demokratischen Gremien aufzuheben. Es ist rechtsstaatlich nicht zu rechtfertigen, wenn große Konzerne vor der Gesetzgebung durch diese Institutionen in der Lage sind, Gesetzgebung zu beeinflussen. Es ist nicht hinzunehmen, dass ausländische Investoren durch diese Mechanismen besser gestellt werden als inländische Investoren. Es gibt genug Beispiele, wie diese ISDS funktionieren. Ich habe mir selber eines überlegt, ein ganz einfaches. Stellen Sie sich vor, Sie kaufen sich ein Auto; das passiert ja manchmal. Das ist eine inländische Investition, eine inländische Investition mit gewissen Vorstellungen. Eine Vorstellung ist zum Beispiel, Sie sind schon ein bisschen älter und können nicht mehr so gut einsteigen; dann wird es halt ein höheres Auto. Weil man ein bisschen angeben will, wird es ein SUV - wegen dem vielen Schnee in der Großstadt kauft man sich das ja -, und weil der Diesel billiger ist, wird es eines mit Dieselantrieb. Sie haben also eine Investition mit gewissen wirtschaftlichen und gesamten Folgenabschätzungen getätigt. Dasselbe macht - jetzt nehmen wir nicht Starbucks, jetzt nehmen wir irgendwen anderen - ein internationaler Konzern für die Dienstwagenflotte in Österreich. Dort kaufen sie auch, was weiß ich, 50 SUVs aus diversen Gründen. Dann passiert das größte anzunehmende Unglück für diese Investoren: Es gibt Wahlen, es gibt eine neue Regierung. Diese neue Regierung meint: Na ja, erstens wird Diesel so viel verwendet, den müssen wir jetzt ein bisschen höher besteuern, da kommt ein bisschen was herein; SUVs wollen wir sowieso nicht, denn die verparken alles und stehen im Weg herum, deshalb kriegen die auch irgendeine höhere Steuer. Plötzlich rentiert sich ihre Überlegung nicht mehr. Das Ganze ist aber legitim geändert worden, demokratiepolitisch einwandfrei geändert worden. Was macht der Konzern mit seiner Dienstwagenflotte? Er könnte zu einem privaten Schiedsgericht gehen und sagen, ich bin in meinen wirtschaftlichen Vorstellungen getäuscht worden, deshalb klage ich jetzt die Republik. - Und was können Sie tun? Sie können zum Bezirksgericht Meidling oder sonst wo hingehen, aber zu keinem Schiedsgericht. Das, geschätzte Damen und Herren, ist einfach ungerecht, und so etwas brauchen wir nicht! Wo es funktionierende Rechtssysteme gibt - das ist in Europa und das ist in den Vereinigten Staaten der Fall -, dort braucht es keine Schiedsgerichte. Das muss man einmal ganz offen ansprechen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Ich glaube, wenn man jetzt 20 Jahre EU-Mitgliedschaft passieren lässt und überlegt, was das für die Republik Österreich bedeutet hat, ist meines Erachtens einiges zu diskutieren. Was aber am interessantesten ist, finde ich, ist, dass sich Österreich in seiner Gesamtstruktur massiv verändert hat. Ich kann mich erinnern, als ich noch jünger war - wer hat da jetzt gelacht?, das war auch ein bisschen ein Scherz - , war Österreich eine Mischung aus Tourismus-, Industrie- und Agrarland. Ich weiß noch genau, der Tourismus war ausschlaggebend für die Leistungsbilanz: Wenn das ganze Jahr viele Deutsche gekommen sind, war sie positiv, und sonst war sie eher negativ. Das war die Zeit der "Piefke-Saga" im Fernsehen, da hat man relativ gut erahnen können, wie die Situation in Wirklichkeit war. Durch den EU-Beitritt hat sich die österreichische Wirtschaftsstruktur massiv verändert. Inzwischen haben wir einen Anteil der Exportindustrie an der Gesamtwertschöpfung, der von ungefähr 30 Prozent auf 55 Prozent gestiegen ist. In den Kernindustriebundesländern - das sind Oberösterreich und die Steiermark - hängt inzwischen jeder zweite Arbeitsplatz direkt an der Exportindustrie. Das hat zweierlei Gründe, einerseits die beeindruckende Qualität dessen, was in Österreich produziert wird, die hohe Intelligenz, die dahintersteckt, die Arbeitsleistung derer, die das herstellen. Aber es ist auch noch etwas anderes. Ich weiß nicht, ob Sie sich daran erinnern: Es gab früher eigentlich ein drittes sogenanntes Industriebundesland in Österreich, das war Kärnten. Die Kärntner Industrie wurde ruiniert, aber nicht zu Zeiten Jörg Haiders - der hat dann den Rest ruiniert -, sondern das war etwas anderes. Einer von Ihnen hat es angesprochen: Herr Aigner hat die Lire angesprochen. Es war das, was die Italiener mit der Kärntner Industrie gemacht haben. Die Kärntner Industrie war auch eine Exportindustrie. Immer, wenn die zu viel exportiert haben, was hat dann Italien gemacht, nicht nur, wenn die Kärntner, sondern alle zu viel nach Italien exportiert haben? Die Lire abgewertet! Wer waren da die Blöden? Die Blöden waren die, die ordentlich gearbeitet haben, aber eine Hartwährung gehabt haben, wie die Kärntner Industrie. Durch unseren Beitritt zur Eurozone und durch das Entstehen der Eurozone war das nicht mehr möglich. Seitdem es die Eurozone gibt, hat sich in der Wirtschaftsentwicklung Qualität durchgesetzt. Die wahren Profiteure der Eurozone sind nicht die, die eine Weichwährung hatten, sondern das sind wir, die Deutschen, die Holländer, die Finnen. Die Österreicher sind inzwischen hinter, mit, zugleich, vielleicht sogar ein bisschen vor den Deutschen Exportweltmeister, und das ist unsere Zugehörigkeit zur Eurozone und zur Europäischen Union! Wenn dann einer daherkommt und sagt, den Euro auflösen, dann riskiert er das alles. Euroauflösung heißt in Wahrheit: Ruin der österreichischen Exportwirtschaft! Das heißt Verdoppelung der Arbeitslosigkeit binnen Kurzem, das heißt 300 000 Arbeitslose sofort mehr! Das heißt, die, die bis jetzt gut bezahlt haben schöpfen können, haben dann nichts mehr. Das ist das, wenn man den Euro auflöst, hergibt oder sonst etwas macht, und das, geschätzte Damen und Herren, will ich sicher nicht! (Beifall bei der SPÖ.) Aber ist gibt in dieser ganzen Debatte noch einen Aspekt, der mir viel zu wenig angesprochen wird: die Grenzen zusperren, damit keine Kriminellen mehr kommen. Ich weiß ja nicht, wo Sie auf Urlaub hinfahren. Ich fahre manchmal nach Kroatien, das ist eine der wenigen Destinationen, wo man noch mit Grenzkontrollen hinkommt. Wenn einem das taugt - also, Herr Vilimsky, nach Kroatien fahren, solange es noch geht! (Heiterkeit bei der SPÖ. - Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich frage Sie, ob Sie das schon einmal im Sommer gemacht haben. Wissen Sie, was da ist? Da kommt man hin - das heißt, da kommt man nicht hin, weil man da schon einmal 5 km vorher im Stau steht. Dann kommt man nach eineinhalb Stunden zur Grenze, da stehen ein paar Lässige und schauen, ob sie irgendwen persönlich interessant finden. Da schauen sie die Reisepässe an, und alle anderen winken sie durch. Glauben Sie, mit so etwas kann man Kriminalität verhindern? Kriminalität kann man, wenn man das möchte, schon stärker bekämpfen, ja: Das heißt mehr Polizei, mehr Polizei auf der Straße, mehr Polizei, die ermitteln kann, internationale Zusammenarbeit. Aber diesen Schmäh von den Grenzkontrollen, von den paar, die dort stehen, den Verkehr aufhalten und damit komplett überfordert sind, den kann man sich sparen! Aber es hat noch eine andere Auswirkung. (GR Mag Wolfgang Jung: Sagen Sie das dem SPÖ-Landeshauptmann im Burgenland! Sagen Sie das dem eigenen Landeshauptmann, der fordert anderes!) Sie werden es nicht glauben, aber das habe ich schon. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. - GR Mag Wolfgang Jung: Ja, der ist gescheiter als Sie!) Aber das hat noch eine andere Auswirkung. Wir zwei sind so ein Duo, gell, das funktioniert nicht schlecht! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Also im politischen Sinn. Nein, was ich jetzt sagen wollte - jetzt haben Sie mich ganz durcheinander gebracht. (GR Mag Wolfgang Jung: Das wollte ich aber nicht!) Ja, ich weiß. Es hat noch eine andere Auswirkung, dieses Grenzen Kontrollieren. Sagen wir, wir gehen aus Schengen heraus - man glaubt immer, wenn wir aus Schengen herausgehen, ist das Einzige, was passiert, dass die Ostgrenzen plötzlich wieder kontrolliert werden. Wobei der Begriff Ostgrenzen interessant ist: Österreich ist das einzige Land, das es gibt, das in drei Richtungen vom Osten umgrenzt ist, im Norden, im Osten und im Süden. Aber das ist ein eigenes Thema. Aber nehmen wir an, es ist so, wir wollen das. Was glauben Sie, was sagen dann beispielsweise die Bayern? Nein, super, ihr Österreicher, euch kontrollieren wir nicht, ihr seid die Einzigen außerhalb Schengens, die wir nicht kontrollieren, weil ihr so lieb seid? - Einen Teufel werden sie tun! Selbstverständlich werden sie genauso kontrollieren. Wissen Sie, was dann ist? Wissen Sie, wie Exportindustrie heutzutage funktioniert? Die hauen den Krempel nicht in den Zug, der dann fünf Tage irgendwo hinfährt, dann fünf Tage im Lager liegt und erst dann eingebaut wird. Glauben Sie, das funktioniert noch so? Wenn MAGNA zu BMW liefert, geht das "just in time"! Wenn sie zehn Minuten zu spät kommen, müssen sie schon Strafe zahlen. Schauen Sie einmal, wenn sie am Walserberg mit ihren LKWs drei Stunden im Stau stehen und nicht "just in time" liefern - wissen Sie, was dann mit der Industrie bei uns ist? Just aus! Das ist es, und das wollen wir genauso wenig. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) Ja, vielleicht wird dann bei uns weniger gestohlen - aber nicht, weil die Grenzen zu sind, sondern weil nichts mehr zu holen ist, ganz einfach deshalb. Ob das das Ziel ist, weiß ich nicht. Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte auch meine Redezeit nicht überstrapazieren, aber noch zu einem letzten Punkt kommen, der mir ein besonderes Anliegen ist. Die Europäische Union ist manchmal ein bisschen eine Plage, ja, das gebe ich offen zu. Wir sind vielleicht unterschiedlicher Auffassung, wann sie eine Plage ist, aber manchmal ist es einfach zu viel: zu viel im Detail reguliert, zu viel unsinnige Sachen. Aber das ist in Wahrheit vollkommen - vollkommen egal ist es nicht, das muss man schon zu ändern versuchen. Aber man darf aus diesem Gesichtspunkt heraus die Chance, die die Europäische Union für uns darstellt, nicht vergessen. (GR Mag Dietbert Kowarik: Das hört man seit 20 Jahren!) Die Europäische Union ist für uns Österreicherinnen und Österreicher wahrscheinlich die große Chance, unser Lebensmodell, das wir für richtig und wichtig halten, nicht nur zu bewahren, sondern auszubauen. Die Europäische Union ist dieses Vehikel, das wir haben, um in der jetzigen weltpolitischen Situation mitspielen zu können. Es ist nicht mehr so, dass der Lauf der Welt von einigen europäischen Staaten gemeinsam mit den Amerikanern und auf der anderen Seite von den Russen oder von der damaligen Sowjetunion bestimmt wird. Inzwischen gibt es fünf große Blöcke: die Vereinigten Staaten, Südamerika, Russland, China, Indien, ja, und wir als Europäer. Wer da glaubt, als kleines Land noch irgendetwas ausrichten zu können, der täuscht sich gewaltig. Der täuscht sich massiv! Es interessiert in China niemand, was die österreichische Republik will. Es interessiert in den Vereinigten Staaten niemand. Aber die Europäische Union ist die stärkste Wirtschaftsmacht der Erde! Die Europäische Union ist der reichste Markt der Erde. Die Europäische Union - wir sind jetzt über 500 Millionen Menschen: Das ist Einfluss, das ist Beeinflussen-Können, das ist Auf-gleicher-Ebene-mitreden-Können. Das sollten wir ausnutzen. Wir sollten uns nicht unterschätzen, was auch sehr oft passiert. Die Europäische Union hat sich zu etwas entwickelt, das die anderen draußen beneiden. Sie haben die Ukraine angesprochen. Ein paar Kollegen von mir waren, als dieser Aufstand auf dem Maidanplatz war, dort, und sie haben mir vor allem eines berichtet: Menschen haben sich in Lebensgefahr begeben, sind auf diese Barrikaden geklettert, sind dort ermordet worden (GR Mag Wolfgang Jung: Scharfschützen!), sind erschossen worden. (GR Mag Wolfgang Jung: Aber von welcher Seite?) Sie haben teilweise die ukrainische Flagge in der Hand gehabt, als sie da hinauf sind, sie haben aber in ziemlich gleicher Anzahl auch die europäische Flagge da oben gehabt, das europäische Sternenbanner. Nicht, weil sie unbedingt beitreten möchten, sondern weil sie das möchten, was wir haben: Frieden, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie! Das ist das, was die Europäische Union ausmacht. Das ist das, wofür wir auch die Verantwortung tragen und was wir, glaube ich, in Zukunft nicht nur bewahren müssen (GR Mag Dietbert Kowarik: Ist die EU demokratisch? Ist doch lächerlich!), sondern ausbauen müssen. - Geschätzte Damen und Herren, herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - GR Mag Dietbert Kowarik: Wo ist die demokratische Union?) Vorsitzender GR Dipl-Ing Martin Margulies: Ich danke sehr. - Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Feldmann. Ich mache darauf aufmerksam, dass ab sofort jede Rednerin/jeder Redner nur noch 20 Minuten zur Verfügung hat. - Bitte. GRin Mag Barbara Feldmann (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Europaabgeordnete! Ich darf mich, da ich als Erste nach Ihnen spreche, dafür bedanken, dass Sie gekommen sind. Es war jeder einzelne Beitrag für mich hochinteressant, und es zeigt auch, welche Komplexität das Thema Europa hat. Es ist nicht einfach, zu auch nur irgendeinem der Themen zu sagen: So ist es, so ist es richtig. Es gibt so viele Aspekte und Blickwinkel. Ich glaube, daran sollten wir auch denken, wenn wir die einzelnen Themen diskutieren, dass es nicht nur eine einzige Meinung gibt, sondern dass wir uns zu einer Lösung hinarbeiten müssen. Diese Lösung muss von verschiedenen Seiten betrachtet werden. Ich habe schon meine eigenen Wünsche. Diese Wünsche sind als Europäerin, als Österreicherin, als Wienerin, dass Europa weiter seine eigene Identität nicht nur erhält, sondern auch gewinnt, sich auch seiner Stärken bewusst wird und diese Stärken im Bewusstsein verteidigt. Denn nur, wenn man weiß, was die Stärken sind, kann man sie verteidigen beziehungsweise als Vorteil nutzen. Ich glaube, eine unserer größten Stärken ist die Vielfalt und ist die Flexibilität. Die Flexibilität ist etwas, was anderen Wirtschaftsmächten zu schaffen macht und auch zu schaffen gemacht hat. Dieser Vereinheitlichungsdrang ist für uns kein Vorteil! Er mag ein Vorteil sein für die großen Konzerne, für die Industrie, und so weiter, ich möchte das jetzt gar nicht kleinreden oder sagen, dass das nicht notwendig wäre. Aber dass wir flexibel sind, dass wir Vielfalt haben, dass wir schnell sind, das dürfen wir uns nicht kaputt machen lassen durch eine Bürokratie, die uns pausenlos hemmt und einengt. Ich glaube, es ist auch großartig, wenn Konzerne national, multinational, weltweit ihre Güter transferieren könnten. Wo immer sie versteuern, das ist tatsächlich auf höchster Ebene zu regeln. Aber es gibt auch den normalen Menschen, der ein Ein-Personen-Unternehmen hat, der kein Unternehmen hat, der ein Angestellter ist, et cetera. Was haben diese Menschen für Vorteile, wenn sie so viele Regeln dazubekommen? Das ist, glaube ich, etwas, was wir uns schon überlegen müssen. So sind die Thematiken, und daher haben wir auch, glaube ich, ein Problem, es den Leuten klar zu machen. Die Thematiken gehen immer nur über Banken, Großkonzerne, Industriebetriebe, et cetera - und dann hängt man unten noch den Bäcker an, der in TTIP verkaufen wird in den USA. Na, das möchte ich selber sehen, wie das Croissant ankommt von meinem Bäcker am Eck, oder wie er die Kontakte knüpft! Ich glaube, wenn wir ehrlich sind, dann müssen wir auch diese Themen behandeln. - Das ist einmal mein erstes Anliegen. Das zweite ist, dass wir unser Selbstbewusstsein heben und Unabhängigkeit schaffen. Ich kann es bereits nicht mehr hören, dass wir pausenlos von den Amerikanern bewertet werden. Wieso bewertet Moody's unsere Banken, unsere Länder und unsere Unternehmen? Und wieso hat das eine Auswirkung auf unsere Wirtschaftskraft und auf die Wirtschaftskraft der einzelnen Staaten? Das gefällt mir nicht, hier müssen wir aufholen. Wir müssen dem etwas entgegensetzen. Wir sind jetzt lange genug Europäische Union, dass wir selber unser eigenes Moody's, unsere eigene Bewertungsorganisation und -gruppe haben können. Ich glaube auch, dass es nachhaltig und für die Bevölkerung erkennbar Konsequenzen geben muss, wenn einfach abgehört wird, wenn Chips geknackt werden, wenn Unternehmen abgehört werden, wenn Personen abgehört werden. Wieso ist das so gestattet, dass man dann freundlich um ein Abkommen miteinander ohne Weiteres verhandeln kann? Das verstehen die Menschen auf der Straße nicht. Auf diese Themen werde ich pausenlos angesprochen, und ich glaube, hier muss es Antworten geben. Das hängt schon mit einer Identität und mit einem Selbstbewusstsein zusammen, auch mit einer Unabhängigkeit, die man, obwohl man miteinander handelt und Waren tauscht, trotzdem behalten muss. Es ist so, dass Frieden, Freiheit und Stabilität nicht selbstverständlich sind. Die Idee, dass Frieden und Stabilität in Europa durch wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit gefördert werden, hat sich bewährt. Das ist auch etwas, was die Bürgerinnen und Bürger unterstützen. Die Wettbewerbsfähigkeit, die wirtschaftliche Stärke und auch die vielen Arbeitsplätze sind direkt mit den Freiheiten der Europäischen Union verbunden. Natürlich, gerade als exportorientiertes Land profitieren wir von der wirtschaftlichen Stärke Europas, und wir wissen auch - wir haben das wiederholt gehört -, dass 6 von 10 EUR bereits im Export erwirtschaftet werden. Wir brauchen für eine erfolgreiche Wirtschaft und Zukunft wettbewerbsfähige Unternehmen. Noch einmal: Es ist auch für die Unternehmen wichtig, dass unnötige Regeln und Bürokratie abgeschafft werden, damit die Wirtschaft nicht gehemmt wird. Die Sorge ist auch, wenn wir solche Abkommen unterzeichnen: Wir wissen selber, was es in den USA zum Beispiel an Produkthaftung gibt oder wie lang die Beschreibungen sein müssen, bevor ein Produkt überhaupt auf den Markt kommt. Das sind für unseren Markt eigentlich Anstrengungen, die wir neu unternehmen müssen, und möglicherweise wird das wieder unsere Wirtschaftskraft eine Zeit lang hemmen. Hier muss also bei den Verhandlungen über TTIP sehr genau betrachtet werden, was von unserer Seite her zu leisten ist und was im Gegensatz dazu die amerikanische Seite leisten müsste. Wir brauchen auch bessere Finanzierungsmöglichkeiten in Europa, wie zum Beispiel Crowdfunding. Es muss das Vergabe- und Normungswesen für Klein- und Mittelbetriebe zugänglich gemacht werden. Auch die EU-Förderungen, die sehr kompliziert zu bekommen sind, müssen für Klein- und Mittelbetriebe zugänglich gemacht werden. Es ist nicht einfach, sich in diesem Dschungel auszukennen. Wenn ein Call kommt, geht es darum, einmal thematisch zu wissen: Gehört man dazu? Wann kommt der Call? Kommt noch einmal einer, der ähnlich ist? Wo kann man mitmachen? Wie füllt man diese unendlich vielen Formulare aus, die teilweise in Englisch gehalten sind? Nicht alle Unternehmen haben die Möglichkeit, dieses Fachenglisch zu übersetzen, und können hier mitmachen. Das sind Hemmnisse, die beseitigt werden müssen! Denn dass sich das die großen Betriebe leisten können, ist selbstverständlich, aber die kleinen können es eben nicht. So kann Europa nie bei den Menschen ankommen, wenn es an einer gewissen Schwelle aufhört. Ich glaube, unsere Aufgabe ist, das zu durchbrechen und es dann so zu machen, dass jeder Europa bei sich selber spüren kann. Ich gehe noch einmal kurz zum TTIP. Es sind die Zölle zwischen der EU und den USA relativ niedrig, also interessanterweise 3 Prozent auf US-Seite und 5 Prozent an den EU-Außengrenzen. Natürlich bringt eine noch so kleine Senkung einen enormen Wert oder eine entsprechende Einsparung, und zwar im Wert von 2 Milliarden EUR pro Tag, was wirklich besonders viel ist. Das spricht aber jetzt einmal prinzipiell - und ich möchte diese ganze Situation kritisch betrachten - nicht dagegen und auch nicht dafür. Man muss eine kritische Diskussion führen können. Wir könnten ja auch einfach die Zölle streichen, so wie wir das 2006 mit der Türkei gemacht haben. Das würde überhaupt keinen weiteren Schritt benötigen. Eine Zollsenkung, die so viel bringt, kann sofort gestartet werden. Selbstverständlich ... (GR Mag Wolfgang Jung: Und wer zahlt die Ausfälle im Budget, Frau Kollegin?) Entschuldigung? (GR Mag Wolfgang Jung: Wer zahlt die Ausfälle im Budget, wenn weniger Zölle ...) Sie sind gegenseitig, die Zölle, und der Handel ist ja vice versa. (GR Mag Wolfgang Jung: ... fehlt im Budget! Also wer ...) Es bringt extreme Einsparungen, und die Einsparungen werden höher sein als die Ausfälle. Fakt ist, dass man gleichzeitig auch möchte, dass EU- und US-Standards erfüllt werden und dass es kleinen und mittleren Unternehmen angeblich zu Gute kommt, dass, wenn man weniger Ressourcen hat, aufwändige Zulassungsverfahren zwei Mal durchlaufen werden. Ja, dagegen ist nichts einzuwenden. Ich glaube, man muss sehen, dass unsere Märkte bereits sehr eng verzahnt sind. Ein paar Zahlen dazu: Der bilaterale Handel liegt täglich bei fast 2 Milliarden EUR, und die transatlantischen Investitionen betragen um die 2,5 Billionen EUR jährlich. Man kann jetzt also nicht sagen, dass plötzlich der Handel neu startet und neu beginnt und wir urplötzlich mit den USA einen transatlantischen Handel beginnen. Nein! Dieser ist im höchsten Ausmaß bereits vorhanden. Die Frage ist nur, ob wir uns diesen Handel jetzt durch dieses Abkommen tatsächlich vereinfachen oder ob es für uns weitere, insbesondere bürokratische Erschwernisse geben wird. Dazu kommt, dass wir ja auch unsere hohen Standards haben. Wir haben sehr hohe Standards vor allem im Lebensmittelbereich. Und ich habe etwas mitgebracht, damit man sieht, dass diese Sorgen generell vorhanden sind. In diesem Prospekt wird ein Symposium in Lech am Arlberg angekündigt: Eine Reihe von Experten, von Professoren und Ärzten - von welchen ich paar nennen möchte, nämlich Prof Dr Kaaks aus Heidelberg, Prof DDr Johannes Huber, Wien, gut bekannt als Leiter des Medicinicum, Prof Dr Markus Metka - nehmen an einem Symposium teil und werden in ihren Vorträgen entsprechende Fragen stellen. Ich meine, das sollte man schon auch einmal generell wissen! Eine der Fragen lautet: "Ist das Freihandelsabkommen ein Angriff auf die Gesundheit der Bevölkerung Europas?" - Und die Vortragenden sind ja nicht irgendwelche Polemiker oder Leute, die herumschreien, sondern das sind Ärzte, Hormonspezialisten und andere Kapazitäten, die sich damit beschäftigen. Weitere Themen: "Nahrungsmittel sind keine Socken. Was ist von den Folgen des Freihandelsabkommens zu erwarten?" Oder: "Wie frei ist der Konsument? Wird er manipuliert, ohne dass er es merkt?" Oder: "Einfalt statt Vielfalt: Diktieren die wenigen Saatgutkonzerne, welche Lebensmittel auf unsere Teller kommen? Ist die ‚Schöpfung' in Gefahr?" Ich könnte jetzt noch einige weitere Themen vorlesen. Dieser Expertenkreis beschäftigt sich sehr intensiv damit. Wenn jemand hinfahren will: Dieses Symposium findet am 9. und 10. Juli in Lech am Arlberg statt. Wenn man solche Sachen hört und liest, dann kann man nicht einfach sagen: Wahnsinn! Super! Wir unterschreiben dieses Abkommen jetzt, denn wir wollen einfach weiter handeln. Vielmehr müssen wir sehr wohl auch beachten, was wir aufgeben, wenn wir so etwas unterzeichnen. Ich möchte nicht, dass wir das aufgeben, was wir langfristig errungen haben, nämlich unsere hohen Standards und die sehr gute Qualität. Das stellt auch eine gewisse Form der Sicherheit für den Konsumenten dar, wenn er einkauft und nicht pausenlos lesen muss, ob Käse noch Käse oder kein Käse mehr ist. Das mag jetzt ein polemisches Beispiel sein, Fakt ist aber, dass in den Makkaroni with cheese, die da angeboten werden, wenn ich mir das genau anschaue, kein Cheese drinnen ist. Das kostet übrigens 1 EUR. Ich habe vorgestern mit einem jungen Unternehmer gesprochen, der in Kärnten Wurst erzeugt, und zwar Wildwurst. Er hat mir gesagt, dass er sehr gute Geschäfte macht und er glaubt, dass Europa sich gut selber ernähren kann. Er hält es für wesentlich, das die Nahrungsmittelwege kurz sind, weil wir auch besonders viel Energie verbrauchen, wenn wir die Produkte plötzlich quer über den Atlantik schicken. Auf der anderen Seite meinte er, dass er sich freuen würde, neue Absatzmärkte zu haben. Er warnt aber davor, dass, wenn billige Produkte kommen, die Masse der Bevölkerung vermutlich, auch auf Grund der sinkenden Kaufkraft in Europa, die Produkte kaufen wird und wir dann doch vielleicht mehr importieren als exportieren werden. All das müssen sicherlich die Spezialisten berechnen, vor allem aber müssen wir diese Sorgen ernst nehmen und den Menschen antworten, falls es Sorgen gibt, die nicht gerechtfertigt sind. Dann sollten wir den Leuten auch die Beispiele bringen, mit denen wir ihnen das erklären können. Ich möchte jetzt noch zur Sicherheit und Migration kommen: Europa ist eine der wenigen Regionen in der Welt, in welchen Sicherheit und Stabilität im Alltag wirklich spürbar sind, und natürlich haben die Bürger und Bürgerinnen auch ein großes Interesse an diesen stabilen und sicheren Verhältnissen. Die Europäische Union spielt dabei eine große Rolle. Sie ist nicht umsonst das größte Friedensprojekt weltweit. Wir haben das schon in anderen Zusammenhängen in den Vordergrund gestellt wie etwa beim Arbeitsschutz oder im Bereich der Lebensmittel oder der sozialen Sicherheit. Jetzt müssen wir eben auch der Herausforderung der illegalen Migration entgegentreten. Wir brauchen einfach Steuerungsmaßnahmen. Zu der Katastrophe, die sich jetzt im Mittelmeer ereignet hat, kann man nicht nur sagen, das ist eine derartige Katastrophe, dass einem die Worte fehlen. Trotzdem muss ich, wenn ich den Artikel von Martina Salomon "Europa kann nicht allen helfen" im "Kurier" lese, sagen, dass irgendwie auch daran etwas Richtiges ist, wenn sie sagt - ich möchte Ihnen das jetzt kurz vorlesen: "In Wahrheit sind die riesigen Wanderungsbewegungen das große politische Thema des Jahrhunderts, denn sie könnten die Sozialsysteme der Ankunftsländer überfordern genauso wie deren politische Strukturen." Darüber müssen wir nachdenken! Wir müssen uns fragen: Hält es Europa wirklich politisch und sozial aus, weitere Millionen in der Mehrzahl muslimische Afrikaner aufzunehmen, deren Herkunftsländer in Stammeskriegen, Zerstörung und Korruption gefangen sind? Ich meine, wir müssen über den Vorschlag der Innenministerin Mikl-Leitner betreffend Anlaufstellen nachdenken, wo man den Schutzbedarf der Asylwerber vorab prüft, denn es trifft sehr wohl zu, dass sehr viele Flüchtlinge eine wirtschaftliche Verbesserung möchten. - Auch das kann ich verstehen, denn würde ich in einem solchen Land leben, dann würde ich auch eine wirtschaftliche Verbesserung wollen! Die Frage ist nur: Was können wir uns zumuten? Wie können wir vor Ort helfen? Wir können ja jetzt nicht plötzlich ganze Kontinente verschieben, hier alle in die Wirtschaftskraft bringen, während dort die Kontinente aussterben. So geht Entwicklungshilfe nicht! Entwicklungshilfe funktioniert normalerweise so, dass man den Menschen, die sich entwickeln sollen, hilft, unabhängig zu werden. - Ich glaube, das ist unsere Herausforderung, und ich kann auch nicht verstehen, wohin all die Entwicklungsmilliarden über die Jahre geflossen sind, nämlich sichtlich nicht dorthin, wohin sie hätten fließen sollen! In diesem Zusammenhang wird man über neue Systeme nachdenken müssen. Auf jeden Fall beherbergen beziehungsweise aufnehmen müssen wir Menschen, die als Flüchtlinge Angst um Leib und Leben haben wie zum Beispiel syrische Flüchtlingsfamilien. Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Es gibt aber auch eine andere Diskussion in der Europäischen Union, und zwar betreffend Steuerungsmaßnahmen. Es kann nämlich nicht sein, dass wir Österreicher 10 276 Flüchtlinge im Jahr aufnehmen und andere Länder niemanden. So sehe ich einen Zusammenhalt nicht! Das sehe ich kritisch, und diesbezüglich kann eine Gemeinschaft nur zusammenwachsen, wenn man sich auch gemeinschaftlich verhält. Und da so etwas meist nicht ohne den kleinen Schubs einer Vorschrift funktioniert, wird eine entsprechende Vorschrift notwendig sein. Zur Rolle Wiens: Ich bin nicht der Meinung, dass kleine Länder nichts beitragen können. Ich glaube, dass der Einzelne etwas beitragen kann, und wir hier in Wien haben viel Wissen beziehungsweise Know-how. Wir können sehr viel beitragen. Wir können sehr viele Modelle anbieten. Wir selbst hier haben aber auch eine Verantwortung, und zwar können wir zum Beispiel ein Bürgercenter für Europafragen einrichten, oder wir können bei der Einreichung von EU- Projekten Erleichterungen schaffen, vor allem aber Hilfe ermöglichen. Wir können auch Budgetmittel in den Europaausschuss geben, damit wir kleine Projekte direkt aus dem Gemeinderatsausschuss heraus fördern können. Was aber vor allem für uns wichtig wäre, ist, wie schon Frau Europa-Abgeordnete Mag Schmidt gesagt hat, dass wir an Insuffizienzen einsparen. Das haben wir echt und wirklich in der Hand! Das ist nicht nur die Aufgabe Europas, sondern auch der Stadt Wien. Diesbezüglich besteht eine gemeinsame Verantwortung, und ein dementsprechendes Vorgehen wird die Zukunft Europas, unseres Landes und unserer Stadt sichern. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.) Vorsitzender GR Dipl-Ing Martin Margulies: Ich danke sehr. Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich ganz besonders auch den EU-Kommissar für europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen, Johannes Hahn, zurück an seiner ursprünglichen Wirkungsstätte begrüßen (Allgemeiner Beifall.) Als Nächster zu Wort gemeldet ist Klaus Werner-Lobo. GR Mag Klaus Werner-Lobo (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte KollegInnen aus dem EU-Parlament. Ich möchte kurz auf einen beziehungsweise auf zwei Punkte eingehen, die heute schon mehrfach angesprochen worden sind. Wir haben zu Beginn der Sitzung eine Gedenkminute für die Opfer des Genozids in Armenien gehalten. Und ich freue mich, dass es gelungen ist beziehungsweise gelingt, heute einen gemeinsamen Antrag zwischen SPÖ und GRÜNEN im Gedenken an diesen Genozid zu beschließen. Außerdem darf ich ankündigen, dass es heute um 18:30, beginnend beim Karlsplatz, einen "March for Justice" geben wird, bei dem man der Opfer dieses Genozids gedenkt. Wir haben schon heute in der Früh - und das wurde auch jetzt in der Debatte mehrfach angesprochen - der tausenden Toten in den letzten Jahren gedacht. Diese Menschen haben die Flucht aus ihren Heimatländern versucht, um Europa zu erreichen, sie haben sich eine Perspektive geschaffen und sind an diesem Versuch gescheitert, im Mittelmeer ertrunken und umgekommen. Das Ziel dieser Männer, Frauen und Kinder war es, ihr Überleben zu sichern beziehungsweise nicht nur ihr Überleben zu sichern, sondern meist auch in diesem reichen Europa eine Perspektive zu finden, um in der Folge dann auch ihren Angehörigen helfen zu können. Das ist nämlich das Ziel der meisten Menschen, die aus Armut und Elend und vor Kriegen flüchten. Und im Übrigen ist diese Form von Migration die effizienteste Form von Entwicklungshilfe: Mit den sogenannten "remittances" überweisen MigrantInnen und Flüchtlinge Geld in ihre Heimatländer an ihre Familien, um ihren Angehörigen damit zum Beispiel Schulbesuche oder Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Das sind jährlich ungefähr 300 Milliarden EUR. Das ist die effizienteste Form von Entwicklungshilfe, die es weltweit gibt. Deswegen ist es eigentlich zu begrüßen, wenn Menschen auf der Flucht vor Elend diese Perspektive suchen! Jetzt gerade in diesen Minuten startet ein Flugzeug von Wien-Schwechat nach Pakistan, und mit diesem Flugzeug werden nicht Urlauber und Urlauberinnen nach Pakistan gebracht, sondern es ist dies ein Flugzeug der Asylabschiebeindustrie, die davon profitiert, dass Menschen - zum Teil in den Tod - abgeschoben werden. Diesfalls sind es zum Beispiel vor allem Menschen, die aus dem Norden Pakistans, aus dem Swat-Tal, zu uns geflüchtet sind, wo ihre Familien vom Tod bedroht sind, wo es noch immer Taliban gibt, wo Menschen umgebracht und ihre Heimstätten zerstört werden. Und diese Menschen werden auch in Österreich und auch von der österreichischen Bundesregierung in ein Land abgeschoben, wo ihnen Verfolgung und Tod drohen. All das muss man bedenken, wenn wir hier über Flucht reden. Wir müssen uns zuallererst, wenn wir als Europäer und Europäerinnen, aber auch als Österreicher und Österreicherinnen darüber reden, die Frage stellen, warum Menschen überhaupt zu uns flüchten und wie wir damit umgehen. - Die meisten dieser Menschen kommen aus Ländern, die wesentlich reicher sind als Österreich oder Deutschland beziehungsweise die meisten Länder der Europäischen Union. Sie kommen aus Ländern wie Nigeria, dem Kongo oder dem Sudan, und sie flüchten aus diesen Ländern nicht, weil dort so schlechtes Wetter oder so schlechte Bedingungen für Landwirtschaft, Rohstoffanbau, Industrie, und so weiter herrschen, sondern weil diese Reichtümer aus diesen Ländern ausgebeutet werden: Die Reichtümer dieser Länder werden unter anderem von Ländern der Europäischen Union ausgebeutet, unter anderem von unserer Wirtschaft. Wenn man bedenkt, dass zum Beispiel die europäischen Erdölkonzerne Nigeria seit den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ausbeuten und dort Umweltschäden und -zerstörung in Höhe von ungefähr 60 Milliarden US-Dollar angerichtet haben, dann wundert man sich nicht, wenn Menschen etwa aus einer Region wie dem Niger-Delta, das dort auf Jahrzehnte hinaus von europäischen Konzernen zerstört und ausgebeutet wurde, zu uns flüchten. Das Niger-Delta ist doppelt so groß wie Oberösterreich, und viele Menschen flüchten von dort, obwohl das ehemals eine extrem reiche Region war. Sie flüchten, weil ihnen diese Reichtümer weggenommen und hierher getragen wurden, und jetzt kommen sie nach. Ähnlich sieht es mit Menschen aus dem Sudan aus, wo zum Beispiel die österreichische OMV jahrelang tätig war und mit einem korrupten, verbrecherischen Militärregime zusammengearbeitet hat, durch welches ganze Dörfer mit Luftangriffen zerstört wurden, um die Interessen der Ölindustrie zu schützen. Und jetzt kommen diese Menschen nach. Ähnlich ist es mit Menschen aus dem Kongo, wo ich mich selbst vor einigen Jahren, bevor ich Gemeinderat war, als korrupter Rohstoffhändler ausgegeben habe, um undercover nachzuweisen, dass der deutsche Bayer-Konzern dort mit seiner Tantalförderung den größten Krieg auf der Welt seit 1945, nämlich den Krieg in der Demokratischen Republik Kongo mit fünf Millionen Toten in fünf Jahren, für seine eigene Profitinteressen geführt hat. Diese Menschen flüchten jetzt also aus reichen Ländern, deren Reichtümer weggenommen wurden, zu uns, wohin die Reichtümer getragen wurden. Und was geschieht ihnen hier? - Hier sagen ihnen die Innenminister und Innenministerinnen: Raus! - Das ist ungefähr so, wie wenn ich zu meinem Nachbar gehe, das ganze Bier aus seinem Kühlschrank ausräume und in meine Wohnung trage und am Abend eine große Party mache und dann, wenn der Nachbar bei mir anklopft und sagt, dass er gerne mitfeiern und auch eine Flasche Bier von jenen haben möchte, die ich ihm weggenommen habe, sage: Raus! - Das ist der Umgang der Europäischen Union mit Menschen aus Ländern, deren Reichtum diese Europäische Union mit ausgebeutet hat. Kollege Leichtfried hat heute schon angesprochen, mit welchen Methoden das betrieben wird, nämlich mit einer neoliberalen Wirtschaftspolitik, die die Konzerne, die hier Profite machen, nicht einmal mehr besteuert. Sie haben den Konzern Starbucks erwähnt, der in der Europäischen Union keine Steuer mehr zahlt. - Das stimmt nicht ganz. In Österreich zahlt er noch Steuern. Im Jahr 2013 hat die Firma Starbucks 1 311 EUR Steuern gezahlt. Das gesamte Unternehmen Starbucks hat 1 311 EUR Steuern bezahlt! So. Man hat jahrelang eine solche Wirtschaftspolitik auf dem Rücken der Armen betrieben, in deren Rahmen jahrelang hunderte Millionen von Euro für Exportsubvention für die Landwirtschaft aufgewendet wurden. Das hat man jetzt zum Teil aufgegeben, allerdings unter der Bedingung, dass dort Restrukturierungsprogramme und neoliberale Privatisierungsprogramme durchgeführt werden. Und nachdem man mit Exportsubventionen der europäischen Landwirtschaft die dortigen Landwirtschaften und die dortigen Märkte zerstört hat, braucht man sich nicht zu wundern, wenn Menschen von dort flüchten! Die jährliche weltweite staatliche Entwicklungshilfe, also die Summe der Entwicklungshilfe, die alle Staaten des Nordens weltweit an die Länder des Südens bezahlen, beläuft sich im Durchschnitt pro Jahr auf ungefähr 100 Milliarden Dollar. Es wird allerdings geschätzt, dass die Kreditzahlungen und Zinsenzahlungen für Schulden allein für diese landwirtschaftlichen Exportsubventionen 1 500 Milliarden US-Dollar pro Jahr betragen. Das ist das 15-Fache! - Das heißt, in Wahrheit zahlt eigentlich der Süden Entwicklungshilfe an den Norden, und zwar zahlen die Länder des Südens an den Norden, wie gesagt, ungefähr das 15-Fache von dem, was sie vom Norden an Entwicklungshilfe erhalten. Das heißt, es findet jedes Jahr eine Ausbeutung von Menschen statt, die in diesen Ländern leben. Und unter diesem Blickwinkel muss man auch die Gründe sehen, warum Menschen aus diesen Ländern flüchten. Aber wirklich nur die Allerwenigsten schaffen den Weg zu uns. Das schaffen nur jene wenigen, denen es gelingt, Geld zusammenzulegen, um Schlepper zu bezahlen, die ihnen den Weg nach Europa erleichtern. Die Wenigsten schaffen es bis hierher. Viele von ihnen ertrinken im Mittelmeer oder werden an den Grenzen abgewiesen oder werden - wie gerade jetzt geschieht - aus reichen Ländern wie Österreich wieder abgeschoben. Das ist ein unglaublicher Skandal! Es ist ein unglaublicher Skandal, diese Länder auszubeuten und auszurauben und dann die Menschen nicht hierher zu lassen! Warum etablieren wir nicht ein Modell, wie es die Europäische Union hat? Das ist nämlich das einzige funktionierende Modell! Die Europäische Union hat vier Grundfreiheiten, nämlich die Freiheit des Warenverkehrs, die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs, die Freiheit des Kapitalverkehrs (GR Armin Blind: Das ist weltweit!) und die Niederlassungsfreiheit. Weltweit hat man nur die ersten drei Grundfreiheiten. Weltweit herrschen die Freiheit des Kapitals und seiner Profiteure, die Freiheit der Konzerne und die Freiheit des neoliberalen Handels, von dem nur die Multimillionäre und die Milliardäre profitieren, während die Menschen nicht frei sind, während die Menschen nicht die Freiheit haben, sich niederzulassen, zu arbeiten und zu leben, wo sie wollen, und ihre Perspektiven zu suchen. Es sind nur die Allerwenigsten, die flüchten würden. Und es würde fast niemand aus dem Elend flüchten müssen, wenn wir endlich die Ausbeutung beenden würden! Das müsste eigentlich die erste Maßnahme reicher Länder wie Österreich beziehungsweise der Europäischen Union oder einer progressiven Politik sein, diese Ausbeutung zu stoppen und Flucht hierher unnotwendig zu machen. Was wir allerdings tun, ist noch immer das Gegenteil davon! Ich finde es beschämend, dass ein Land wie Österreich und die österreichische Bundesregierung bei dieser neoliberalen Abschottungspolitik mit macht und sich zwar Vertreter dieser Regierung am Montagabend hinstellen, Schweigeminuten einlegen, Betroffenheit zeigen und wegen der tausenden Toten im Mittelmeer mittrauern, dass aber bereits am nächsten Tag entsprechende Gesetze mitbeschlossen, die Mauern Europas weiter hochgezogen, die Festung Europa weiter verstärkt und die Flüchtlinge weiter von den Grenzen zurückgewiesen werden. Das ist beschämend! Ich denke mir, dass gerade Wien als eine Weltstadt diesbezüglich einen anderen Weg gehen muss, und daher freue ich mich, dass wir heute gemeinsam mit dem Koalitionspartner einen Beschluss- und Resolutionsantrag vorlegen werden, der die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer zum Anlass nimmt, einmal grundsätzlich darüber nachzudenken, was denn eine menschenfreundliche, weltoffene Flüchtlings- und Migrationspolitik wäre. Denn das, dem der Bund zustimmt und was auf EU-Ebene beschlossen wird, ist das Gegenteil vom dem, was hilft. Die Europäische Union hat als Reaktion auf die Toten im Mittelmeer einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt, aber jeder einzelne dieser zehn Punkte, die erarbeitet wurden, ist eigentlich zu kritisieren. Man hatte wirklich die Chuzpe, diese unglaubliche Tragödie der vielen Tausenden Toten im Mittelmeer zum Anlass zu nehmen, um noch eine Verschärfung der Flüchtlingspolitik vorzunehmen. - Ich gehe jetzt jeden einzelnen dieser zehn Punkte durch, damit wir sehen, welche Chuzpe das ist und wie beschämend das ist. Der erste Punkt betrifft mehr Seenothilfe, für die Grenzüberwachungsprojekte "Triton" und "Poseidon" soll es mehr Geld geben. Zudem - so heißt es - könnte das Gebiet, auf dem diese Schiffe unterwegs sind, vergrößert werden. Was sind diese Grenzüberwachungsprojekte "Triton" und "Poseidon"? - Das sind Projekte der Mörderagentur Frontex. Frontex ist eine Kriegserklärung gegen die Armut. Frontex schickt Kriegsschiffe gegen die Armen aus. Die Schiffe von Frontex drängen Menschen ins Mittelmeer zurück, um die Grenzen zu schützen und die Menschen daran zu hindern, nach Europa zu kommen. Die Mördertruppen von Frontex versenken die Menschen im Meer und lassen sie sterben, lassen sie jämmerlich verrecken. (Beifall bei den GRÜNEN. - Zwischenrufe bei der FPÖ.) Und es ist eine unglaubliche Chuzpe, es als Rettung zu bezeichnen, wenn die paar Schiffe dieser Agentur ein paar von den Menschen, die sie abgeschreckt haben, dann auffangen! Das ist so, wie wenn ich einen Bankräuber, der in eine Bank geht, um die Kassierin zu ermorden, dafür bezahle, dass er dann die Kosten für die Verbände für Verwundungen übernimmt, oder so, wie wenn ich einen Bankräuber dafür bezahle, dass er die Tür, die er in der Bank eingeschlagen hat, wieder repariert. Das ist so, wie wenn ich jemanden dafür bezahle, dass er die Opfer, die er verursacht hat, dann selbst verarztet. (Zwischenruf von GR Armin Blind.) Nein! Ich traue der Frontex nicht zu, diese dringend notwendigen Rettungsprogramme vorzunehmen. Dafür braucht es vielmehr eine Wiederaufnahme des doch relativ erfolgreichen Rettungsprogrammes "Mare Nostrum". Dieses hat man eingestellt. Es hat sehr wenig gekostet, ein paar Millionen. Es wäre notwendig, dieses Programm "Mare Nostrum" wieder aufzunehmen, um eine tatsächliche Rettung von Flüchtlingen aus Seenot zu betreiben. Zweiter Punkt - die Vernichtung von Schlepperbooten: Es heißt, man will Schlepperboote beschlagnahmen und vernichten. - Ich frage mich: Was für einen Sinn soll das machen? Was soll es bringen, wenn ausgerechnet die Boote, die ohnehin zu schlecht ausgestattet sind, vernichtet werden sollen, damit dann Flüchtlinge auf noch kleinere, noch schlechter ausgestattete Boote, auf kleine Nussschalen, umsteigen müssen, auf denen sie ganz sicher dem Tod geweiht sind?! Warum versucht man nicht stattdessen, entsprechende Seerettungsprogramme durchzuführen oder überhaupt den Transport von Flüchtlingen auf legale und sichere Beine zu stellen? Dritter Punkt: Zusammenarbeit mit EU-Ermittlern bei der Verfolgung von sogenannten Schleppern. - Wissen Sie, was Schlepper sind? - Ein Freund von mir ist so ein Schlepper: Elias Bierdel von der Flüchtlingshilfsaktion Borderline, der mit dem Schiff Cap Anamur vor einigen Jahren einige Menschen aus Seenot gerettet hat. Er ist auf eigene Faust mit ein paar Kollegen und Kolleginnen hinausgefahren, und sie haben Menschen, die am Ertrinken waren, aus dem Mittelmeer gefischt und deren Leben gerettet. Und für diese Rettung von Menschenleben stand er als Schlepper jahrelang vor Gericht. Das ist es, was wir als Schlepper bezeichnen: Menschen, die in Wahrheit Flüchtlingshilfe betreiben, die Menschen aus Seenot retten! Und diese Personen stehen dann als Schlepper vor Gericht! Die Europäische Union will genau diese Menschen dann auch noch verfolgen, anstatt diese Aufgabe selbst in die Hand zu nehmen und den Menschen zu helfen. Auch der nächste Punkt ist an Chuzpe nicht zu überbieten, nämlich die Bearbeitung von Asylanträgen. Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen soll nach dem Willen der Kommission Teams in Italien und Griechenland bereitstellen, um Asylanträge schnell zu bearbeiten. Warum ermöglicht man nicht stattdessen wieder die legale Asylantragstellung in den Heimatländern? Das kann in Form von Botschaftsasyl oder mit anderen Mitteln ermöglicht werden. Das Wesentliche dabei ist, dass es wieder möglich sein muss, Europa legal zu erreichen. Fünfter Punkt: Da hat man wirklich diese Flüchtlingskatastrophe zum Anlass genommen, um ein Orwell'sches Überwachungssystem zu etablieren! Die EU-Staaten sollen nämlich sicherstellen, dass alle Flüchtlinge - alle Flüchtlinge! - mit Fingerabdrücken erfasst werden. Wissen Sie, was das heißt? - Das heißt, dass man gegen Menschen vorgeht, die aus Armut und Elend flüchten und sie quasi zur totalen Überwachung frei gibt! Weitergedacht bedeutet das, dass Menschen, die in Armut geboren sind, registriert werden sollen und man sie überwacht und schon von vornherein rein auf Grund ihrer Herkunft und ihrer Armut wie Kriminelle behandelt! Ferner sollen die Möglichkeiten ausgelotet werden, ob Flüchtlinge im Notfall gemäß einem Sondermechanismus verteilt werden. - Wenn jetzt immer über die sogenannte faire Verteilung von Flüchtlingen auf europäische Länder diskutiert wird, dann wird ja der Eindruck vermittelt, als ob Flüchtlinge eine Last wären. - Ich meine, wenn man eine richtig gute Flüchtlingspolitik betreibt, dann können Menschen, die zu uns kommen, als Bereicherung gesehen werden Abgesehen davon: Derzeit werden in Österreich - wenn wir uns einmal unser Land ansehen - jährlich von ungefähr 17 000 Menschen Asylanträge gestellt, das ist ungefähr ein Drittel der Anzahl von Menschen, die in das Ernst-Happel-Stadion passen. Man bräuchte also drei Jahre, um mit allen Asylwerbern und Asylwerberinnen, die derzeit Asylanträge stellen, ein Fußballstadion zu füllen! Und davor fürchten wir uns jetzt? Davor haben wir jetzt Angst und wollen wir Programme machen, wie wir diese Menschen schneller abschieben können, und so weiter? - All das ist nichts anderes als neue Formen von Kolonialismus! Das ist Rassismus und eine Abschottungspolitik, die der Menschwürde, der Europäischen Union und unserer Demokratie nicht würdig ist! Ich freue mich, dass es uns hier heute zumindest zum Teil gelingt, eine Resolution dagegen zu beantragen, die damit schließt: "Der Wiener Gemeinderat bekennt sich dazu, dass Wien weiterhin eine Stadt sein und bleiben soll, in der Flüchtlingen geholfen und ihnen ein Leben ohne Angst und mit neuen Perspektiven ermöglicht wird." Ich glaube, dass das nicht nur aus humanitären Gründen notwendig ist. Ich glaube, dass es Wien auszeichnet und auszeichnen muss, als Weltstadt ein Beispiel zu sein, und zwar nicht nur betreffend humanitäre, menschenrechtliche Mindeststandards. Ich glaube, wir sollten voranschreiten! Ich glaube, wir sollten weltweit so als Stadt auftreten, dass andere Länder bewundernd nach Wien schauen, weil wir eine so humane und menschfreundliche Flüchtlingspolitik betreiben, mit welcher die Menschen, die aus anderen Ländern zu uns flüchten, auf Augenhöhe wahrgenommen, als Bereicherung gesehen und in eine Gesellschaft integriert werden, in der gemeinsam mit den Flüchtlingen diese Gesellschaft besser gemacht und neu gestaltet wird! - Ich danke ihnen dafür. (Beifall bei den GRÜNEN.) Vorsitzender GR Dipl-Ing Martin Margulies: Ich bedanke mich. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Gudenus. Redezeit 20 Minuten. GR Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke sehr. - Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Gäste aus dem EU-Parlament! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben jetzt wahrscheinlich die Abschiedsrede eines intern bei den GRÜNEN abgewählten Asyllobbyisten gehört. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie von GR Dr Wolfgang Aigner.) Diese Rede war gespickt mit Aussagen, die sogar den GRÜNEN schon zu arg sind, denn sonst wäre Herr Lobo ja auch auf der zukünftigen Liste als Kandidat vorhanden. Wir haben hier jetzt eine Aneinanderreihung an irrationalen Ansichten gehört, die wirklich ihresgleichen suchen! Das kann man ja kaum mehr in Worte fassen! Herr Lobo! Wir haben sehr wohl das Recht, als Staat auf unsere Eigenständigkeit zu achten, und zwar erstens innerhalb einer europäischen Gemeinschaft, aber auch wenn es darum geht, unsere Zuwanderung zu regeln. Genau das wurde aber in den letzten Jahren missachtet und auch mit Füßen getreten. Sie sprechen dauernd von Flüchtlingen, Herr Lobo. - Der Großteil dieser Menschen, die nach Europa kommen - wenn man auch im Einzelfall vielleicht irgendwie subjektiv verstehen mag, warum sie kommen -, sind laut Genfer Flüchtlingskonvention keine Flüchtlinge, sondern illegale Zuwanderer! Und ich habe es satt, dauernd von Flüchtlingsbooten zu lesen und zu hören. Es ist zwar wirklich traurig, dass Menschen umkommen, aber von Flüchtlingen zu sprechen, ist schlichtweg falsch. Das ist falsch! Damit lügen wir uns selbst in den Sack. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie von GR Dr Wolfgang Aigner.) Das ist einer der größten Lügen in der Zweiten Republik auf Kosten der Steuerzahler. Es sind genau diese Asyllobbyisten wie Sie, die im Endeffekt nur danach trachten, dass sich diese Asyllobby unter dem Vorwand der Menschlichkeit weiter ausbreitet, und dabei geht es nur um eines: Das ist die reine Profitgier auf Kosten der Steuerzahler, und das unterstützen Sie! (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie von GR Dr Wolfgang Aigner.) Genau das unterstützen Sie! Der Steuerzahler kann das blechen, er kann brennen, damit sich einige Anwälte, Dolmetscher, Gutachter, Asylvereine, Flüchtlingshelfer, wie Sie es nennen, beziehungsweise Schlepper eine goldene Nase verdienen. Damit muss Schluss sein, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist zu viel! Wir haben schon genug gezahlt! (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie von GR Dr Wolfgang Aigner.) Da kommen genau solche Asyllobbyisten wie Sie und sagen, dass die Schlepperbanden Fluchthelfer sind. Man zieht dann einen Vergleich mit dem alten System der DDR und denjenigen Menschen, denen geholfen wurde, aus der DDR nach Westdeutschland zu fliehen, einen Vergleich mit diesen heldenhaften Taten. Diejenigen, die den Menschen 500 EUR im besten Fall beziehungsweise - wie man hört - bis 30 000 EUR abknöpfen, sind keine Helden! Diejenigen, die andere auf irgendeinem Schinakel, das dann untergeht, über das Mittelmeer schicken, sodass unschuldige Menschen ertrinken müssen, sind keine Helden, das sind Verbrecher, und deren Verbrechen müssen auch als solche geahndet werden! (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie von GR Dr Wolfgang Aigner.) Wie gesagt: Diese Asylpolitik ist eine der größten Lügen überhaupt, die wir in letzter Zeit erleben müssen. Es ist eine Lüge, dauernd von Flüchtlingen zu sprechen, wenn es sich um illegale Einwanderer handelt. Aus der Statistik des Asylgerichtshofs geht ganz klar hervor, dass rund 20 Prozent einen echten Asylgrund haben, nämlich politisch, rassisch oder religiös verfolgt werden, der Rest hingegen keinen Asylgrund hat. Wenn Sie heute davon sprechen, dass ein Flugzeug mit Leuten, die abgeschoben werden sollen, nach Pakistan abhebt, also einige von diesen 80 Prozent, dann ist das sowieso nur ein Bruchteil von denen, die abgeschoben werden sollen, der Rest bleibt sowieso im Land! Viele sind hier, haben keinen echten Asylgrund, was vom Asylgericht auch so ausgeführt und rechtskräftig entschieden wurde. Die wenigsten werden abgeschoben und verlassen das Land, die meisten bleiben hier in der Illegalität, und Herr Bgm Häupl ist auch noch stolz darauf, dass die Grundversorgung an solche Leute ausbezahlt wird, während der Heizkostenzuschuss für bedürftige Wiener gestrichen wird. - Das ist eine Schande, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie von GR Dr Wolfgang Aigner.) Abg Leichtfried hat auch darüber geredet, ob die EU Verantwortung hat oder die Mitgliedsstaaten Verantwortung dafür tragen, dass so viele Menschen nach Europa kommen, beziehungsweise wer die Verantwortung an der Flüchtlingstragödie trägt. - Das ist eine schwierige Frage, aber ich kann sagen: Sind es nicht vielleicht die großartig ausbezahlten Sozialleistungen in Wien, in Österreich beziehungsweise in den Sozialstaaten Europas, die der Magnet sind, dass die Menschen gerade in diese Länder kommen wollen? Hat das nicht eine Magnetwirkung, die vielleicht doch einmal eingestellt werden sollte? Wenn man nämlich den Menschen signalisiert, dass illegale Zuwanderer nicht willkommen sind und auch kein Geld bekommen, dann werden sie bald aufhören, nach Europa zu kommen beziehungsweise übers Mittelmeer fahren zu müssen. (Zwischenruf von GRin Birgit Hebein.) Ja, Frau Kollegin Hebein, Sie können sich gerne zu Wort melden, überhaupt kein Problem! (GRin Anica Matzka-Dojder: Dass Sie sich nicht für das schämen, was Sie sagen!) Wenn wir aber den Menschen signalisieren, dass wir natürlich für Leute da sind, die etwas einbringen, sich integrieren und Leistung erbringen wollen, und dass wir diese willkommen heißen und für sie offene Türen haben, dann hat das einen Effekt, der richtig ist. Das geschieht zum Beispiel in Kanada, in Australien oder Neuseeland. Wir aber signalisierten leider in den letzten Jahren und Jahrzehnten und signalisieren auch jetzt das Gegenteil. Die EU oder die Mitgliedstaaten untereinander sollten sich endlich einmal dazu aufraffen können, etwa mit nordafrikanischen Ländern oder Staaten im Nahen Osten in Verhandlung in zu treten, um dort menschenwürdige Zentren für Menschen, die verfolgt werden, oder auch für Menschen, die glauben, aus wirtschaftlichen oder sozialen Gründen ihre Heimat verlassen zu müssen, zu schaffen, damit diese Menschen dort menschenwürdig betreut werden. Es müssten für sie alle entsprechende Möglichkeiten geschaffen werden, nämlich Bildung für die Kinder und Jugendlichen, Weiterbildung für die Erwachsenen und auch Arbeitsmöglichkeiten. Wenn dann nämlich der Verfolgungsgrund in der Heimat im jeweiligen Kontinent wegfällt, man den Menschen die Möglichkeit gibt, so schnell wie möglich nach Hause zurückzukehren und natürlich auch mit der Unterstützung der sogenannten Ersten Welt ihre Heimat aufzubauen, dann wäre das die menschlichste und menschenwürdigste Variante, und diese streben wir Freiheitliche an. Und wenn wir in der Regierung sind, werden wir sicherlich für ein solches Modell kämpfen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie von GR Dr Wolfgang Aigner.) All das sind auch Versäumnisse der EU. Ich, sehr geehrter Herr Lobo, bin auch kein großer Freund von irgendwelchen EU-Institutionen. Aber wenn Sie eine EU-Institution als "Mörderinstitution" bezeichnen, Herr Lobo, dann ist meiner Meinung nach ein Ordnungsruf das Mindeste, was hier gegeben werden muss! (GR Dominik Nepp: Das ist wirklich unglaublich!) Ich weiß nicht, wo der Vorsitz da war! Das zeigt wirklich die Geisteshaltung, die hier herrscht. Aber das war anscheinend wirklich Ihre Abschiedsrede, Herr Lobo. Sie haben alles gegeben. Sie haben alles gegeben, um den Leuten zu zeigen, was in Ihrem Kopf oder auch im Kopf der meisten GRÜNEN vorgeht. - Ich danke sehr für diesen Einblick, den Sie uns wieder einmal gegeben haben. Danke! (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie von GR Dr Wolfgang Aigner.) Aber kommen wir jetzt zum eigentlichen Thema EU. Ich wiederhole und habe es schon vorher bei meiner Wortmeldung zur Geschäftsordnung gesagt: Es ist eine großartige Sache, dass wir in Wien mit EU-Mandataren über die EU-Themen, die EU-Problematiken und über die Zukunft Europas diskutieren können. Das ist gut so. Das unterstützen wir, und ich hoffe, das wird auch so weitergeführt werden. Dass man natürlich nicht einer Ansicht ist, das ist auch klar. Das sind wir hier im Saal bei den meisten Themen nicht, aber deswegen machen wir ja Politik, und deswegen gibt es die Demokratie. Das ist natürlich unterstützenswert, und ich hoffe, dass das weiterhin in dieser Art gehandhabt werden wird! Ich bin mir sicher, dass die EU-Mandatare auch relativ froh sind, einmal länger reden zu dürfen als nur ein paar Minuten im EU-Parlament. Heute bestand die Möglichkeit, bis zu 40 Minuten zu reden, also konnte man sich im politischen Sinne richtig austoben. Im Vergleich dazu ist das im EU-Parlament ja nicht möglich, dort muss man die Wortmeldungen und die Gedanken relativ reduzieren. Wenn wir heute über das Thema "20 Jahre EU-Mitgliedschaft Österreichs" diskutieren, dann kommen einem viele Gedanken. Es wurde auch schon viel dazu gesagt, aber ich sage jetzt, ein wirklicher Grund zum Feiern ist das schon lange nicht! Das ist kein Grund zum Feiern. Feierstimmung und Jubelstimmung kommt bei den Menschen nicht auf. Das Vertrauen in die EU ist nicht gestiegen. Im Gegenteil: Es ist gesunken. Es geht vor allem um die Frage: Waren die letzten 20 Jahre wirklich so gut für die Menschen? Waren die letzten 20 Jahre so gut für die Völker und die Staaten in Europa? Waren die letzten 20 Jahre überhaupt gut für Europa? In diesem Zusammenhang muss man auch betonen: Die EU ist nicht Europa. Europa ist viel mehr, ist viel mehr als die EU! Die EU ist ein Verein einiger Mitgliedstaaten. Aber wenn die EU für sich den Alleinvertretungsanspruch für ganz Europa beansprucht und dann plötzlich jahrelang mit einem nichteuropäischen Land wie der Türkei über einen Beitritt verhandelt, dann fragt man sich wirklich: Kann man einem solchen EU-Europa überhaupt noch vertrauen? - Dabei bin ich gar nicht auf die Türken böse, denn sie hatten ja 50 Jahre lang, seit dem Assoziierungsabkommen für eine europäische Integration, die Karotte vor der Nase. Da muss sich schon die EU selbst an der Nase nehmen, dass sie nicht schon viel, viel früher ganz einfach gesagt hat: Liebe Freunde aus der Türkei! Wir arbeiten mit euerm Land gerne zusammen, wir kooperieren und betreiben einen wirtschaftlichen und kulturellen Austausch. Aber die EU ist ein europäischer Verein, und ihr seid kein europäisches Land, für euch ist eine Mitgliedschaft einfach nicht möglich! - Das wäre einmal eine ehrliche Aussage gewesen, ein Schlussstrich unter dieser langjährigen Politik des Anlockens der Türkei an die Europäische Union. Das wäre richtig gewesen. (Beifall bei der FPÖ.) Aber es gäbe natürlich noch viel mehr Gründe, die Türkei nicht Mitglied werden zu lassen, allein etwa in Anbetracht dessen, dass der Völkermord an den Armeniern nicht anerkannt wird oder dass die Türkei jetzt zum Beispiel Österreich mit Sanktionen droht, weil wir im Parlament eine entsprechende Resolution verabschiedet haben. - Das sind natürlich wichtige Punkte. Wir werden heute auch einen Antrag einbringen, den ich dann abgeben werde, dass der Völkermord an den Armeniern seitens der Türkei auch hier im Gemeinderat als solcher anerkannt wird und dass wir natürlich dieses Völkermords und der Opfer auch 100 Jahre danach gedenken. Diesen Antrag bringen wir heute ein, und ich hoffe auch auf Zustimmung, weil ich weiß, dass auch ein anderer Antrag eingebracht wird, hinsichtlich dessen wir aber vorher gar nicht gefragt wurden, ob wir uns daran beteiligen wollen. Wir selbst sind aber tätig geworden. Ein anderer Punkt ist natürlich auch die Frage - und auch das ist ein Grund für den Vertrauensverlust gegenüber der EU -, ob die EU wirklich ein eigenständiges europäisches Projekt ist oder die Einflussnahme seitens der Vereinigten Staaten nicht doch sichtbar geworden ist, und zwar spätestens seit ungefähr 14 Monaten, seit dem Maidan, als die EU seitens der Vereinigten Staaten fast gezwungen wurde, Wirtschaftssanktionen gegen ein Land zu verhängen, mit dem eigentlich die meisten europäischen Staaten in den letzten Jahrzehnten auf wirtschaftlicher und kultureller Ebene nicht schlecht kooperiert haben. Das geschah auf Wunsch der Vereinigten Staaten, das hat auch der US-Vizepräsident Joe Biden zugegeben, dessen Sohn ja ganz gut in der ukrainischen Energiewirtschaft untergekommen ist. Er hat im vergangenen Jahr, am 2.10.2014, bei einer Rede an der Harvard Universität gesagt und zugegeben, dass Obama auf die Sanktionen seitens der EU bestanden hat, auch wenn die Sanktionen einen wirtschaftlichen Schaden für die europäischen Staaten und die EU anrichten werden. Obama hat darauf bestanden. Sie wünschen, wir spielen, und Europa hat leider mitgespielt. Die österreichische Regierung hat leider mitgemacht, die Regierungsparteien haben sich nicht dagegen verwahrt. - Daran sieht man, dass die europäische Integration doch eher ein Projekt ist, um aus geostrategischem Interesse für amerikanische Interessen auch hier zu wirken. Da lachen Sie so überrascht. Aber das sieht man doch mit freiem Auge: Es gibt Sanktionen auf Bestellung der USA, Europa tanzt mit, und den Schaden tragen die europäischen Völker. Das ist eine europafeindliche Politik, und nicht zu Unrecht betrachten mittlerweile viele Menschen in der EU die Europäische Union eigentlich als europafeindliches Projekt. Und das ist schade, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie von GR Dr Wolfgang Aigner.) Einen Punkt möchte ich noch ansprechen, weil ja immer vom "Friedensprojekt Europa" gesprochen wird. Überhaupt keine Frage: Es gab in den letzten Jahrzehnten auf dem Gebiet der EU keine kriegerischen Auseinandersetzungen, im Nahebereich hingegen schon, etwa auf dem Balkan oder so wie jetzt in der Ukraine, und das ist auch nicht lustig. Die EU ist da nicht ohne Verantwortung. Völkerrechtlich gab es keine Kriege, aber Unruhen gibt es schon lange, etwa in den Pariser Vororten, in Südschweden, in Berlin, in London. Ethnische Konflikte, meine sehr geehrte Damen und Herren, gibt es in Athen, in Madrid, in Rom tagtäglich. Es steht gar nicht mehr in der Zeitung, wenn ein paar Autos brennen. Es steht in der Zeitung, wenn 100 Autos pro Nacht brennen, aber wenn 10 Autos pro Nacht brennen, da wird darüber gar nicht mehr geschrieben. Das ist Faktum. Das heißt: Ob diese EU wirklich das Friedensprojekt schlechthin ist, wage ich zu bezweifeln. Es gibt zwar keine völkerrechtlichen Kriege, aber es gibt Unruhen, Auseinandersetzungen und Krisen. Ob es sich also um ein Friedensprojekt handelt, stelle ich schon sehr in Zweifel. Man muss nämlich bedenken, dass man ein Land oder Völker oder einen ganzen Kontinent auch ohne Kriege zerstören kann. Was die EU leider in den letzten Jahrzehnten völlig vernachlässigt beziehungsweise nicht zum wichtigen Thema gemacht hat, ist auch der Themenkreis: Wie schaut es mit den eigenen europäischen Familien und den Zahlen der Geburten aus? Zu glauben, ein Geburtendefizit durch - großteils illegale - Massenzuwanderung kompensieren zu können, ist zu kurz gedacht. Das funktioniert nicht. Die ethnischen Konflikte, von denen ich vorher gesprochen habe, liegen ja auf der Hand. Es ist dies eine Blauäugigkeit der EU, denn wenn ein Staat oder eine Gebietskörperschaft im weitesten Sinne wie die EU ernst genommen werden will, dann muss natürlich auch danach getrachtet werden, dass es - ich drücke das jetzt ganz technisch aus - Reproduktion gibt. Das ist aber leider in Österreich nicht der Fall, und das ist in Europa auch nicht der Fall, und das ist schade, denn dadurch wird es keine Zukunft für uns Europäer geben! Das ist wirklich ein Punkt, den wir Freiheitlichen auch offen ansprechen und thematisieren wollen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie von GR Dr Wolfgang Aigner.) Abschließend ein Thema, das Wien im Speziellen betrifft, nämlich die Ostöffnung des Arbeitsmarktes. Das ist ein Punkt, über welchen wir Freiheitlichen die letzten Jahre immer gesprochen haben. Wir haben immer dafür plädiert, die Übergangsfristen auszuweiten. Jetzt gab es am 1.5.2011 und am 1.1.2014 zwei Öffnungsschritte des Arbeitsmarktes, und davon sind Wien und Ostösterreich im Speziellen betroffen. Die Zahlen in diesem Zusammenhang haben wir von der FPÖ uns nicht aus den Fingern gesogen, sondern das sind Zahlen des AMS beziehungsweise des Sozialministeriums: In den vergangenen Jahren wurden 12 000 Wienerinnen und Wiener seitens billigerer Arbeitskräfte aus Osteuropa vom Arbeitsmarkt verdrängt. Das ist nicht wenig angesichts der hohen Arbeitslosigkeit, die wir ohnehin schon haben! Uns liegen Zahlen vor, dass von den Arbeitslosen in Wien die Hälfte Migrationshintergrund hat, denn es werden ja auch Migranten vom Arbeitsmarkt verdrängt, und ein Drittel der Arbeitslosen sind Ausländer. - Im Hinblick darauf fragt man sich, wohin all das führen soll, ob die Sozialkassen das in Zukunft überhaupt noch verkraften werden können und ob der Steuerzahler in Zukunft überhaupt noch bereit sein wird, all das zu finanzieren, zumal wir einen Anstieg der Zahl der Mindestsicherungsempfänger haben und zumal wir illegale Einwanderung auch nach Österreich und Wien haben, die auch finanziert werden muss. Unterm Strich kann man sagen: Die letzten 20 Jahre EU muss man sehr kritisch sehen. Das hatte zum Beispiel für die Menschen in Wien zur Folge, dass 12 000 Menschen vom Arbeitsmarkt verdrängt wurden. - Wir werden uns nicht verschweigen, wenn es darum geht, die EU zu kritisieren, aber wir sagen auch: Wir stehen zu Europa. Wir sind stolze Europäer. Die EU ist aber nicht Europa. - Danke sehr. