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Gemeinderat, 68. Sitzung vom 30.06.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 65 von 90

 

dung in eine ökonomisch ganz schwierige Situation kommen, wie auch immer, die arbeitslos werden und dann eben nicht – völlig falsche Vorstellung – in der Hängematte die Mindestsicherung beziehen, sondern echte Schwierigkeiten haben, ihr Leben zu finanzieren, vielleicht auch nicht das Geschick haben, sich am Wohnungsmarkt so elegant zu bewegen. Und da müssen wir sagen, nein, speziell für die ist der soziale Wohnbau da, ohne – und jetzt schränke ich das wieder ein – ganze Bauten einer bestimmten Bevölkerungsgruppe zu überantworten.

 

Das ist der Punkt, über den wir, denke ich, sehr intensiv reden müssen. Und wenn ich mir anhöre und einmal die Polemik von allen Parteien wegstreiche, glaube ich, dass es da etwas gibt, wofür eine gemeinsame Meinung zu finden wäre. – Das ist der eine Punkt.

 

Der zweite große Punkt heißt jetzt Bilanz – das mache ich nur ganz kurz –, aber auch Ausblick. Das ist – und das verdanken wir unseren Großvätern, Großmüttern, politischen Urgroßvätern –, dass der mit Abstand größte Grundeigentümer in Wien die Stadt ist. Jetzt kann man nicht alles zusammenzählen, denn der Prater gehört natürlich dazu und der Wienerwald, der nicht für die Bebauung steht, aber sehr viele Flächen bei sehr vielen Abteilungen sind da. Da gibt es – das schauen wir uns auch über die Widmung an – beträchtliche Potenziale. Es gibt im Bereich des Gemeindebaus Nachverdichtungspotenziale, die politisch nicht leicht zu heben sind; das sei vielleicht jetzt auch Richtung Sozialdemokratie gesagt. Nein, niemand, der eine Wohnung hat, freut sich automatisch und sagt, super, in meiner Nachbarschaft wird etwas dazugebaut, bravo, danke, Stadtregierung! Diese Zeiten sind vorbei. Aber ich glaube, dass man speziell dort, wo die Stadt Liegenschaftseigentum hat, den Menschen sagen kann – wir tun das im Übrigen dauernd; ich hole mir dafür auch viele Watschen ab im Bürgerversammlungen, ich mache es trotzdem sehr gerne, sonst stünde ich ja nicht da, kein Mensch zwingt uns dazu –, es gibt auch so etwas wie ein Allgemeininteresse. Hier haben wir städtischen Grund und Boden, das ist ein Genossenschaftsbau, das ist auch ein Gemeindebau, der zu einer Zeit errichtet wurde, wo Wien geschrumpft ist. Dort gibt es die Möglichkeit der Aufstockung, der Ergänzung, auch einen Parkplatz zu bauen, und auch von euch Mieterinnen und Mietern erwarten wir ein gewisses Verständnis für das Allgemeininteresse.

 

Was ich nur sagen will: Hier gibt es beträchtliche Potenziale mit Grundstückskosten null, aber, wenn man so will, gewissen politischen Kosten. Da muss man einfach die Courage haben und sich hinstellen und sagen, auch wenn sich manche aufregen, es tut uns leid, wir diskutieren mit euch, wir führen auch eine BürgerInnenbeteiligung durch, wir schauen, wie wir dort die Situation verbessern können, aber so wie jetzt viele im Gemeindebau eine Wohnung haben, wollen wir und müssen wir auch weitere Wohnungen schaffen zu günstigen Kosten.

 

Ich glaube, dieser Switch, der in dieser Regierung passiert ist, dass wir nicht einfach so Flächen verkaufen, sondern zunehmend und im überwiegenden Ausmaß Richtung Baurecht das Eigentum an Grund und Boden bei der Stadt belassen, ist eine sehr wichtige Entwicklung, die wir weiter vorantreiben sollten.

 

Zusammengefasst: Wien hat eine unglaubliche Tradition, und da hat wirklich die Sozialdemokratie historisch ganz, ganz Großes geleistet. Wer das in Frage stellen will, ist wirklich am falschen Planeten. Aber jedes Erbe muss man auch in die Zukunft transportieren. Der Anteil – das weiß der Herr Stadtrat, das weiß der Herr Stürzenbecher – des geförderten Wohnbaus in Prozent geht zurück. Vor 10 Jahren waren es 80, 85 Prozent, jetzt sind es 65, 60 Prozent. Angesichts eines wirklich rabiaten Bodenmarktes – ich kann das nicht anders sagen –, wo der Marktpreis oft schon beim Zehnfachen dessen ist, was der geförderte Wohnbau an Bodenpreisen akzeptiert, müssen wir uns bodenpolitisch etwas überlegen, sozusagen eine Urfrage, die die damaligen Sozialisten – damals waren sie ja noch keine Sozialdemokraten – als wesentliche Frage gestellt haben. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Damals waren es Sozialdemokraten!) Ich habe das jetzt auch ohne Unterton gesagt, es waren Sozialdemokraten. Wie war das Gesetz? Das weißt du besser, Herr Gemeinderat. Unter Kreisky – ich weiß nicht, wann die Sozialisten Sozialdemokraten geworden sind; 1973? (Zwischenruf von GR Dr Kurt Stürzenbecher.) nein, ist ja okay –, also unter dem sozialistischen Bundeskanzler Kreisky wurde das Bodenbeschaffungsgesetz gemacht, wo ich gemeint habe, das sollten wir uns nicht nur anschauen, sondern da sollten wir ernsthaft ins Auge fassen, dass dort, wo Wohnungsknappheit besteht, die Stadt ein Vorkaufsrecht hat und dann, wenn die Bodenpreise überhöht sind, sie sozusagen auch gerichtlich auf einen bestimmten Preis festsetzen lässt.

 

Dahinter steht die prinzipielle Frage, die wir für uns Grüne eindeutig beantwortet haben: Sind Grund und Boden in einer wachsenden Stadt genauso eine Ware wie das Mikro oder mein Sakko, das ich gerade anhabe? Nein, ich beantworte das so: Es ist ein Unterschied zwischen Grund und Boden und meinem Sakko. Wenn der Preis für mein Sakko steigt, gibt es mehrere Produzenten, die das herstellen, wenn der Preis für Grund und Boden in der Stadt steigt, gibt es niemanden, der weiteren Boden herstellen kann. Deswegen gibt es eine Aufgabe, das öffentlich zu machen. Ich habe es schon einmal hier gesagt, in kaum einer Frage stehe ich so weit links wie in der Frage des Grund und Bodens, und da kann ich mich auf sehr viele Ökonomen berufen, die einfach sagen, hier haben wir ein Marktversagen.

 

Erst neulich – ich spare es mir, die Adresse zu sagen – wurde ein gewidmetes Grundstück innerhalb des Gürtels von einem Bauträger erworben, im Rahmen der Widmung werden einige Wohnungen angeboten. Wissen Sie, was der pro Quadratmeter Boden gezahlt hat? Die Grenze des förderbaren – ich weiß es von ihm selber, ich nenne jetzt weder den Bezirk noch den Bauträger, das mache ich nicht, aber ist ja auch egal – die Grenze des geförderten Wohnbaues ist plus/minus 250 EUR pro Quadratmeter. Manchmal drücken wir die Augen zu und akzeptieren 270. Was hat der gezahlt? Hat er 1 000 EUR gezahlt? Nein. Hat er 1 500 gezahlt? Nein. Hat er 2 000 gezahlt? Nein. Er hat 3 000 EUR gezahlt! Das heißt, er

 

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