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Gemeinderat, 69. Sitzung vom 01.07.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 27 von 94

 

Die gesundheitliche Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche hat Kollegin Korosec auch angesprochen. Das ist ganz wichtig, vor allem auch deswegen wichtig, weil damit auch die Basis für die Erreichung anderer Ziele in Zukunft erhöht wird, zum Beispiel, die Gesundheitskompetenz aller WienerInnen zu stärken. Gerade in diesem Bereich gibt es jetzt umfangreiche Vorschläge für Maßnahmen. Einige dieser Maßnahmen gibt es schon in Form von Pilotprojekten. Wenn ich jetzt sage, ein wichtiges Ziel innerhalb dieses Bereichs Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche in der Gesundheit ist das Ziel, die Anzahl der bis zu sechsjährigen Kinder, die Karies haben, zu reduzieren, dann gibt es einige Evidenzen, wie das gemacht werden kann. Es gibt einige Pilotprojekte im kleinen Bereich, zum Beispiel im 15. Bezirk – aber das ist wesentlich. Es klingt, als wäre es einfach, aber dieses Ziel zu erreichen, ist wesentlich, nicht nur für die Gesundheit der betroffenen Kinder und Jugendlichen, sondern auch für ihre gesamte zukünftige Gesundheitsentwicklung. Denn es geht nicht nur darum, ob die Zähne schlecht oder gut sind, sondern es geht tatsächlich darum, dass das ein Maß dafür ist, wie die gesamte gesundheitliche Konstitution der betreffenden Person auch in Zukunft sein wird. – Ich sage damit nur, wie viel Detail und wie viele Folgewirkungen in so einem Satz stecken.

 

Ein zweiter Indikator in diesem Bereich wäre zum Beispiel bei den älteren Kindern, dass alle 11- bis 15-Jährigen 5 Mal pro Woche zumindest eine Stunde körperlich aktiv sind. Das klingt einfach, klingt nach nicht viel, aber wenn wir das erreichen könnten, wäre das ein Quantensprung, dann wären wir innerhalb von zehn Jahren einen Quantensprung weiter. Und es zeigt auch, wie komplex diese Ziele sind, weil sie ja auf sehr, sehr viele andere Bereiche zugreifen. Da sind die Schule, das Elternhaus, der Kindergarten, die Freizeit betroffen, es müssen quasi die gesamten Bereiche, die eine menschliche Gesellschaft ausmachen, mitspielen, damit dieses Gesundheitsziel erreicht werden kann – also sagenhaft anspruchsvoll und eine große Herausforderung. Aber ich finde, Ziele sollte man sich sowieso immer so setzen, dass sie herausfordernd sind.

 

Jetzt ein kurzer Exkurs weg von den Gesundheitszielen, da ich eigentlich eingangs sagen wollte, warum die Frau Stadträtin (die kurz zuvor den Sitzungssaal betreten hat) aus meiner Sicht zu Beginn der Diskussion nicht anwesend war. Ich nehme an, sie hat an dem weitergearbeitet, was heute in der Fragestunde angedeutet worden ist, nämlich wie wir bei der Reform der Dienstzeiten und der Gehälter der Ärztinnen und Ärzte weiterkommen. Vielleicht hat sie auch die Möglichkeit, uns kurz darüber zu informieren. Wenn nicht, werden wir es auf andere Weise erfahren, aber jedenfalls bin ich froh, dass sie jetzt an der Diskussion teilnehmen kann.

 

Ein weiteres Ziel, das auf eine andere Art und Weise so anspruchsvoll ist, wie dasjenige, das ich gerade genannt habe, ist es, die integrierte Versorgung zu etablieren. Das schließt an dem an, was ich eingangs gesagt habe, dass nämlich diese Ziele auch dazu da sind, die Strukturen zu verändern. Gerade an der Überschrift „Integrierte Versorgung etablieren“ hängt quasi das gesamte Gesundheitssystem dran. Da geht es wirklich darum, die Zusammenarbeit dieser einzelnen Sektoren zu verstärken, die Zusammenarbeit quasi auf neue Beine zu stellen, zu schauen – und das wissen wir ja, dass es so ist –, die Überversorgungen auf der einen Seite, die Unterversorgungen auf der anderen Seite, oder vielleicht Fehlversorgungen, die es auch noch gibt, inklusive Parallelstrukturen zu verändern. Das heißt, die Parallelstrukturen abzubauen, Überversorgungen selbstverständlich auch abzubauen und die Unterversorgungen dort zu verhindern, wo sie sein sollten. Das ist auch eine – wir haben es jetzt für ein Jahrzehnt aufgebaut – Jahrzehntaufgabe, ich hätte jetzt fast gesagt, eine Jahrhundertaufgabe, die wir vor haben, in zehn Jahren zu absolvieren. Das wird nicht ohne Unterstützung aller Player im Gesundheitsbereich gehen – der Sozialversicherung, der Krankenversicherung, der Gesundheitspolitik, der Ärzte und Ärztinnen und ihrer VertreterInnen, ApothekerInnen vielleicht auch noch. Ohne deren Unterstützung wird dieses Ziel in den nächsten Jahren nicht zu erreichen sein.

 

Daran schließe ich auch gleich meinen Appell an, dass die Gesundheitsziele nicht nur ein ehrgeiziges Werk auf Papier gedruckt bleiben sollten, sondern auch tatsächlich eine Herausforderung für alle sind. Das, was ich aus den Gesprächen über den Prozess weiß, ist, dass zumindest die 27 teilnehmenden Institutionen sehr wohl committed sind, ihren Beitrag zur Erreichung dieser Ziele zu leisten. Und das stimmt mich durchaus optimistisch.

 

Ein anderes Ziel ist auch wichtig, ganz wesentlich, die Kollegin Korosec hat es auch genannt, nämlich die Prävention und Früherkennung beziehungsweise die Optimierung von Behandlungsabläufen bei – in der Überschrift heißt es so wunderbar – „epidemiologisch relevanten Krankheiten“, das sind Herz-Kreislauf-Krankheiten, das sind – wieder ein Fachwort – neurodegenerative Erkrankungen, also Erkrankungen wie Alzheimer, Demenz, Parkinson oder – das kennen wir alle von der Bucket Challenge über Facebook – der amyotrophen Lateralsklerose, also Krankheiten, die mit Veränderungen des Gehirns zu tun haben und meistens langsam fortschreitend sind. Bei diesen chronischen Erkrankungen die Behandlungsabläufe zu optimieren, bedeutet wieder einen Eingriff in die bestehenden Strukturen, denn da ist es wieder ganz wichtig, dass die unterschiedlichen Sektoren gut aufeinander abgestimmt arbeiten. Und die Früherkennung und die Prävention legen den Fokus schon darauf, den Beginn einer Erkrankung mitzubekommen und die Behandlungsabläufe daran anzupassen und zu individualisieren.

 

Viele in diesem Kapitel angeführten Erkrankungen – abgesehen von den gerade aufgezählten neurodegenerativen Erkrankungen – sind ja sogenannte Lebensstilerkrankungen, solche, die man über Früherkennung oder sogar über Prävention so angehen könnte, dass sie nicht einmal ausbrechen. Also gerade bei den sogenannten Lebensstilerkrankungen ist das ein ganz, ganz wesentlicher Punkt.

 

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