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie von GR Dr Wolfgang Aigner.) Vorsitzender GR Dipl-Ing Martin Margulies: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau GRin Dr Vitouch GRin Prof Dr Elisabeth Vitouch (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Danke. - Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin begeistert: Es war wieder einmal "more of the same USA-bashing"! Aber dass Sie, Herr Mag Gudenus, jetzt auch ein Reproduktionsspezialist sind, finde ich herrlich! Das ist normalerweise, glaube ich, die Rolle von Doc Frigo! Aber vielleicht sollten Sie sich klonen lassen, damit Sie Ihren Argumenten mehr Nachdruck verschaffen können! Ich bedanke mich übrigens bei allen Mitgliedern des Europäischen Parlaments, die heute zu uns gekommen sind und deren Ausführungen ich natürlich mit graduell unterschiedlichem Vergnügen gehört habe. Gediegen fand ich den Vorschlag des Herrn Abg Vilimsky zu seiner Selbstabschaffung. Er ist jetzt nicht mehr da. Vielleicht ist es ihm gelungen. Sie sollten auf ihn aufpassen! Er hat einen unübersehbaren Hang zur Selbstzerstörung, so eine Art Todestrieb des Lemmings. Ich denke nur an seinen Taser-Selbstversuch. Und vielleicht kreiert er auch wieder einmal ein Unwort des Jahres wie etwa Minuszuwanderung. Das würde auch gut passen! Ich möchte beginnen mit den Versen des vom Hitler-Regime vertriebenen Bertolt Brecht an die Nachgeborenen, wonach ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen sei, weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließe. - Diese Worte haben in diesen Tagen leider wieder traurige Aktualität erlangt! Die schreckliche Tragödie im Mittelmeer, die der Herr Bundespräsident als "monströse Tragödie" bezeichnet hat, stellt die EU 20 Jahre nach unserem Beitritt vor offenbar unlösbare Aufgaben, und da reden wir noch gar nicht von den hausgemachten Problemen der von den Schwarz-Blauen geschädigten armen Kärntner. Ich möchte hier einen Beschluss- und Resolutionsantrag betreffend die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer zur sofortigen Abstimmung abgeben. Der Kabarettist Christof Spörk tourt derzeit mit seinem Programm "Die EU ist schuld" höchst erfolgreich durch die Lande, und wir müssen uns natürlich im Jubiläumsjahr auch die Frage stellen, ob wir überhaupt schon in Europa angekommen sind. Eine Zustimmung von zwei Dritteln bei einer mehr als 80-prozentigen Wahlbeteiligung, dieses überdeutliche Ja, hatten die Befürworter der Volksabstimmung damals am 12. Juni1994 sich kaum zu erhoffen gewagt. 20 Jahre nach dem Beitritt im Jänner 1995 ist die Euphorie aber natürlich schon etwas verebbt, obwohl in Umfragen immer noch die Zahl jener überwiegt, die den Beitritt zur Union als richtige Entscheidung betrachten. Schließlich hat Österreich von der EU ungeheuer profitiert. Die vier Freizügigkeiten, freier Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr, haben der österreichischen Wirtschaft viele neue Möglichkeiten und Märkte erschlossen, und der europäische Binnenmarkt hatte zur Folge, dass mittlerweile zirka 70 Prozent - wie heute schon erwähnt wurde - des österreichischen Außenhandels auf EU-Mitgliedsstaaten entfallen. Die österreichischen Exporte haben sich seit 1995 immerhin verdreifacht. Tausende junge Österreicherinnen und Österreicher konnten mit dem Bildungsprogramm "Erasmus plus" einen Teil ihrer Ausbildung und ihres Studiums im europäischen Ausland absolvieren. Die verschiedensten Förderprogramme wie EFRE und ESF sorgen in allen Bereichen von Forschung, Kultur, Arbeitsmarkt, Landwirtschaft oder Regionalentwicklung dafür, dass ein großer Teil der österreichischen Beiträge zum EU-Budget wieder in unser Land zurückfließt, was hier leider viel zu wenig kommuniziert wird. Auch die beiden österreichischen EU-Kulturhauptstädte, nämlich 2003 Graz und 2009 Linz, haben im eigenen Land nicht die entsprechende Beachtung gefunden. Als Mitglied der Jury für die Kulturhauptstädte kann ich das ziemlich gut beurteilen. Unser Abrücken vom harten Austeritätskurs der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Gunsten einer Ankurbelung des Wachstums und auch unsere Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit - Stichwort Jobgarantie, auch davon war heute schon die Rede - samt dem dualen Ausbildungssystem sind zu einem Best- Practice-Modell der EU aufgerückt. Dennoch halten sich in Österreich aber hartnäckig Mythen, Lügen, Vorurteile, Verschwörungstheorien über die EU-Krise, so à la: "Wir leben alle über unsere Verhältnisse. Am besten einfach raus aus dem Euro! Die Krisenländer sind alle Reformmuffel und selbst schuld, die wollen nur unser Geld. Die Finanzhilfe ist Konkursverschleppung." Umfassende Lösungen wären eher eine Währungsunion mit sozialer Dimension, Steuergerechtigkeit, das Schließen der Schere zwischen Arm und Reich, Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit und vor allem eine Behebung des demokratiepolitischen Defizits der EU. In der Europapolitik herrscht bei uns viel zu oft Kleinmut. Spitzendiplomat Wolfgang Petritsch meint: "Wir trauen uns zu wenig zu, dafür sind wir Weltmeister im Raunzen und Kritisieren." Und der ehemalige Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament Hannes Swoboda, inzwischen Bürger der Stadt Wien, hat verlangt, dass wir uns breiter aufstellen und mehr Kontakte zu Ländern wie Frankreich, Italien oder Spanien knüpfen sollen. Wir könnten auch viel mehr proeuropäische Initiativen einbringen, mehr Leadership an den Tag legen. (GR Mag Dietbert Kowarik: Warum tun Sie es nicht?) Die 18 österreichischen Mandatare im Europäischen Parlament haben ... (GR Mag Dietbert Kowarik: Tut es doch!) Na ja, es sitzen dort ja so viele leere Nüsse, die nichts machen können ... (GR Mag Dietbert Kowarik: Reden Sie von Ihren eigenen Abgeordneten?) Damit meine ich einen der heute Anwesenden. (GR Mag Dietbert Kowarik: Wer ist denn die zweitstärkste Fraktion im Europäischen Parlament?) Die 18 österreichischen Mandatare haben zahlreiche Erfolge erzielt. Ich denke jetzt etwa an die Senkung der Roaming-Gebühren, wofür sich Paul Rübig von der VP stark gemacht hat, bis zum Thema Riesentrucks, mit dem sich Kollege Leichtfried auseinandergesetzt hat. (GR Mag Wolfgang Jung: Was hat er erreicht damit?) Aber die EU wird immer als Problem und nicht als Schlüssel zur Bewältigung der aktuellen Krisen angesehen. Das hat schon Ulrike Lunacek, die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments gesagt. - Wir brauchen also sozusagen einen "New Deal" für die nächste Generation. Das schlägt Erich Foglar, der ÖGB-Präsident, vor. Er fordert eine soziale Säule zusätzlich zu den vier Grundfreiheiten. Denn anders als zu Zeiten des sozialistischen Kommissionspräsidenten Jacques Delors oder der "Schönwetterunion" der 2000er Jahre, entwickelt sich die EU zugegebenermaßen derzeit in eine falsche Richtung. So gerät auch das klassische Arbeitsmodell immer mehr unter Druck. Die technologisch bedingte Produktionssteigerung ist eine große Herausforderung vor allem für die Gewerkschaften. Diesbezüglich müssen neue Modelle, eben ein "New Deal" angedacht werden. Im Zuge einer notwendigen Trendwende für die europäische Demokratie muss man, um diese Demokratiemüdigkeit in den Griff zu bekommen, versuchen, vor allem die Lücke zwischen Eliten und Bürgertum zu schließen - und zwar Eliten im Sinne von Joseph Schumpeter, denn da besteht Krisenanfälligkeit. Die Zukunft der EU wird sehr stark von der Zustimmung und Beteiligung aller Unionsbürger und -bürgerinnen abhängen. Nur der Abbau sozioökonomischer Ungleichheiten kann das Vertrauen in die Demokratie wiederherstellen. Man könnte zum Beispiel auch die Ämter der beiden Präsidenten, Kommissionspräsident und Ratspräsident, zusammenlegen, um der EU ein eindeutigeres Gesicht zu geben, und EU-Politiker stärker in nationale Parlamente und Öffentlichkeiten einbinden, Stichwort Rederecht, wie wir es hier tun und wie es für die Österreichische Gesellschaft für Politik auch ein "must" wäre. Politologe Markus Pausch hat dazu sehr interessante Vorschläge erstellt. Zudem müssten natürlich die Konvergenzkriterien auch für die Beschäftigung Anwendung finden. Ich komme schon zur Wiener Europapolitik. Diese ist mit dem heute wieder praktizierten Rederecht schon einen Schritt vorausgegangen. EU-bezogene Themen und Projekte sind für die Wiener Politik und Verwaltung inzwischen selbstverständlich. Die EU ist Querschnittsmaterie, davon legt auch der druckfrische EU-Bericht des Gemeinderatsausschusses für europäische und internationale Angelegenheiten Zeugnis ab. Herzlichen Dank an Frau Mag Andrea van Oers! Wir sind in den verschiedensten europäischen Netzwerken und Verbänden aktiv, im Ausschuss der Regionen, im Rat der Städte und Regionen, im Kongress der Gemeinden und Regionen, im Städteverbund Eurocities, bei der EU- Initiative "Smart Cities" und vielen anderen. Wien setzt in diesem Zusammenhang auf das Subsidiaritätsprinzip. Unser Schwerpunkt ist die Daseinsvorsorge. Und wir haben uns klar gegen das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA und CETA mit Kanada ausgesprochen, um dem Privatisierungsdruck durch die Hintertür des Vergaberechts standzuhalten, das Aushebeln rechtsstaatlicher Prinzipien und den Abbau von lang erkämpften Standards im Arbeits- und Sozialbereich, in der Umweltpolitik und im Konsumentenschutz zu verhindern. Leider werden sowohl das Europäischen Parlament wie auch die Kommission und der Rat von einer konservativ- liberalen Mehrheit dominiert, die eine wachsende Stadt wie Wien mit erhöhtem Investitionsbedarf in ihrem finanziellen Spielraum derzeit stark einschränkt. Auch diesfalls ist ein Umdenken notwendig, zum Beispiel durch eine Reform der Defizitkriterien der EU, wenn es um langfristige öffentliche Investitionen geht. Im Hinblick darauf möchte ich auch auf ein von der MA 27 organisiertes Fachseminar am 7. Mai um 14 Uhr im Aspern IQ hinweisen. Thema ist die "Urban Agenda". Diskutiert wird unter anderem das Kompetenz- und Organisationsgefüge der Städtepolitik auf nationaler und europäischer Ebene. Die "Urban Agenda" dient als Instrument, um Städte besser in die Entwicklung und Umsetzung der EU-Politiken zu integrieren. Wir leben derzeit im Jahrhundert der Metropolen, so die Aussage einer aktuellen OECD-Studie, die davon ausgeht, dass Städte im Jahr 2050 sechs Milliarden und zu Beginn des nächstens Jahrhunderts sogar neun Milliarden Einwohner und Einwohnerinnen zählen werden. Diese Zahlen sind noch beeindruckender, wenn man bedenkt, dass die städtische Bevölkerung 1950 nur rund eine Milliarde betragen hat. Die funktionierende Verwaltung der urbanen Agglomerationen hat einen ganz entscheidenden Einfluss auf die Wirtschaftsentwicklung und die Lebensqualität rund einer Hälfte der Weltbevölkerung. Das sind nämlich diejenigen, die in den 300 Metropolregionen mit mehr als 500 000 Einwohnern und Einwohnerinnen leben. Wien sieht sich in diesem Konzert der europäischen Städte sehr oft in einer privilegierten Position. Wir sind Vorreiter, wir übernehmen Meinungsführerschaft, zum Beispiel beim Wiener "Smart City"-Ansatz, der sich auf Grund seiner sozialen Ausrichtung von anderen unterscheidet. Gleichzeitig versucht Wien auch, das Momentum der Entwicklung einer europäischen "Urban Agenda" aufrechtzuerhalten. Dazu diente das Treffen der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der europäischen Hauptstädte Anfang der Woche hier in Wien unter dem Titel "A stronger voice in Europe". Dabei wurde auch eine gemeinsame Wiener Erklärung verlautbart. (Zwischenruf von GR Mag Dietbert Kowarik.) Ich weiß nicht, ob Sie alle diese zugeschickt bekommen haben. Unterschrieben ist sie, ähnlich wie die Agenda zum sozialen Wohnbau, von 27 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der EU-Hauptstädte, begonnen bei Eberhard van der Laan aus Amsterdam über die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen von Athen, Berlin, Brüssel, London, Madrid, Paris, Rom, Stockholm, Warschau bis zu Michael Häupl aus Wien. - Normalerweise wären diese Einigkeit und dieser Zusammenhalt in der EU - jedenfalls auf der Ebene der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister - ja eigentlich ein Grund, sich zu freuen und zu applaudieren. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Danke. - Abschließend möchte ich nur sagen, dass Europa schon immer ein Kontinent der Städte war, aber mehr und mehr noch immer wird, denn sie sind es, die die Idee des geeinten Europas tragen müssen. Die Politiken der Europäischen Union prägen das Leben und den Alltag der Menschen, die Wirtschaft, die Innovationskraft der europäischen Metropolen. Europas Städte sind vor allem auch die Laboratorien der Zukunft, denn hier haben die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen ihren Beginn. Die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen der EU-Hauptstädte sind der festen Überzeugung, dass daher die städtische Dimension noch stärker in den Fokus der Europäischen Union rücken muss, und dem habe ich nichts hinzuzufügen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Vorsitzender GR Dipl-Ing Martin Margulies: Ich danke sehr. - Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Dr Ulm. GR Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Ich darf mich auch gleich direkt an den Herrn Vorsitzenden wenden. Ich habe mich zunächst bei der Wortmeldung von Herrn GR Werner-Lobo nicht zu Wort gemeldet und mich auch nicht zur Geschäftsordnung gemeldet. Ich glaube, ich kann das jetzt auch in meiner Wortmeldung machen. Ich ersuche um einen Ordnungsruf für den Herrn Gemeinderat und bitte den Herrn Vorsitzenden, dass er sich das Protokoll ansieht, um dann gegebenenfalls nach dessen Studium einen solchen Ordnungsruf zu erteilen. Es geht nicht an, dass man eine EU-Behörde wie Frontex als Mörderinstitution bezeichnet. Ihnen ist ein bisserl das Herz übergegangen, habe ich so den Eindruck. Man kann nicht alles ernst nehmen, was da gesagt wurde, aber es hat alles seine Grenzen, und man muss in einem gewissen Rahmen bleiben. Und wenn dieser Rahmen überschritten wird, dann ersuche ich den Vorsitzenden einzuschreiten. (Beifall bei der ÖVP sowie von GR Armin Blind.) Natürlich hat dieser Zehn-Punkte-Plan der EU seinen Sinn, natürlich ist es wichtig, auch mit den Mitteln des Strafrechtes gegen diese Schlepperbanden vorzugehen, und natürlich ist es sinnvoll, wenn Europol, Frontex und Eurojust zusammenarbeiten, damit hier diesen Verbrechern das Handwerk gelegt werden kann. Das ist einer von zehn Punkten. Ein weiterer Punkt, der ganz am Anfang steht, das ist mehr Seenothilfe. Selbstverständlich muss Menschen, die am Ertrinken sind, geholfen werden, egal, ob sie sich jetzt legal oder illegal auf dem Weg nach Europa befinden. Wichtig ist es, dass die EU-Behörden schneller und besser arbeiten, als das bisher der Fall ist. Deswegen müssen die Asylanträge auch schneller bearbeitet werden, als das bisher der Fall war, deshalb ist es auch sinnvoll, wenn die EU mit Unterstützungsbüros für Asylfragen in Italien und Griechenland eine Hilfestellung leistet, damit die Asylanträge möglichst schnell bearbeitet werden können. Wenn es erforderlich ist und wenn es zu Abschiebungen kommen muss, dann sollen diese Abschiebungen auch schnell erfolgen. Ich glaube, dass das auch ein ganz wichtiger Punkt in dem Zehn-Punkte-Programm ist, denn erfolgt diese schnelle Abschiebung nicht, dann gibt man ja eigentlich nur einen weiteren Anreiz, diese Fahrt nach Europa mit höchst ungewissem Ausgang anzutreten. Es ist mir wirklich völlig unverständlich, wie die GRÜNEN nach wie vor nicht unterscheiden können zwischen der Genfer Flüchtlingskonvention und zwischen Zuwanderung. Ja, es bleibt nichts anderes übrig: Wenn wir unser Einwanderungssystem und unser Aufenthaltssystem nicht gänzlich aufgeben wollen, dann muss es selbstverständlich zu einer Abschiebung von Personen kommen, die sich illegal im Bundesgebiet aufhalten. Immer so global von einer Flucht aus Afrika zu sprechen, das ist einfach nicht richtig, wenn es sich überwiegend um Zuwanderung handelt. Eine Flucht findet von Flüchtlingen statt, und ein Flüchtling ist jemand dann, wenn er nach der Genfer Flüchtlingskonvention aus rassischen, politischen oder nationalen Gründen persönlich verfolgt wird und in seiner Heimat keinen Schutz finden kann. Dazu gibt es dann nach der EU-Richtlinie noch die subsidiär Schutzberechtigten. Auch die sind in Wahrheit den Österreichern gleichgestellt, haben allerdings ihr Aufenthaltsrecht nicht auf Dauer, sondern nur während der Zeit, da es nicht möglich ist, dass sie in ihr Heimatland zurückkehren. Ich kann also diese Polemik der GRÜNEN wirklich nicht verstehen, die immer nur von einer Festung Europa sprechen und davon, dass hier die Grenzen dicht gemacht werden, dass man die Grenzen kontrolliert und dass man sich abschottet. Ja, selbstverständlich, die Grenzen müssen kontrolliert werden, und eine Festung ist ja auch nichts Schlechtes an sich, denn sie kann denen, die Hilfe brauchen, Schutz bieten. (Beifall bei der ÖVP.) Zur FPÖ. Das war einigermaßen arg, weil unsachlich, was hier vom Europa-Abgeordneten Vilimsky gesagt wurde. Ich möchte fast sagen, dass Klubobmann Gudenus da noch ein bisserl was relativieren konnte, was der Standpunkt der FPÖ in EU-Fragen ist. Aber nur beleidigend und nur polemisch auf die EU hinzudreschen, ohne einen einzigen konstruktiven Ansatz, das war einfach enttäuschend. Und mich würde schon auch interessieren, wie die Bürger das einschätzen. Es war ja interessant, dass Vilimsky gemeint hat, wie war denn das seinerzeit, als es diese offenen Grenzen noch nicht gegeben hat, wenn man in den Ostblock gefahren ist. Da ist man halt ein paar Minuten an der Grenze gestanden. Na, mein Gott, so schlimm ist das auch nicht. Stundenlang ist man an der ungarischen Grenze gestanden, man ist sogar stundenlang an der italienischen Grenze gestanden. In Thörl-Maglern hat der Stau kilometerlang zurückgereicht. Halbe Tage haben die Familien in ihren Autos verbracht, wenn sie auf Urlaub fahren wollten. Aber es ist ja nicht nur die Reisefreiheit, die uns die EU gebracht hat, es ist unser Wohlstand. Wir sind ein Land, das vom Export lebt, unsere Wertschöpfung stammt überwiegend aus dem Export, und es wäre natürlich eine Katastrophe, wenn wir nun nicht mehr in dieser Währungsgemeinschaft wären, weil unser Wohlstand, der auf Export gegründet ist, einbrechen würde. Es sind viele, viele Vorteile, die uns die EU bringt, und wie ich aus meinen Gesprächen mit den Bürgern höre, sehen das die Bürger überwiegend auch so, auch wenn es natürlich immer wieder - keine Frage - berechtigte Kritik an dem einen oder anderen in der EU gibt. Zu den Wortmeldungen der SPÖ muss ich sagen, dass ich da in hohem Ausmaß übereinstimmen kann mit dem, was ich sowohl vom EU-Abgeordneten Leichtfried als auch von der Frau Kollegin Dr Vitouch gehört habe. Es ist auch so, dass wir dem Antrag, den Sie eingebracht haben, zustimmen werden, nämlich betreffend die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer. Es ist sicher richtig, dass dem Sterben der Flüchtenden im Mittelmeer Einhalt geboten werden muss und dass ein solcher Stopp eine gesamteuropäische Aufgabe ist. Ich glaube auch, dass es wichtig ist, wie in Ihrem Antrag steht, dass Zentren des UNHCR in Nordafrika eingerichtet werden, wo es Beratung für die Menschen gibt, vor allem aber auch gesundheitliche Versorgung und Versorgung mit Lebensmitteln. Ich glaube auch, dass es wichtig ist, dass es eine solidarische Aufnahme von Asylwerbern in allen Staaten der Europäischen Union gibt. Das ist allerdings - das muss uns schon bewusst sein - Zukunftsmusik, denn Asylrecht ist eben keine Kompetenz auf EU-Ebene, und ob die Mitgliedstaaten diese Kompetenz an die EU abgeben wollen, das ist sehr die Frage. Wir verlangen immer Solidarität, wir verlangen immer Quoten, aber das wäre nur möglich, wenn die Kompetenz des Asylrechts an die EU übertragen würde. Es gibt noch einen weiteren Antrag am heutigen Tag, den ich einbringen darf, wo es die Unterstützung von allen Fraktionen gibt. Einbringende Personen sind die Kollegen Schicker, Berger-Krotsch, Aichinger, meine Person, Ellensohn und Werner-Lobo, und es geht um das Gedenken an den Genozid an den Armeniern. Im Resolutionsantrag ist davon die Rede, dass sich am 24. April der Genozid jährt. Dieser Völkermord hat natürlich nicht nur an einem Tag stattgefunden, sondern zieht sich zumindest durch ein Jahr, wenn nicht sogar durch mehrere Jahre. Es ist das halbe christliche Volk der Armenier zu Tode gekommen während dieser Zeit des Ersten Weltkrieges, aber nicht nur christliche Armenier, sondern auch noch andere christliche Bevölkerungsgruppen wie die Aramäer, Assyrer, Chaldäer oder Griechen. Ich freue mich daher, dass wir mit diesem Antrag diese Verbrechen als Völkermord anerkennen, beurteilen und auch verurteilen. Das ist nicht nur die Pflicht der Türkei, auf die wir noch warten, sondern das ist auch vor allem die Pflicht von uns, weil wir ja auch in der Tradition von Österreich-Ungarn stehen. Österreich-Ungarn war Bündnispartner des Osmanischen Reiches, genauso wie auch das Deutsche Reich während des Ersten Weltkrieges. Da muss man schon sagen, man hat hier in Wien genau gewusst, wie die Armenier im Osmanischen Reich zu Tode kommen. Man hatte ja dort Botschafter, man hatte dort Konsuln, man hatte Handelsdelegierte, man hatte Militärs dort. Es gab ja engste Zusammenarbeit. Man wusste von dem Völkermord, und man hat von Wien aus nichts dagegen unternommen. Es hätte vielleicht das Deutsche Reich noch mehr unternehmen können, mag sein, aber auch dort hat die sogenannte Hohe Politik sich durchgesetzt und man ist nicht eingeschritten, weil man den Bündnispartner Osmanisches Reich nicht verlieren wollte. Papst Franziskus hat vom ersten Genozid des 20. Jahrhunderts gesprochen. Ja, das war der erste Völkermord, und wie wir wissen, sind weitere gefolgt. Ich meine, dass es deshalb so wichtig ist, über solche Verbrechen der Vergangenheit zu reden, weil damit die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass es in der Zukunft wieder zu solchen Verbrechen kommt. Wenn man sich jetzt auseinandersetzt mit solchen Verbrechen in der Vergangenheit, sie beim Namen nennt und darauf aufmerksam macht und das ächtet und verurteilt, dann sinkt ganz einfach die Wahrscheinlichkeit der Wiederholung. Daher ist es natürlich unsere Pflicht, auf solche entsetzlichen Dinge aufmerksam zu machen. Ich glaube daher, dass es wichtig ist, darüber zu reden, dass man den Dialog sucht, dass man die Versöhnung fördert und dass man alles unterstützt, was zu einer Verbesserung der türkisch-armenischen Beziehungen beitragen kann. Der Resolutionsantrag schließt damit, dass auch die Resolution des Europäischen Parlaments vom 15. April 2015 begrüßt wird. Ich freue mich, dass es zu diesem Antrag kommen konnte, und hoffe, dass wir mit dieser Initiative einen ganz kleinen Beitrag dazu leisten können, dass die Wahrscheinlichkeit, dass sich solche Dinge wiederholen, reduziert wird. (Beifall bei der ÖVP.) Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich GR Dipl-Ing Margulies. Ich erteile es ihm. GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrtes Mitglied des Europaparlaments, Frau Dr Monika Vana, die leider als Einzige noch verblieben ist von allen vieren! Aber es freut mich trotzdem ganz besonders, dass Sie wirklich der ganzen Debatte folgen. Ich möchte in diesem Zusammenhang dort beginnen, wo Klaus Werner-Lobo in seiner Rede aufgehört hat: bei der Flüchtlingstragödie im Mittelmeer, beim Umgehen damit und dass Herrn Gudenus ein Satz eingefallen ist, der symptomatisch für die gesamte Politik der Freiheitlichen ist und für die Heuchelei, die dahintersteckt: Es ist wirklich traurig, dass Menschen umkommen, aber ... - In diesem Zusammenhang gibt es kein Aber! Es ist traurig, es ist eine Katastrophe, es ist der Politik geschuldet, dass Menschen im Mittelmeer zu Tausenden ertrinken. Und das ist eine Schande für die Europäische Union, das ist eine Schande für die einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, dass so etwas zugelassen wird. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Während es mit "Mare Nostrum" gelungen ist, tausende Flüchtlinge zu retten, ist dies mit Frontex nicht gelungen, weil Frontex eine ganz andere Aufgabe hat. Frontex hat die Aufgabe, vor Einwanderung zu schützen, und nimmt billigend in Kauf, dass Menschen ersaufen. Das ist letztklassig, und dagegen müssen wir uns gemeinsam wehren. