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Gemeinderat, 4. Sitzung vom 28.01.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 108

 

Gehen wir weiter zu den Allergenen und zu den Rauchverboten: Es ist hier schon vom Staat als Gouvernante gesprochen worden, dessen Hauptaufgabe es offensichtlich ist, den Menschen vor sich selber zu schützen. Wenn die U-Bahn-Tür aufgeht, dann leuchtet es und blinkt es, und es heißt: Vorsicht beim Einsteigen! Vorsicht beim Aussteigen! Und so weiter.

 

Gleichzeitig versagt der Staat aber immer mehr in einem Bereich, der zu den Kernbereichen des Staates gehört, nämlich bei der Herstellung von physischer Sicherheit. Auf der einen Seite herrscht also eine abstruse Regelungstiefe, auf der anderen Seite fällt jedoch die Sicherheitsgewährleistung weg. Das kann es doch bitte nicht sein! Der Staat bietet quasi ein Bild wie die Helikoptermütter, die dauernd über ihren Kindern kreisen. Auf der einen Seite gibt es also den Helikopterstaat, der Vorschriften noch und nöcher macht, die weit in den privaten Bereich hineinreichen. Ehrlich gesagt: Ich meine, ob bei einem Wirten geraucht wird oder nicht, das soll jeder selber entscheiden. Ich muss als Kunde nicht hingehen! Warum soll ich mir etwas vorschreiben lassen? Ich bin Nichtraucher, ich brauche keinen Raucher, aber ehrlich gesagt: So liberal muss man doch sein!

 

Gleichzeitig ist jedoch das Gewaltmonopol nicht mehr sichergestellt. Physische Sicherheit ist nicht mehr gewährleistet, und dann patrouillieren irgendwann einmal Bürgerwehren. Am Schluss fällt wirklich der gesellschaftliche Konsens für diesen Gesellschaftsvertrag weg, weil die Menschen angehalten sind, auf viele Freiheiten zu verzichten, damit ihnen Sicherheit gewährt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wenn uns da kein Ausgleich gelingt, dann fällt der gesellschaftliche Konsens weg. Wir befinden uns in einem Bereich, dass ganz wichtige Gesetze überhaupt nicht mehr ernst genommen werden. Ein Staat, der nicht einmal mehr wissen will, wer hier herkommt, was die Leute hier wollen, und so weiter, der gibt sich wirklich selber auf! Auf der anderen Seite braucht man für jedes Kipferl eine Rechnung, da wird geregelt, da wird überwacht, da wird kontrolliert. Das Bargeld soll abgeschafft werden, damit man noch mehr ein gläserner Mensch wird. Auf der anderen Seite kann man aber nicht sagen, wie viele Zehntausende Leute da sind, was sie wollen, welche Intentionen sie haben, ob sie Geld haben oder kein Geld haben. – Das weiß man nicht. Man will es nicht wissen.

 

Ich glaube, das ist eine Hauptquelle für viel Unzufriedenheit. Es gibt viel zu viele Regeln in Bereichen, die man ungeregelt lassen könnte, und dort, wo der Staat aufgefordert und verpflichtet ist, etwas zu tun, dort zieht er sich sukzessive zurück. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächste Rednerin hat sich Frau GRin Ludwig-Faymann zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

 

11.23.47

GRin Martina Ludwig-Faymann (SPÖ)|: Danke.

 

Kurz zu Beginn zu Ihnen: Wo ist Herr Aigner denn jetzt? (GR Dr. Wolfgang Aigner: Hier!) Ah, da! In der ersten Reihe habe ich Sie nicht vermutet! (Heiterkeit bei der SPÖ.)

 

Herr Aigner! Kollege Juraczka! Das mit dem Staat haben wir, glaube ich, irgendwie schon länger diskutiert. Gerade in Zeiten der Finanzkrise beziehungsweise Bankenkrise haben wir das oft diskutiert. Etwas ist nämlich klar: Erst ertönt immer der Ruf nach weniger Staat und noch weniger Staat. Aber als sie dann ins Wackeln gekommen sind, die Unternehmen und Banken, dann musste der Staat natürlich schon da sein und eingreifen! (GR Dominik Nepp: Was haben Sie denn gemacht?)

 

Das ist Ihr Zugang zu Staat und Privat. Jetzt geht es anscheinend wieder ein bisserl in die andere Richtung. Aber unser Zugang ist ein anderer, und genau darin unterschieden wir uns: Wir glauben, dass sozusagen staatliche Fürsorge, Daseinsvorsorge, und so weiter ganz wesentlich gerade auch für die freie Entfaltung von Menschen in unserer Stadt und in unserem Land sind. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Die Verwunderung ist ja schon von mehreren Vorrednerinnen und Vorrednern – wobei es diesfalls, glaube ich, nur die Vorredner waren – ausgedrückt worden: Man liest das Thema der Aktuellen Stunde und denkt sich, wozu eigentlich. – Ich habe dann meinen Klubobmann angerufen und gefragt: „Wozu sprechen wir denn heute? Was ist das aktuelle, konkrete Thema?“ – Wir alle miteinander haben es nicht wirklich herausgefunden. Ich habe dann auf Ihrer Homepage nachgeschaut, habe aber auch nichts gefunden und mir gedacht, na gut, man lässt sich überraschen!

 

Aber es ist schon eigenartig, denn mittlerweile sind wir hier in der Ernsthaftigkeit und – wie ich hoffe – auch in der Seriosität angelangt. Ich bin jetzt schon fast zwei Jahrzehnte in diesem Haus und weiß, dass die Aktuelle Stunde auch deshalb eingeführt wurde, um genau über‘s Aktuelle zu reden, sich hier eine Stunde Zeit zu geben, um eben nicht nur sozusagen an länger vorgegebenen Dingen irgendwie herumzudiskutieren, sondern auf aktuelle Dinge einzugehen. Deshalb möchte ich eigentlich alles unterstreichen, was Kollege Ellensohn gesagt hat.

 

Ich habe mir gedacht, na gut, vielleicht sind Sie zu kurz in der Politik – das weiß ich nicht – beziehungsweise hier im Wiener Gemeinderat. Wir alle haben darauf gewartet, was die große Überraschung ist. – Dann habe ich mir allerdings gedacht, sie wissen es selbst nicht! Sie wissen noch nicht konkret, was man denn da machen könnte. Mir ist jetzt nach den Wortmeldungen ziemlich klar geworden: Es gibt nichts Konkretes von Ihnen, außer – und das habe ich jetzt in der Nacht auch noch recherchiert – die Abschaffung der Parteienförderung. Darüber zu reden, hatten Sie hier aber schon mehrmals Gelegenheit, das haben wir schon diskutiert.

 

Außerdem ist mir bei Ihnen als ganz konkrete Forderung noch jene nach dem Zwölf-Stunden-Tag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgefallen, worauf Sie offensichtlich sehr konkret eingehen. (Zwischenruf von GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc.) Lesen Sie doch Ihre eigenen Aussendungen und Homepages!

 

Aber Sie schaffen es offensichtlich nicht, aktuell in fünf Minuten konkret zu werden, sondern wollen, wie beide Rednerinnen gemeint haben, über alles reden, und das, wenn es geht, in fünf Minuten.

 

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