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Gemeinderat, 68. Sitzung vom 29.06.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 51 von 140

 

einen Antrag vorbereitet, den ich jetzt einbringen darf, für einen Konvertierungsplan, und wir denken, dass stufenweise konvertiert werden sollte, in Teilvolumina binnen fünf Jahren. Man wird sehen, inwieweit sich der Herr Vorsitzende oder die GRÜNEN diesem unserem Antrag anschließen können. (Beifall von GR Dkfm Dr Fritz Aichinger.)

 

Die Frau Vizebürgermeisterin hat von einem Pfad der Konsolidierung gesprochen, den wir natürlich bei dieser Verschuldung nicht leicht sehen können, und von Wachstumsimpulsen, die zu sehen wir uns auch nicht sehr leicht tun, wenn die Wirtschaftsförderung geringer wird, und von einer Finanzkrise, die es unzweifelhaft gegeben hat. Heute, an diesem Tag geht es allerdings um die Staatsschuldenkrise, die das ganz große Problem in Europa ist. Und eine antizyklische Budgetpolitik kann ich halt leider Gottes bei der SPÖ oder jetzt auch bei SPÖ und GRÜNEN nicht wirklich feststellen, denn das Argument, dass man vor der Finanzkrise positiv budgetiert hätte und dass man Schulden abgetragen hätte, stimmt im Bereich des Magistrats; nicht richtig ist es allerdings, wenn man sich den Gesamtbereich der Stadt Wien anschaut, wenn man nämlich Wiener Wohnen auch dazurechnet. Da hatten wir hervorragende Jahre mit einer hervorragenden Konjunktur, wenn ich mir die Jahre 2005 bis 2007 ansehe, mit 2,5, 3,6 und 3,7 Prozent Wirtschaftswachstum, dennoch wurde der Gesamtschuldenbetrag einschließlich Wiener Wohnen erhöht: im Jahr 2005 auf 3 Milliarden, im Jahr 2006 auf 3,2 Milliarden und im Jahr 2007 auf 3,4 Milliarden EUR Schulden.

 

Diese Schulden sind natürlich noch bewältigbar, aber sie werden von Jahr zu Jahr ein größeres Problem. Das sagen uns natürlich alle Experten, das sagt uns der Hausverstand, das sagt uns der seinerzeitige Sektionschef Steger von der SPÖ. Und es ist eigentlich erfreulich, dass ich heute das Wort Kaputtsparen schon etwas weniger von der Frau Vizebürgermeisterin gehört habe, aber sie konnte nicht anders, einmal musste sie es noch verwenden. Und da ist sie natürlich nicht in guter Gesellschaft, denn ich entnehme einem Interview mit dem Herrn Tsipras, dass er möchte, dass die Bevölkerung nun ein Urteil spricht über die „erniedrigenden Austeritätsmaßnahmen“, die die Geldgeber verlangen. Und in einem Interview zwischen dem „Presse“-Redakteur Gerhard Hofer und Finanzminister Schelling wird auch auf diese Frage eingegangen, und da fragt der Fragesteller, der Journalist: „Es ist immer von Austerität die Rede, davon, dass Griechenland ‚kaputtgespart‘ werde - ein Ausdruck, der übrigens mitunter auch hierzulande zu hören ist. Geht es wirklich nur um Schulden?“ – Dazu Finanzminister Schelling: „Die Griechen müssten endlich zeigen, dass sie reformwillig sind. Es geht ja nicht um ein Sparprogramm, sondern um ein Reformprogramm.“

 

Und da muss ich sagen, das gilt natürlich auch für die Stadt Wien. Es geht darum, dass wir dort, wo Reformen notwendig sind, diese endlich einleiten. Wir warten schon sehr lange darauf. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Sie sagen, im Verhältnis zu den 82 Milliarden Bruttoregionalprodukt sind es ja nur 5 Prozent Schulden, die wir haben. Na ja, diese Berechnung anhand dieser Parameter stimmt schon. Rechnet man dann allerdings auch noch die Schulden dazu, die wir in den Unternehmungen und ausgelagerten Bereichen haben, dann werden es schon 10 Prozent. Und wenn man diesen Betrag dann in Relation setzt zu den 12 Milliarden Haushalt, zum Budget dieser Stadt, dann bin ich natürlich auf 80 Prozent, oder ich bin 10 Monate von 12 Monaten hintennach. Da würden wir also schon sehr, sehr lange brauchen, um mit einem erwirtschafteten Betrag diese Schulden rückführen zu können.

 

Das heißt, auch wenn wir natürlich in einer ganz anderen wirtschaftlichen Situation als Griechenland sind, sind diese Schulden alles andere als angenehm. Und wir sollten sehr danach trachten, dass dieser Schuldenberg nicht noch weiter anwächst, sondern dass wir ihn reduzieren können.

 

Ich würde jetzt auch ganz gerne ein bisschen in einen Dialog eintreten mit dem Herrn Vorsitzenden - das geht jetzt schwer, weil er da hinten auf dem Präsidium sitzt, aber ich würde ja nur ganz gern das zurückgeben, was er manchmal in unsere Richtung gibt, weil es eine Spur angenehmer ist, einer Debatte zu folgen, wenn man sich mit Empathie dem einen oder anderen in den Sitzreihen zuwendet. Aber, sehr geehrter Herr Kollege Margulies, es stimmt einfach nicht, dass die Einnahmen der Stadt zurückgegangen wären. Sie sind auch nicht zurückgegangen im Vergleich mit der Inflationsentwicklung, geschweige denn mit der Wirtschaftsentwicklung. Und selbst wenn ich diese 7 Prozentpunkte Bevölkerungswachstum in dieser Stadt dazurechne, komme ich nicht annähernd dorthin. Wir haben in dieser Stadt kein Einnahmenproblem, wir haben ein Ausgabenproblem! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Wenn wir notwendige Reformen nicht durchführen, dann können wir in diesen Sack oder in dieses Fass von oben hineinleeren, was wir wollen: Wenn die Löcher unten nicht geschlossen werden, dann wird es sich nie ausgehen, dann wird uns immer Geld fehlen, weil wir immer noch mehr Geld ausgeben.

 

Ich habe hier eine Tabelle, die die Ertragsanteile zeigt. Die Ertragsanteile sind ständig mehr geworden - mit einer einzigen Ausnahme: vom Jahr 2009 bis zum Jahr 2010 -, und auch bei den Landessteuern haben wir einen mehr oder weniger ständigen Anstieg. Es wachsen die Einnahmen in einem viel höheren Ausmaß als die Wirtschaft, und es wachsen die Einnahmen auch in einem viel höheren Ausmaß, als es der Inflation entsprechen würde.

 

Wir müssen effizienter werden! Wir müssen in der Verwaltung effizienter werden, und wir müssen diese Reformen in der Verwaltung einfordern. Die Politik muss sich mit den großen Themen beschäftigen und keine Scheinpolitik betreiben, sich nicht mit Ampelpärchen und singenden Kanaldeckeln und der Farbe der Radwege und Zebrastreifen beschäftigen, sondern die großen Themen - Wirtschaft, Bildung - angehen.

 

In der Verwaltung werden wir sicher effizienter werden, wenn es dort zu einer Entpolitisierung kommt. Dafür dürfen wir die Politik ruhig ein bisschen stärker politisieren.

 

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