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Deshalb ist es wichtig, dass die Seenothilfe nicht von "Triton" oder Frontex irgendwie geleistet wird, sondern "Mare Nostrum" oder etwas Ähnliches wie "Mare Nostrum" wieder ins Leben gerufen wird. (GR Mag Wolfgang Jung: Von Frontex wird genauso Hilfe geleistet!) Ich komme zu einem zweiten Punkt. Auch da denke ich, dass Klaus Werner-Lobo in seiner ausgesprochen lehrreichen und interessanten Rede recht hat, und ich denke, wenn Sie zugehört hätten, hätten Sie sozusagen vielleicht auch einiges verstehen können. (Rufe und Gegenrufe zwischen FPÖ und SPÖ.) Ich warte nur darauf, dass einfach wieder ein bisschen Ruhe einkehrt. Danke. Auch die FPÖ hat sich wieder beruhigt. (GR Mag Wolfgang Jung: Es hat auch der Baxant gesprochen!) Kollege Jung, Sie sind nicht immer angesprochen, und es wird nicht immer erwartet, dass Sie sofort eine Rückmeldung geben. Ich glaube, so geht es nicht nur mir, so geht es eigentlich fast jedem, der hier steht. (Heiterkeit. - Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung. - Neuerliche Heiterkeit.) Quod erat demonstrandum. Nichtsdestoweniger, wenn Klaus Werner-Lobo darauf hinweist, dass eigentlich Länder wie Österreich gar nicht so reich sind, so reich an Bodenschätzen wie viele, viele andere Länder, von denen wir sagen, das sind lauter arme Länder, und in diesem Zusammenhang Ausbeutung anspricht, dann ist das etwas, was wir tatsächlich alle miteinander zur Kenntnis nehmen sollten und über das, was unter dem Schlagwort "that's capitalism" bekannt gewordenen ist, einmal darüber nachdenken sollten, welche Rolle und welche Funktion unter anderem die Europäische Union auch heute noch übernimmt und welche Verantwortung sie heute noch für die Fluchtgründe von Menschen aus Afrika, aus Asien, aus Kriegsstaaten, et cetera liefert. Und ich glaube, deren gibt es viele. Wenn mit Waffen zumeist der europäischen, amerikanischen, russischen Rüstungsindustrie in den Kriegsgebieten aufeinander geschossen wird und eine Vielzahl von syrischen Flüchtlingen etwa keine einzige andere Chance mehr sieht, als zu versuchen, über den Seeweg nach Europa zu kommen, dann beginnt die Verantwortung der Europäischen Union und Europas schon ganz woanders. Wenn zugelassen wird, dass in vielen afrikanischen Staaten Regime gefördert und unterstützt werden, die Menschen unterdrücken, Demokratie abschaffen, et cetera, dann ist es die Verantwortung der Europäischen Union, dass Menschen flüchten. Und ich sage Ihnen noch etwas: Bevor Menschen ihre Familie nicht mehr ernähren können, ist es legitim zu flüchten und zu versuchen, irgendwo einen neuen Anfang zu setzen. Das ist das, was Sie immer als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnen. Ich sage, es ist legitim. Wenn ich keine Möglichkeit finde, wenn ich mir aussuchen kann, verhungern meine Kinder oder nicht, dann darf ich - egal, ob es Ihnen recht ist oder nicht und Sie mich als Flüchtling anerkennen - versuchen, irgendwo anders meine Chance zu finden. Und das ist es, was ganz viele Menschen machen. Deshalb ist der Begriff "Wirtschaftsflüchtling oder nicht" ein Begriff, der bewusst von Leuten wie Ihnen ins Leben gerufen wurde, um Menschen auseinanderzudividieren. Es gibt Fluchtgründe, und da gehört Verhungern meines Erachtens tatsächlich dazu. In diesem Sinne glaube ich auch nicht - weil das oft kommt -, dass es etwas bringt, wenn wir sagen, machen wir doch eine endgültige Abklärung in den Ursprungsländern, machen wir eine Abklärung an der Küste. Deshalb ist es auch notwendig, die Zuwanderungspolitik tatsächlich zu verändern. Denn was glauben Sie, wenn Menschen, die flüchten, die für sich selbst jedenfalls ihre subjektiven Fluchtgründe sehen, kein Asyl erhalten, denken Sie, die sagen, jetzt gehe ich wieder heim? Na, glauben Sie das wirklich? Glauben Sie, dass zig Tausende Menschen den Weg durch die afrikanische Wüste auf sich nehmen, bis sie an der Küste ankommen, und dann sagt man zu denen, ich glaube eigentlich nicht, dass Sie Anrecht auf Asyl haben, und dann gehen sie wieder heim? Na, glauben Sie das? Sicher nicht! Das heißt, die Europäische Union muss sich auseinandersetzen und wird sich auch zukünftig damit auseinandersetzen müssen, dass Menschen über den Seeweg versuchen werden, nach Europa zu gelangen, und es ist Aufgabe der Europäischen Union, dafür zu sorgen, das so sicher wie möglich zu gestalten, weil wir tatsächlich mitverantwortlich sind für die Geschichte der Menschen, aus welchen Ländern auch immer sie flüchten, für die Geschichte am Kontinent Afrika, für die Geschichte der Entwicklung von Asien. Überall tragen die Länder der Europäischen Union eine Mitverantwortung. In diesem Sinne glaube ich tatsächlich (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.) - Kollege Jung, bitte -, dass es notwendig ist, die Flüchtlingspolitik in Europa auf gänzlich neue Beine zu stellen. Ich möchte zu einem weiteren Punkt kommen, der die Europäische Union betrifft und tatsächlich sehr eng mit Wien, in dem Fall Wien als Bundesland, verknüpft ist, denn es hat ja schon auf der einen Seite vor knapp einem Jahr eine gemeinsame Stellungnahme der Bundesländer zu TTIP gegeben und jetzt auch vom Europaausschuss beschlossen eine Stellungnahme, die die regulatorische Zusammenarbeit betrifft. Der Vorteil wäre, eine Stellungnahme aller Bundesländer gemeinsam muss ja dann auch vom Parlament berücksichtigt werden. Wir haben über die regulatorische Zusammenarbeit heute schon viel gehört, und es stimmt das Bundesland Oberösterreich dieser gemeinsamen Stellungnahme zu, es stimmt das Bundesland Burgenland zu, es stimmt Wien zu, und fast alle anderen Bundesländer haben bereits signalisiert, dass sie zustimmen. Das heißt, es wäre möglicherweise echt drinnen, wieder eine gemeinsame Stellungnahme bezüglich der regulatorischen Zusammenarbeit zusammenzubringen. Wer legt sich quer bislang? Wer hat schon zwei Mal Fristerstreckung erbeten und versucht, die wirklich ausgezeichnete und, glaube ich, einstimmig im Europaausschuss beschlossene Stellungnahme zur regulatorischen Zusammenarbeit zu unterlaufen? Die niederösterreichische ÖVP. Die Frage ist, hat die niederösterreichische ÖVP einen Auftrag von Reinhard Mitterlehner oder macht sie das von sich aus, weil sie tatsächlich der Meinung ist, es wäre sinnvoll und es steht den Konzernen zu, schon von vornherein in Gesetzgebungsverfahren einzugreifen? Liebe Kolleginnen von der ÖVP, ich ersuche Sie, in dieser Frage wirklich eindringlich auf ihre niederösterreichischen Kollegen und Kolleginnen einzuwirken, damit es tatsächlich gelingt, nächste Woche diese gemeinsame Resolution zur regulatorischen Zusammenarbeit einstimmig von allen Bundesländern zu verabschieden, damit sie auch ihre bindende Wirkung im Parlament entfalten kann. Jetzt komme ich zu einem allerletzten Punkt, nämlich zum tatsächlichen Tagesordnungspunkt. Es ist sonst de facto noch nie irgendwie vorgekommen, aber ich möchte das in aller Kürze machen, da ich Monika Vana in den VÖWG nachgefolgt bin und wirklich begeistert bin von der Arbeit, die im VÖWG geleistet wird, insbesondere auch vom Kollegen Jung - ich nehme an, Sie sehen das ähnlich (GR Mag Wolfgang Jung nickt dazu und deutet Beifall an.) - und auch von KollegInnen der ÖVP und der SPÖ, nämlich sowohl von der Einladungspolitik als auch von der Diskussionspolitik. Ich möchte mich dafür ausdrücklich bei Heidrun Maier bedanken und denke, sollte jemals ein Antrag kommen, der das Budget des VÖWG aufstockt, würde ich auch diesem mit Freude zustimmen. - Ich danke sehr. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr GR Mag Jung, und ich erteile es ihm. GR Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke, Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Zunächst bringe ich den Beschlussantrag, den Kollege Gudenus schon angesprochen hat, der GRe Gudenus, Ebinger, Wansch und Jung betreffend illegale Einwanderung über das Mittelmeer mittels Booten ein. Der Beschlussantrag lautet: "Der Gemeinderat der Stadt Wien fordert die Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene für das erfolgreiche australische Modell des "Stop the boats" gegen illegale Einwanderung einzusetzen, damit die unmenschliche Ausbeutung und Misshandlung von einwanderungswilligen Menschen durch Schlepperbanden und deren Tod vorwiegend durch Ertrinken im Mittelmeer verhindert oder zumindest weitgehend hintangestellt wird." Ich werde zu dem Punkt dann auch noch Stellung nehmen. (Beifall bei der FPÖ.) Zunächst aber noch einige Vorbemerkungen zu einigen Rednern von heute. Der Kollege Lobo hat zwar einige sehr, sehr starke Worte verloren von wegen Mörderagentur, und so weiter, das wurde aber nicht geahndet. Ich frage mich nur: diese Mörderagentur, wie er sie genannt hat, wird ja von der Europäischen Kommission geführt. Dann hatten wir einen von den Führern dieser Mörder heute da oben am Balkon (Der Redner weist auf den auf der Galerie sitzenden EU-Kommissar Dr Johannes Hahn.), meine Damen und Herren? Ist es das, was man sagen kann, ist es so, wie Sie mit den Institutionen umgehen, die Sie uns als anstrebenswert darstellen? Diese Frage muss ich an den Vorsitz schon stellen. Also das ist eine zumindest verfehlte Handlung oder eigentlich eine Gemeinheit und Verleumdung, übrigens auch gegenüber den Leuten von Frontex, muss man dazusagen, denn Frontex hat einige Tausend Menschen gerettet. Der Unterschied ist nur der, dass Frontex ein anderes Einsatzgebiet hat und nicht bis vor die libysche Küste fährt, wenn dort einer plötzlich das Satellitentelefon findet und anruft, nachdem sie 30 km außerhalb der Küste sind und sich von dort abholen lässt. Nicht die Leute, aber diejenigen, die es organisieren, meine Damen und Herren. Und das sind jene, die Sie nicht als Schlepper bezeichnet haben wollen, meine Damen und Herren von den GRÜNEN. Der braucht sich nur ein größeres Schlauchboot zulegen und ein Telefon. Gestern habe ich mir einen deutschen Journalisten in einer Diskussion angehört, der von den fürchterlichen Problemen gesprochen hat und der gesagt hat, na ja, sie wurden mehrere Male durchsucht, ihnen wurde das Geld abgenommen - der wollte mit so einer Gruppe mitkommen - und dann kamen sie erst auf die Boote. Und dann hat ihn die Journalistin gefragt: "Haben die denn nicht Angst gehabt?" Da sagte er: "Ja schon, aber wir hatten ein Satellitentelefon mit." Ich frage mich, wenn einer mehrfach ausgeraubt wurde, drei Tage unter anderem, wie er gesagt hat, auch als Geisel gehalten wurde, wo er sein Satellitentelefon eingesteckt hat. Das sind alles diese Zufälle, die ja passieren und von denen hier und heute nichts zu hören ist, meine Damen und Herren. Wenn dann eine grüne Abgeordnete, die Chefin der Grünen im Deutschen Bundestag, glaube ich, ist es, die Frau Katrin Göring - der zweiter Name ist mir entfallen -, plötzlich für diese Schlepper - das ist die neue Terminologie - großartig ihr Herz entdeckt und sagt, die machen eigentlich nichts anderes, sie sind ja indirekt die Verbündeten der Flüchtlinge, und sagt - und das ist jetzt wörtlich -, wenn man ihnen die Boote zerstört, Herr Kollege, dann zerstört man ihre Geschäftsgrundlage. Sind das die Leute, mit denen Sie Geschäfte machen wollen, Herr Kollege? Das frage ich Sie schon. Nein. Das ist eine sehr, sehr eigenartige Umdeutung aller Werte. Und jetzt frage ich Sie noch etwas, weil Sie alle so auf den Tisch hauen. Wie viele Flüchtlinge hat Ihre Grüne Fraktion in Ihren Wohnungen bisher aufgenommen? Das frage ich Sie wirklich. In Ihren Wohnungen und Zweitwohnungen oder sonst wo. Das ist alles - das wurde heute schon ungestraft gesagt - Heuchelei, die hier betrieben wird. Hier werden schöne Worte gesprochen. Die Praxis schaut anders aus. (Beifall bei der FPÖ.) Zum Kollegen Leichtfried erspare ich mir zusätzlich viele Worte. Ich verstehe allerdings, wieso die Wahlergebnisse in der Steiermark und in Bruck an der Mur so schlecht sind, wenn man diesen Herrn hier reden und seine Phrasen verbreiten hört. Und nun zum eigentlichen heutigen Thema, nämlich die 20 Jahre EU. Wirklich ein Grund zum Feiern? Das frage ich mich sehr. Wir haben es vorher bei meiner Vorrednerin schon gehört. Die EU-Begeisterung geht in den Keller, und das hat Gründe: weil die Leute sich an der Nase herumgeführt fühlen. Von denen - es waren einmal, ich glaube, 64 Prozent oder etwas in der Größenordnung -, die zugestimmt haben, haben viele gemerkt, dass das anders läuft. Es wurde unglaublich viel versprochen und wenig gehalten. Gebrochen wurden nicht nur die Versprechen, sondern gebrochen wurden serienweise auch Verträge und Abkommen. Und auch das sei hier einmal gesagt, meine Damen und Herren. Der berühmte Satz des Kommissionspräsidenten Juncker ist ja heute schon einmal zitiert worden: "Wenn es ernst wird, muss man lügen." Und der deutsche Finanzminister hat ihm assistiert und gesagt: "Auch wir bescheißen gelegentlich." Und als das im Parlament - ich habe es ja schon einmal gesagt - zur Debatte kam, hat Ihr Kollege Van der Bellen damals der Frau Ministerin Unterstützung geleistet und hat gesagt, na ja, das ist ja so, man muss eben manchmal lügen, als sie gesagt hat, es ist ein gutes Geschäft, für Griechenland die Bürgschaft zu übernehmen. Heute wird sie sich hüten, das zu sagen. Auf Aufforderung hat er gesagt: "Man muss halt lügen, man muss lügen, um professionell zu sein. Sorry, das muss ich so sagen." Ihr Kollege und jetziger Vertreter im Europaausschuss verteidigt das Lügen. Dann versteht man, dass die SPÖ ihn vorgestern als Schwärzungsbeauftragten im Parlament vorgeschlagen hat. Der ist der richtige Mann dann an der richtigen Stelle, das kann ich Ihnen auch nur sagen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.) Und was haben Sie uns alles versprochen, Frau Kollegin Vitouch, die Sie vorher die EU so gelobt haben? Der Schilling muss bleiben. Was ist er? Weg. Der Euro ist eine harte Währung. Das hat man Deutschland versprochen, weil man Deutschland wegen der Wiedervereinigung unter Druck gesetzt hat. Auch eine ganz tolle Aktion der lieben, freundlichen Franzosen, Briten, und so weiter. Das ist die Solidarität in Europa gewesen. Aber wo ist jetzt die harte Währung? - Jetzt redet man uns ein, wir brauchen eine gewisse Mindestinflation. Die Deflation ist was Entsetzliches und in Österreich äußerst gefährlich. Na, fragen Sie einmal unsere Rentner, unsere Pensionisten und Familien, wie das ausschaut, wie furchtbar sich die Deflation für sie auswirkt, dass sie so viel mehr kriegen. Sie kriegen weniger, und das wissen wir alle. In den letzten zehn Jahren haben die Leute im Durchschnitt nicht mehr, sondern weniger im Börsel gehabt. Das ist die harte Währung, die man uns versprochen hat. Dabei hätte die EZB in ihren Zielvorgaben eine Hartwährungspolitik zu betreiben. Was tut sie? Sie druckt Geld am laufenden Band. Die Maschinen im Keller laufen rundum. Wir haben eine Geldschwemme. Und wer, meine Damen und Herren, verdient denn an der Geldschwemme? Vorgestern, "Presse", Wirtschaftsteil: "Morgan Stanley profitiert von EZB-Geldschwemme." Die US-Bank ... und so weiter hat im letzten Quartal den Gewinn um 60 Prozent erhöht. Das ist die Hilfe für uns: Morgan Stanley. Die Blasen, auch im Gebäudesektor, und so weiter, wachsen wieder. Wir gehen einer neuen sehr problematischen Zeit entgegen, meine Damen und Herren. Noch haben wir ein Börsen-Hoch, aber viele Institute warnen bereits vor den Problemen. Stabilitäts- und Wachstumspakt: Vergessen und vergeben, nach Belieben gebrochen. Österreich wird neutral bleiben. - Was hört man von den ÖVP-Abgeordneten im Europäischen Parlament? Wir wollen in die NATO, wieder einmal. Und da geht es ja weiter. Schauen wir uns nur die Entwicklung in der Ukraine an, meine Damen und Herren, in die wir hineingehetzt werden. Wir haben wirtschaftliche Nachteile - nicht nur wir, sondern auch viele andere Staaten in der EU, die unter Druck sind -, wir sind gezwungen, hier eine Politik mitzumachen, die ausgesprochen gefährlich ist, denn diese NATO-Manöver in der Ukraine und das dauernde Hochschaukeln sind alles andere als eine Spielerei. Wenn dann die russische Reaktion erfolgt, wenn dann russische Flugzeuge im internationalen Luftraum, wohlgemerkt, herumfliegen, schreiben unsere Zeitungen ganz groß, wie furchtbar das ist. Und wenn die Amerikaner eine Brigade in den Osten verlegen - gut, mit einer Brigade wird man Moskau nicht erobern -, ist das vielleicht ein freundlicher Akt? Es ist genau das Gegenteil. Es ist hier ein systematisches Aufschaukeln zu bemerken. Und wer hat den Vorteil von dem Ganzen? - Nicht wir, auch nicht Russland, sondern die USA. Hier folgen wir blindlings einer westlichen Politik, die auch bei TTIP, meine Damen und Herren, zu bemerken ist. Und weil jetzt vorher von meinem Vorredner so gelobt wurde, dass unser Europaausschuss über TTIP so einen tollen Beschluss gefasst hat, dann kann ich nur eines sagen: Ja, aber, wenn man ihn genauer gelesen hat - das hat er vielleicht nicht -, dann ist bereits auf Seite 4 eine Fußnote - und bitte, der Beschluss ist ja wesentlich von der SPÖ formuliert, denn die GRÜNEN haben ja nichts mehr zu sagen -, in der ausdrücklich drinnensteht: Falls es nicht gelingen sollte, die Schiedsgerichte und, und, und herauszuverhandeln, dann muss man das anders lösen und weiter machen. Man macht sich hier schon die Türe auf, und der Kanzler, der bei uns große Worte spricht, hat in Brüssel noch nie etwas in diese Richtung gesagt. Wo ist die Frage der gemischten Abkommen, die ein Mitreden der nationalen Parlamente erzwingen würden? - Nichts ist es damit. Eingriffe in die innerstaatlichen Regelungsmöglichkeiten haben wir. Was kommt, was wird uns gepredigt? Die Solidarunion. Solidarität ist dann, hat eine deutsche Zeitung in der Vorwoche getitelt, wenn wir zahlen. Und genau das ist es, wohin es läuft. Und was Sie wieder verschweigen: Solidarunion heißt, bei uns das Niveau zu senken, damit es anderswo gehoben wird. Sagen Sie das bitte einmal ehrlich Ihren Wählern. Genauso wie Sie sagen sollten, wie viele Flüchtlinge wir noch aufnehmen können. Dieser Frage weichen alle Politiker peinlich aus. Sie sagen es nicht. Und dann haben Sie gestern ganz tolle Beschlüsse gefasst in Brüssel. Na, was ist denn in Wirklichkeit dabei herausgekommen, was haben Sie denn gesagt dazu? Sie haben davon gesprochen, dass Lager in Afrika errichtet werden sollen, in denen die Leute zumindest vorübergehend aufgenommen werden können und wo man dann die Aufnahme prüft. Ja, glauben Sie, das geht so einfach? Glauben Sie, man baut so ein Lager in 14 Tagen auf? Glauben Sie, dass Sie da nicht die Zustimmung der Staaten brauchen, in denen Sie diese Lager errichten wollen? Das ist Schwindel! In der Zwischenzeit - weil Sie es so betont haben - werden weiterhin Menschen ertrinken im Mittelmeer. Die einzige Variante, das möglichst abzukürzen - auch das wird nicht in Stunden oder Tagen gehen, denn Sie sagen nicht heute, ich brauche im Mittelmeer 20 Schiffe, und die sind morgen da; im Unterschied zu den Kollegen verstehe ich ein bisschen was von Logistik in diesem Bereich; das dauert eine gewisse Vorbereitungszeit, und es werden, darüber müssen wir uns im Klaren sein, auch wenn es sich furchtbar anhört, auch in der Zwischenzeit Menschen ertrinken -, wenn man das also schnell abstellen will, dann kann man es nur mit der australischen Methode machen: Die Schiffe abfangen, die Schlepper herausholen, die Menschen geleitet sicher an die Küste zurückbringen und die Boote versenken. Aber diese Geschichte, die uns jetzt erzählt wird, die Boote so versenken, na bitte, wie machen Sie denn das? Schicken Sie Drohnen? Schicken Sie Kampftruppen nach Libyen hinein in den Krieg? Genauso wie der Herr Kollege angesprochen hat, es gibt, und das stimmt, verheerende diktatorische Regime in Afrika. Aber was soll man jetzt machen? Werden wir als Europäische Union jetzt Krieg führen gegen diese Regime in Afrika? Sie sagen immer nur, was schlimm ist, aber Sie sagen nicht realistisch, wie man diese Probleme beenden kann. Und das werfe ich Ihnen vor, meine Damen und Herren, denn da wird sehr viel Humanität vorgegaukelt, aber erreicht wird damit nichts. Es hat jetzt keinen Sinn mehr, zu den Europa-Abgeordneten zu sprechen - mit Ausnahme der Kollegin Vana, die noch da ist -, die glauben, in einem Parlament zu sitzen, oder sie sagen, sie tun es so. Na, was ist denn die wesentlichste Aufgabe eines Parlaments? Die Gesetzgebung. Wo ist denn die Gesetzgebung im Europa-Parlament? Da werden Resolutionen am laufenden Band beschlossen. Die erste Rednerin heute hat gesagt, sie hatten 3 500 Abänderungsanträge. Rechnen Sie sich das einmal in Sekunden aus, wie ernsthaft dort eine parlamentarische Arbeit läuft. Und auch wenn die GRÜNEN lange Zeit nicht da waren, hat dieses Plenum trotzdem oft oder meistens mehr Leute als das Europa-Parlament am Nachmittag, meine Damen und Herren. Das ist die Realität. Das ist ein Parlament der Resolutionen. Ein bisschen mehr Möglichkeiten haben sie jetzt über das Budget bekommen - ehrlicherweise muss man das dazusagen -, aber ansonsten ist es alles andere als ein Parlament. Es ist in Wirklichkeit auch nicht nach dem Parlamentsprinzip gewählt, denn das Wahlrecht in Europa ist noch ungerechter als jenes bei uns in Wien. Von "one man, one vote" sind die dort Meilen entfernt, wenn Sie die Möglichkeiten der Luxemburger oder der Deutschen zum Beispiel vergleichen. Das ist in Wirklichkeit kein Parlament und kann es in dieser Form auch nicht werden. Auch die Kommission ist keine demokratisch legitimierte Regierung. Das wissen wir alle, auch wenn Sie sich das suggerieren. Und dann haben wir noch einen Europäischen Gerichtshof, der sich einbildet, nicht Gesetze auf den Vollzug hin zu überprüfen, sondern Recht schaffend wirksam zu werden. Ohne gesetzliche Legitimierung. Das muss man auch dazusagen. Und das alles lassen wir uns gefallen. Die Materie ist zu kompliziert, als dass die Bürger sie im Einzelnen, meine Damen und Herren, begreifen. Aber das Unbehagen bei den Leuten wächst. Das Griechenland-Thema brauchen wir gar nicht mehr lange zu behandeln, denn das wissen Sie selber, dass das am Kochen und vor der Explosion ist. Das gute Geschäft der Frau Ministerin Fekter - nicht mehr Ministerin in der Zwischenzeit - hat sich längst als katastrophale Fehlleistung gezeigt. Schlimm ist nur, dass die Frau Fekter das damals auch gewusst hat. Wie alle anderen. So wie Sie heute von jedem Wirtschaftsfachmann hören, Grexit oder der Austritt Griechenlands aus dem Euro, was die vernünftigere Variante wäre, ist zu verzögern, aber nicht mehr aufzuhalten. Verzögern heißt, wir zahlen noch eine Zeit lang mehr dazu, und dann explodiert die Geschichte doch. Heute haben wir vom Herrn Kollegen Leichtfried wieder gehört, man kann nicht aus dem Euro austreten. Na, da sind die anderen Staaten schon ganz anderer Meinung in der Zwischenzeit, aber vielleicht hat er zu wenig Wirtschaftsberichte gelesen und nicht aufgepasst, weil er mehr im Flugzeug und in Wartesälen der diversen Flughäfen gesessen ist, als sich mit parlamentarischer Arbeit zu befassen. Das ist unrealistisch, und das wissen alle Fachleute. Deutschland bereitet sich auf den Grexit oder den Austritt Griechenlands vor. Unserer Regierung wird das, wie man merkt, passieren, und die Folgen werden auch entsprechend schwerwiegender für uns sein. Was ist die Realität bei all diesen Geschichten, die man uns da heute erzählt, bis hin zu dem Märchen von der Friedensunion? Na, wie viele Kriege hat denn die Schweiz ohne Europäische Union geführt? Wie viele Kriege haben wir bis zum Beitritt vor 20 Jahren geführt? Das ist doch völliger Unsinn. Man hat den Begriff Friedensunion aufgenommen, weil der Bereich der Wirtschaftsunion nicht mehr gezogen hat, und jetzt versucht man, mit diesem Bereich hier die Bevölkerung einzulullen. Nur, es geht nicht mehr, sondern im Gegenteil, es ist eine gefährliche Entwicklung im Gange. In sehr vielen Ländern, vor allem auch in wichtigen Ländern wie in Deutschland, aber genauso auch in Österreich und in anderen Staaten, ist der Zwiespalt zwischen der Meinung der Bevölkerung und der Politik enorm groß. Das äußert sich dann leider auch in radikalster Form, wo die Leute dann im Internet oder sonst wo ihre Meinung hinauslassen. Gott sei Dank, glaube ich, ist nicht jeder der Meinung, das tun zu müssen, was da drinnen geschrieben wird, aber schauen Sie sich die Mails, schauen Sie sich die Leserbriefe in den Zeitungen, schauen Sie sich die Postings an. Hier kocht es in der Bevölkerung, und wenn wir hier nicht vernünftige Gegenmaßnahmen treffen, wird das ausgesprochen kritisch werden. Da trägt in Wirklichkeit unsere Politik die Verantwortung, nämlich die Politik bei uns im Land, dass man darauf hört, was bei der Bevölkerung läuft, dass man nicht versucht, ihr Märchen zu erzählen. In den Bereichen, wo man realistisch helfen kann, hilft es aber nicht, Versprechungen zu machen, die man nicht einhalten kann, nur weil sie sich gut anhören. Ich frage Sie noch einmal, Herr Kollege Margulies: Wie viele Flüchtlinge haben Sie aufgenommen in der Zwischenzeit? (Beifall bei der FPÖ.) Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Woller. Ich erteile ihm das Wort. GR Ernst Woller (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Damen und Herren! Immer wenn es um Diskussionen zu Krieg und kriegsähnlichen Entwicklungen geht, dann lebt der Herr General auf, dann gehen sein Herz und sein Mund über. Ich möchte mich an dieser Kriegsdiskussion gar nicht beteiligen, aber eines muss schon gesagt werden, Herr Kollege Jung. Wir können über alles reden, was in der EU schlecht ist und was man besser machen kann, aber das Einzige, was ja wohl unbestritten ist: Die Geschichte Europas war eine Geschichte von Kriegen. In regelmäßigen Abständen hat es einmal dort einen Krieg gegeben und einmal da einen Krieg, vom Mittelalter über den 30-jährigen Krieg herauf. Aber in großen Teilen Europas hat es nie so eine lange Phase des nachhaltigen Friedens gegeben wie in dem Europa, in dem wir leben, und in vielen Ländern rund um uns (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.), wie seit der Gründung der Europäischen Union und ihrer Vorläuferorganisation. Das muss man an dieser Stelle schon einmal sagen, wenn man jetzt da alles wirklich nur schlechtredet. Ich möchte jetzt ganz jemanden anderen zu Wort kommen lassen: "Europa ist für mich wie eine große Familie, die in einem Haus gemeinsam lebt! Man akzeptiert und respektiert sich, man macht gemeinsame Dinge, löst gemeinsam Probleme und doch hat jeder seine eigene Persönlichkeit, seine eigene Wohnung und seine Privatsphäre!" Das sagt Virginia Ernst. Ich habe sie bis vor Kurzem auch nicht gekannt, aber sie ist eine 24-jährige österreichische Sängerin und Songwriterin, die gerade mit ihren Songs "Rockin" und "Soldier" die heimische Musikwelt erobert. Virginia Ernst ist am 28.4. zu Gast im Haus der Europäischen Union zum dort regelmäßig stattfindenden Europadialog. Das nur zur Frage, wie man Europadiskussionen auch führen kann. Virginia Ernst kennt wie beispielsweise meine fünf Kinder und alle anderen jungen Menschen in Österreich, in Wien, in Europa nichts anderes als die Europäische Union und Österreich als Teil dieser Europäischen Union. Für sie ist es selbstverständlich, und zwar alternativlos selbstverständlich, und das ist auch gut so, weil es tatsächlich alternativlos ist. Auch für uns ist die Frage, dass wir Teil einer starken, friedlichen Union sind, eine Selbstverständlichkeit, und wir im Wiener Gemeinderat und Landtag haben uns mit der Frage immer sehr positiv beschäftigt und dazu auch immer die europäischen Fragen diskutiert und ernst genommen. Es ist daher kein Zufall, dass es bereits vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union eine Europakommission gegeben hat, die wir jetzt aufgewertet haben zu einem Gemeinderatsausschuss für europäische und internationale Angelegenheiten, im vollen Bewusstsein, dass europäische Fragen für das Leben jedes Einzelnen in Wien besonders wichtig sind. Wir werden in dieser sehr konstruktiven Arbeit dieses Gemeinderatsausschusses für europäische und internationale Angelegenheiten ganz hervorragend von der Fachabteilung MA 27 unterstützt. Es gibt sehr konstruktive Diskussionen, Fachseminare, Veranstaltungen. All das gefällt dem Kollegen Jung natürlich nicht, denn der will immer "Krieg", doch im Gemeinderatsausschuss gibt es Gott sei Dank sehr sachliche Arbeit. Jedenfalls leisten wir hier sehr konstruktive Arbeit, und wir wissen, dass Europafragen ganz entscheidende Fragen sind und nicht so wie für die FPÖ beispielsweise ausschließlich eine Plattform für populistische und fundamentalistische Oppositionspolitik. Wir fragen uns nicht, ob Europa, ja oder nein, sondern wie wir Europapolitik machen. Und das ist alternativlos. Europapolitik muss man, genau wie alle anderen Politikbereiche, aktiv gestalten, man muss versuchen, durch möglichst aktive Politik möglichst große Chancen zu erarbeiten. Wir haben das getan in all diesen letzten Jahrzehnten, in den letzten 20 Jahren beispielsweise mit dem Wien-Haus in Brüssel, mit der Mitarbeit von Wien in europäischen Netzwerken, wobei gerade diese Woche eine große Konferenz der EU-Bürgermeister in Wien stattgefunden hat mit einer Deklaration für eine starke Stimme in Europa. Drei Viertel der Menschen in der Europäischen Union leben in Städten. Daher ist es nicht die Frage, ob für uns Städtepolitik oder Europapolitik wichtig ist oder nicht. Es ist alternativlos, weil vom Erfolg der Politik der Städte auch der Erfolg der Europäischen Union und der europäischen Entwicklung abhängt. Es ist daher ganz wichtig, hier eine ganz starke Stimme der Städte zu erheben. Gerade unser Bürgermeister hat in den letzten 20 Jahren - es ist ja wirklich ein schöner Zufall, dass wir genauso lange Mitglied in der Europäischen Union sind, wie der Bürgermeister im Amt ist - eine ganz starke Stimme erhoben, beispielsweise für die Absicherung der Daseinsvorsorge, zur Absicherung des öffentlichen Verkehrs, zur Absicherung des Wiener Wassers, zur Absicherung des sozialen Wohnbaus in Wien, aber auch in anderen europäischen Städten. Daher geht es immer einfach darum, zu überlegen, wie man gute Politik macht, und Europapolitik ist genauso ein Politikbereich wie alle anderen Bereiche, etwa wie die Innenpolitik. Sie ist Teil unserer Stadtpolitik, und wir stellen uns dieser Politik. Die MA 27 verwaltet beispielsweise ein Volumen von 246 Millionen EUR an Förderungsmitteln der EFRE, die in dieser Periode bis 2020 in Wien in Projekte investiert werden, gemeinsam mit unseren Nachbarn, insbesondere in Tschechien, in der Slowakei und in Ungarn. Es gibt viele positive Beispiele, die gerade für junge Menschen einfach so selbstverständlich sind, dass jeder Gedanke, dass man sagt, wie wäre es ohne EU oder wie könnten wir eigentlich aus der EU austreten, bei den jungen Menschen völlige Fassungslosigkeit hervorrufen würde. Das wäre eine Frage, die sie einfach nicht verstehen würden. Beispielsweise in der Kultur. Kultur ist eine nationale Angelegenheit, eine regionale Angelegenheit, eine kommunale Angelegenheit. Und das ist auch gut so. In vielen Bereichen in der Europäischen Union gibt es die Notwendigkeit der Vereinheitlichung, die Notwendigkeit, gemeinsame Lösungen zu suchen, bei der Kultur geht es genau um das Gegenteil. Es geht darum, die Vielfalt der Kultur, die Vielfalt der Sprachen in Europa weiter zu pflegen. Wir machen das durch vielfältigen Kulturaustausch und durch Projekte wie beispielsweise die europäischen Kulturhauptstädte, die insgesamt zu einer großen Bereicherung der europäischen Kulturlandschaft führen, die uns Dinge näherbringen, von denen wir sonst nichts wissen würden. Ich sage jetzt, wer kommt schon in die Kulturhauptstadt Mons oder in die Kulturhauptstadt Pilsen, aber wenn es Kulturhauptstädte gibt - und das ist ein sehr gutes Projekt auf europäischer Ebene -, dann nimmt man das auch wahr. Ebenso ist es im Bereich Bildung und Wissenschaft fast unvorstellbar, dass man das Rad diese 20 Jahre zurückdreht. Es ist völlig selbstverständlich, dass es vielfältigste Austauschprogramme für Schülerinnen und Schüler, für Studentinnen und Studenten gibt. Jeder Schüler und jeder Student machen Auslandssemester, machen Auslandsaufenthalte von einer Woche, zwei Wochen, drei Wochen. Sie ermöglichen dadurch das europäische Kennenlernen, sie erweitern das europäische Bewusstsein. Und eines ist die beste Voraussetzung zum friedlichen Zusammenleben und zur Absicherung des Friedens: Wenn man sich einfach kennt, wenn man andere Sprachen spricht, wenn man Freunde in ganz Europa hat und sich diese Europäische Union dadurch weiterentwickelt. Und die jungen Menschen, die nichts anderes mehr kennen als Österreich in der Europäischen Union, die werden das auch in den nächsten Jahren sicher so weitertragen. Wir haben hier vieles auch in unseren Bereichen gemacht. Es gibt beispielsweise ein eigenes Europabüro im Stadtschulrat Wien, das vielfältigste EU-Projekte in den Wiener Schulen und mit den Wiener Schulen umsetzt. Wir haben viele Beteiligungen Wiens am europäischen Wissenschaftsprogramm. Wien hat hier immer eine führende Rolle gespielt. Beispielweise hat Österreich am 7. EU-Forschungsrahmenprogramm in der EU mitgewirkt, und von den 3 180 bewilligten Beteiligungen, die es im Forschungsbereich in Österreich gegeben hat, hat Wien mehr als 50 Prozent eingenommen. Da gibt es viele sehr gute Beispiele wie zum Beispiel das Programm JOSZEF von der Wirtschaftsuniversität Wien, wo schon seit vielen Jahren osteuropäische und mitteleuropäische Studierende in der Wirtschaftsuniversität Wien ausgebildet werden in Form eines Austausches, auch als zukünftige erfolgreiche Führungskräfte hier in Österreich, aber auch in ihren ursprünglichen Heimatländern. Wir haben durch diese internationale Wirtschafts- und Forschungsförderung der EU sicher auch erreicht, dass Wien als Wissensstadt, als Stadt der Wissenschaft aufgewertet wurde. Wir haben das oft diskutiert, und das ist so positiv, dass man es immer wieder nur wiederholen kann. Wien hat jetzt 20 Universitäten, wir haben insgesamt knapp 200 000 Studierende in unserer Stadt, und davon kommen viele aus den europäischen Nachbarländern. Das ist ein ganz wichtiger Beitrag, dass Wien aktuell die größte deutschsprachige Universitätsstadt und die größte Universitätsstadt in Zentraleuropa ist. Für uns ist Europapolitik ein wichtiger Teil unserer Politik, auch unserer Stadtpolitik, die wir aktiv gestalten müssen, und die wir so gestalten, dass sie insgesamt zu einer Weiterentwicklung unserer Stadt beiträgt. Wir sehen das als große Herausforderung, aber auch als große Chance und nicht so wie die FPÖ rein als Plattform für populistische Oppositionspolitik. - Ich danke Ihnen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Vorsitzender GR Godwin Schuster: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich GR Mag Jung zu Wort gemeldet. GR Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke, Herr Vorsitzender! Wir haben ja heute schon eine ganze Menge seltsamer Wortmeldungen gehabt, aber jetzt ist eine Sache, die ich denn doch berichtigen will. Der Herr Kollege Woller hat vorhin - ich nehme an, es ist ihm das Temperament durchgegangen, obwohl er sonst nicht so übertrieben temperamentvoll ist -, behauptet, der Jung will immer Krieg. Herr Kollege Woller, ich glaube, dafür wäre eine Entschuldigung fällig. Ich habe das noch nie und nirgendwo gesagt, ich habe es noch nie und nirgendwo in irgendeiner Behauptung gebracht. Im Gegensatz zu Ihnen war ich in Afghanistan und habe gesehen, wie es dort ausschaut. Im Gegensatz zu Ihnen war ich während des Krieges am Balkan und habe gesehen, wie es dort ausschaut, und ich war in Syrien und weiß, wie Kriege sind. Das Einzige, was mich aber noch unterscheidet und was stimmt: Ich war skeptisch und ich bin skeptisch gegenüber den Aktionen, die hier laufen, denn man versenkt nicht einfach Schiffe in einem fremden Land, und man kann auch nicht "Habt acht!" sagen und am nächsten Tag steht eine Flotte bereit zum Einsatz. Ich bin Realist im Gegensatz zu Ihnen. Sie erzählen schöne Geschichten, aber damit erreichen Sie gar nichts. (Beifall bei der FPÖ.) Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Prof Dr Eisenstein, und ich erteile es ihm. GR Univ-Prof Dr Herbert Eisenstein (Klub der Wiener Freiheitlichen): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Ich komme zurück auf den eigentlichen Tagesordnungspunkt, auf die Post 6, nämlich auf die Subventionen. Ich sage nichts zur EU, aber einen Satz erlauben Sie mir bitte schon, nämlich zum Herrn Kollegen Woller. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, wollen Sie ausdrücken: Hätte es die EU nicht gegeben, hätten wir schon Krieg im Mitteleuropa. Das weise ich aber schon zurück, das sehe ich absolut überhaupt nicht so. Also da kann die EU nichts dafür, dass wir keinen Krieg haben, und Gott sei Dank haben wir keinen. - Gut. Zum Tagesordnungspunkt Post 6, Subventionen, beantrage ich die getrennte Abstimmung. Wir werden den Subventionen zustimmen mit Ausnahme der Subventionen für den Verein Aids-Life. Diese Subvention an Aids-Life für die Veranstaltung des Life Balls in Höhe von 800 000 EUR werden wir ablehnen. Sie ist absolut unnötig, denn erstens liegen Erlöse vor, und zwar in bedeutender Höhe, im Vorjahr immerhin 2,3 Millionen EUR, das heißt, der Life Ball erhält sich nicht nur selbst, sondern er kann von seinem Gewinn auch noch namhafte Beträge abgeben. Zweitens: Die Spendenbereitschaft ist hoch. 2013 haben zu den Hauptsponsoren bedeutende österreichische Unternehmen aller Sparten gezählt. Im Internet ist eine Liste drinnen. Sie finden im Prinzip alle großen bedeutenden Sparten der österreichischen Wirtschaft. Außerdem macht der Vereinsobmann, der Herr Keszler, ja eine großangelegte Medienkampagne zur Unterstützung, und ich nehme an, dass da auch viel hereinkommt. Drittens unterstützt der Verein nicht nur inländische, sondern auch ausländische Organisationen, die eine bedeutende Größe haben und die nicht darauf angewiesen sind. Dazu gehören zum Beispiel die Elton John AIDS Foundation oder die amfAR The Foundation for AIDS Research, Organisationen, die in Südostasien, in Ostafrika und Südafrika, in Puerto Rico und vielen, vielen anderen Teilen der Welt tätig sind. Es werden zwar auch heimische AIDS- Hilfen unterstützt, aber das ist halt für den Verein offensichtlich nicht prioritär, und das sollte aber doch so sein, wie ich meine. Viertens: In der Bevölkerung, die ohnehin durch ständige Abgaben- und Gebührenerhöhungen belastet ist, besteht, soweit ich die Erfahrung gemacht habe, kein Verständnis für die Subvention einer Veranstaltung, die in der derzeitigen Form häufig abgelehnt wird, weil sie vielfach - und ich sage das jetzt ganz bewusst - Ekel und Abscheu hervorruft und weil sie zweitens Jahrmarktcharakter hat, aber uns dafür alle teuer zu stehen kommt. Meine Damen und Herren, wenn ich das so schmissig formulieren darf: Nur, weil eine Veranstaltung schrill und hemmungslos ist, heißt das noch nicht, dass sie gut und akzeptierbar ist. Aus all diesen Gründen - wobei ich jetzt die Person von Herrn Keszler völlig ausnehme und auch die weiteren Vorstandsmitglieder beiseite lasse - hat eine solche Veranstaltung für uns Freiheitlichen keine Priorität und sollte unserer Meinung nach auch nicht gefördert werden. Das Gegenteil ist der Fall. Die Gemeinde müsste für die Zurverfügungstellung des Rathauses, der technischen Einrichtungen, den Stromverbrauch und alles, was sonst noch anfällt, eine angemessene Gebühr verlangen, die sich überschlagmäßig auf einen durchaus sechsstelligen Eurobetrag belaufen könnte. Resümee: Es ist sehr wichtig, dass wir AIDS-kranken und HIV-positiven Personen helfen und auch die AIDS- Forschung unterstützen. Das kann die Gemeinde gerne tun, wenn es ihr sehr ernst damit ist. Sie muss es aber nicht über den Verein Aids-Life tun, und sie muss es schon gar nicht auf dem Umweg über den Life Ball machen. Denn der Verein Aids-Life nennt sich ja selber Verein zur - Hervorhebung jetzt von mir - "direkten Unterstützung von HIV- Positiven und an AIDS erkrankten Menschen". Diese Behauptung, nämlich die direkte Unterstützung, muss ich insofern relativieren, als ja nationale und internationale Organisationen unterstützt werden und nicht Einzelpersonen vom Verein und vom Life Ball selber profitieren. - Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.) Vorsitzender GR Godwin Schuster: Mir liegt noch eine Wortmeldung vor. Zu Wort gemeldet hat sich Herr GR Herzog, und ich erteile es ihm. GR Johann Herzog (Klub der Wiener Freiheitlichen): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Es liegt heute auch ein Antrag zum Thema Armenien vor, zum Genozid von 1915. Ich bin heute gegen Mittag aus Armenien zurückgekommen von einer Gedenkveranstaltung mit einer großen Diskussion in Armenien, Eriwan, die am Mittwoch und Donnerstag stattgefunden hat. Ein globales Forum hat sich zusammengefunden, um über den Genozid an den Armeniern im Jahr 1915 zu diskutieren, aber natürlich auch über die weiteren schrecklichen Ereignisse, die sich im 20. Jahrhundert ergeben haben - von den schrecklichen Ereignissen des Holocaust, aber auch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis heute, wenn man an Kambodscha denkt, an Ruanda oder an die Zustände, wie sie jetzt im Irak und Syrien herrschen. Das war ein wirklich großes Thema. Das Forum war eine großartige Veranstaltung, es waren hunderte Politiker und Abgeordnete dort. Der erste Tag war mit Panels vollgestopft, Welteliten der Menschenrechte haben Diskussionsforen abgehalten - eine wirklich spannende und großartige Veranstaltung -, und am zweiten Tag gab es eine Diskussion der Politiker, es waren Spitzen der Weltpolitik, Parlamentspräsidenten und -präsidentinnen, Abgeordnete und die Spitzen der Politik anwesend. Besonders berührend war dann am Abend eine lange kirchliche Feier, bei der die armenische Kirche in einer großartigen Zeremonie die Heiligsprechung von Opfern des Holocaust gefeiert hat. Ich habe so etwas noch nicht erlebt und war von dieser Feier zutiefst beeindruckt. Heute, am Freitag, findet ein großer Staatsakt in Eriwan statt, bei der der Opfer des Holocaust gedacht wird. Es sind eine Reihe von Spitzenpolitikern der ganzen Welt anwesend, darunter Präsident Hollande, Präsident Putin, der Präsident von Serbien und andere, das heißt, eine hochrangigste Besetzung, die Sie vielleicht schon im Internet oder im Fernsehen gesehen haben. Aber wer war aus Österreich anwesend? - Ich kann sagen, ich war der einzige abgeordnete Politiker, der am globalen Forum teilgenommen hat, der dort auch das Wort ergriffen hat. Und ich war zutiefst beeindruckt von dieser Veranstaltung und bin wirklich froh und dankbar, dort gewesen sein zu dürfen. Am heutigen Tag ist der österreichische Staat nur durch den Botschafter vertreten. Eine völlig unverständliche Haltung der politisch Verantwortlichen. Vorsitzender GR Godwin Schuster (unterbrechend): Sehr geehrter Herr Gemeinderat, ich habe leider nicht auf die Uhr geschaut, bevor du zu reden begonnen hast. Es ist 16 Uhr, ich bitte um Entschuldigung, es war tatsächlich mein Fehler, diese drei Minuten werden dann natürlich wieder berücksichtigt, aber ich muss die Sitzung unterbrechen. Wir kommen nun zum Verlangen der FPÖ, und zwar den von den GRen Wolfgang Seidl, Manfred Hofbauer und Christian Unger an den Herrn Bürgermeister gerichteten Dringlichen Antrag betreffend "Errichtung sozialer, leistbarer städtischer Wohnungen und Vergabe an Personen mit ausreichenden Deutschkenntnissen". Gemäß § 38 Abs 2 der Geschäftsordnung sollte dieser Antrag verlesen werden, allerdings hat der Antragsteller von sich auch auf die Verlesung verzichtet. - Für die nun folgende Begründung des Verlangens auf dringliche Behandlung dieses Antrages sieht die Geschäftsordnung gemäß § 38 Abs 3 eine Redezeit von 20 Minuten vor. Zur Begründung des Verlangens erteile ich Herrn GR Seidl das Wort. GR Wolfgang Seidl (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Meine Damen und Herren! Wir bringen heute diesen Dringlichen Antrag an den Herrn Bürgermeister, betreffend Errichtung sozialer, leistbarer städtischer Wohnungen und Vergabe an Personen mit ausreichenden Deutschkenntnissen ein. Ich möchte gleich zu Beginn ganz unmissverständlich festhalten, dass wir selbstverständlich alle ein Bekenntnis zu einem friedlichen und konfliktfreien Zusammenleben in Wien, und vor allem natürlich auch im Gemeindebau ablegen. Es gibt in Wien, um jetzt auch ein paar nackte Zahlen zu bemühen, rund 200 000 Gemeindewohnungen und seit 2004 - wenn ich das richtig recherchiert habe - hat die Stadt Wien keine neuen Gemeindewohnungen mehr gebaut. Ich kann mich erinnern, dass Sie Anfang des Jahres - ich glaube, es war im Jänner - auf Grund einer Anfrage die Wienerinnen und Wiener wissen haben lassen, dass es in absehbarer Zeit auch keine neuen Gemeindewohnungen geben wird. Umso verwunderlicher war es dann, wie wir vor Kurzem feststellen konnten, dass der Herr Bürgermeister sehr wohl ankündigt, neue Gemeindewohnungen bauen zu wollen. Jetzt muss bei jedem gelernten Wiener zunächst einmal das Alarmglöckchen klingeln, denn auf einer Seite wollen Sie als zuständiger Stadtrat nicht bauen, der Herr Bürgermeister hätte aber ganz gerne, dass gebaut wird. Dass aber gerade das Bauen in Wien ja nicht Ihre Stärke ist, zeigt das Beispiel des Krankenhauses Nord. Schauen wir halt einmal, was da insgesamt dann herauskommt. Ich vertraue allerdings jetzt einmal auf die Worte des Herrn Bürgermeisters, der ja doch der Höherrangigere ist, und gehe einmal davon aus, dass in diesem Jahr noch Gemeindebauten oder neue Gemeindewohnungen errichten werden. So wie es derzeit in den Medien herumgeistert, sollen es 120 sein und bis Ende der nächsten Legislaturperiode, also bis Ende 2020, ganze 2 000. Wir werden sie bauen müssen, sehr geehrter Herr Stadtrat, allerdings sind wir der Meinung, dass es bis 2020 nicht 2 000 sein müssen, denn wir meinen, dass es ungefähr 5 000 im Jahr sein müssen. Warum ist das unserer Meinung nach so? - Bei einem Zuzug von 20 000 Menschen jährlich in unsere Stadt, ist es für mich - und ich glaube auch für jeden Wiener - nicht erklärbar, warum die SPÖ-Wien seit elf Jahren keine einzige Gemeindewohnung gebaut hat. (Beifall bei der FPÖ.) Der Grund liegt allerdings auch auf der Hand, und der wahrscheinlichste Grund wird der sein, das die Kassen der Stadt Wien halt klamm sind. Wenn man dann noch liest, dass Wiener Wohnen einen Schuldenberg von 3 Milliarden EUR mit sich herumschleppt, dann rundet das Ganze eigentlich das Bild ab. Aktuell schaut es so aus, dass in Wien ungefähr ein Drittel der Menschen in einem Gemeindebau wohnt. Und gerade dort, im Gemeindebau, sind die hausgemachten Probleme der verfehlten Zuwanderungs- und Einwanderungspolitik evident, gerade dort, im Gemeindebau, haben wir heute Konfliktzonen, die Sie, von der SPÖ und jetzt gemeinsam mit den GRÜNEN zu verantworten haben. Unter dem jetzigen SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann wurden ja damals die Gemeindebauten ganz offiziell auch für Drittstaatenangehörige zugänglich gemacht, und wir Freiheitliche haben damals schon gesagt, dass das ganz sicher nicht gescheit ist. Heute wissen wir, dass wir recht gehabt haben, wie schon sehr oft. Ihnen ist es wie immer egal, für Sie gilt: Der soziale Wohnbau wird auch weiterhin für Drittstaatenangehörige geöffnet. Aber nicht nur wir haben gewarnt, komischerweise hat auch ein doch sehr prominenter Sozialdemokrat, der ehemalige EU-Abgeordnete Hannes Swoboda - vor Jahren ebenfalls Stadtrat in dieser wunderschönen Stadt - davor gewarnt und damals gesagt, bei einer blinden Anwendung würde die Richtlinie zur Ghettobildung in den Gemeindebauten führen, solche Regelungen müssten mit entsprechender Sensibilität umgesetzt werden, gegebenenfalls mit Quoten oder anders. Wenn man dieses EU-Gesetz einfach laufen lässt, kann etwas Ähnliches passieren wie beim Universitätszugang. Meine Damen und Herren, selbstverständlich hat der Genosse Swoboda damals vollkommen recht gehabt und er hat damals versprochen, dass er sich in Wien aktiv mehr einmischen wird - so hat er es damals formuliert. Leider Gottes hat er sich anscheinend viel zu wenig eingemischt, denn das Resultat sehen wir heute jeden Tag oder können es in den Zeitungen nachlesen. In den letzten Jahren hat die Zahl der Konflikte zugenommen. Sie wissen es, wir haben am 25. Februar einen ähnlich lautenden Dringlichen Antrag gestellt, ebenfalls an den Bgm Häupl, der damals aufgefordert wurde, umgehend alle notwendigen und rechtlich möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zum sozialen und geförderten Wohnbau in Wien vornehmlich der Wiener Bevölkerung als Staatsbürger zu erhalten. Was ist daraus geworden? - Ja, wir sehen es, wir müssen heute wieder einen Dringlichen Antrag stellen, passiert ist leider Gottes nicht viel. Aber was sind eigentlich die vorrangigen Probleme im Gemeindebau? - Es ist ja derzeit so, dass nicht nur wir Freiheitliche Hausbesuche machen, sondern, wenn man den Medien glauben darf, alle Parteien. Es machen die GRÜNEN, es machen die Sozialdemokraten, ich glaube, es macht auch die ÖVP. Und ich weiß nicht, was Ihnen die Gemeindebaumieter erzählen, uns erzählen sie in der Regel die Probleme, die sie mit ihren Nachbarn haben. Und das sind in der Regel die Nachbarn, die nicht autochthone Österreicher sind. Ich weiß nicht, wie das bei Ihnen ist, was Ihnen, wenn Sie durch die Gemeindebauten gehen, die Leute erzählen. Uns erzählen das die Leute, vielleicht lügen uns die alle an, ich kann es mir nur nicht vorstellen. Die Realität zeigt ja, dass bei Beschwerden meist die alteingesessenen, autochthonen Österreicher jene sind, die dann im Regen stehen gelassen werden. Leider sind Sprachkenntnisse und Integrationsfähigkeit oder der Integrationswille bis heute bei der Wohnungsvergabe durch Wiener Wohnen kein Kriterium. Dabei haben aber gerade die sozialen Probleme unter den Mietern zugenommen. Sie wissen das ganz genau, sie sind überproportional groß. Die SPÖ spricht gerne selbst von einem 25-prozentigen Anteil an Gemeindebaumietern mit Migrationshintergrund. Jetzt gibt es allerdings Studien, die von 35 Prozent und teilweise sogar 40 Prozent sprechen. Meine Damen und Herren, wir werfen unter Garantie nicht alle Menschen mit Migrationshintergrund in einen Topf. Ganz im Gegenteil, ich habe sehr viele Bekannte, die Migranten und gut integrierte Zuwanderer sind. Es ist aber auch unbestritten, dass es Konflikte und Probleme gibt, die vor allem aus deren kulturellen und sprachlichen Unterschieden resultieren. Und wer das leugnet, so wie Sie von SPÖ und von den GRÜNEN, meine Damen und Herren, der meint es nicht gut mit den Wienern und Wienerinnen. (Beifall bei der FPÖ.) Es gibt bei uns in Wien leider das Phänomen, dass genügend Menschen zu uns kommen, die sich einfach nicht integrieren wollen. Und zwar deshalb nicht, weil sie es einfach nicht notwendig haben, deswegen nicht, weil es Parallelgesellschaften gibt. Und auch wenn Sie es leugnen, das gibt es heute in Wien. Und Sie wissen es ja. Es ist ja nicht so, dass wir euch irgendetwas erzählen und ihr wisst es nicht, ihr wisst das sehr genau, dass dem so ist. Trotzdem, und da können Sie jetzt auch noch unzählige weitere Kapperltruppen erfinden, Sie werden das Problem so nicht in den Griff bekommen, Herr Stadtrat. Da bin ich mir 100-prozentig sicher. Denn die Wurzel des Problems liegt nämlich darin, dass viele Menschen, die heute im Gemeindebau wohnen, nicht Deutsch können und daher mit ihnen natürlich auch Kommunikation nicht möglich ist. Und das sagen ja nicht nur wir Freiheitliche. Ich habe bei der Vorbereitung auf den Dringlichen Antrag gestern am Abend ein bisserl im Internet recherchiert und dabei einen wirklich sehr interessanten Artikel gefunden. Und zwar einen Artikel des grünen Nationalratsabgeordneten Dr Peter Pilz, der bekanntlich selbst ein Gemeindebaumieter ist - soviel ich weiß, in der Donaustadt, im Goethehof. Er hat im "Standard" - bei Gott kein glühendes freiheitliches Blättchen - ein Interview gegeben und spricht sich unter anderem klar "gegen eine Öffnung des Gemeindebaus für Ausländer" aus. So will er Ghettos à la "Klein-Istanbul" verhindern, denn eine Öffnung des Gemeindebaus für Ausländer hätte zur Folge, dass die ärmsten und kinderreichsten Familien unter sich seien. Meine Damen und Herren, das sagt jemand, von dem ich es eigentlich nicht für möglich gehalten hätte. Aber man sieht, wenn ein Grüner im Gemeindebau wohnt, dann bekommt er plötzlich auch die Probleme aller anderen Gemeindemieter mit. Ich hätte es auch nie für möglich gehalten, dass ich dem Herrn Dr Pilz jemals recht geben werde, aber in diesem Punkt hat er recht. Und vielleicht liegt es am Alter, ich weiß es nicht. Der Herr Dr Pilz ist ja nicht mehr Jüngste und vielleicht ist es ja so, dass die GRÜNEN mit dem Alter weiser werden. Ich würde es mir wünschen. Da besteht bei Ihnen vielleicht noch ein bisserl Hoffnung - schauen wir einmal, eventuell, denn diese stirbt ja bekanntlich zuletzt. Großartig musste ich dann zu dem Thema nicht weiter suchen, denn am Dienstag dieser Woche, am 21. April war in der auflagenstärksten österreichischen Zeitung, in der "Krone" auf Seite 14 und 15 nachzulesen: "Angst im Gemeindebau. Wir leben neben einem Terroristen. Tschetschene mit Asylstatus als IS-Führungsoffizier. Siebenköpfige Familie lebt seit Jahren von der Sozialhilfe, die Nachbarn sind geschockt." Meine Damen und Herren, das ist leider Gottes heute die Realität in Wien. Und ich bin mir sicher, dass ich Ihnen noch viel vorlesen könnte. Ich möchte es allerdings zumindest mit dem Vorlesen jetzt einmal belassen. Jeder in Wien weiß - auch der Herr Dr Pilz - dass natürlich die vorhandenen Sprachdefizite dazu beitragen, dass die Menschen die Hausordnung nicht verstehen. Das ist ja auch ganz logisch, denn wenn man in den Gemeindebau einziehen kann, ohne Deutschkenntnisse vorzuweisen, dann kann man auch die Hausordnung nicht verstehen. Das ist ja ganz logisch, das weiß ja jeder. (GRin Dr Jennifer Kickert: Da kann man mit ihnen reden und das erklären!) - Und in welcher Sprache wollen Sie das machen, Frau Kollegin? Wir Freiheitliche, meine Damen und Herren, sagen ganz eindeutig, Integration ist selbstverständlich eine Bringschuld der Zuwanderer. Und wer in dieser Stadt in den Genuss einer Sozialwohnung kommen will, der muss auch zeigen, dass er bereit ist, sich in unserem Land zu integrieren und die Sprache zu beherrschen, denn hier in Wien wird Deutsch gesprochen. (Beifall bei der FPÖ.) Die Kenntnisse der deutschen Sprache sind von unserem Verständnis her für das Erlangen einer Sozialwohnung, einer Gemeindebauwohnung unerlässlich. Und das fordern wir auch von Ihnen, sehr geehrter Herr Stadtrat, ab jetzt sind Sie am Zug: Setzen Sie die notwendigen Maßnahmen, damit zukünftig Wohnungen nur mehr an Menschen vergeben werden, die nach fünf Jahren Aufenthalt ausreichende Sprachkenntnisse haben. Denn Wien braucht eine neue Integrationsordnung, Wien braucht eine Verknüpfung von Integration und Wohnbau. Ich würde Sie bitten, setzen Sie wirklich dieses Zeichen. Wenn Sie es nicht setzen, sehr geehrter Herr Dr Ludwig, wir Freiheitliche werden dieses Zeichen nach der nächsten Wahl setzen. - Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.) Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich eröffne nun die Debatte, wobei ich bemerke, dass die Dauer der Diskussion maximal 180 Minuten beträgt. Zur Besprechung des Dringlichen Antrags hat sich Herr StR Mag Juraczka zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm, wobei ich aufmerksam mache, dass seine Redezeit mit 20 Minuten begrenzt ist. StR Mag Manfred Juraczka: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ja wirklich erfrischend in der heutigen Sitzung, dass nach den ewigen Streitereien um Wahlrecht und andere Operettenthemen, nach dem Thema Verkehr mit dem Thema Wohnen heute schon ein zweites Thema abgehandelt wird, bei dem durchaus auch Handlungsbedarf in dieser Stadt besteht. Deshalb bin ich ein bisschen enttäuscht von meinem Vorredner, da ich glaube, dass man das Thema Wohnen vielfältiger betrachten muss, als nur etwaiges schlechtes Benehmen von Ausländern in den Gemeindebauten - das ich jetzt durchaus nicht in Abrede stellen möchte. Aber ich glaube, hier gibt es mehr zu beleuchten und mehr Fragen zu stellen, wie es hier in Wien weitergehen soll. Interessant ist nur eines: Während ich es von den GRÜNEN durchaus für schlüssig erachte, dass sie seit Jahr und Tag fordern, wir müssen Gemeindebauten bauen, zeigt mir, da dieses Thema auch von den Freiheitlichen kommt, schon, dass die FPÖ - die sicher keine linke Partei ist, sondern jedenfalls eine Partei rechts der Mitte - sicher eines nicht ist, eine bürgerliche Partei, denn dieser Ruf nach dem permanenten starken Staat ist schon etwas, was einem Bürgerlichen ein bisschen gegen den Strich geht. Ich halte es da viel eher mit den Aussagen des Herrn Wohnbaustadtrates bis vor wenigen Wochen, der gemeint hat, sozialen Wohnbau in dieser Stadt können die gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften durchaus billiger und effizienter gestalten. (Beifall bei der ÖVP.) Es hat ja heute schon in der Fragestunde auch durchaus interessante Aspekte gegeben. Ich freue mich übrigens ausdrücklich darüber, dass für den Gemeindebau Neu nicht Gelder der Wohnbauförderung verwendet werden, sondern dass es zusätzliche Gelder gibt. Das ist gut und richtig so, weil wir wissen, leistbares Wohnen ist in dieser Stadt in der Tat ein Thema. Ich frage mich nur, warum das so sein muss, wenn man weiß, dass Wien ja eine wirklich große Anzahl an sozialem, zumindest an gefördertem Wohnbau hat. Wenn wir wissen, dass wir in dieser Stadt 220 000 Gemeindewohnungen haben, wenn wir wissen, dass wir derzeit knapp über 170 000 Genossenschaftswohnungen haben, dann stellt sich schon die Frage, warum es noch immer Menschen gibt, die sich Wohnen nicht leisten können. Und da kann für mich nur eine Antwort schlüssig sein, nämlich, dass wir soziale Treffsicherheit nicht in dem Maße zustande bringen, wie sie wünschenswert wäre. (Beifall bei der ÖVP.) Was meine ich damit? - Ich meine nicht die relativ hohen Einkommensgrenzen, die für eine geförderte Wohnung in Anspruch zu nehmen sind. Da bin ich durchaus geneigt, der Argumentation der Sozialdemokratie Folge zu leisten: Wir wollen eine Durchmischung, wir wollen keine Ghettos und wir wollen keine brennenden Vorstädte, wie wir das in Paris erlebt haben. - Hakerl, verstehe ich, finde ich in Ordnung. Aber was ich nicht verstehe, ist, dass man im Gemeindebau beispielsweise nicht nach einer gewissen Zeit auch noch die Bedürftigkeit der Menschen dort hinterfragt. Ohne jetzt gegen Menschen pauschal vorzugehen, aber warum muss ein grüner Nationalratsabgeordneter, warum müssen SPÖ-Bezirksvorsteher im Gemeindebau auf 4, 5 EUR pro Quadratmeter leben, wo sie sich doch marktübliche Mietzinspreise leisten könnten? - Das ist nicht die soziale Treffsicherheit, die wir im geförderten Wohnbau brauchen und die ich mir eigentlich auch von einer Sozialdemokratie, die ja ihren Namen ernst nimmt, erwarten würde. (Beifall bei der ÖVP.) Ich glaube, hier ist es durchaus zumutbar, dass Menschen, die dort vielleicht auch verwurzelt sind und dort bleiben wollen - ich sage ja nicht, dass alle ausziehen müssen -, dass Besserverdiener, die vielleicht früher einmal eine Förderung der Stadt benötigt haben, jetzt aber durch ihre Leistung Gelder haben und diese Förderung nicht mehr benötigen, auch einen marktüblichen Preis zahlen. Ich bitte dennoch - ich weiß, es kommt immer reflexartig ein Njet - darüber nachzudenken, denn hier könnten auch Gelder lukriert werden, die wir im geförderten Wohnbau einsetzen. (GR Siegi Lindenmayr: Sie wollen Eigentumswohnungen fördern!) - Ja, auch das will ich, Herr Lindenmayr. Es ist mir schon klar, dass das Ihrem Weltbild nicht entspricht. Es geht aber hier nicht nur um ideologisches Eigentum an den eigenen vier Wänden, das es übrigens in allen europäischen Städten stärker gibt als bei uns in Wien - wir haben weniger als 20 Prozent Eigentum an den eigenen vier Wänden, in Spanien ist es "the other way round", dort leben 80 Prozent der Menschen in den eigenen vier Wänden. Es ist mir vor allem auch ganz wesentlich für Menschen im Alter, damit diese nicht in die Armutsfalle laufen. Denn solange man im Berufsleben steht, ist die Mietwohnung oftmals kein Problem, wenn man dann aber in Pension geht, sieht man, wieviel von der Pension durch die Mietkosten weggeknabbert wird. Auch das sollte eine Argumentation sein, die Ihnen zuträglich ist. Ich glaube, Eigentum an den eigenen vier Wänden ist etwas, das man durchaus fördern sollte, fördern müsste. Unser Wohnbausprecher Norbert Walter und ich haben dieser Tage ja auch ein Modell vorstellt, nach dem wir mit einer Einmalförderung von 700 EUR auf den Quadratmeter in etwa genauso viel Wohnungen fördern sollten in dieser Stadt, wie wir das jetzt mit dem Gemeindebau Neu tun - also rund 700 Wohneinheiten -, um eben Jungfamilien die Möglichkeiten zu geben, Eigentum zu bilden, das derzeit freifinanziert gerade für junge Menschen absolut unfinanzierbar ist. Das ist, glaube ich, Wohnbaupolitik, die sinnvoll ist, die den Menschen auch die Eigenverantwortung gibt. Das ist der Weg, den wir als bürgerliche Partei gehen wollen, und das unterscheidet uns eigentlich von allen anderen Fraktionen in diesem Haus. - Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Vorsitzender GR Godwin Schuster: Zu Wort gelangt Herr GR Mag Chorherr. - Ich erteile es ihm. GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Meine Damen und Herren! Ich danke insofern meinem Vorredner, Herrn Juraczka, damit man das breit diskutiert und auch herausarbeitet, wo die jeweiligen Unterschiede sind. Denn wohnungspolitisch ist gerade die zentrale Frage, wie man Gesellschaft sieht, wie man Verteilung sieht, das ist ein legitimer Zugang, und es wird überall diskutiert, welche Rolle Eigentum und Nichteigentum spielen. Es juckt mich natürlich jetzt sehr, im Detail auf den Antrag der FPÖ einzugehen. Aber ich habe mir vorgenommen, dass ich mir die Häme ernsthaft spare und damit auch die Frage, wie man sich das vorstellt, Terroristen von der Wohnungsvergabe auszuschließen, wie man sich das lebenspraktisch vorstellt, ob man sagt, bitte ankreuzen: Ich bin so und so alt, habe so und so viele Kinder und - bitte ankreuzen -Terrorist ja oder nein - und dann kreuzt einer ja an. Ich spare mir das jetzt. Lassen wir es bei dem und diskutieren die in der Tat wesentliche Frage, die in allen europäischen Städten diskutiert wird. Daher ganz kurz: Wien ist in einer besonders positiven, aber gleichzeitig besonders herausfordernden Situation. Wien gehört zu jenen Schwarmstädten - das ist ein neuer Begriff, da nicht Großstädte in der Summe boomen, sondern einige wenige von besonderer Attraktivität -, wo die Bevölkerung sehr stark wächst. München ist so eine Stadt, Paris ist so eine Stadt, London ist so eine Stadt, Berlin ist so eine Stadt, wo das Wachstum besonders stark ist. Manchmal denke ich mir, da gibt es ganz viele Chancen, aber das stellt natürlich die Stadt vor enorme Herausforderungen. Wenn die Nachfrage wächst, steigen meistens die Preise. Ich war gestern auf einer Tagung der Gemeinnützigen Wohnungswirtschaft in Krems, wo ein Vertreter des Wirtschaftsforschungsinstitutes eine Graphik gezeigt hat, die - aus Daten des Statistischen Zentralamtes - eindeutig darstellt, wie sich seit 2006 die Wohnungsmieten in Österreich, in Deutschland und im EU-Raum verändert haben. - Nirgendwo sind die Mieten in Summe so stark gestiegen als in Österreich. Das setzt insbesondere Menschen mit geringem Einkommen enorm unter Druck und führt dazu, was wir - und ich möchte es wiederholen - in Wien aus einer Reihe von sozialen und ökologischen Gründen nicht wollen, dass man sich wie in Paris Wohnungen in der Stadt nicht mehr leisten kann und deswegen ins Umland ziehen muss. Ich möchte noch einmal an eine Zahl erinnern, die auch gestern bei dieser Wohnwirtschaftstagung gekommen ist, da wir ja in unseren Kreisen oft ein bisschen aus den Augen verlieren, wie hoch die Durchschnittseinkommen in Österreich sind: Das Medianeinkommen von Unselbstständigen beträgt pro Jahr in Österreich 18 000 EUR. Das heißt, ein Viertel verdient im Monat netto weniger als einen Tausender. Wohnungspolitik ist also in der Tat komplex. 