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Gemeinderat, 69. Sitzung vom 01.07.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 94

 

Dort braucht man zum Beispiel auch DiätberaterInnen, die die entsprechende Schulung durchführen können – da muss der Patient nicht insulinpflichtig sein. Da braucht der Patient die Schulung dazu, wie er sich ernähren soll, wie er anders kochen kann. All dies braucht man, und da wäre so ein Primary Healthcare Center das ideale Instrument und das ideale Setting.

 

Dann müssen die armen Leute nicht zuerst in die Ambulanz A im Krankenhaus A zu gehen und dann wegen etwas anderem – nämlich wegen hohem Blutdruck, obwohl das eigentlich zum Diabetes dazugehört – in ein anderes Spital in die Ambulanz B; und dann gehen sie vielleicht noch ins dritte Spital in die Augenambulanz und dann vielleicht noch in die Gefäßambulanz ins vierte Spital.

 

Oft wundert es mich, dass die Patientinnen und Patienten überhaupt noch irgendwas anderes machen können, außer sich irgendwo zu Kontrolluntersuchungen anzumelden und diese Dinge dann zu absolvieren. Das ist teilweise ein regelrechter Tourismus durch das Gesundheitswesen. Daher ist die Errichtung von Primary Healthcare Centers ein gutes Ziel. Wir tun auch schon einiges in diese Richtung.

 

Über das Beispiel Schlaganfall habe ich schon gesagt: Es ist meiner Meinung nach nicht notwendig, dass sich die Fachgesellschaften von der Neurologie und der Inneren Medizin gegenseitig versichern, dass der Schlaganfall da und dort besser behandelt wird, nämlich immer im eigenen Fach. Das ist lächerlich. In Wirklichkeit brauchen wir eine Schlaganfallversorgung so, wie es jetzt ist, jeder Schlaganfall gehört prinzipiell in die neurologische Intensivstation. Da erfolgt die Abklärung, ob eine Lyse-Therapie möglich ist, und dann erfolgt die Frührehabilitation.

 

Dazu braucht man das neurologische Fachpersonal. Dann braucht man aber in der Folge auch die Internisten, denn die Ursache des Schlaganfalls ist meistens das Vorhofflimmern, und das Vorhofflimmern kann man dann nicht vernachlässigen. Davon haben aber die Neurologen keine Ahnung und das muss internistisch eingestellt werden. Das heißt, wir müssen fachübergreifend zusammenarbeiten.

 

Das muss geschehen und durch die Umstrukturierung im KAV haben wir jetzt die Chance, das umzusetzen. Da kann man keine Rücksicht nehmen auf irgendwelche Eitelkeiten von irgendwelchen lang etablierten, tollen Einzelpersonen, die sich selbst im Spiegel betrachten und vor Begeisterung nicht mehr einkriegen können. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN sowie von GRin Ingrid Korosec.)

 

Beträgt meine Redezeit nur mehr drei Minuten? Na servus! – Gesundheitsziel Gesundheitskompetenz der Wiener Bevölkerung stärken: Gesundheitskompetenz bedeutet, sich im Gesundheitswesen zurechtzufinden, sich Informationen zu beschaffen und sie zur Gesunderhaltung, zur Krankheitsprävention und zur Krankheitsbewältigung zu nutzen; denn leider gibt es auch viele Krankheiten, die nicht von einem Tag auf den anderen geheilt werden können.

 

Wir wissen, dass das auch eine Bildungsfrage ist. Auch da sind sozial benachteiligte Menschen im Nachteil, aber wir wissen, dass auch junge und alte Menschen in der Gesundheitskompetenz Defizite aufweisen. Da müssen wir einiges an Bewusstseinsarbeit, aber auch an strukturellen Veränderungen tun; dass zum Beispiel das Aufklärungsgespräch bei den niedergelassenen Ärzten vielleicht besser entlohnt wird. Dann muss das Gespräch aber auch überprüfbar geführt werden, sodass der Patient oder die Patientin verständlich erfährt, worum es geht. Denn wenn man weiß, was im eigenen Körper passiert, kann man damit besser umgehen, und das dient der Gesundwerdung.

 

Deswegen muss man in die Richtung gehen, dass weniger forensische Formulare ausfüllt werden, in denen steht, was alles passieren kann, wenn man in die Nase schaut – dass man dabei im Extremfall sogar sterben kann –, und stattdessen mehr ordentliche Aufklärungsgespräche erfolgen; weg von dieser forensischen Medizin, wo sich alle absichern, damit auf jeden Fall niemand schuld ist, wenn irgendetwas passiert, wenn beispielsweise jemand beim Rausgehen stolpert. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Zum Thema Verbesserung von Informationsstrukturen im Gesundheitswesen möchte ich sagen, wir haben im 15. Bezirk – auch das ist ein Ausfluss der Gesundheitskonferenz – eine Gesundheitsbroschüre verfasst, wo wir alle gesundheitsrelevanten Einrichtungen im Bezirk und Umgebung dargestellt haben, wo man einfach nur hineinschauen muss und dann draufkommt, wie viel es eigentlich gibt, wo man sich in verschiedensten Situationen hinwenden kann.

 

Prävention, Früherkennung und Behandlungsabläufe bei epidemiologisch relevanten Krankheiten gezielt optimieren: Herzinfarkt, Krebs, Schlaganfall und die chronisch obstruktive Lungenerkrankung sind die häufigsten Todesursachen. Bei dieser Lungenerkrankung weiß man, dass die Ursachen das Rauchen und der Feinstaub sind, nämlich der Feinstaub zum kleinen Teil und das Rauchen zum großen.

 

Man weiß auch, das war eine Frage bei meiner Facharztprüfung: Die einzige Möglichkeit, das Fortschreiten der COPD, also dieser chronisch obstruktiven Lungenerkrankung, ist das Aufhören des Rauchens. Das ist die einzige und wirksamste Maßnahme. Die Medikamente sind Symptombekämpfung, aber nicht ursächlich ein Fortschreiten verhindernd, das ist ganz, ganz wichtig. Deswegen mein Appell: Ich bitte, bei der Verteidigung des Rauchens ein bisschen zurückzuschalten, vor allem die, die im Gesundheitswesen beziehungsweise in der Gesundheitspolitik tätig sind – fürchterlich!

 

Nur bei 50 Prozent der an COPD Erkrankten wird die Krankheit auch diagnostiziert. Das ist eine Herausforderung, wir müssen diese Krankheit auch bei den anderen 50 Prozent früh erkennen und darauf einwirken, dass das Rauchen aufgegeben wird, weil das nämlich für die Prognose dieses Menschen essenziell wichtig ist. Daher ist es sinnvoll, dass man, dass wir in diese Richtung gehen.

 

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