Gemeinderat, 68. Sitzung vom 30.06.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 90
Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Wenn wir heute über Gesundheit und Soziales sprechen, dann kann man sagen, Frau Stadträtin, Sie sind mit Ihrer ganzen Gesundheitspolitik auf allen Linien gescheitert! (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.)
An und für sich hören Sie das sowieso jedes halbe Jahr, aber jetzt wird es natürlich immer gravierender, weil wenn man davon ausgeht, dass ein Streik angesagt ist, wo 93,45 Prozent der Spitalsärzte im KAV streikbereit sind, muss man eigentlich festhalten, Frau Stadträtin, und das werden Sie hoffentlich auch einsehen, dass genau die Leute, die die Gesundheitsversorgung der Stadt Wien aufrechterhalten, nicht mehr hinter Ihnen stehen, weder das Personal noch die Schwestern noch die Ärzte! Wenn man es sich einmal mit den Ärzten in Wien verscherzt, Frau Stadträtin, dann weiß ich nicht, wie Sie in Zukunft die Gesundheitsversorgung der Wiener und Wienerinnen aufrechterhalten wollen.
Ich werde Ihnen einige Punkte nennen, dass sie wieder einmal wissen, was alles in Ihrem Ressort in den letzten Jahren oder vielleicht Monaten - das wird reichen - passiert ist.
Zum Beispiel bei den Ärzten: Ab morgen, 1. Juli, tritt die neue Arbeitszeitregelung für Ärzte in Kraft. Frau Stadträtin, Sie haben, das habe ich schon mehrmals wiederholt, zehn Jahre dafür Zeit gehabt. Sie hätten seit mindestens zehn Jahren die Arbeitszeit um eine Stunde reduzieren können. Dann hätten Sie gesehen, woran es hakt, wo wir mehr Ärzte brauchen, wo man vielleicht Personal, Pfleger, Schwestern oder auch Ärzte, woanders hingeben könnte. Sie haben natürlich nichts gemacht. Das Einzige, was ich von Ihnen vernommen habe, war, Sie haben nicht gewusst, dass man das sofort umsetzen will. Ein Parteikollege von Ihnen hat das nämlich gesagt, dass das jetzt umgesetzt wird. Dass man einfach sagt, man hat nicht gewusst, dass man das abrupt umsetzt, Frau Stadträtin, zeigt wieder einmal, wie entfernt Sie sich von Ihrer Gesundheitspolitik haben. Zum Beispiel muss man sagen, bei den Ärzten wird ab 1. Juli, also ab morgen, in den anderen Bundesländern Personal aufgestockt, weil die Arbeitszeit verkürzt wird. Das heißt, in anderen Bundesländern sind Ärzte aufgenommen worden. Sogar in Wien hat man es Ihnen vorgezeigt, nämlich bei den Krankenhäusern der Barmherzigen Brüder und bei den Ordensspitälern wurden Ärzte aufgestockt. Sie, Frau Stadträtin, sagen jetzt, es werden noch 382 Dienstposten bei den Ärzten gestrichen, also weniger! Mir ist es ein Rätsel, wie Sie das in Zukunft überhaupt handhaben wollen.
Ich will Ihnen auch einige Beispiele dafür geben, was schon in den letzten Jahren kritisiert worden ist und Sie immer bestritten haben:
Das sind zum Beispiel die Gangbetten. Jetzt, Frau Stadträtin, haben die Ärzte selbst eine Liste der Gangbetten in Wien erstellt. Ich werde es Ihnen noch einmal ins Gewissen rufen, damit Sie sehen, wo heute überall Gangbetten sind: AKH: Unfallabteilung; Wilhelminenspital: Unfallabteilung, Interne Abteilung; Donauspital – SMZ-Ost: Unfallabteilung, Interne Abteilung, Chirurgie, Neurologie; Kaiser-Franz-Josef-Spital: Interne Abteilung; Rudolfstiftung: Interne Abteilung; Hietzing: Interne Abteilung; Floridsdorf: Chirurgie. Frau Stadträtin, das hat man Ihnen jetzt einmal vorgeworfen. Was haben Sie darauf gesagt? Ich weiß gar nicht, was man dazu sagen soll. Sie haben von sinnvollen Gangbetten gesprochen! Frau Stadträtin, genieren Sie sich nicht, wenn dort wochenlang oder tagelang jemand am Gang liegt, hunderte Leute vorbeigehen und Sie dann von sinnvollen Gangbetten sprechen? (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.)
Zum Beispiel auch bei den Wartezeiten, Frau Stadträtin: Ich will Ihnen das nicht alles einzeln aufzeigen, Sie wissen es wahrscheinlich besser als ich. Kniegelenks-OP: Wartezeiten bis zu 14 Monaten. Sie haben versprochen, es wird schnell operiert, man kommt schnell dran, dort dauert es nicht mehr lange. Aber bis jetzt 14 Monate, Frau Stadträtin!
Wilhelminenspital, Dienstradbesetzung ab Juli: Sechs Dienste sind schon problematisch zu besetzen. Diese können gar nicht mehr besetzt werden. Wenn jetzt ein weiterer Arzt das Spital verlässt, krank wird oder in Urlaub geht, bricht Ihnen dort der ganze Betrieb zusammen. Sie können keine Diensträder mehr besetzen. Und Sie sprechen davon, Sie haben genug Personal! Ich weiß nicht, sind Sie so weit von Ihren Ärzten, von Ihren Spitälern entfernt, dass Sie gar nicht mehr wissen, was in Wien in der Gesundheit und im Sozialen los ist?
Dann wollen Sie im Juli auf die Turnusärzte zurückgreifen. Frau Stadträtin, jeder sagt Ihnen, es gibt keine Turnusärzte mehr. Wir haben sie nicht mehr. Seit Jahren sind die Listen leer. Früher waren sie voll, jetzt sind sie leer. Es will einfach niemand mehr.
Oder Semmelweis-Kinderklinik: Ab 1. Juli, also ab morgen, wird das Kinderarzt-Nachtdienstrad eingespart. Das gibt es dort nicht mehr. Wie stellen Sie sich das vor, Frau Stadträtin? Sie sollen die Gesundheitsversorgung für Wien garantieren! Sie sollten sich eigentlich dafür genieren, dass Sie das nicht mehr können! (Beifall bei der FPÖ.)
Was passiert jetzt? Ihre große Lösung sind die Primärversorgungszentren. Das schaut einmal sehr gut aus. Zur Lösung der Überlastungspolitik in den Ambulanzen haben Sie jetzt zwei Primärversorgungszentren geschaffen. Das eine ist auf der Mariahilfer Straße. Dort sind drei Ärzte, ein Psychotherapeut, ein Sozialarbeiter. 50 Stunden sollen sie offen haben. Subventioniert werden sie auch noch dazu mit 270 000 EUR. Was passiert? Gehen Sie dort hin! Lächerlich, welchen Zulauf Sie dort haben! (GRin Dr Jennifer Kickert: 200 PatientInnen am ersten Tag!) Das Zweite: Sie wollen das SMZ-Ost entlasten. Frau Stadträtin, dort machen Sie auch ein Primärversorgungszentrum. Das Riesenproblem dort ist, Sie haben das drei Mal ausgeschrieben und es meldet sich einfach niemand. Es gibt keine drei Ärzte, die sich das antun wollen, was Sie als große Lösung preisen! Es gibt dort bis heute keinen Bewerber. Drei Mal ausgeschrieben, 270 000 EUR Subvention dazu und noch immer will es niemand haben! Das ist der große Wurf der Sozial
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