30 Prozent der unselbstständig Beschäftigten in Österreich sind nicht durchgängig beschäftigt und pendeln zwischen Arbeit und Arbeitslosigkeit hin und her. Wir haben also eine deutlich prekäre Situation. Und da muss in der Tat auch die Wiener Wohnungspolitik darüber nachdenken, welcher Durchschnitt an Eigenmittel für Genossenschaftswohnungen verlangt wird, wenn beispielsweise jene 25 Prozent - oder 15 Prozent oder 30 Prozent - über ein wirklich deutlich unterdurchschnittliches Einkommen verfügen und der Genossenschaftswohnbau nicht im ausreichenden Maß jene Wohnungsmieten hergibt, die sich Leute mit 800, 900 EUR leisten können. Dann kommt noch eine Entwicklung - man kann sie gesellschaftlich falsch finden, nur wollen und können wir nicht in das Leben von Menschen regulierend eingreifen -, der Anteil der Ein-Personen-Haushalte steigt deutlich. Das ist ein Phänomen in allen Städten. In Wien sind wir bereits bei 46 Prozent der Haushalte, 46 Prozent sind Ein-Personen- Haushalte und 70 Prozent sind Ein- oder Zwei-Personen-Haushalte. Das kann man ewig diskutieren. Ich habe gelesen, die Leute sollen zusammenziehen - sie tun es aber nicht. Das hat mit Alterung, das hat mit ganz vielen, tiefen gesellschaftlichen Gründen zu tun, auf die wir reagieren müssen. Vor diesem Hintergrund ist in der Tat die Herausforderung, wie man insbesondere im unteren Einkommenssegment etwas ohne hohe Eintrittshürden produzieren kann. Und da meinen wir, dass es eine Aufgabe der öffentlichen Hand ist. Das ist jetzt nicht unser grünes Erbe, das ist in der Tat ein großes Erbe der Sozialdemokratie, ein ganz großes Erbe, wo aus der ganzen Welt die Leute nach Wien kommen, um sich den Wohnbau anzuschauen, um sich anzuschauen, was in anderen Städten ist. Und da gibt es nicht viele Städte, die das ähnlich haben, daraus könnte man fast etwas lernen. Wie weit es - ich sage jetzt kokett - bürgerlich ist, Gemeindewohnungen nicht zu wollen und geförderte Genossenschaftswohnungen schon, darüber, Kollege Juraczka, muss ich über das Wochenende nachdenken. Ich glaube sehr wohl, dass es in einer breiten Rolle sehr viel Sinn macht, dass auch die öffentliche Hand, die Stadt Wien Wohnungen besitzt, betreibt. Das sieht man ja bei der Miethöhe, denn es macht ja einen Riesenunterschied, und das ist eine systemische Frage, ob eine Wohnung ein Anlageobjekt ist, das eine Rendite abwerfen muss. Das soll es geben, es soll freifinanzierte Wohnungen, Eigentumswohnungen, Vorsorgewohnungen, aber auch Genossenschaftswohnungen und hoffentlich auch bald Gemeindewohnungen geben. Der Mix macht es aus. Kein Mensch verlangt, dass 100 Prozent des Wohnungsbaus Gemeindewohnungen sein sollen, da geht es um die Mischung, auf die wir auch in Wien ... (StR Mag Manfred Juraczka: Wir haben bereits einen sehr hohen Anteil!) - Ja, das ist eine spannende Frage, da ist in der Tat etwas passiert in den letzten Jahren und vielleicht kann das dann eine Kollegin auch ein bisschen mit Zahlen ausführen. Wie ist denn die Entwicklung der letzten Jahre? - Noch vor zehn Jahren war das Verhältnis geförderter Genossenschaftswohnungen - es gibt auch geförderte Nicht-Genossenschaften, aber ich lege das der Einfachheit halber zusammen - im Verhältnis zur freifinanzierten Wohnungen irgendwo bei acht zu eins oder neun zu eins. Und wie ist das heute? - Der Anteil der geförderten Wohnungen ist zurückgegangen und der Anteil der freifinanzierten ist gestiegen. Da gibt es jetzt diese neuen Modelle der Calls, bei denen man sagt, wir können dank der günstigen Zinsen - und das ist ja eine Chance für den Wohnbau - auch ohne Förderung mietengedeckelte Wohnungen anbieten. Aber Tatsache ist, dass sich das im Neubaubereich eindeutig zu Lasten der Genossenschaftswohnungen verschoben hat. Und da halte ich es, angesichts der Preissituation, für mehr als angesagt zu sagen, ein gewisses Segment soll wiederum nach zehn, elf Jahren der Gemeindebau sein. In diesem Zusammenhang würde mich vielleicht die Präzisierung der Zahl interessieren, Herr Stadtrat, wir haben das im Ausschuss auch diskutiert. Was die Ziele betrifft, gehen die Meinungen jetzt auseinander. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, war das Ziel, dass Sie sagen, ein Fünftel der Jahresproduktion soll im Bereich der Gemeindewohnungen sein. (Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Ein Zehntel!) - Ein Zehntel jedes Jahr. Da kommen wir ungefähr auf die "more or less" ... (Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Ein Drittel Smart-Wohnungen!) - Ein Drittel Smart- Wohnungen von ... (Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Ein Drittel Smart-Wohnungen von den geförderten Wohnungen!) - Ich greife das bewusst auf, weil in der Öffentlichkeit unterschiedliche Zahlen kursieren. Ein Zehntel der gesamten Wohnungsproduktion soll Gemeindewohnungen sein. Jetzt ist einmal dieses eine Projekt beim ehemaligen AUA- Gelände in der Pipeline. Wenn man ein Zehntel will, wird bald das nächste und übernächste folgen müssen. Aber diesen Mix soll man herstellen. Und wo ich wirklich eine Linie mit der Sozialdemokratie und dem Herrn Wohnbaustadtrat habe, ist, dass wir angesichts der Vergleiche dieser drei Mietenhöhen - das normale Freifinanzierte, das Genossenschaftliche und der Gemeindebau - einen Stufenabbau haben. Die Freifinanzierten sind systemisch - und es kann ja auch nicht anders sein - die Teuersten, und insofern sollen wir einen adäquaten Anteil der Gemeindewohnungen schaffen und den Genossenschaftsanteil erhöhen. Was können wir tun und was ist - und da wiederhole ich es noch einmal - eine der größten Herausforderungen für den gesamten Wohnbaubereich? - Das sind die Engpässe auf dem Grundstückssektor. Da kann vor allem mit Baurecht sehr viel passieren. Mit der jetzigen Zinslandschaft hat sich wirtschaftlich das Modell OWS sehr bewährt, wo sich herausgestellt hat, dass durch Baurecht und Auszahlung zu Beginn ein ebenso hoher Erlös für die Stadt entstanden ist, als wenn man es verkauft hätte, mit dem Vorteil, dass unsere Enkel in 90 Jahren entscheiden können, was sie dann erneut mit diesem Grund machen und der Grund nicht verschwunden ist. Wir glauben, dass es viele Flächen in der Stadt gibt, auch im Eigentum der Stadt, die hier möglich wären. Wir sollten aber diese Flächen stark mobilisieren und versuchen, unbedingt die Wohnungsproduktion zu erhöhen. Ich glaube, da sind sich alle in der Theorie einig, kritisch wird es dann bei den Einzelfällen. Denn alle sagen, ja, bauen wir mehr in Summe, aber wenn es dann konkret wird, gibt es kaum ein Wohnbauvorhaben, bei dem nicht auch Proteste sind. Dazu sage ich einmal mehr: Da gibt es Individualinteressen derer, die dort wohnen, diese sind ernst zu nehmen, sie sind zu respektieren, sie sind einzubinden, aber es gibt auch ein Allgemeininteresse, dass die Wohnungen hergestellt werden. Insofern zusammenfassend: Ich bin für einen guten Mix aus freifinanzierten, aus genossenschaftlichen und aus Gemeindewohnungen. Der Schritt, den der Bund jetzt gerade setzt, gemeinsam mit der EIB besonders günstige Kredite anzubieten, um hier weiter den Zinsvorteil anzubieten - dessen Einfluss auf langfristige Finanzierungen öffentlich unterschätzt wird -, ist auch ein positiver Schritt und soll uns weiterhelfen. Wenn es uns gelingt, mit der Grundstückspolitik hier die Voraussetzungen zu schaffen, dann sehe ich kein Problem, auch 10 000 Wohnungen pro Jahr zu produzieren. Aber natürlich ist es eine ordentliche Challenge, denn derzeit müssen wir schon jedes Jahr 100 Schulklassen, das sind 6 bis 8 Schulen, errichten. Und da gibt es die dumme Konstruktion der Europäischen Union - und in diesem Zusammenhang vermisse ich ein bisschen die ÖVP-Stimme -, die auf der Verschuldungsebene Investitionen nicht von öffentlichem Konsum unterscheidet und so die Stadt Wien zwingt, Schulen zu errichten, die den Steuerzahlern teurer kommen, als würde sie sie selbst errichten. Warum das so ist, das will eigentlich niemandem einleuchten. (GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Geld hat kein Mascherl, da muss man sehr aufpassen!) - Herr Klubobmann, dass Geld kein Mascherl hat, stimmt, aber wirtschaftlich macht es in jedem Unternehmen einen Unterschied, ob ich einen Kredit aufnehme mit dem Ziel, eine Investition zu tätigen, wo nachher mehr Geld herauskommt, oder einen Kredit mit dem Ziel aufnehme, den Dienstwagenpark auszubauen. Wenn die Stadt Geld aufnimmt, um Investitionen, denen sogar Mittel ... (GRin Ing Isabella Leeb: Es gibt keine guten Schulden!) - Es gibt keine guten Schulden? (GRin Ing Isabella Leeb: Schulden sind immer ein Problem!) - Frau Kollegin, sehen Sie, jetzt kommen wir an einen Kern, wo ich manchmal echt zweifle am ... nein, ich sage es freundlicher. Heute bin ich irgendwie freundlicher: Das "es gibt keine guten Schulden", schätze ich ganz anders ein. Reden Sie mit jedem privaten Unternehmer oder Unternehmerin, was er oder sie tut, wenn er eine Investition tätigt. Um eine Investition zu tätigen, wird ein bestimmter Anteil Eigenkapital zu Verfügung genommen, selbstverständlich auch Fremdkapital. Ich kenne keinen erfolgreichen Immobilien-Developer, der nicht Fremdkapital aufnimmt. Warum tut er oder sie das? - Weil er erwartet - am Immobilienmarkt zu Recht -, dass die zukünftigen Erträge groß genug sind, um die Investition zu tilgen. Es macht einen Unterschied, ob ich Geld aufnehme, damit ich dann auf Urlaub fahre, denn dem stehen keine Erlöse entgegen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich verstehe nicht, wie man das nicht verstehen kann, dass da ein Unterschied ist. Das lernen Sie wirklich nicht im 2. Semester Volkswirtschaft, sondern im guten Geographieunterricht in der Mittelschule, dass eine Investition und ein Konsum etwas Unterschiedliches sind. Und die Folge, das nicht zu unterscheiden, führt dazu, dass Wien jetzt zu PPP-Modellen gezwungen ist, bei denen wir über die Laufzeit als Steuerzahler und Steuerzahlerin mehr Geld in die Hand nehmen müssen, als wenn wir es selbst bauen. Was ist das für eine Idiotie? (GR Dipl-Ing Roman Stiftner: Wir sollen woanders sparen!) - Wir sollen es woanders sparen! - Aus Sparen alleine ist noch nie ein Wert geschaffen worden. (Unruhe bei der ÖVP.) Man muss investieren. Dass Ihnen ein Grüner das sagen muss, meine Damen und Herren, wundert mich jetzt, wenn Sie jedem Unternehmer sagen, weißt was, räume dein ganzes Geld auf ein Sparkonto! Im Übrigen, das Dilemma der Entwicklung der Europäischen Union ist genau das, dass eine Ideologie vorherrscht, dass man wachsen kann, dass man Werte schaffen kann - Häuser und U-Bahnen und Straßenbahnen und Straßen und Garagen -, indem man spart. Wie soll das gehen? Man muss investieren, damit man Geld verdient, damit man sparen kann. Und schauen sie nach Südeuropa: Jene Länder, die gezwungen wurden, maximal zu sparen, haben heute die höchsten Schulden. Dass ich das der ÖVP um 16.40 Uhr an einem sonnigen Freitag erklären muss, freut mich, da ich nicht glaube, dass ihr einen öffentlichen Wahlkampf mit diesen Geschichten durchstehen werdet. Das verstehen immer mehr: Nein, man kann sich nicht in die Sanierung sparen, man kann nur sparen, wenn man investiert, und darum soll man unterscheiden. Halten wir fest, wir sind unterschiedlicher Meinung, Herr Juraczka. Tragen wir das öffentlich aus, wie man für 25 000 Menschen, die jedes Jahr nach Wien kommen, die Wohnungen, die Schulen, die Straßenbahnen, die Kindergärten, die Büros durch Sparen errichten kann. Woraus wächst denn das heraus? - Da muss es Unternehmer geben - und auch die Stadt ist hier ein Unternehmer -, die das Geld in die Hand nehmen, damit diese Häuser errichtet werden, die dann vermietet werden, und die Menschen, die darin wohnen, zahlen dann Miete und diese refinanziert die Investition. Das ist für mich so klar wie dieser Sonnenschein draußen. Aber offensichtlich sind wir da weit auseinander. Das ist gut so, das werden wir im Wahlkampf austragen. Wir werden Gemeindewohnungen finanzieren müssen, wir werden Genossenschaftswohnungen finanzieren müssen. Und ich schicke einmal ein paar private Immobilien-Developer zu Ihnen: Denn wenn einer mir sagt, dass er einen Kredit aufnimmt, werde ich ihm sagen, er soll den Juraczka fragen, denn der behauptet, ihr dürft das nicht, ihr müsst alle sparen. - Die werden Sie auslachen und, ich glaube, auch die Wähler werden Sie auslachen. Und jetzt gebe ich es auf, der ÖVP Ökonomie zu erklären. - Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. - StR Mag Manfred Juraczka: Im Gegensatz zu Ihnen haben wir hier Unternehmer sitzen, Sie Schlauberger. Hat noch nie ein Unternehmen geführt!) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zu Wort gelangt Herr GR Dr Eisenstein. - Bitte, Sie haben 20 Minuten Redezeit. GR Univ-Prof Dr Herbert Eisenstein (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Chorherr, bitte einen Moment, nicht hinausgehen, ich möchte nur etwas sagen: Der Kollege Chorherr hat zum Dringlichen Antrag selbst nicht wirklich Stellung genommen, macht nichts, spielt keine Rolle. Aber auch das nur nebenbei. (GR Mag Christoph Chorherr: Sagen Sie etwas! - GRin Dr Jennifer Kickert: Was sollen wir dazu sagen?!) Indirekt ist auf alle Fälle zur Sprache gekommen, Wien wächst, und so weiter. Das ist eine Frage, die wir heute, an diesem Freitagnachmittag nicht mehr klären werden. Ja, es ist schon richtig, dass Wien wächst, die Frage ist nur, wollen wir das wirklich alle, dass Wien in einem so großen Umfang wächst. Wenn eine Stadt wächst, gehe ich davon aus, dass das zunächst gut ist, aber wenn eine Stadt durch Zuzug in einem großen Umfang wächst, dann bin ich mir nicht mehr so sicher, das müssten wir sicherlich an separater Stelle hier noch einmal besprechen. (Beifall bei der FPÖ.) Ich bin nämlich sehr skeptisch, ob dieses nahezu ungebremste und ungezügelte Wachstum wirklich so von Vorteil für die Stadt ist. Wir haben ja in unserem Dringlichen Antrag drinnen, dass wir die nicht integrierten Neo-Österreicher als einen Grund - nicht den einzigen - für die negative Entwicklung in den Gemeindebauten sehen. Es gibt auch eine Sache, die immer als selbstverständlich vorausgesetzt wird, über die wir uns auch einmal ganz deutlich, in aller Ruhe und ohne Emotionen unterhalten sollten: Ist es denn bitte nicht möglich, von jemandem, der nach Österreich, nach Wien zuzieht, auch eine Gegenleistung dafür zu verlangen, dass wir ihn aufnehmen? Diese Gegenleistung kann zum Beispiel darin bestehen, dass er überhaupt willens ist, einmal Deutsch zu lernen und sich im Großen und Ganzen - und jetzt bin ich schon sehr vorsichtig in meiner Ausdrucksweise - den heimischen Gepflogenheiten, den heimischen Bräuchen und dem heimischen Umfeld anzupassen. Nicht wir sind es, meine Damen und Herren, die uns ausländischen Kulturen anpassen müssen, Ausländer, die zu uns kommen, müssen sich ganz einfach hier anpassen und integrieren. (Beifall bei der FPÖ.) Der Kollege Chorherr hat die prekäre Situation bei den Einkommen angesprochen. Das ist leider vollkommen richtig, daran ist aber jetzt nicht die schwarz-blaue Regierung schuld - und der FPÖ-Wien können Sie hier schon überhaupt keine Schuld zuweisen, so Sie es denn überhaupt tun. Ich meine, diese prekäre Situation bei den Einkommen auch in Wien ist ja einer der Gründe oder eigentlich sogar der Hauptgrund, warum wir Freiheitliche seit vielen Jahren den Bau von Gemeindewohnungen, jetzt Gemeindewohnungen Neu unterstützen und fördern. Ja, ich muss nicht darüber nachdenken - im Gegensatz zu meinem Kollegen Chorherr nicht einmal eine Minute -, ich will Gemeindewohnungen und wir brauchen diese Gemeindewohnungen. Der StR Juraczka hat recht, das Thema Wohnen ist sehr vielfältig, ich werde mich trotzdem im Wesentlichen auf einen Bereich daraus beschränken, nämlich eben auf die Gemeindewohnungen. Der Bürgermeister hat ja den Bau von Gemeindewohnungen Neu angekündigt, nach zehn Jahren Stillstand, nach jahrelangen Forderungen der Freiheitlichen solche Gemeindewohnungen wieder zu errichten. Jetzt, Gott sei Dank, ist es endlich so weit. Der Herr StR Ludwig hat knapp davor, vor dieser Ankündigung des Herrn Bürgermeisters offenbar noch nichts davon gewusst, was zeigt, dass dieser Schnellschuss des Bürgermeisters nur eine wahlkampfbedingte Aktion sein kann, die aber - und das darf ich Ihnen versprechen - kaum Auswirkungen haben wird. Denn 120 Gemeindewohnungen zu errichten, das ist eine lächerlich geringe Zahl. 120 Wohnungen decken nicht einmal Teile des tatsächlichen Bedarfs, auch dann nicht, wenn sie noch ein bisschen vermehrt werden, um die nicht minder kleine, um nicht zu sagen, kleinliche Zahl von 700 jährlich, die der Herr Stadtrat ja propagiert. Meine Damen und Herren, das sind weniger Wohnungen als im Schnitt Personen allein bei mir als Einzelperson vorsprechen, weil sie eine Gemeindewohnung brauchen, sich eine Genossenschaftswohnung nicht leisten können und für die der freie Wohnungsmarkt auch keine Lösung bieten kann. Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, bezeichnen diese 120 Wohnungen als Pilotprojekt, vielleicht - und das ist meine Vermutung - tun sie das, weil Sie sich selbst für diese bejammernswert geringe Anzahl schämen. Was wir brauchen, sind wesentlich mehr Gemeindewohnungen. Wir Freiheitliche fordern es ja seit zehn Jahren, wir fordern die Errichtung von 5 000 Wohnungen jährlich, um den steigenden Bedarf decken zu können und um diesem Bedarf gerecht zu werden. Der Bedarf, meine Damen und Herren, steigt deshalb, weil die Wiener Bevölkerung zunehmend verarmt. Ich scheue mich nicht, dieses Wort zu sagen, es ist leider so, und es ist eine Schuld der roten Stadtregierung, seit einigen Jahren mit tatkräftiger Unterstützung der GRÜNEN durchgezogen. Personen, die an oder unterhalb der Armutsgrenze leben müssen, können sich halt keine Wohnung leisten, für die ein Finanzierungsbeitrag erforderlich ist. Ich ziehe noch eine weitere Aussage des Bürgermeisters stark in Zweifel, nämlich, dass die jetzt zu errichtenden Gemeindewohnungen das - in eigenen Worten formuliert - Mietzinsniveau drücken werden. Ich gehe davon aus, dass diese Aussage des Herrn Bürgermeisters auch nicht so ernst gemeint war, wie er ja schon in der Vorwoche eine Aussage als nicht ernst hat darstellen müssen. Fakt ist, Wohnen ist in Wien viel zu teuer, und nur der Bau von tausenden Gemeindewohnungen kann überhaupt mehr oder weniger maßgeblich auf die Preisgestaltung der Mieten einwirken. Und auch dazu brauchen wir die 5 000 Wohnungen im Jahr für Wien. Aber nicht nur so, wie es jetzt aktuell ist, geförderten Wohnbau im Sinn von Genossenschaftswohnungen - und hier muss ich wieder einmal darauf hinweisen, dass es gerade die SPÖ ist, die ja gerne geförderte Wohnungen und Sozialwohnungen in einen Topf wirft und diese Begriffe völlig vermischt, was ich als unzulässig empfinde -, sondern wir brauchen echte Sozialwohnungen, und das können wohl nur Gemeindewohnungen sein. Unsere Forderung nach 5 000 neuen Gemeindewohnungen im Jahr bleibt daher aufrecht. 120 Wohnungen, in Zukunft vielleicht 700 jährlich sind und bleiben eine hohle Phrase, von der vom Bürgermeister abwärts die SPÖ glaubt, sich dann in einem Aufwärtstrend zu befinden. Aber ich darf Ihnen jetzt schon voraussagen, auch das wird nicht passieren. Denn, meine Damen und Herren, machen Sie sich lustig über die Wienerinnen und Wiener, die eine Wohnung suchen? Sie kümmern sich offenbar nicht um die wohnungssuchenden Wienerinnen und Wiener. Wir Freiheitliche setzen uns für diese benachteiligten Schichten der Bevölkerung sehr wohl ein. Sie tun das offenbar nicht. Sie wären aber sehr gut beraten, endlich umzudenken und unsere freiheitlichen und sinnvollen Forderungen umzusetzen. - Danke schön. (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zu Wort gelangt Frau Kollegin Mag Duzdar. - Ich erteile ihr das Wort. GRin Mag Muna Duzdar (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem ich zum Dringlichen Antrag der FPÖ die Letztrednerin bin und sich doch sehr viele haben streichen lassen, werde ich mich von meiner sehr netten und kulanten Weise zeigen. Aber eingangs lassen Sie mich doch etwas sehr Wichtiges sagen, was in dieser Debatte bisher noch nicht vorgekommen ist, nämlich ein Grundsatz, dass nämlich Wohnen ein Menschenrecht ist und es hier um ein Grundrecht geht. (Beifall bei der SPÖ und von GR Mag Christoph Chorherr.) Gerade Städte, die sich dem Thema Wohnen sehr ernsthaft annehmen, sind ja auch Städte, die sich durch eine besonders hohe Lebensqualität auszeichnen. Städte können noch so schön an Monumenten und Architektur sein, wenn das Wohnen für die Menschen in einer Stadt nicht leistbar ist, wenn Menschen einen erheblichen Anteil ihres Einkommens dafür aufwenden müssen und jeden Tag in die Stadt pendeln müssen, weil das Wohnen nicht leistbar ist, handelt es sich nicht um eine lebenswerte Stadt. Ganz anders hier ist eben Wien. Denn dass Wien in internationalen Vergleichsstudien in puncto Lebensqualität immer wieder den 1. Platz besetzt, ist nicht etwas, was vom Himmel fällt. Das hat natürlich selbstverständlich mit sozialer Inklusion und der guten Wohnsituation der Stadt Wien zu tun. Und jene, die die Stadt schlechtreden, möchte ich fragen: Zeigen Sie mir doch eine Stadt in Europa, eine Stadt auf dieser Welt, in der 60 Prozent der Menschen im sozialen Wohnbau leben? Nennen Sie mir eine dieser Städte! - Nur ein Blick in andere Städte holt jene Schlechtredner auf den Boden der Realität zurück. Und nicht genug damit, baut Wien wieder Gemeindewohnungen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, fast alle in unserer Gesellschaft wissen, dass Wohnen ein Menschrecht ist. Nur einer Partei ist das offenbar entgangen, denn nur so kann ich diesen Dringlichen Antrag verstehen. Obwohl Sie sich sehr dafür rühmen, dass Sie sehr viele Juristen und Juristinnen in Ihrer Partei haben, haben Sie sich offenbar noch nicht wirklich mit der Menschrechtskonvention auseinandergesetzt. Denn nur so kann ich mir erklären, wie es möglich ist, dass Sie das Recht auf Wohnen von Sprachkenntnissen abhängig machen wollen. Offenbar ist Ihnen außerdem nicht bewusst oder klar, unter welchen Voraussetzungen Menschen in unserer Stadt einen Anspruch auf eine Gemeindewohnung haben. Denn NichtösterreicherInnen haben ja nur dann einen Anspruch auf eine Gemeindewohnung, wenn sie über einen Daueraufenthalt in der EU verfügen. Wissen Sie das eigentlich nicht? Diesen unbeschränkten Aufenthaltstitel bekommt man ja nur dann, wenn man seit mindestens fünf Jahren in Österreich niedergelassen ist und Sprachniveau B1 vorweist. Das heißt, der Anspruch auf eine Gemeindewohnung ist daher an ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht geknüpft. Und das ist auch eine sinnvolle Voraussetzung. Nicht sinnvoll ist jedoch, das Wohnen von beliebig anderen Kriterien abhängig zu machen. Dieses Mal fordern Sie Sprachkenntnisse. Was kommt dann das nächste Mal - eine bestimmte sexuelle Orientierung, bestimmte Kleidervorschriften? Zuerst wollen Sie durch beliebige Faktoren den Zugang zum sozialen Wohnbau erschweren. Möchten Sie das dann auf den gesamten Wohnungsmarkt ausweiten? Sollen dann Menschen, die keine Sprachzertifikate vorweisen, vom Grundrecht auf Wohnung ausgeschlossen werden? - Das wäre ja eine klare Menschenrechtsverletzung. Was die deutsche Sprache angeht, die Ihnen angeblich so wichtig ist, frage ich mich doch, wie es denn sein kann, dass Sie immer gegen jegliche Sprachangebote der Stadt stimmen. Wenn Ihnen die deutsche Sprache so ein Anliegen ist, dann erklären Sie uns doch einmal, warum Sie dagegen sind, dass Menschen in unserer Stadt durch niederschwellige Sprachangebote schnellstmöglich die Sprache erlernen. (GR Mag Wolfgang Jung: Wir stimmen nur gegen Ihre Vereinsförderung!) Warum stimmen Sie immer dagegen? Und in letzter Zeit ist mir ja eigentlich auch aufgefallen, dass auch Funktionäre Ihrer Partei sprachlich nicht gerade sehr glänzen. Aber, wie gesagt, ich möchte mich ja heute von meiner sehr kulanten Art und Weise zeigen und will, nachdem ich die Letztrednerin bin, nicht zu lange darauf eingehen. Was Ihre Forderung anbelangt, Wiener Wohnen soll keine Wohnungen an Terroristen und Sympathisanten vergeben, frage ich mich, ob Sie wirklich glauben, dass irgendjemand in unserer demokratisch, pluralistischen Gesellschaft Terrorismus dulden, tolerieren, geschweigen denn gutheißen würde. Ist es zu Ihnen noch nicht durchgedrungen, dass Terrorismus strafbar ist, dass Terrorismus ein Verbrechen ist und eine noch so kleine Beteiligung an terroristischen Handlungen geahndet wird? - Genau deswegen gibt es ja in unserer demokratischen Gesellschaft so etwas wie Justiz, Polizei, Verfassungsschutz, die diese Taten verfolgen und ahnden. Aber es ist wirklich weder Aufgabe noch die Kompetenz von Wiener Wohnen, Verbrechen zu ahnden oder festzustellen, wer jetzt Terrorist oder Sympathisant von Terrorismus ist. In einer Demokratie - und das sollten Ihre Juristen und Juristinnen wissen - gibt es so etwas wie Gewaltenteilung. Die Aufgaben sind ganz klar geregelt zwischen Justiz, Verwaltung und Gesetzgebung. Das, was Sie da fordern, würde ja in letzter Konsequenz bedeuten, dass man das aufheben müsste. Daher sehe ich hinter Ihrem Antrag, der vielleicht harmlos wirkt, doch ein Gesellschaftsmodell, das möglicherweise auch demokratische Gefahren birgt. Denn es ist keineswegs die Aufgabe einer Verwaltungsstelle oder einer Körperschaft öffentlichen Rechtes, hier polizeiliche Aufgaben oder Überwachungsfunktionen zu übernehmen. Und auch wenn ich mich heute von meiner sehr kulanten Seite zeige, möchte ich schon sagen, dass ich es äußerst bedenklich finde, dass Sie in einem Antrag diese Unterscheidung zwischen ÖsterreicherInnen und Neo- ÖsterreicherInnen treffen. Damit höhlen Sie ja doch gerade das Staatsbürgerschaftswesen aus. Es gibt keinen Unterscheid zwischen ÖsterreicherInnen und Neo-ÖsterreicherInnen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Es ist wieder einmal klassisch und typisch, dass Sie hier versuchen, selbst zwischen den Bürgern und Bürgerinnen wieder neue Klassen einzuführen und diesen Begriff Neo-Österreicher sprachlich gängig zu machen. Am liebsten wären Ihnen offenbar, wenn Menschen, die aus anderen Ländern stammen, nie gleichberechtigt werden mit Einheimischen oder Autochthonen, wie Sie es heute genannt haben, weder in einem juristischem noch in einem politischem Sinn. Wenn heute die Rede davon war, dass es Konflikte gibt - na no na ned. Überall, wo Menschen zusammenkommen, gibt es eben zwischenmenschliche Konflikte. Ich möchte die Juristen und Juristinnen unter Ihnen etwas fragen: Wie lange gibt es das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch? Schon sehr lange, oder? Seit dem Code Napoleon. Und auch dieser regelt ja die Nachbarschaftskonflikte, oder? Das zeigt doch, dass es zwischenmenschliche Konflikte immer schon gegeben hat. Sie tun immer so, als ob das erst mit der Zuwanderung begonnen hätte, als ob es in unserer Gesellschaft nie vorher nachbarschaftliche Probleme gegeben hätte. Ich sage Ihnen eines, Hausverwaltungen kümmern sich in der Regel nicht um Probleme zwischen Mietern und Mieterinnen, aber Wiener Wohnen macht es. Wiener Wohnen versucht ja, gerade das harmonische Zusammenleben zu fördern. (GR Johann Herzog: Es gelingt halt nicht!) Im Gegensatz zu anderen Hausverwaltungen und dem privaten Wohnungssektor wurde mit den Ordnungsberatern bei Wiener Wohnen, die der Wohnbaustadtrat 2009 eingeführt hat, eine neue Institution geschaffen. Mittlerweile sind 20 000 Einsätze in den Gemeindebauten vor Ort. Wo passiert das im privaten Wohnungssektor? Ist das für Sie nicht existent? Warum ignorieren Sie, dass es sehr viele Projekte und Initiativen gibt, die das Zusammenleben fördern? (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Na weil's notwendig ist!) Abschließend kann ich nur nochmals sagen, dass Ihr Antrag mit dem Recht auf Wohnen mit dem Menschenrecht insofern nicht vereinbar ist, als Sie hier beliebige Faktoren schaffen, die den Zugang zum sozialen Wohnbau nur erschweren sollen. Daher werden wir diesen Antrag natürlich ablehnen. - Danke. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte über die Besprechung des Dringlichen Antrages ist somit beendet. Diesen Antrag weise ich zur weiteren Behandlung dem Herrn Bürgermeister zu. Beschluss- und Resolutionsanträge wurden dazu nicht gestellt. Daher kommen wir zurück und nehmen wieder die Debatte über die Postnummer 6 auf. Das war der Schwerpunktgegenstand. Kollege Strobl ist wieder Berichterstatter. Am Wort war Herr GR Herzog. Als Restredezeit steht hier 17 Minuten. (GR Dr Alois Mayer: Muss aber nicht ausgeschöpft werden!) GR Johann Herzog (Klub der Wiener Freiheitlichen): Es ist nicht ausgeschöpft, gar keine Frage, Herr Kollege. - Da dies eine zweigeteilte Rede ist, werde ich nicht wieder alles von vorn erzählen. Ich will nur kurz anreißen, dass ich, wie gesagt, eingeladen war und dem gerne nachgekommen bin. Dieses globale Forum zur Debatte über den Genozid an Armeniern war eine hochinteressante Angelegenheit. Es war nämlich nicht nur der Genozid an Armeniern das Thema, sondern auch die diversen Menschenrechtsverletzungen, Massenmorde und Völkermorde bis in die heutige Zeit, bis Darfur, Syrien und andere. Kurz gesagt: Das Forum hat zwei Tage gedauert. Es waren hunderte Leute anwesend, Politiker, Wissenschaftler. Am ersten Tag waren, wie gesagt, die Wissenschaftler am Wort, die Weltspitze von Menschenrechtsexperten. Am zweiten Tag waren hunderte Parlamentarier am Wort, aber nicht nur sozusagen ein kleiner Landtagspräsident aus Wien, sondern es waren auch EU-Vizepräsidenten, Parlamentspräsidenten verschiedenster Staaten anwesend. Es war wirklich ein Forum von höchster Qualität und es war von hohem Interesse, wie dort diskutiert wurde. Und wie gesagt, ich möchte es nochmal erwähnen: Sehr eindrucksvoll war für mich die Zeremonie der armenischen Kirche. Die gesamten Patriarchen und Bischöfe waren dort anwesend und haben in einer für uns sehr eindrucksvollen und auch ungewöhnlichen Art der Ostkirche ihre Zeremonie abgewickelt. Ich war tief beeindruckt. Heute, am Freitag, ist, wie gesagt, der Staatsakt, an dem die Eingeladenen der 1,5 Millionen Toten des Massakers an den Armeniern im Osmanischen Reich gedenken. Es ist eine Reihe von Staatspräsidenten da. Ich kann nicht alle auswendig nennen, aber es sind jedenfalls Hollande, Putin, der Präsident Serbiens und auch viele andere da. Da stellt sich die Frage, wer von Österreich da war? Beim Forum selbst war ich als einziger österreichischer Politiker anwesend. Ich konnte auch das Wort ergreifen, habe also in dem Sinn, ohne dazu durch ein Gremium berechtigt worden zu sein, die besten Grüße Österreichs an Armenien überbracht, wobei wahrscheinlich niemand etwas dagegen haben wird. Es war eine hochinteressante Debatte, die eben ohne Anwesenheit anderer Politiker stattgefunden hat. Ich verstehe nicht, warum man das macht, warum die anderen an einem solchen Weltforum nicht teilnehmen. Es ist für mich eine Art Schneckenhauspolitik. Das steht völlig im Widerspruch zu der Tatsache, dass am Mittwoch der österreichische Nationalrat durch seine fünf Parteien und Fraktionsführer letzten Endes seine Zustimmung gegeben hat - endlich, muss man sagen -, das Genozid an Armeniern anzuerkennen - ein wesentlicher und wichtiger Akt, ein Tag der Freude für Armenien, aber auch für Österreich. Wir sind nunmehr der 24. Staat, der diese Anerkennung des Genozids vollzogen hat. Da sieht man schon: Das Wissen um die Vorfälle ist bekannt, aber der Mut vieler Staaten ist gering. Die wirtschaftliche Kraft der Türkei, NATO-Bindungen und Ähnliches zählen mehr als die Menschenrechte. Auch wenn die Kollegin Duzdar hier einiges in dieser Richtung bewegen will - in der Politik haben weder Österreich noch viele andere Staaten das getan. Diese Anerkennung ist höchst erfreulich und notwendig gewesen, aber, wie gesagt, an dem Treffen von heute, Freitag, sind aus Österreich nur der Botschafter und, wie ich höre, der Abgeordnete Weninger anwesend. Es ist schön, dass er dort ist, allerdings ist das doch ein bisschen eine Alibiaktion, weil es peinlich wäre, nach der mittwöchigen Anerkennung des Genozids dann sozusagen mit Null vertreten sein, auf gut Deutsch, mit einem Beamten. Es ist schön, dass Herr Weninger dort ist, aber er hätte Mittwoch und Donnerstag dort sein sollen. Und ich frage mich: Wo bleiben Mitglieder der Bundesregierung und wo bleibt der Bundespräsident? Die Spitzen unseres Staates haben in unzähligen Reden immer die Gewohnheit, die Menschenrechte zu zitieren und dergleichen mehr, aber es scheint auf weiten Strecken ein wenig formal gemeint zu sein. Da geht es um eines der grauenhaftesten Verbrechen des 19. Jahrhunderts und um das erste mit einer wirklich großen Zahl von Toten im 20. Jahrhundert; es geht um ein Massenverbrechen, das dann die ganzen schrecklichen Untaten, vom Holocaust bis zu alldem, was bis heute passiert ist, mitbestimmt hat; aber die Bundesregierung und unser Bundespräsident nehmen am Gedenken in Eriwan nicht teil. Das halte ich für sehr, sehr bedauerlich, und ich muss sagen, es ist kein Ruhmesblatt für den Mut der österreichischen Politik, dass da eine solche Handlung gesetzt wird. Das ist meiner Meinung nach unverständlich. Aber ich hoffe, Wien ist anders. Ich hoffe daher, dass wie im Nationalrat heute der Gemeinderat dem Antrag der Freiheitlichen, die Situation des Armenier-Massakers betreffend, zustimmen wird und die Anerkennung des Völkermordes von Wien ebenfalls von den Parteien einstimmig vollzogen wird. (Beifall bei der FPÖ.