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Gemeinderat, 68. Sitzung vom 30.06.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 63 von 90

 

erste Schritte gesetzt werden –, durchaus schwer haben, im normalen geförderten Wohnbau Wohnungen zu bekommen, weil die Grundstückskosten und weil auch manche Höhen der Mieten es ihnen nicht leicht machen, dort hineinzukommen.

 

Nur dass wir ein Gefühl bekommen von Einkommensverhältnissen. Das Jahresnettomedianeinkommen – das war mir wichtig, denn das Medianeinkommen sagt ein bisschen mehr aus; das Durchschnittseinkommen auch, weil beim Durchschnitt ein paar Millionäre dabei sind, und das zieht den Durchschnitt sofort in die Höhe –, das Medianeinkommen besagt, die Hälfte verdient weniger, die Hälfte verdient mehr. Das Jahresnettomedianeinkommen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern liegt bei 18 000 EUR im Jahr. 18 000 EUR heißt, 1 100 EUR netto im Monat in etwa. Die Hälfte verdient weniger, und jene im untersten Einkommensdrittel … (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Das kann man nicht vergleichen.) Das ist das Statistische Zentralamt, Herr Kollege. (Neuerlicher Zwischenruf von GR Dr Kurt Stürzenbecher.) Ja, den 13. uns 14. habe ich dazugenommen. Es ist auch egal, ob es jetzt 1 150 oder 1 050 sind, ich will nur sagen, ziemlich viele Leute müssen mit sehr wenig Geld auskommen.

 

Eine Zahl, die ich auch nicht wusste: Wie viele von jenen, die in Beschäftigung stehen, die jedes Jahr sozusagen Steuer zahlen, die irgendwo angestellt sind, sind das ganze Jahr beschäftigt? Es sind 70 Prozent. 30 Prozent über irgendeinem Rahmen, Saisonarbeitskräfte, wie auch immer, können nicht damit rechnen, ein ganzes Jahr Einkommen zu bekommen. Warum sage ich das? Das sage ich in einer Zeit – und das hat mit Wien nichts zu tun, das hat mit einer globalen Entwicklung zu tun –, wo in der Tat auch Wien es nicht leicht hat, sich dagegenzustemmen. Aber das weiß ich speziell von der Sozialdemokratie, dass sie das unbedingt möchte, dass die Einkommen und insbesondere die Vermögen nicht auseinandergehen. Das heißt, dass jene, die mit 700, 800, 900 EUR im Monat auskommen, es schwer haben, es gibt aber auch Ausnahmen, lobenswerte Ausnahmen, eine günstige Wohnung zu bekommen.

 

Jetzt gibt es eine große Transformation. Vor 20 Jahren war es noch so, da gab es den 15. Bezirk, den 20. Bezirk, den 16. Bezirk, den 17. Bezirk, wo man sozusagen im Althausbestand günstige Wohnungen bekommen hat. Viele kennen es aus ihrer eigenen Geschichte. Wenn man nach Wien gekommen ist und eine günstige Wohnung gesucht hat, hat man in diesen Bezirken etwas bekommen. Das ist im Zuge der Sanierungen, die sehr viele positive Auswirkungen haben, schwieriger, sehr viel schwieriger geworden, denn da wird eine Form der Wohnungssanierung betrieben, die ich sehr, sehr kritisch sehe, wo wir aber nicht wirklich gute Möglichkeiten haben einzugreifen, die Parifizierung des privaten Wohnhausbestandes, wo sozusagen im Eigentum abverkauft wird und dieses günstige Segment immer mehr im privaten Wohnungsbestand verschwindet. Es bleibt der soziale Wohnbau und es bleibt der Genossenschaftsbau.

 

Hier, meine ich, sollten wir intensiv nicht nur darüber nachdenken, sondern Voraussetzungen schaffen, dass es für diese Einkommensgruppe spezielle Angebote gibt. Und manchmal haben sozusagen Einzelfälle, die auch ein bisschen skandalisiert werden, den Vorteil, dass man darüber nachdenken kann, dass sie auf ein Problem hinweisen, was ich wichtig finde, und gerade, weil ich meine, dass der Herr Muchitsch, der ja durch die Medien gegangen ist, sich sehr korrekt verhalten hat, und zwar insofern, als er sofort nach der Diskussion gesagt hat, er zieht die Konsequenz. Ich habe das auch öffentlich gesagt, andere sagen, na hallo, ich habe ja nichts getan, was rechtswidrig ist. Stimmt! Trotzdem stellt er einen Fehler fest und hat sofort die Wohnung zurückgegeben. Ich bin – das sage ich jetzt ohne jeden Zynismus, was nicht leicht ist, weil man mir immer Zynismus unterstellt, ich sage das ganz ehrlich – dem Herrn Muchitsch dankbar – und das ist mein Beitrag in dem Kontext –, weil er den Blick auf etwas lenkt, was nicht die Aufmerksamkeit in der Wohnbaudebatte hat, die es haben sollte, nämlich auf die Frage: Sind die abgeschriebenen Genossenschaftswohnungen, die das billigste Wohnsegment in unserer Stadt darstellen – ich spare mir jetzt zu sagen, warum –, wirklich ein ganz normaler, freifinanzierter Wohnbau, der wie freifinanziert vergeben werden soll? Rechtlich eher ja, aus meiner Sicht politisch nein.

 

Ich glaube, angesichts der von mir beschriebenen Einkommenssituation sollten wir intensiv darüber nachdenken – und das ist ein Ausblick auf eine nächste Legislaturperiode –, dass wir zu Übereinkommen kommen. Jetzt könnte ich mich sozusagen auf den Bund ausreden und sagen, der Bund soll das WGG verschärfen. Angesichts der Stagnation von Rot und Schwarz im Bund glaube ich an das nicht. Da können wir zum 96. Mal sagen, das Mietrecht muss auch verändert werden. Ja, unbedingt, ich glaube aber nicht daran. Trotz alldem können wir im eigenen Wirkungsbereich etwas tun.

 

Es sind ja eine Reihe der gemeinnützigen Genossenschaften durchaus stadtnahe – da erachte ich uns Grüne insofern als privilegiert, weil wir in der glücklichen Situation sind, keinen grünnahen Wohnbauträger zu haben und den auch nicht bedienen zu müssen; das ist ein Maß an Freiheit, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie angenehm das ist –, und da kann man sich einfach anschauen, was die besten Angebote sind. Und ob der jetzt als Schwarz gilt oder als Rot gilt oder als unabhängig gilt, soll sein – wer immer dort in den Aufsichtsräten sitzt –, man kann aber mit den Menschen und mit diesen Organisationen darüber reden und zu Übereinkommen kommen, die folgendes Ziel haben: Das günstigste Segment des Wiener Wohnbaus, das sind abgeschriebene geförderte Genossenschaftswohnungen, die zu Tausenden vorhanden sind – die genaue Zahl ist nicht bekannt, es wäre aber interessant, das zu erheben, das sind Tausende –, sollen auch speziell zu einem bestimmten Prozentsatz besonders jenen zu Gute kommen, die nie sonst eine Chance hätten, mit einem Quadratmeterpreis von 4 EUR oder 5 EUR zu einer 40-, 50-, 60-m²-Wohnung zu kommen.

 

Jetzt füge ich etwas Wesentliches hinzu: Nein, nicht ausschließlich. Da hat der Herr Stadtrat recht und da haben alle jene recht, die das anders sehen. Da merkt

 

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