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Gemeinderat, 69. Sitzung vom 01.07.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 48 von 94

 

falschen Stadtentwicklungspolitik. Man schafft gesamte Stadtteile mitten im Nichts ohne die hierfür erforderliche soziale und technische Infrastruktur, ohne Schulen, ohne Kindergärten. Das Areal in Kaisermühlen, wo in Zukunft die Danube Flats entstehen sollen, ist bereits ein Gebiet, wo es mehrere Hochhäuser gibt. Der Standort eignet sich daher zu Recht für den Bau eines Hochhauses, weil er sich in einer Hochhauszone befindet. In der gesamten Donau-City stehen Hochhäuser. Und ich erinnere daran, dass damals, wie der Harry-Seidler-Turm im Jahr 2002 entstanden ist, im ursprünglichen Entwurf, das haben viele mittlerweile vergessen, sogar ein zweiter Turm vorgesehen war. Ich habe viele Stellungnehmen zu diesem Plandokument durchgelesen. Es sind Stellungnahmen mit vielen verschiedenen Argumenten. Es gibt aber auch Stellungnahmen, die keinen Einwand gegen den Bau dieses Hochhauses haben. Es gibt welche, die Einwände vorbringen. Aber viele, viele Stellungnahmen drehen sich auch um die Reduktion der Stellplatzverpflichtung und die Angst, es könnte zu wenige Stellplätze geben. Diese Sorge ist in der Tat auch ernst zu nehmen. Aber so zu tun, als ob alle Anrainer und Anrainerinnen Kaisermühlens gegen den Bau des Hochhauses wären, stimmt einfach nicht und spiegelt nicht die Meinung der Kaisermühlner Bevölkerung wider. Selbst, und das sage ich jetzt auch so offen, die Proponenten der Bürgerinitiative, und das ist ja kein Geheimnis, das haben Sie auch selbst wieder gesagt, deshalb erlaube ich mir, das zu sagen, wohnen ja auch im Harry-Seidler-Turm, der 2002 errichtet wurde. Dieses Hochhaus, als es errichtet wurde, hat damals den Bewohnern und Bewohnerinnen des Marshallhofs zu einem wesentlichen Teil die Sicht genommen. Es gab damals auch Beschwerden von Seiten der Anrainer und Anrainerinnen. Aber hätten wir damals auf alle Beschwerden Rücksicht genommen, würde heute der Harry-Seidler-Turm, der weltberühmt ist, dort nicht stehen.

 

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil immer die Rede davon ist, dass wir bei dieser Flächenwidmung eine Abkehr von den städtebaulichen Zielen vollzogen haben und damals nach der Errichtung dieses Turms das Ziel doch war, die bestehenden Strukturen und bereits umgesetzten Ziele zu erhalten - daraus aber allerdings abzuleiten, dass sich die Stadt Wien einen Baustopp auferlegt hätte, ist eine Interpretation, die ich so nicht teilen kann.

 

Die Stadt verändert sich rasant. Wir sehen es auch an den Zahlen des Bevölkerungswachstums. Die Stadt Wien hat im Jahr 2014, und man kann das nicht oft genug sagen, ein Plus von 33 000 neuen BewohnerInnen und im Jahr 2013 ein Bevölkerungsplus von 25 000 BewohnerInnen zu verzeichnen gehabt. Das heißt, wir wachsen viel schneller, als erwartet. Die Donaustadt ist sowieso der Bezirk, der am schnellsten wächst. Glauben Sie wirklich, dass wir uns hier angesichts einer derartigen Entwicklung einen Baustopp verordnen würden? Selbstverständlich nicht! Denn wir haben einen enormen Handlungsbedarf, einen enormen Bedarf an Wohnraumschaffung und angesichts dieser städtepolitischen Verantwortung mehrfach das Bekenntnis zur Verdichtung abgelegt, mehrfach das Bekenntnis zur ressourcenschonenden Nutzung der Flächen abgelegt. Wir lehnen eine Zersiedelung der Flächen ab. Dieses Bekenntnis findet sich in allen Stadtentwicklungsplänen wieder, auch im STEP 2025.

 

Man/Frau bedenkt diese Entwicklung nicht, wenn Sie heute gegen diese Flächenwidmung stimmen und Stimmung machen. Wissen Sie, was es bedeuten würde, wenn die Stadt nicht dafür Sorge trägt, dass es genügend Wohnungen gibt? Es würde einen Anstieg der Mietpreise bedeuten. Wenn das Wohnungsangebot zu knapp und die Nachfrage größer wird, dann bedeutet das natürlich eine Erhöhung des Wohnungsmarktpreises. Das heißt, die Stadt Wien versucht, über die Schaffung von Wohnbauten natürlich auf indirektem Wege auch den privaten Wohnungsmarkt zu regulieren. Überall dort, wo wir die Möglichkeit haben und sehen, mehr Wohnraum im Sinne einer kompakten Stadtentwicklung zu schaffen, tun wir das auch. Mit diesem Hochhaus schaffen wir nicht wenige Wohneinheiten. Wir schaffen immerhin 500 bis 550 Wohneinheiten und auch Garagenplätze.

 

Es heißt, diese Zone sei nicht geeignet für ein Hochhaus. Dem kann ich nicht beipflichten. Wir haben als Stadt Wien seit mehr als zehn Jahren ein Hochhauskonzept. Mit den städtebaulichen Leitlinien 2001 haben wir erstmals einen verbindlichen Rahmen für die Entwicklung von Hochhäusern geschaffen. Es sind vor allem Gebiete, die eine hohe Erschließungsqualität durch den öffentlichen Verkehr haben, dafür geeignet. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben dort ein Areal, wo wir eine hervorragende bestehende Infrastruktur haben. Wir haben die U-Bahn vor der Haustür. Wir haben Schulen. Wir haben Kindergärten. Wir haben eine hervorragende Straßenverkehrsanbindung. Und wir haben viele Hochhäuser. Das heißt, wo, wenn nicht dort, kann man in Wien überhaupt ein Hochhaus bauen?

 

Lassen Sie mich ausführen, ich verstehe vom menschlichen Standpunkt aus, dass es niemand gern hat, wenn vor seinem Haus ein Haus gebaut wird. Ich verstehe vom menschlichen Standpunkt, dass es niemand gern hat, wenn vor seinem Hochhaus, in dem er wohnt, noch ein Hochhaus gebaut wird. Aber wir als Politik haben Entscheidungen zu treffen und wir tragen vor allem politische Verantwortung. Wir haben insbesondere Allgemeininteressen der Stadt über Einzelinteressen zu stellen, weil ansonsten Stadtentwicklung gar nicht möglich ist. Niemand will ein Haus vor sein Haus bekommen. Aber dennoch ist es aus allgemeinpolitischen Erwägungen manchmal notwendig.

 

Wie ich auch eingangs gesagt habe, die Stadt wächst so rasant, dass wir eine politische Verantwortung zu tragen haben. Daher müssen wir unserem politischen Auftrag einer sozial gerechten Stadt nachkommen. Ich ersuche Sie, in diesem Sinne der Flächenwidmung und auch der Genehmigung zum städtebaulichen Vertrag zuzustimmen. - Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag Dr Wansch. Ich erteile es ihm.

 

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