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Die Rednerliste ist erschöpft, zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat auf das Schlusswort verzichtet. Wir kommen nun zur Abstimmung, wobei wir eine getrennte Abstimmung durchführen. Wir stimmen zuerst ab über die Förderung für den Verein Aids-Life - Verein zur direkten Unterstützung von HIV- Positiven und an AIDS erkrankten Menschen in der Höhe von 800 000 EUR. Wer diesem Punkt die Zustimmung erteilen möchte, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit Zustimmung der ÖVP, der SPÖ, des klubunabhängigen GR Akkilic und der GRÜNEN mehrstimmig angenommen. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Rest der Postnummer 6. Wer diesen Förderungen zustimmen will, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Ich stelle fest, das ist einstimmig angenommen. Dann wurden zu dieser Postnummer mehrere Beschluss- und Resolutionsanträge eingebracht, die ich zur Abstimmung bringe. Zuerst der Beschlussantrag der GRe Gudenus, Ebinger, Jung betreffend Anerkennung des Völkermordes an den Armeniern. Dazu wird die sofortige Abstimmung verlangt. Wer diesem Beschlussantrag zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist die Zustimmung der Freiheitlichen und des klubunabhängigen GR Dr Aigner, findet somit keine Mehrheit. Dann komme ich zum Beschluss- und Resolutionsantrag der Abgeordneten der SPÖ und der GRÜNEN betreffend die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer. Auch hiezu wird die sofortige Abstimmung verlangt. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit Zustimmung der ÖVP, der SPÖ, des klubunabhängigen GR Akkilic und der GRÜNEN mehrstimmig angenommen. Nun kommen wir zum Beschluss- und Resolutionsantrag der Abgeordneten der SPÖ, der ÖVP und der GRÜNEN betreffend Gedenken anlässlich des 100. Jahrestages des Genozids an den Armeniern im Osmanischen Reich. Hiezu wird die sofortige Abstimmung verlangt. Wer dem zustimmen will, bitte um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit Zustimmung der ÖVP, des GR Mörz, der SPÖ, des GR Akkilic und der GRÜNEN mehrstimmig angenommen. Wir kommen zum vierten Antrag. Es ist dies der Beschlussantrag der FPÖ betreffend illegale Einwanderung über das Mittelmeer mittels Booten. Auch hiezu wurde die sofortige Abstimmung verlangt. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Ich stelle die Zustimmung der FPÖ und des Klubunabhängigen Dr Aigner. Das ist abgelehnt. Kollege Schuster hat mir einen Zettel hingelegt. Ich darf zur Kenntnis bringen: Frau VBgmin Mag Vassilakou ist schon seit 16 Uhr entschuldigt, und auch die Frau Kollegin Matzka-Dojder hat sich für den weiteren Verlauf der Sitzung entschuldigen lassen. Damit kommen wir zur Postnummer 17 der Tagesordnung. Sie steht zur Verhandlung. Sie betrifft das Plandokument 8044 im 13. Bezirk, KatGen Hietzing und Schönbrunn. Es ist nunmehr kein Redner mehr gemeldet. Habe ich das jetzt richtig vernommen, Kollege Kasal? (Zwischenruf von GR Mag Günter Kasal.) - Keine Redner. Damit ersparen wir uns auch die Berichterstattung. - Wir kommen sofort zur Abstimmung über die Postnummer 17. Wer dieser Postnummer zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Ich stelle die Zustimmung der ÖVP, der SPÖ und der GRÜNEN fest. Das ist somit mehrstimmig angenommen. Es gelangt die Postnummer 18 zur Verhandlung. Sie betrifft das Plandokument 8077 im 13. Bezirk, KatG Speising. Hiezu haben wir Wortmeldungen. Daher bitte ich den Berichterstatter, Herrn GR Dipl-Ing Al-Rawi, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatter GR Dipl-Ing Omar Al-Rawi: Ich ersuche um Zustimmung. Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gemeldet ist Herr GR Ing Mag Dworak. - Bitte sehr. GR Ing Mag Bernhard Dworak (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Wenn zwischen einem "Gründruck" dieses Plandokuments vom 21. Februar 2013 bis zur heutigen Beschlussfassung durch Rot-Grün mehr als zwei Jahre und zwei Monate vergehen, dann merkt man, dass dieses Plandokument sicher keinem reibungslosen Verfahren unterworfen worden ist. Wenn, außer beim dritten Entwurf, der mit 4. Februar 2015 datiert ist, auf dem wild umstrittenen Areal der Adressen 1130 Wien, Klitschgasse 7-11 nur mehr jenes Objekt, das zur Klitschgasse orientiert ist, gleich mit dem Rot- und Gründruck ist, dann hat das zwischen Erstentwurf und dem heute zu beschließenden Plandokument Wesentliches geändert. Warum ein ursprünglich deutlich niedriger gewidmetes Areal durch den Verkauf des ursprünglichen Grundbesitzers an einen Investor massiv aufgewertet werden soll, entzieht sich dem Beobachter, meine Damen und Herren, und welchen genauen Verlauf diese Widmung genommen hat, ebenfalls. Bekannt ist allerdings, dass durch die Sachbearbeiterin und andere Personen, die in der MA 21 zuständig sind, offensichtlich gar eine Aufforderung an den Investor ergangen ist nach dem Motto: Na, warum bauen Sie nicht einfach höher? Damit kommen wir wieder zu einer Grundproblematik von Gefälligkeitswidmungen, die wir so in dieser Art auf keinen Fall akzeptieren können; abgesehen davon, dass ein Gründruck wie hier dieser Vorentwurf meist bereits ein Kompromiss ist, der eben auf die Problematik von Widmungen im Vorfeld eingeht und auch viele Interessen berücksichtigt. Heute Früh habe ich zufälligerweise die Besitzerin der Klitschgasse Nr 11 getroffen. Sie hatte zum Beispiel keine Ahnung davon, dass auf ihrem Grundstück plötzlich eine Widmung mit der Bauklasse III ist. Sie betreibt eine kleine Gärtnerei, und hinten ist eine Epk-Widmung, sprich, Grün. Bei dieser Art der Widmung, wenn man nämlich nicht einmal mit den Besitzern des Grundstückes redet, frage ich mich, was das soll. Offensichtlich hat der Investor sich gedacht, na, dann nehme ich gleich beide Grundstücke, vielleicht bekomme ich das einmal günstiger, und lasse dort gleich ein schönes Bauprojekt ausarbeiten. Ich darf Ihnen nun einige Kommentare von AnrainerInnen vorlesen: "Schon alleine die Vorgangsweise der Information ist eine einzige Verhöhnung der Bürger, denn wenn eine so wichtige Information - wie die Neufestsetzung eines Flächenwidmungsplans - erst durch die Öffentlichkeitsmachung in einem Printmedium und so spät erfolgt, da nennen wir Bürger das ein Drüberfahren ohne Rücksicht auf die dann stark beeinträchtigte Lebensqualität der Bewohner dieses kleinräumigen Wohngebiets. In unserem Bereich Klitschgasse, Winkelbreiten gibt es derzeit ausschließlich Einfamilienhäuser mit maximal Bauklasse I. Eine Änderung der Bauklasse würde das Erscheinungsbild vollkommen zerstören." - Zitat Ende. Ein zweiter Kommentar: "Wir halten die Vorgangsweise, wie hier mit einem Federstrich höhere als bisher reglementierte Bauklassen erlaubt werden sollen, für ungeheuerlich. Mit diesem Formalakt wird die Lebensqualität für eine Vielzahl von Familien mit Füßen getreten." - Zitat Ende. Der dritte Kommentar: "Auch ich möchte mich massiv gegen diese neue Flächenwidmung und die daraus ersichtlichen Bauvorhaben aussprechen. Die Wohnqualität hat sich bereits durch teilweise nicht vereinbarte Kompromisse bei Bauverhandlungen in dieser Gegend schon jetzt massiv verschlechtert." - Zitat Ende. Ich protestiere, meine Damen und Herren, an dieser Stelle gegen die offensichtlich größer zu bebauende Gefälligkeitswidmung. Das betrifft einerseits das Projekt Klitschgasse 7, wo offensichtlich der Investor dieses Grundstück erworben hat. Es geht aber auch darum, dass diese Widmung auf der Klitschgasse Nr 11 erscheint, wo eben der Grundstückseigentümer keine Ahnung hat, warum diese Widmung erfolgt. Diese Widmung entspricht nicht dem Charakter der Umgebung Klitschgasse, Gallgasse, Winkelbreiten; und ich finde, dass es eindeutig notwendig ist, die Investoren gleich zu behandeln beziehungsweise Interesse eines Grundstückeigentümers nicht sozusagen automatisch auf das andere Grundstück zu übertragen. Kernpunkt ist meiner Meinung nach, dass erst nach dem Erwerb der Flächen zur bekannten niederen Widmung der Kaufvertrag abgeschlossen wurde, und anschließend wurde offensichtlich die höhere Widmung dann mit dem zuständigen Sachbearbeiter vereinbart. Diese wohl nicht gedeckte Vorgangsweise, meine Damen und Herren, ist einfach abzulehnen. Gerade in einem Ressort, das zu einer grünen Stadträtin gehört, dürfen solche ungedeckten Vorgangsweisen, die auch noch intransparent abgelaufen sind, keinesfalls stattfinden. Wir lehnen daher dieses Plandokument in dieser Form ab. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zu Wort gemeldet ist nunmehr der Herr GR Mag Kasal. Ich erteile ihm das Wort. GR Mag Günter Kasal (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Meine Damen und Herren! Ich finde es schon einmal sehr verwunderlich, dass sich eine amtsführende Stadträtin entschuldigen lässt, wenn ihre Geschäftsgruppe aufgerufen wird, noch dazu, wenn es um derartig dubiose Vorgänge in ihrem Ressort geht, wie es mein Vorredner gerade ausgeführt hat. Diese Widmung ist in der Tat nicht nachvollziehbar. Auch der Akt ist mir nicht ganz klar; mir ist nicht klar, wie man eine derartige Begründung, vor allem aus grüner Sicht, durchgehen lassen kann: "Für die gegenständlichen Grundstücke, die angrenzend an die Geschoßwohnungsanlage Maygasse/Klitschgasse mit Gebäuden zwischen 9 und 26 m, Bauklasse I bis V, situiert sind, wurde daher in Anlehnung an diese Nachbarbebauung eine bauliche Verdichtung entsprechend den Vorgaben STEP 5 und 25 vorgeschlagen." - Zitat Ende. Was heißt das? Wenn irgendwo in Wien eine Bausünde von der Sozialdemokratie begangen wurde - und wir wissen, es handelt sich hier um ein Gebäude der Sozialbau AG, das heißt, die Stadt Wien hat eine Widmung für die Sozialbau AG gemacht, eine riesige Bausünde für das gesamte Ensemble dort -, dann kann man jede neue Bausünde mit einer bestehenden Bausünde begründen. Und das ist sehr verwunderlich in einem grünen Ressort, da die GRÜNEN doch alles ganz anders machen wollten. Stein des Anstoßes war, wie gesagt, Klitschgasse 7-13. Was mich auch immer wieder stört, ist der Umgang mit den Bezirksvertretungen bei Flächenwidmungen. Die Bezirksvertretung Hietzing hat sich ausdrücklich dafür ausgesprochen, dass es keine Aufzonung auf Bauklasse III gibt, und die Hietzinger Bezirksvertretung hat sich ausdrücklich dafür ausgesprochen, dass eine Verdichtung von drei auf fünf Gebäude nicht erfolgt. Die Bezirksvertretung hat sich auch ausdrücklich dafür ausgesprochen, dass Epk-Widmungen, Parkflächen erhalten bleiben sollen. - Schmecks, seitens einer Stadträtin von der Grünen Fraktion! Wurscht, in Hietzing kann man es sich ja leisten. In Hietzing hat man ja auch in der Elisabethallee gemacht, was man wollte. Dieser Umgang ist nicht Ordnung, sehr geehrte Damen und Herren, und das muss man hier ganz deutlich sagen - auch wenn es darum geht, in historischen oder zumindest aus Bezirkssicht relevanten Bereichen eine Schutzzone zu errichten. Wir wissen, dann wird die zuständige Fachabteilung der Stadt Wien um eine Stellungnahme ersucht. Und zwar schaut das dann so aus: "Bezug nehmend auf die Forderung der Bezirksvertretung nach Ausweisung einer Schutzzone für die Liegenschaften", bla bla bla. Was sagt die zuständige Fachabteilung der MA 19 im Ressort der grünen Stadträtin Vassilakou? "Die MA 19 teilt hiermit mit, dass für den Bereich Gallgasse keine Schutzzone vorgesehen ist." - Das sind eine Stellungnahme und eine Begründung der zuständigen Fachabteilung. Das zusätzlich zu den dubiosen Vorgängen, sehr geehrte Damen und Herren. Es ist ekelhaft, was in Hietzing in Bezug auf Flächenwidmung passiert. Wir werden dieses Dokument daher ablehnen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zu Wort gemeldet ist der Herr GR Mag Chorherr. Ich erteile es ihm. GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Also nur ganz kurz, weil es hier immer wieder ein Raunen darüber gibt, was da nicht alles an dubiosen Dingen vorginge. Also was hier vorgeht, ist, dass einfach Flächenwidmungspläne nicht gelesen werden können, Herr Kollege. Er behauptet, Wahnsinn, eine Bauklasse III mitten in Hietzing, wo rundherum nur Bauklasse I, Einfamilienhäuser ist. Herr Kollege! Nehmen Sie den Flächenwidmungsplan, schauen Sie auf das Nachbargrundstück im Westen, und was sehen Sie dort? Eine Bauklasse IV und eine Bauklasse V. (Zwischenrufe von GRin Ing Isabella Leeb und GR Ing Mag Bernhard Dworak.) Das steht dort heute! Jetzt zum Gründruck. Es wurde ein Gründruck herausgegeben, würde man sich ein bisschen auskennen in der Materie; aber ich glaube die Kollegin in der MA 21 steht gerne zur Verfügung, um Ihnen den Ablauf von Widmungen zu erklären. Das Erste ist der Gründruck, den Sie hier erwähnt haben. Wozu dient der Gründruck? Der Gründruck dient Behörden in deren Abgleichung, in deren Stellungnahme. Und dann, ach, wie dubios, ist beim Gründruck was passiert? Die MA 18 und die Infrastrukturkommission sagen, diese Bauklasse, die im Gründruck festgesetzt war, ist unterausgestattet. Angesichts eines wachsenden Wiens und insbesondere der Bauklasse IV und der Bauklasse V am Nachbargrundstück ist dort eine Bauklasse I einfach falsch. Dazu dient ein Gründruck, insofern wurde dem Rechnung getragen. Jetzt ist dort eine Bauklasse III festgesetzt, und ich sage ihnen aus grüner Sicht, in Anknüpfung an die Diskussion, die wir zum Dringlichen Antrag geführt haben, ach, wie überraschend: Wien braucht Wohnungen. Wien braucht auch in Hietzing Wohnungen. Ich sage noch etwas zu Hietzing. Es gibt zwei Bezirke, die bei der langfristigen Bevölkerungsentwicklung Wiens Bevölkerung verlieren. Das ist der 1. Bezirk - das wäre eine lange Diskussion, die führe ich hier jetzt nicht - und das ist der 13. Bezirk. Und wir stehen dazu, das ist auch der Bezirk mit der mit Abstand ältesten Bevölkerung - wertschätzend älteren Menschen gegenüber. Und ja, auch in Hietzing wird es Stadterweiterung geben. Auch dort sollen Menschen die Chance haben, in Wohnungen einzuziehen. Im Übrigen soll es dort auch einen dubiosen Investor geben. Das ist Raiffeisen. So viel zum Thema Dubioses. Was hat er, Kollege Juraczka, dazwischengerufen? Wir machen nur Gemeindewohnungen, wir sollen auch Investoren eine Möglichkeit bieten. Schon beim nächsten Geschäftsstück bieten wir Investoren eine Möglichkeit, jungen Leuten, Familien im 13. Bezirk im Grünen zu Wohnungen zu verhelfen - einigen mehr, dazu stehen wir, und wer regt sich auf? Dieselbe ÖVP. Ein Hauch mehr Konsistenz in der Argumentation würde der ÖVP gut tun. - Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort. Berichterstatter GR Dipl-Ing Omar Al-Rawi: Danke, Herr Vorsitzender. Um die hitzige Debatte zu beenden: Der Herr GR Chorherr hat es auf den Punkt gebracht. Es war in einem Gründruck, damit war es auch eine öffentliche Auflage. Deswegen, lieber Herr GR Dworak, es ist einfach nicht wahr, dass die Dame nichts davon gewusst hat. Da gibt es eine öffentliche Auflage. Da bekommt jeder, der dort wohnt, eine Benachrichtigung, dass es stattfindet. Die Empfehlung der Infrastrukturkommission und eben der MA 18 ist erfolgt auf Grund der dort vorhandenen Infrastruktur. Die Verdichtung oder die Bauklasse II ist nicht an der Straße, sondern in den mittleren Teil gekommen; somit sind diejenigen, die vis-à-vis wohnen, nicht direkt davon betroffen, und im hinteren Teil bleibt es die Bauklasse I. Ich verwahre mich dagegen zu sagen, ich kann es nicht beurteilen, aber ich weiß nicht, wie der Herr Kasal auf die Idee kommt, dass das gut funktionierende Sozialbauprogramm in Wien eine Bausünde ist, dort leben Menschen. Und auf Grund dieser Bebauung von Bauklasse IV und V gibt es eben eine Reduzierung auf Bauklasse III, und daneben bleibt die Bauklasse I. Ich ersuche hiermit um Zustimmung. - Danke. Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Wir kommen nun zur Abstimmung über die Postnummer 18. Wer für die Postnummer 18 ist, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit Zustimmung der SPÖ, des klubunabhängigen GR Akkilic und den GRÜNEN mehrstimmig angenommen. Es gelangt nunmehr die Postnummer 19 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft den Entwurf einer Verordnung betreffend die Feststellung der Haupt- und Nebenstraßen. Ich bitte den Berichterstatter, Herrn GR Kubik, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatter GR Gerhard Kubik: Danke. Ich ersuche um Zustimmung. Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist Herr GR Dipl-Ing Stiftner. Ich erteile es ihm. GR Dipl-Ing Roman Stiftner (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Werte Damen und Herren! In der gebotenen Kürze auf Grund der vorgeschrittenen Zeit tu ich mir insofern leicht bei dem Poststück, als die Aktualisierung des Straßenverzeichnisses ja grundsätzlich in Ordnung ist und es auch zu begrüßen ist, dass es eine Aktualisierung gibt. Ich möchte aber grundsätzlich dazu festhalten, dass die Frage der Tempo-30-Zonen eine ist, die immer wieder auf Sinnhaftigkeit überprüft werden muss. Gerade in der letzten Zeit hat es einige Beispiele gegeben, wo man sich fragt, ob Tempo 30 dort verkehrstechnisch oder doch vielmehr ideologisch motiviert war. Ich denke da beispielsweise an die Tempo-30-Zone bei der Roßauer Kaserne. Die meisten werden sie kennen. Da ist eine vierspurige Straße, nämlich die Türkenstraße beziehungsweise die Hörlgasse auf Tempo 30 reduziert worden. Wo da der Sinn einer Temporeduktion wirklich gegeben ist, außer in der Schikane von Autofahrern, sollte man schon hinterfragen. Ein weiteres konkretes Beispiel, das immer wieder genannt wird, ist die Verbindung zwischen dem 12. beziehungsweise 23. und dem 13. Bezirk, nämlich die Wundtgasse, wo die "Anrainer", ich will das jetzt nicht despektierlich sagen, "Friedhofsbewohner" sind, weil links und rechts die Friedhofsmauer ist, sodass Lärmschutz dort keine Maßgabe ist. Trotzdem hat man dort eine 2 km lange Tempo-30-Zone errichtet. Dass es schwer möglich ist, das einzuhalten, dass es als Schikane von Seiten der GRÜNEN verstanden wird, ist nicht verwunderlich. Das soll nicht heißen, dass Tempo-30-Zonen da und dort sinnvoll sind. Wo dichte Anwohnerbereiche sind, wo es um Kinder geht, wo es wirklich um Wohnraum geht, ja, aber es muss auch die Möglichkeit gegeben sein, durch Wien mit dem Fahrzeug mit entsprechender Geschwindigkeit durchzufahren. Was die Konsistenz der Politik von Rot-Grün betrifft, muss ich noch einmal auf den eingebrachten oder noch einzubringenden Antrag von SPÖ und GRÜNEN betreffend Nutzung der Busspuren für Motorzweiräder Bezug nehmen. Ich finde es ja toll, dass Sie quasi um fünf vor zwölf aufwachen und sagen, jetzt wird es endlich Zeit, dass wir dieses von uns selbst gegebene Versprechen, das sogar vom Bürgermeister der Presse verlautbart wurde, umsetzen. Sie tun es ja nicht wirklich. Beispielsweise in der Burggasse ist die Busspur für Motorräder noch immer nicht freigegeben und das gilt auch für andere einzelne Strecken. Aber darum geht es hier ja gar nicht. Sondern hier geht es darum, dass Sie sich selbst einen Antrag stellen, dass Sie sich als Wiener Gemeinderat dafür aussprechen, dass die Freigabe weiterer Busspuren zu begrüßen ist. Vielleicht ist es Ihnen nicht bewusst, aber es gibt auch ein Parlament, wo genau die beiden Fraktionen - ich glaube, es sind die Verkehrssprecher der beiden Fraktionen - eine ganz andere Stellungnahme abgegeben haben. Ich habe mir die Protokolle aus dem Parlament herausgesucht. Kollege Chorherr hat heute über die Konsistenten der Politik gesprochen. Ich zitiere hier aus einer längeren Rede des Abg Konrad Antoni von der SPÖ mit Bezug auf die Busspurennutzung für Zweiräder. Am Ende dieser Rede sagt er zusammenfassend, ich zitiere: "Weiters möchte ich anmerken, dass eine generelle Erlaubnis, mit Motorrädern auf der Busspur zu fahren, auch zu größeren Verkehrsproblemen führen würde. Abschließend möchte ich noch Folgendes zu bedenken geben: Je mehr Fahrzeuge auf der Busspur unterwegs sind, desto negativer wird der Effekt." Die SPÖ lehnt also die Freigabe der Busspuren ab, die Sie jetzt gemeinsam mit den GRÜNEN hier beantragen. Stimmen Sie sich vielleicht mit der Bundesebene ab, auch mit der Frau Minister, deren Zustimmung vielleicht notwendig ist. Aber auch von den GRÜNEN gibt es eine sehr interessante Stellungnahme - sehr konsistent, wie immer bei den GRÜNEN. Und zwar hat Abg Georg Willi von den GRÜNEN, als ein ähnlicher Antrag im Parlament eingebracht worden ist, gemeint, dieser Antrag sei - wörtlich - egoistisch. Am Schluss sagt er daher, ich zitiere: "ein ziemlich motorradegoistisches Anliegen, das ich aus individueller Sicht nachvollziehe. Verkehrspolitisch ist es abzulehnen! Daher werden die GRÜNEN nicht zustimmen. Beifall der Grünen Fraktion." - Zitat Ende. Also, sehr geehrte Damen und Herren, entscheiden Sie sich zu einer Politik! Ich weiß, es ist Wahlkampf, da glaubt man, das Versäumnis der letzten Jahre aufholen zu müssen und mit den Bikern vielleicht jetzt noch irgendwo etwas abzusahnen. Glauben Sie nicht, dass die Bevölkerung das abkauft! Es war die ÖVP, die die Freigabe der Busspuren für Biker immer gefordert hat. Wir bleiben dabei, und die Bevölkerung weiß auch, wer der wirkliche Anwalt einer verbesserten Verkehrspolitik dieser Stadt ist. - Vielen Dank. (Heiterkeit bei GR Mag Rüdiger Maresch. - GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Nicht lachen, Maresch!) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als Nächster ist GR Dipl-Ing Margulies zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss schmunzeln über die Wortmeldung meines Vorredners, der selbst bei so einem Thema der Meinung ist, alle Menschen, die einer Partei zugehörig sind, dürfen nur ein und dieselbe Meinung haben und man dürfe sie nie ändern. (GR Mag Wolfgang Jung: Das haben wir beim Herrn Akkilic gesehen! - Rufe und Gegenrufe zwischen GRÜNEN, FPÖ und ÖVP.) Es ist tatsächlich nicht nachvollziehbar, wie man aus der Frage der Nutzung von Busspuren durch Motorradfahrer eine Art ideologischen Grabenkampf machen kann, so wie Sie es jetzt dargestellt haben: Die GRÜNEN im Parlamentsklub waren dagegen, die SPÖ war dagegen. Ich gestehe, es ist schon des Öfteren vorgekommen, dass es einen Unterschied gab zwischen dem, was die GRÜNEN hier im Haus gesagt haben und dem, was der grüne Parlamentsklub gesagt hat. Das passiert hin und wieder. Bei Ihnen ist es laufend, aber was noch viel spannender ist, bei Ihnen passiert es hier im Wiener Gemeinderat, dass Sie Ihre Positionen flipflopmäßig wechseln. Daher denke ich: Machen wir aus der Frage Nutzung von Busspuren keinen ideologischen Grabenkampf! Es gibt gute Gründe dafür, dass Motorradfahrer Busspuren nutzen sollten, auch verkehrspolitische Überlegungen, und es gibt gute Gründe - und da möchte ich auch auf Rüdiger Maresch eingehen - gegen eine generelle Freigabe von Busspuren; denn es ist selbstverständlich sinnvoll, dass man sich Unfallhäufigkeiten ansieht, dass man sich ansieht, inwiefern es verkehrstechnisch sinnvoll ist. Als Motorradfahrer sage ich selber: Ich freue mich über jede einzelne Busspur, die geöffnet wird, ärgere mich individuell über jede einzelne, wo das nicht der Fall ist. Damit wir aber - und das ist der eigentliche Antrag heute - sozusagen zu keinen Behinderungen kommen, müssen die speziellen Lichtsignale, die für die Busse zum Teil vorgesehen sind, eigentlich für alle Teilnehmer, die auf Busspuren fahren, gültig sein. In diesem Sinne versucht der Antrag, den wir heute einbringen, de facto eine Novelle der StVO anzuregen, damit dies auf Bundesebene passiert. Wenn es passiert, können wir wahrscheinlich noch viel mehr Busspuren für Motorradfahrer öffnen, was ich persönlich durchaus sinnvoll finden würde. (Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.) Ich glaube, es gibt in allen Fraktionen Menschen, die zu dieser Frage sagen, ja, wir würden das sinnvoll finden. Ich glaube sogar, dass es in allen Fraktionen Gegner dieser Vorstellung gibt. Nichtsdestoweniger, damit wir auch als Motorradfahrer weiterhin sozusagen den flüssigen Verkehr unterstützen können, würde ich mich sehr freuen, wenn dieser Antrag bei uns im Gemeinderat und dann auch im Nationalrat die Zustimmung finden würde. Ich würde Sie ersuchen, sich dafür einzusetzen. - Danke sehr. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zu Wort gemeldet ist GR Mahdalik. Ich erteile es ihm. GR Anton Mahdalik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich darf man seine Meinung ändern. Die Kollegin Kickert sagt mir das ja bei jeder Steinhof-Debatte oder wirft es mir vor. (GR Mag Rüdiger Maresch: Ich war immer anderer Meinung!) Und die GRÜNEN wissen am besten, wovon sie sprechen, wenn die Mandatare die Parteizugehörigkeit schneller wechseln, als man Cannabisfreigabe sagen kann. (Heiterkeit bei der FPÖ. - GR Mag Rüdiger Maresch: BZÖ, Stronach!) Das habt ihr schmerzlich am eigenen Leib erfahren müssen. Aber das Aktenstück selbst steht ja außer Frage. Und da wir schon beim Thema Freigabe der Busspuren für Motorräder sind, zu dem ja alle einer Meinung sind: Natürlich, wenn eine 65 m lange Busspur freigegeben wird, dann redet man normalerweise gar nicht über darüber, aber die ist bejubelt worden wie die zehn Hot Spots in den öffentlichen Verkehrsmitteln, wo es jetzt WLAN gibt. 65 m braucht man normalerweise nicht zu beschildern, denn die sind von durchschnittlichen Motorradfahrern auch bis jetzt schon benützt worden; aber es geht ja um ganz andere, Kilometer lange Busspuren, in der Burggasse, Neustiftgasse, Gablenzgasse. Und wie es der Teufel will, habe ich diese Woche einmal nachts ein Erlebnis gehabt. Ich war im Raimund Theater, nachher waren wir auf der Mariahilfer Straße und haben dann ein Taxi gesucht. Wir sind ins Taxi gestiegen, in der Nähe vom Freiraum. Bis wir bei der Burggasse waren, ist meine Frau fast eingeschlafen. Es war 23.30 Uhr. Mit dem Taxi fährt man jetzt nämlich den dreifachen Weg bis ins Rathaus - da ist das Auto gestanden. Durch den Umbau der Mariahilfer Straße, was sicher für die Feinstaubbilanz äußerst positiv ist, aber wahrscheinlich haltet Ihr es, wie der Bürgermeister: Es ist euch wurscht. Also, nicht gut. Dann ist der Taxler gestanden und vor ihm ein Radfahrer. Es war nichts los, 23.30 Uhr, ein paar Autos sind noch herumgefahren. Links, auf der Spur für die normalen Autos, war Gott sei Dank nichts los. Vor uns ist ein Radfahrer langsam weggefahren, er hat es nicht sehr eilig gehabt. Ich weiß nicht, was er eingeworfen hat - ich möchte ihm jetzt gar nichts vorwerfen. Er ist nicht sonderlich weit rechts gefahren. (Zwischenruf von GR Mag Rüdiger Maresch.) - Diesmal hat er wahrscheinlich die langsame eingeworfen. Ich hab die schnellen Pillen, siehst mich am Rad fahren. