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Gemeinderat, 68. Sitzung vom 29.06.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 140

 

bürgermeisterin, haben heute angedeutet oder auch gesagt, was ja ganz richtig ist, beim Wirtschaftswachstum 2014 war Wien wieder einmal das Schlusslicht. Das darf für eine Großstadt, für eine Metropole nicht zufriedenstellen. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir die zweitgrößte deutschsprachige Stadt in Europa sind, dass wir die größte Universitätsstadt sind. All das ist richtig, aber wir haben es nicht geschafft, hier ganz einfach wirklich einige Dinge ins rechte Lot zu bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Herr Kollege Schicker, Sie haben gesagt, Wien ist Beschäftigungsmotor. Ich würde es mir wünschen. Wir haben die höchste Arbeitslosenquote seit Jahrzehnten. Wir sind bei 11,6 Prozent Arbeitslosen, das ist die höchste Quote in Österreich, bitte (Zwischenruf von GR Godwin Schuster.), das ist die höchste in Österreich, Herr Kollege Schuster, gar keine Frage. Und was tun wir dagegen? (GR Godwin Schuster: Würden Sie sich wünschen, dass Wien keine Niederösterreicher und Burgenländer mehr beschäftigt?) Das war aber immer so, Herr Kollege, dass eine Metropole Mitarbeiter anzieht, Bevölkerung anzieht. Da hat sich nichts geändert. Niederösterreich hat es auch vor 30 Jahren und vor 50 Jahren schon gegeben. Das ist kein Argument, Herr Kollege, das ist wirklich kein Argument, hier etwas zu tun. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es sind derzeit 135 000 Menschen, die ohne Beschäftigung sind. Daher würde ich mir wünschen, dass Wien ein Beschäftigungsmotor wird. Und wir wissen auch ganz genau, wie viele Arbeitsplätze Wien geschaffen hat. Die anderen Bundesländer haben in den letzten 20 Jahren Arbeitsplätze geschaffen, wir haben 1 Prozent geschaffen. Es sind mehr, das stimmt, aber andere haben um 20, 25 Prozent mehr Arbeitsplätze geschaffen.

 

Das heißt, meine Damen und Herren, wir brauchen auf diesem Gebiet unbedingt einen Kurswechsel. Hier muss sich etwas ändern. Es gibt nämlich in Ihrem Sprachgebrauch ein rot-grünes Mantra: Wir müssen uns aus der Krise herausinvestieren. Meine Damen und Herren, das, glaube ich, müsste anders funktionieren. Dafür fehlt uns derzeit auch die Kraft.

 

Ich darf zu den Schulden, die mein Kollege Neuhuber dann noch ein bisschen näher analysiert, nur eines sagen: Unsere Schulden sind gestiegen. Wir wissen unsere Schuldenziffern gar nicht ganz genau, denn wir haben sie im Rechnungsabschluss zum 31.12.2014 drinnen. Wenn wir uns derzeit alle Devisenmärkte anschauen, dann wissen wir, dass sich das ganz einfach, wenn ein Drittel der Schulden in Schweizer Franken ist, laufend ändert. Wir haben in der Finanzausschusssitzung gefragt, ob es sozusagen einen neuen Kurs gibt beziehungsweise ob es einen neuen Schuldenstand gibt. Ich sage es Ihnen, wir haben es ausgerechnet. Zum Beispiel alleine zum 31. Mai, nehmen wir an, wären es um 270 Millionen mehr gewesen, meine Damen und Herren. Von dem heutigen Tag rede ich gar nicht, was sich da auf den internationalen Börsen abspielt. Und München – um auch das zu vergleichen – hat in diesem Zeitraum Schulden abgebaut. Wir brauchen daher, meine Damen und Herren, unbedingt ein Budget, das sich ganz einfach auch für andere Investitionen einen Spielraum schafft.

 

Wir wissen auch, dass Wien kein Einnahmenproblem hat. Wir haben sehr viele Einnahmen, wir haben aber ein Ausgabenproblem, meine Damen und Herren. Jeder Wiener und jede Wienerin zahlen derzeit 743 EUR an Landes- und Gemeindeabgaben. Eine sehr, sehr hohe Ziffer, im Österreichdurchschnitt sind es 515. Sie werden sagen, in einer Stadt wie Wien, das ist klar, ist es höher. Absolut richtig, aber diese Differenz ist nicht klar.

 

Und dann, meine Damen und Herren, bringen Sie uns heute einen Antrag, wo wir ganz einfach für ein Jahr ein Moratorium für das Valorisierungsgesetz machen, es aussetzen wollen und keine Gebührenerhöhung machen. Ich glaube, jeder Unternehmer muss ganz einfach seine Preise immer wieder dem Kunden gegenüber, sprich, der Bevölkerung gegenüber, argumentieren können. Wir waren nie gegen einen strikten Gebührenstopp, sondern wir waren für eine vernünftige Gebührenerhöhung. Wir wollen erstens einmal eine Transparenz, wie sich die Gebühren zusammensetzen. Wir kennen die Rechnungshofkritik und wissen, dass es hier Meinungsunterschiede gibt. Wir wollen ganz einfach wissen, ob es effizient genug ist.

 

Und ich, meine Damen und Herren, kann Ihnen eines sagen: Aus diesem Grund werde ich heute einen Beschluss- und Resolutionsantrag einbringen, dass wir das Valorisierungsgesetz aufheben, denn es soll die Gemeinde Wien jedes Mal, wenn es zu notwendigen Gebührenerhöhungen kommt, hier argumentieren, warum das so ist. Ich glaube, es ist richtig, dass wir das machen, und ich darf Ihnen das vorlesen:

 

„Der Gemeinderat spricht sich ausdrücklich für eine Abschaffung des Wiener Valorisierungsgesetzes aus.

 

In formeller Hinsicht verlangen wir die sofortige Abstimmung.“

 

Dann können wir bei einer nächsten Preissteigerung hier in diesem Hause diskutieren und brauchen nicht zu warten, bis es ein Geschenk der Regierung gibt. Auch hier wäre es wichtig, dass wir das so unternehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich darf noch einmal ganz kurz auch zu den Steuern und Einnahmen kommen. Auch hier nur eine Ziffer, meine Damen und Herren: Die Wiener Unternehmer zahlen im Jahr zirka 1,1 Milliarden EUR Steuern an die Gemeinde Wien. Das sind im Prinzip die Kommunalsteuer, die Gebrauchsabgabe, die Dienstgeberabgabe, die U-Bahn-Steuer, die extrem erhöht worden ist, große Teile – ich sage es bewusst dazu, große Teile – der Parkometerabgabe, die Ortstaxe und ähnliche Dinge mehr. Wenn man das addiert, meine Damen und Herren, kommt man auf 1,1 Milliarden.

 

Und warum sage ich das jetzt? Weil die Frau Vizebürgermeisterin angeschnitten hat, wie toll die Wirtschaftsförderung in Wien ist. 2014, meine Damen und Herren, hat die Wiener Wirtschaft 54 Millionen EUR Wirtschaftsförderung aus diesem Topf zurückbekommen. Wenn das eine Förderung ist, meine Damen und Herren, die wirklich adäquat ist in einer Zeit, wo die Wirtschaft ganz einfach entfesselt werden soll, wo die Wirtschaft Impulse bekommen soll, dann muss ich sagen, das kann

 

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