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Der Taxler hat etwas Zeit gebraucht, bis er am Radfahrer vorbeigekommen ist. Das ist zu dieser Tages- oder Nachtzeit kein Problem gewesen, aber wenn links die Autos fahren, ist es ein Problem. Wenn mehrere Radfahrer dort fahren, ist es ein noch größeres Problem. Wenn sie provokant sind, fahren sie in der Mitte herum. Es ist ein Problem. Und eine Busspur ist nicht für den Radfahrer geschaffen. Ein Radfahrer behindert den öffentlichen Verkehr, die Busse. Der ist normalerweise langsam unterwegs, wenn er die Neustiftgasse hinausfährt. Die Burggasse hinunterfahren geht vielleicht, die Gablenzgasse bergab geht vielleicht auch, aber die Motorradfahrer sollten da wirklich bevorzugt werden. Was die Radfahrer betrifft - gut, es ist eine fixe Idee von Rot und Grün, dass sie auf den Busspuren fahren, konterkariert aber alle Bemühungen zur Beschleunigung des öffentlichen Verkehrs, weil sie die Busse einfach behindern. Darum sagen die Freiheitlichen, wir haben es jetzt in diesen Antrag nicht eingepackt, dass die Radfahrer nicht mehr dort fahren dürfen. Ihr wisst, wir denken so. Im Eigeninteresse würde ich zwar sagen, bitte, jede Busspur für Radfahrer öffnen, ist aber ein Blödsinn, weil ich, wenn ich bergauf fahre, genauso die Taxis und die Busse behindern würde. Aber jede Busspur, die für den Motorradverkehr geöffnet wird, dient der Leichtigkeit und Flüssigkeit des allgemeinen Verkehrs. Also brauchen wir es da heute nicht begrüßen mit eurem Antrag - wir werden dem selbstverständlich zustimmen -, sondern eine Willenserklärung verfassen: Alle Busspuren in Wien sollen für Motorräder, motorisierte Zweiräder geöffnet werden. Da braucht es kein großartiges Procedere mit Resolutionsanträgen - das ist mir überhaupt am liebsten, wenn die Regierung Resolutionen einbringt -, macht es einfach! (GR Mag Rüdiger Maresch: Die Bundesregierung muss da was ändern!) - Na, dann redet mit ihnen, denn die Verkehrsministerin ist eine Rote! (Ruf bei der SPÖ: Verkehrsminister!) - Verkehrsminister. Ist mir auch wurscht. Er hat auch als Gesundheitsminister nichts zusammengebracht und jetzt bringt er eben als Verkehrsminister nichts zusammen, also ist es eher wurscht. (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Die Busspuren zu öffnen? Okay, es geht um die Ampelschaltungen. Wir sind dafür. Busspuröffnungen sind ganz einfach zu handhaben. Da könntet ihr längst einiges weitergebracht haben. Und bis jetzt, vorigen November hat der Bürgermeister angekündigt: Die Busspuren werden jetzt geöffnet! Großartig. Die Frau Stadträtin hat Radln geschlagen, es sei eine uralte grüne Forderung, die Schwarzen haben gesagt, es sei eine uralte ÖVP-Forderung, wir haben gesagt, eine jahrelange FPÖ-Förderung, und so weiter. Alle waren begeistert, passiert ist gar nichts. Bis jetzt sind 18 Busspuren freigegeben, und ein paar davon sind doppelt genannte; denn da endet die Busspur irgendwo und fängt etwas weiter wieder an, beide sind freigegeben und zählen hiermit doppelt. Also hat man nicht sehr viel weitergebracht. Darum wollen wir heute eine einstimmige Willenserklärung des Gemeinderates herbeiführen, die da lautet: Der Gemeinderat spricht sich für die rasche Öffnung aller Busspuren in Wien für motorisierte Zweiräder aus, wobei die Busschaltungen auch für Mofas, Mopeds, Roller und Motorräder Geltung haben sollen, wobei wir in formeller Hinsicht die sofortige Abstimmung verlangen. (Beifall bei der FPÖ.) Der zweite Antrag, auch zum Thema Verkehr passend, dient der Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs, nämlich und da sind sich auch alle einig, "dass die Kernzone 100 des Verkehrsverbundes Ost-Region ausgeweitet werden soll", damit sich die Leute, die Einpendler leisten können, mit den öffentlichen Verkehrsmittel nach Wien zu fahren. Ich habe es schon ein paar Mal erklärt, jetzt kommt's nur ganz kurz: 365 EUR für die Jahreskarte, das ist in Ordnung, nur ist es um 265 EUR teurer als das grüne Wahlversprechen. Und wenn jemand in Raasdorf, Bisamberg oder anderswo ganz knapp außerhalb der Kernzone wohnt, kostet ihn eine Jahreskarte etwa 763 EUR. Das ist für viele unleistbar. Darum bleiben viele im Auto sitzen und fahren dabei nicht zur U-Bahn-Station, weil es dort nun mal keine Parkplätze gibt, sondern fahren mit dem Auto in die Arbeit und verstopfen die Straßen. Das ist ähnlich sinnvoll wie verdreifachte Taxiwege durch den Umbau der Mariahilfer Straße. Darum hoffe ich, dass es heute, da doch alle dafür sind, eine einstimmige Annahme dieses Antrages geben wird. Der Gemeinderat soll sich dafür aussprechen, dass die Zone 100, die Kernzone des VOR ausgeweitet wird, natürlich ohne dass die Tarife erhöht werden. Davor sind wir in den nächsten zwei Jahren ohnehin gefeit, dem Wahlkampf sei Dank; aber ab 2017 kann wieder zugelangt werden, dank des Valorisierungsgesetztes. Also Ausweitung rasch, Verteuerung nein! Ich bitte um Zustimmung auch zu diesem Antrag. (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr GR Mag Spitzer. Ich erteile es ihm. GR Mag Gerhard Spitzer (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst: Ich halte es wie der Toni Mahdalik. Ich werde mich nicht auf die Diskussion - um die Ricola-Werbung zu zitieren - "Wer hat's erfunden?" einlassen. Mit ist das relativ wurscht. Ich hab die Aussendung der ÖVP zur Kenntnis genommen, in der Kollege Juraczka gemeint hat, das wäre, wenn ich es richtig gelesen habe, schon 2005 eine ÖVP-Forderung. Ich könnte jetzt einen meiner Vorgängerpräsidenten bei dem größten österreichischen Motorradverein Red Biker zitieren, der das schon 2003 gefordert hat. Wurscht, geschenkt, ist egal. Es interessiert auch niemanden draußen, ob 2005, 2003 oder vorgestern. (Zwischenruf von GR Anton Mahdalik.) - Völlig richtig, lieber Toni, Hauptsache, wir bringen etwas weiter. Die Frage ist immer nur: Was bringen wir weiter? Und: Wie gescheit ist das, was wir weiterbringen? Und da bin ich überhaupt nicht bei dir, wenn du für eine generelle Öffnung aller Busspuren eintrittst, weil es einfach keinen Sinn macht. Auch mir geht es manchmal zu langsam, auch da gebe ich dir und dem Kollegen Stiftner völlig recht. Beim Biken gilt allerdings eine alte Regel: Sicherheit geht vor Geschwindigkeit, und gerade bei den Busspuren geht es auch um die Sicherheit. Man kann nicht grundsätzlich jede Busspur immer überall öffnen. Es gibt Sicherheitskriterien, und die müssen wir eben zugestehen, um Menschenleben nicht zu gefährden. Wenn die Verkehrsexperten der MA 46 sagen, das kommt für uns überhaupt nicht in Frage, da werden wir nicht öffnen, dann werden wir als quasi nur Bikerinnen und Biker dem wohl auch beitreten können. Ein kleiner Sidestep: Die Aussendung vom Toni Mahdalik ist auch inhaltlich ein bisschen widersprüchlich. Ich hätte das gerne aufgeklärt. Du schreibst und hast es auch heute wieder von dir gegeben, ich zitiere dich jetzt: "Innerstädtische Pimperl-Busspuren freizugeben, ist Augenauswischerei und bringt den Bikern herzlich wenig". Und dann im zweiten Teilsatz heißt es, du bist für die Öffnung aller Busspuren. Das passt nicht. Entweder brauchen wir die Pimperl-Busspuren auch, oder wir brauchen nicht alle. Also das wäre jetzt in sich nicht ganz schlüssig, aber wie auch immer. Ich weiß, wie solche Aussendungen entstehen. Neben der Frage, wie rasch etwas geöffnet wird, ist es für mich wichtig, ob es Sinn macht. Es wundert mich, dass auf dem Antrag auch der Name meines Freundes Wolfgang Irschik steht, denn er ist für mich wirklich einer der StVO-Spezialisten. Er ist da beruflich etwas vorbelastet. Er zitiert die StVO ganz gern und weiß natürlich ganz genau, dass es nicht möglich ist, grundsätzlich alle Busspuren zu öffnen. Abgesehen von diesen kurzen Busspuren, die kurz vor oder nach einer Haltestelle sind - wo es keinen Sinn macht, das extra zu beschildern, denn das kostet nur Geld, da bin ich ganz bei dir -, gibt es Busspuren, wo es dem Bus erlaubt ist, gegen eine Einbahn zu fahren, durch eine Fußgängerzone zu fahren, wo ein allgemeines Fahrverbot gilt, von dem nur Busse ausgenommen sind. Dort wollen wir Bikerinnen und Biker gar nicht fahren, dort haben wir in der Regel auch gar nichts verloren, das macht keinen Sinn. Es macht allerdings sehr wohl Sinn und wurde im größten Teil aller Bezirke auch schon positiv beurteilt, nämlich auf jenen Busspuren, die von der MA 46 als für Biker sichere Busspuren aufgelistet wurden. Darüber hinaus haben wir bisher ein Problem gehabt, dass die Wiener Linien zu Recht gesagt haben, dort, wo wir das vorauseilende Bussignal haben, das heißt, wo der Biker auf der Busspur stünde und auf die rote Ampel schaut, und dahinter der Buschauffeur steht, und sein Balkensignal auf Go steht, meist ein paar Sekunden vor der roten Ampel für Bikerinnen und Biker, dort halten wir den Bus schlichtweg auf, dort macht es keinen Sinn. Deswegen haben die Wiener Linien meines Erachtens auch zu Recht bis jetzt immer gesagt, dort können wir dann den Fahrplan nicht einhalten, aber - und das halte ich für eine geniale Idee - wenn man es zusammenbringt, dass die, die auf der Busspur fahren, die Busampel mitbenutzen dürfen, dann haltet ihr uns nicht auf, denn ihr seid mit dem Motorrad ohnehin viel schneller weg als wir mit dem Bus. Deswegen haben die Wiener Linien auch grundsätzlich gesagt, dann können wir darüber nachdenken. Finde ich auch gut. Zahlreiche weitere Busspuren stünden dann zur Eröffnung frei. Zuerst müssen wir aber, wie Kollege Margulies gesagt hat, die StVO ändern, und das soll unser Resolutions- und Beschlussantrag, den ich jetzt offiziell einbringen möchte, auch fordern: "Der Wiener Gemeinderat begrüßt die Freigabe weiterer Busspuren für Motorzweiräder in Wien, spricht sich dafür aus, dass in der aktuell geplanten Novelle der Straßenverkehrsordnung vorzusehen ist, dass die gesonderten Lichtzeichen zur Regelung des Verkehrs auf Busspuren auch für MotorzweiradfahrerInnen gelten sollen, und ersucht den zuständigen Verkehrsminister um entsprechende Unterstützung. In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt." - Danke. (Beifall bei der SPÖ.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Berichterstatter hat auf das Schlusswort verzichtet. Daher kommen wir nun zur Abstimmung über die Postnummer 19. Wer dieser Post die Zustimmung erteilen will, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das wird einstimmig angenommen. Nun kommen wir zu den eingebrachten Beschluss- und Resolutionsanträgen: Zuerst der Antrag der FPÖ betreffend Freigabe aller Busspuren für motorisierte Zweiräder. Dazu wird sofortige Abstimmung beantragt. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das wird von ÖVP, FPÖ und GR Aigner unterstützt. Das ist die Minderheit und daher abgelehnt. Dann haben wir den Beschlussantrag der FPÖ betreffend Erweiterung der Kernzone im Verkehrsverbund Ost- Region. Dazu wird die sofortige Abstimmung beantragt. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das wird von ÖVP, FPÖ, und GR Aigner unterstützt. Das ist die Minderheit und somit abgelehnt. Weiters kommen wir zum Beschluss- und Resolutionsantrag der Abgeordneten der SPÖ und GRÜNEN betreffend die Nutzung von Busspuren für Motorzweiräder. Auch hiezu ist die sofortige Abstimmung verlangt. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Das ist angenommen. Nunmehr gelangt die Postnummer 23 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft das Leitbild Norbert- Scheed-Wald 2015. Ich bitte den Berichterstatter, Herrn GR Holzmann, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatter GR Ernst Holzmann: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Geschätzte Damen und Herren des Gemeinderates! Ich ersuche um Zustimmung zum Jahrhundertprojekt Norbert-Scheed-Wald. Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gemeldet ist Herr GR Flicker. Ich erteile es ihm. GR Martin Flicker (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Herr Berichterstatter! Auch ich versuche, mich kurz zu fassen. Wie auch im Ausschuss wollen wir hier anregen, dass die Grundeigentümer in künftige Planungsprozesse zum Norbert-Scheed-Wald miteingebunden werden. Diese Bitte wollen wir hier heute wieder aussprechen. Zum anderen ist es wichtig, in diesem Leitbild die Interessen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe festzuhalten, um eine funktionierende landwirtschaftliche Produktion, wie sie jetzt stattfindet, weiter stattfinden lassen zu können. Und da wir von einem Wald im Osten Wiens sprechen, wollen wir auch von einem Wald im Westen Wiens sprechen, und dazu möchte ich folgenden Beschlussantrag einbringen: "Die amtsführende Stadträtin für Umwelt wird aufgefordert, im Zuge der Vorbereitung für die Schaffung des Norbert-Scheed-Waldes, auch konzeptive Überlegungen anzustellen, wie die Funktion des bestehendes Wienerwaldes auf Wiener Stadtgebiet als einer der wichtigsten Naherholungseinrichtungen gesichert werden kann." In formeller Hinsicht bitte ich um sofortige Abstimmung. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als Nächste ist Frau GRin Schubert zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. GRin Ingrid Schubert (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie der Berichterstatter gesagt hat: Über das Jahrhundertprojekt, das da beschlossen und entstehen wird, müssen wir, glaube ich, ein bisschen mehr würdige Worte finden. Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich im Folgenden auf dieses Thema ganz bewusst eingehen. Wie Sie sicherlich wissen, ist die in Wien heute vorherrschende Lebensqualität im internationalen Vergleich beispielhaft. Ein wesentlicher Aspekt, der dazu geführt hat, ist der nachhaltige Umgang mit den Grünräumen unserer Stadt. Im Rahmen der Stadtentwicklung war Wien in der Vergangenheit und ist auch heute sehr erfolgreich. Schon vor etwa 110 Jahren wurde mit dem Schutz des Wienerwalds begonnen, und auch heute gilt der Wienerwald als wesentliche Naherholungszone für die Wienerinnen und Wiener. Dort ist es erfolgreich, ja, vorbildhaft gelungen, verschiedene Formen der Erholungsnutzung wie Wandern, Radfahren auf nachteilige Weise in die dort vorhandene Landschaftsstruktur zu integrieren. Umso wichtiger, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es, zum jetzigen Zeitpunkt weitere Schritte in diese Richtung zu setzen und bestehende Grünräume zu schützen, den Grüngürtel für nachkommende Generationen zu erhalten und die schützenswerte beziehungsweise naturnahe Erholungsnutzung für alle Wienerinnen und Wiener heute und für die Zukunft zu sichern. Das kann uns in weiterer Zukunft auch nur durch die Sicherung bestehender und durch stetige Entwicklung neuer Erholungsräume gelingen. Nach aktuellen Erhebungen wird Wien 2027 2 Millionen Einwohner haben. Speziell die Bevölkerung der Donaustadt wird in den kommenden Jahren stark wachsen, nämlich um zirka 57 000 Personen bis zum Jahr 2034, und dann der einwohnerstärkste Bezirk von Wien sein. Angesichts dieser stark wachsenden Bevölkerungszahl ist nun das Projekt Wienerwald Nordost für die Sicherung der Lebensqualität im Bezirk Donaustadt ein unverzichtbares Vorhaben und notwendiger Bestandteil eines zukünftigen Stadtentwicklungsplanes. Dieser seit Juni 2014 auch im Stadtentwicklungsplan STEP 2025 beschlossene Erholungsraum trägt den Namen Norbert-Scheed-Wald, nämlich nach seinem Ideengeber, dem unerwartet verstorbenen Bezirksvorsteher des Bezirkes Donaustadt. Die Leitidee des Norbert-Scheed-Waldes ist ein Erholungsraum mit besonderer Qualität, ein vielfach nutzbarer, zeitgemäßer und nachhaltiger Stadterholungsraum, der in bestmöglicher Weise Ökologie, Naturschutz, Erholung, Freizeit, Mobilität, Klimavorsorgefunktion und Landwirtschaft vereint. Das bedeutet, dass neben den Alltagsfunktionen und der Bedeutung städtischer Freiräume für die Menschen auch die Aspekte des Naturschutzes und der Stadtökologie in die zukünftigen Planungen dieses Erholungsraumes mit einbezogen werden. Anknüpfend an die stadtweiten Planungsrichtlinien wie den Freizeitraum Wien wird der Norbert-Scheed-Wald ein zentrales Element im Netz von Frei- und Grünräumen in Nordosten Wiens sein. Meine sehr geehrten Damen und Herren, durch die Entwicklung dieses Projektes kann jedenfalls der zu erwartende Nutzungsdruck auf die Lobau, was wesentlich ist, sinnvoll und zukunftsorientiert minimiert werden. Lichterwald, Trockenrasen, dichter Wald, Brachfelder sollen eine charakteristische Kulturlandschaft mit Wiedererkennungswert bilden. Wir streben damit eine ortstypische Landschaftsentwicklung unter Einbeziehung der Ansprüche einer vielfältigen Landwirtschaft an. Ein weiteres Ziel ist es, Landwirtschaft und Erholungsnutzung noch besser zu verbinden, etwa durch Selbstpflückfelder, Direktvermarktung landwirtschaftlicher Produkte oder auch das Mieten von Obstbäumen. Auch "Urban Gardening" auf Ökoparzellen soll in Zukunft im Norbert-Scheed-Wald für alle Bürgerinnen und Bürger möglich sein. Wir reagieren damit auf den steigenden Anspruch, auf die notwendige Grün- und Freiraumnutzung. Für die Umsetzung des vorliegenden Leitbildes Norbert-Scheed-Wald wird von der Magistratsabteilung 49, Forstamt und Landwirtschaftsbetrieb, ein Managementplan erstellt, in welchem Aktivitäten und Maßnahmen hiezu klar definiert sind. Dieser Managementplan, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der erste Umsetzungsschritt dieses Leitbildes. Ein professionelles Steuerungsteam unter der Federführung der Magistratsabteilung 49 wird den Prozess der Umsetzung des Leitbildes begleiten. Im Rahmen dieses Delegationsprinzips an den Bezirk werden auch hier Maßnahmen im Sinne des Leitbildes vorgesehen. Notwendig ist jedenfalls, und das ist ganz wichtig, dass alle vier Jahre die gesetzten und geplanten Maßnahmen und Aktivitäten einer Evaluierung im Sinne des Leitbildes unterworden werden. Auf Basis dieser Evaluierung werden alle nachfolgenden Schritte und Planungen des Projektes angepasst. Darüber hinaus werden wesentliche bezirksrelevante Maßnahmen, die sich aus dem Leitbild ergeben, unter Einbindung des 22. Bezirkes umgesetzt. Selbstverständlich werden wir im Managementplan zeitlich auch alle im Umfeld geplanten Vorhaben wie die Seestadt Aspern, die städtebauliche Entwicklung Hausfeld und die Stadtstraße berücksichtigen. Mit dem Norbert-Scheed-Wald, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird ein Erholungsraum mit besonderer Qualität geschaffen, ein vielfach nutzbarer, zeitgemäßer Stadterholungsraum, der Ökologie, Naturschutz, Erholung, Freizeit, Mobilität, Klimavorsorgefunktion und Landwirtschaft in einzigartiger Weise vereint. - Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Berichterstatter hat auf das Schlusswort verzichtet. Daher kommen wir nun zur Abstimmung über die Postnummer 23. Wer dem Antrag des Berichterstatters zustimmen will, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Es ist einstimmig angenommen. Dann haben wir einen Beschluss- und Resolutionsantrag der ÖVP betreffend Sicherung des Wienerwaldes. Es wird die sofortige Abstimmung dieses Antrags verlangt. Wer diesem Beschluss- und Resolutionsantrag seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Zustimmung ÖVP, FPÖ, damit keine Mehrheit. Meine Damen und Herren, ich schlage vor, die Berichterstattung und die Verhandlungen über die Geschäftsstücke 12 und 13 der Tagesordnung, sie betreffen Subventionen an den Verein Wiener Stadtfeste und den Verein Wiener Kulturservice, zusammenzuziehen, die Abstimmung jedoch getrennt durchzuführen. Wird dagegen Einwand erhoben? - Nein, das ist nicht der Fall. Dann bitte ich die Berichterstatterin, GRin Straubinger, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatterin GRin Mag Sybille Straubinger, MBA: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Ich bitte um Zustimmung zu den vorliegenden Akten. Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Danke, ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet auf meiner Liste ist noch der Herr GR Mahdalik. Ich erteile ihm das Wort. GR Anton Mahdalik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatterin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Zustimmung werden wir nicht so dienen können. Ich habe mich eigentlich nur gemeldet, weil wir thematisch im 22. sind. Die Kollegin Schubert hat es ja ganz richtig angemerkt, ich glaube, 2030 hat sie gesagt, sind wir der einwohnerstärkste Bezirk Wiens. Und was macht die Regierung? Was macht die SPÖ in Wien? Zum Beispiel wenn wir im 22. bleiben, und du als Eßlingerin weißt es am besten: Ihr sperrt einen Mistplatz nach dem anderen zu. Für die 48er sind wir zuständig oder die Schwarzen oder so. Jetzt gibt's den noch in Breitenlee, wenn's ihn noch gibt. Vor zwei, drei Wochen war ich noch dort, er sperrt auch demnächst zu. Was passiert? Die Wege zum Mistplatz in Eßling und Breitenlee verfünf-, versechs-, versiebenfachen sich, weil die Entfernungen im 22. Bezirk groß sind. Also ihr sperrt zwei Mistplätze zu, damit ja mehr Feinstaub erzeugt wird und die Leute weiter fahren müssen. Die müssen zukünftig zum Rautenweg fahren, wenn sie nicht durch den Bezirk durch die kleinen Gassen gurken wollen. Das ist nicht einzusehen. Wir wachsen - ihr sperrt zu. Eine Post nach der anderen sperrt ihr zu. Ihr seid nicht direkt verantwortlich, ihr schaut aber zu. In Eßling hat sie zugesperrt, okay, da gibt's noch einen Apotheker, das weißt du am besten. Da gibt's oft elendslange Warteschlangen. Genau das Gleiche in Aspern bei der BAWAG, elendslange Warteschlangen. In Breitenlee hat der Postpartner überhaupt zugesperrt, die Leute müssen nach Hirschstetten fahren oder nach Aspern. Da schaut ihr zu. Der Bezirk wächst, die Infrastruktur wird ausgedünnt. Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik (unterbrechend): Entschuldigung, Herr Kollege Mahdalik, ich darf ganz kurz unterbrechen. Wir haben die Geschäftsstücke 12 und 13 auf der Tagesordnung, GR Anton Mahdalik (fortsetzend): Donauinsel, oder (GR Mag Rüdiger Maresch: Donauinsel!)? Donauinsel. Und nachdem ... Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik (unterbrechend): Subvention an den Verein Wiener Stadtfeste und den Verein Wiener Kulturservice. GR Anton Mahdalik (fortsetzend): Auf die hab' ich eh ganz am Anfang Bezug genommen. Dem werden wir nicht zustimmen können. Aber wenn wir schon auf der Donauinsel und in Eßling sind, habe ich mir gedacht (Allgemeine Heiterkeit.), da red' ich gleich ein Donaustädter Thema an. (Zwischenruf von GR Mag Rüdiger Maresch.) Rüdiger, du kennst dich nicht aus, du warst ja vor Kurzem auf der ... (GR Mag Rüdiger Maresch: Donauinsel!) Na, von der Donauinsel sind wir gleich in Eßling, ich zumindest. Ich fahr' ein bissel schneller mit dem Radl als du. (Diverse Zwischenrufe und allgemeine Heiterkeit.) Also die Nicht-Donaustädter mögen sich jetzt der Wortmeldungen enthalten. Und du bist auch kein Donaustädter (GR Mag Rüdiger Maresch: Donauinsel!), du kennst dich zwar ein bissel aus, weil du dort immer auf der Liste erscheinst oder aufscheinst. Aber sonst können wir einmal eine Exkursion machen und ich zeig' dir, wie schnell man von der Donauinsel, dort, wo das Fest ausgetragen wird, das Festival (Heiterkeit bei den GRÜNEN.), wie schnell man da in Eßling ist, in Aspern und in (Heiterkeit bei GR Mag Rüdiger Maresch.) Breitenlee. Und was ihr noch macht, bevor es der Rüdiger allzu lustig findet, du bist ja nicht in Eßling: Die Polizei wird auch zugesperrt. (GR Mag Rüdiger Maresch: Auf der Donauinsel!) Die Polizei wird in Eßling zugesperrt, obwohl Eßling auch wächst. Wir haben dort jetzt schon 30 000 Bewohner und dort steigen die Diebesbanden aus dem Osten in die Häuser ein und fahren ungehindert über die Grenze. In wenigen Minuten oder in einer halber Stunde sind sie über der Grenze. Ihr verkauft das Ganze jetzt der Eßlinger Bevölkerung. Ihr werdet es bei der Wahl spüren. Wir sind in Eßling sehr stark, im 22. überhaupt stark. Ihr konzentriert euch aufs Donauinselfest, auf Brot und Spiele, soll uns recht sein. Wir werden der Subvention nicht unsere Zustimmung geben. Aber auf der anderen Seite spart ihr bei der Sicherheit der Bevölkerung und das lehnen wir natürlich ab, weil diese Begründungen, es ist nur eine Übersiedlung aufs Flugfeld - die Anfahrtswege werden sich nach Eßling verdreifachen und ihr werdet die Verantwortung dafür tragen, wenn sich die Einbruchsdiebstähle noch mehr erhöhen als bisher. Und das finden wir unverantwortlich, das machen wir im Interesse der Eßlinger Bevölkerung! Und die Ingrid wird mir das bestätigen, dass die Leute natürlich nicht erfreut sind und sagen, jössas, Gott sei Dank, übersiedelt in die Seestadt, dann haben wir euch nimmer in fußläufiger Entfernung, sondern wir müssen mit Auto und Bus hinfahren. Natürlich sind die alle heilfroh und danken der Ingrid Schubert für ihre Initiative oder für ihren beherzten Kampf gegen die Schließung der Polizeiinspektion oder Wachzimmer, wie man früher gesagt hat. Darum wollten wir heute, dass sich der Gemeinderat ... Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik (unterbrechend): Herr Kollege Mahdalik, bitte zur Sache, aber kurz. GR Anton Mahdalik (fortsetzend): Ich bin eh schon bei der Begründung. Ich bin schon beim Beschlussantrag. Der Gemeinderat soll sich nämlich dafür aussprechen und die Eßlinger Bevölkerung würde das begrüßen, dass der Bestand des Wachzimmers in der Rosenbergstraße 37 in Eßling gesichert bleibt. Also keine Übersiedlung, Absiedlung, neues Wachzimmer in der Seestadt, aber in der Rosenbergstraße, das muss bestehen bleiben. Es ist ein Hot Spot der Kriminalität, auch wenn's der Joe Taucher lustig findet. Du bist halt dort noch nie ausgeraubt worden. Aber die Leute, die davon betroffen sind, die werden ein Lied davon singen können und die werden euch bei der Wahl die Rechnung präsentieren! (Beifall bei der FPÖ.- Heiterkeit bei SPÖ und GRÜNEN.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zum Wort gemeldet ist die Frau GRin Bluma. Ich erteile ihr das Wort. GRin Susanne Bluma (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Werte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Toni Mahdalik! Ich habe zehn Minuten meiner Lebenszeit damit zugebracht zu überlegen, warum du dich zu einem Kulturakt meldest. (Allgemeine Heiterkeit.) Dann habe ich mir gedacht (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.), vielleicht weil du im Raimund Theater warst, also sozusagen wirklich monoempirisch ein Erlebnis. Zum Raimund Theater und dieser dramatischen Geschichte, wie du auf der Mariahilfer Straße ein Taxi gerufen hast, möchte ich dir als diejenige von den Gemeinderätinnen und Gemeinderäten sagen, die auf der einen Seite vor allem die Fußgängerinnen und Fußgänger in dieser Stadt vertritt, auf der anderen Seite immer aus einem gesundheitspolitischen Aspekt heraus versucht, Menschen zum Zufußgehen zu bringen: Das wäre eine Alternative gewesen. Wärst du zu Fuß zum Rathaus gegangen, zur Garage, wo dein Auto geparkt hat, wäre deine Frau im Taxi neben dir nämlich nicht eingeschlafen! Also nur so ein Tipp (Allgemeine Heiterkeit.), nur so ein Tipp! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Jetzt zurück zu den beiden Poststücken, die die Subventionen an den Verein Wiener Stadtfeste und an das Wiener Kulturservice beinhalten. Ich habe mir überlegt, ich könnte euch jetzt ganz, ganz lange erzählen, wie wunderbar das Donauinselfest ist. Wir machen das jedes Jahr in regelmäßigen Abständen nicht nur, weil dieses Donauinselfest, geschaffen, erfunden, kreiert von einem Floridsdorfer, eine Erfolgsgeschichte ist, so wie im Übrigen auch Floridsdorf eine Erfolgsgeschichte ist, auch darüber hinaus, weil das Wiener Kulturservice etwas macht, was ich als sozialdemokratische Kulturpolitikerin in dieser Stadt für ganz, ganz wichtig halte: Wir subventionieren Kunst und Kultur dort, wo die Menschen leben, in den Außenbezirken. Wir subventionieren Gemeindebaufeste, Straßenfeste, den Nightwalk, überall dort, wo die Menschen leben, wo sie sich treffen, wo sie aktiv oder passiv zum Kulturgeschehen in dieser Stadt beitragen wollen, denn Wien macht nicht nur Kultur, Wien ist Kultur. Gerade diese Tendenz, mehr Kunst und Kultur in die Außenbezirke, mehr raus aus dem 1. Bezirk, mehr raus aus den Gürtelbezirken bis an die Peripherie - und jetzt bin ich wieder beim Toni Mahdalik -, bis in den 22. Bezirk, bis nach Floridsdorf, das wollen wir. Das machen wir mit diesem Geld und daher ersuche ich um eure Unterstützung! Danke sehr. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Die Frau Berichterstatterin verzichtet auf das Schlusswort. Daher kommen wir zur Abstimmung, die wir getrennt durchführen werden. Ich bitte jene Damen und Herren des Gemeinderats, die der Postnummer 12 ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit Zustimmung der ÖVP, der SPÖ und der GRÜNEN mehrstimmig angenommen. Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über die Postnummer 13. Ich bitte auch hier jene Damen und Herren des Gemeinderats, die zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - ÖVP, SPÖ, GRÜNE, mehrstimmig angenommen. Es wurde ein Beschlussantrag zur Postnummer 13 eingebracht betreffend sicherheitstechnische Infrastruktur. Wer diesem Antrag der FPÖ seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Zustimmung von ÖVP, FPÖ und Kollegen Aigner und ist somit nicht angenommen. Es gelangt nunmehr Postnummer 15 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft eine Subvention an die echo event gesmbh. Es ist kein Redner mehr gemeldet. Daher können wir sofort zur Abstimmung kommen. Wer dieser Postnummer die Zustimmung erteilen will, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit Zustimmung der SPÖ und der GRÜNEN mehrstimmig angenommen. Wir kommen zur Postnummer 8 der Tagesordnung. Sie betrifft Subventionen an Sportorganisationen und sonstige Institutionen. Auch hier gibt es auf meiner Liste keine Redner mehr. Daher kommen wir zur Abstimmung. Hier wurde die getrennte Abstimmung verlangt. Bei der Postnummer 8 stimmen wir zuerst über den Unterpunkt 1 ab. Er betrifft eine Subvention von 40 000 EUR an den ASKÖ Landesverband WAT, Laufinitiative Wien-Läuft-WAT. Wer diesem Punkt zustimmen will, den bitte ich um einen Zeichen mit der Hand. - Das ist mit Zustimmung der SPÖ und der GRÜNEN mehrstimmig angenommen. Dann kommen wir zu Punkt 2 dieser Postnummer 8. Er betrifft eine Subvention über 35 000 EUR ASKÖ Landesverband WAT, Projekt Sport.Platz Wien 2015. Wer diesem Punkt 2 der Postnummer 8 zustimmen will, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit Zustimmung der SPÖ und der GRÜNEN mehrstimmig angenommen. Und dann kommen wir zum Punkt 3 der Postnummer 8, zur restlichen Postnummer 8. Wer dieser restlichen Postnummer 8 zustimmen will, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. Und das ist einstimmig angenommen. Es gelangt die Postnummer 10 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft eine Subvention an den Verein Zeit!Raum - Verein für soziokulturelle Arbeit Wien. Auch hier ist kein Redner genannt. Daher kommen wir sofort zur Abstimmung. Wer der Postnummer 10 seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit Zustimmung der ÖVP, der SPÖ und der GRÜNEN mehrstimmig angenommen. Es gelangt nunmehr die Postnummer 1 zur Verhandlung. Sie betrifft eine Subvention an den Verein für österreichisch-türkische Freundschaft. Ich bitte die Frau Berichterstatterin, Frau GRin Akcay, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatterin GRin Safak Akcay: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich ersuche um Zustimmung. Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist die Frau GRin Schütz. Ich erteile ihr das Wort. GRin Angela Schütz (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatterin! Werte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats! Liebe Zuhörer! Bei der Subvention der österreichisch-türkischen Freundschaft geht es um 41 000 EUR, wobei der Verein selber ungefähr 72 119 EUR Jahresbudget benötigt. Der größte Sponsor dieser Subvention ist die MA 17 für Einzelberatungen und Betreuung zur Integration von vorwiegend Türken. Weiters soll dieser Verein aber auch ein bisserl etwas über die Lebensart, die Lebensweisheit und die Kultur der Österreicher, der Türken und umgekehrt näherbringen. Vor nicht allzu langer Zeit habe ich in Wien eine Podiumsdiskussion mitgemacht, bei der der Obmann der Initiative muslimischer Österreicher, Dipl-Ing Tarafa Baghajati, anwesend war, und der hat dort unmissverständlich gesagt, dass sich ein Muslim nie in Österreich integrieren wird, weil das Assimilation bedeuten würde und das kann ein Muslim nicht akzeptieren und wird er auch nicht tun. Da kann man jetzt einen Umkehrschluss daraus ziehen, dass sich ein Türke nie in Österreich integrieren wird und immer ein Türke bleiben wird. Damit ist aber auch die Integration in Wien per se gescheitert. Was machen die Glaubensgemeinschaften lieber? Sie laden sich den Erdogan in die Albert-Schultz-Halle ein und lassen sich von ihm auf die Türkei einschwören. Sie nehmen auf der anderen Seite alle finanziellen Unterstützungen, die sie bekommen können und machen dann damit ihr eigenes Ding. Und wenn man sich jetzt die Entwicklung der letzten Tage anschaut, dann muss man auch die beiden nächsten Hauptsponsoren dieses Vereins in einem anderen Licht betrachten, nämlich die Arbeiterkammer Wien, die 10 000 EUR an diesen Verein spendet, und die SPÖ-Wien, die 11 700 EUR diesem Verein spendet, was exakt der Miete dieses Vereins entspricht. Bis letztes Jahr hat sogar auch noch die Bundes-SPÖ diesen Verein mitfinanziert. Wenn man bedenkt, dass vor ein paar Tagen der Nationalrat eine Erklärung im österreichischen Parlament abgegeben hat, der den Völkermord in Armenien von 1915 scharf verurteilt, dann könnte man sich eigentlich erwarten, dass von Seiten der Türkei da auch Bedauerungskundgebungen beziehungsweise Entschuldigungen folgen würden. Das Gegenteil war der Fall. Erdogan hat sich empört und hat gesagt, dass die Beziehung und die Freundschaft zu Österreich nachhaltig beschädigt sei und hat den türkischen Botschafter zurückbeordert. Wir haben dazu heute klare Worte einerseits von unserem Vorsitzenden Godwin Schuster, aber auch von Joschi Gudenus und Johann Herzog gehört. Ich finde, wir sollten es nicht nur bei den Lippenbekenntnissen belassen, sondern wir sollten auch hier im Gemeinderat deutliche Zeichen setzen und diese Subvention heute alle ablehnen, so wie wir Freiheitliche das tun werden. (Beifall bei der FPÖ.) Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Die Frau Berichterstatterin hat auf das Schlusswort verzichtet. Daher kommen wir nunmehr zur Abstimmung über die Postnummer 1. Wer dieser Postnummer 1 seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit Zustimmung der SPÖ und der GRÜNEN mehrstimmig angenommen. Damit ist die Tagesordnung der öffentlichen Sitzung erschöpft. Ich darf die verbliebenen Gäste auf der Galerie bitten, uns zu verlassen. (Schluss um 18.17 Uhr.) Gemeinderat, 19. WP 24. April 2015 66. Sitzung / 2