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Gemeinderat, 4. Sitzung vom 28.01.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 108

 

„Kronen Zeitung“, ein gemeinsames Doppelinterview des Herrn Bürgermeisters mit dem Bundeskanzler der Republik. Da gibt es dann einen eher, wie ich meine, eigenartigen Diskurs darüber: Ist das jetzt ein Richtwert oder eine Obergrenze? - Nun ja, meine Damen und Herren, es ist eine ganz klar definierte Zahl. Und ich nehme an, sie bezieht sich darauf, dass man nicht wesentlich mehr Menschen aufnehmen kann. Also handelt es sich natürlich darum, dass es eine Obergrenze ist - denn eine Untergrenze wird es, so nehme ich an, wohl kaum sein.

 

Und was, wenn nicht die Aussage von Bundeskanzler Faymann in genau diesem Interview, nämlich - ich zitiere wörtlich: „Auch der 37.501. Mensch kann Asyl beantragen, aber dann nicht mehr bei uns!“, was, wenn nicht dieser Satz, ist die klare Definition einer Obergrenze, meine sehr geehrten Damen und Herren!? (Beifall bei der ÖVP.)

 

Für uns als Oppositionspartei in dieser Stadt war dann doch interessant, dass es sehr unterschiedliche Meldungen auch aus Regierungsfraktionen hier in Wien zu dieser Einigung auf Bundesebene gegeben hat. Herr Bgm Häupl hat das in diesem Interview relativ lapidar abgetan mit der Bemerkung, eine große sozialdemokratische Landesorganisation habe eben eine gewisse Meinungspluralität. - Eh klass. Soll so sein. Aber mir geht es darum: Wie steht diese Stadt, wie steht diese Stadtregierung zu Vereinbarungen, die sie mit dem Bund getroffen hat?

 

Und dass man da bewusst Zweifel haben darf, wie damit umgegangen wird, kann ich Ihnen anhand von einigen Zitaten gerne vor Augen führen. Ein Mitglied der Stadtregierung sagt uns: „Haltung kennt keine Obergrenze!“, und ein anderes prominentes Mitglied dieser Stadt sagt in einem Interview Folgendes: „Man kann nicht Menschen aus Afrika aufnehmen, wenn man eine enorme Arbeitslosigkeit im Land hat.“ Halte man sich strikt an Gesetze, etwa an Dublin III, „dann wird man nicht überrollt werden“. Man würde „gar nicht in die Nähe der 37.500 Menschen kommen“.

 

Wer hat das gesagt? - Nicht irgendwer, sondern ein guter Bekannter der Wiener SPÖ, nämlich Karl Blecha. Das ist jener Herr, der Ihr Parteiprogramm schreibt. Wir wollen nur wissen: Was gilt? Es ist mir relativ gleichgültig, ob es jetzt Obergrenze oder Richtwert heißt, aber ich denke, dieses Papier, das letzte Woche von der Bundesregierung mit den Vertretern der Länder, Gemeinden und Städte erarbeitet wurde, hat es verdient, auch von der Stadt Wien unterstützt zu werden. Und ich möchte wissen: Hat der Bürgermeister nur launig zwar unterschrieben - sogar zwei Mal, denn neben seiner Unterschrift steht ja: gilt auch als Präsident des Städtebundes -, oder steht diese rot-grüne Stadtregierung zu dieser Vereinbarung, die der Bürgermeister im Namen dieser Stadtregierung geschlossen hat? Ich darf daher folgenden Antrag einbringen - wobei ich mir jetzt auch gerne die Mühe mache, den Beschlussantragstext wortwörtlich vorzulesen, damit keine Missverständnisse entstehen -:

 

„Der Wiener Gemeinderat bekennt sich ausdrücklich und unmissverständlich (GR Mag. Dietbert Kowarik: Zu österreichischen Gesetzen! – Da brauchst du nicht lang zu erzählen!) zur gemeinsamen Vorgehensweise von Bund, Ländern, Städten und Gemeinden zum Asylgipfel am 20. Jänner 2016 und spricht sich für die uneingeschränkte und zügige Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen auf Wiener Ebene aus.

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige und namentliche Abstimmung beantragt.“ - Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – GR Mag. Dietbert Kowarik: Die ÖVP-Minister bräuchten sich nur an Gesetze zu halten! Das wär schon einmal was! Das wäre ein Anfang!)

 

Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Dipl.-Ing. Margulies. (Rufe: Der Heinz Vettermann!) - Das glaube ich nicht, denn der Heinz Vettermann ist vorerst einmal gestrichen. (Ruf: Der ist schon wieder gemeldet!) - Ah, Entschuldigung, er ist wieder gemeldet. Entschuldigung! Das muss man updaten.

 

Zu Wort gelangt nun also Herr GR Vettermann. – Bitte.

 

14.35.33

GR Heinz Vettermann (SPÖ)|: Ich hätte aber auch nach dem Kollegen Margulies das Gleiche gesagt. - Sei es, wie es sei.

 

Mich freut, das sei eingangs gesagt, dass man zum Antrag selbst ja positiv steht, weil dieser sicherstellt - und das wurde ja von Herrn StR Blümel gut ausgeführt -, dass wir faktenorientiert, wie es ja aus meiner Sicht in Wien sowieso üblich ist, mit dieser Herausforderung/Problemlage auch entsprechend umgehen können. Und da ist das sicher günstig.

 

Jetzt aber zu dem von Herrn Klubvorsitzendem Juraczka einreferierten Zusatzantrag. Dazu muss ich sagen: Also wir brauchen die ÖVP echt nicht, um zum Bürgermeister und zu allen seinen Vereinbarungen zu stehen. Daher möchte ich eines hier auch noch einmal klar sagen: Wir lehnen ja nicht den Asylgipfel ab, wohl aber den Antrag der ÖVP - was ein Unterschied ist -, denn dieser Antrag ist politisch betrachtet eine Pflanzerei und hat ja eigentlich nur den Sinn, noch zusätzlich etwas auseinanderzudividieren, in die Koalition vielleicht einen Keil hineinzutreiben. Das wird nicht gelingen, aber es wird immer wieder probiert. Und dass das politisch zurückgewiesen wird, ist ja eine klare Sache.

 

Daher sage ich: Dazu haben wir diesen Antrag wirklich nicht gebraucht. Wenn die Wiener ÖVP Wien wirklich unterstützen will, dann kann sie einiges tun, nämlich indem sie zum Beispiel schaut, dass auch ihre Bundesministerin, ihr Bundesminister entsprechend dieser Vereinbarungen auch tätig werden: dass einmal geschaut wird, dass es zum Beispiel, was jetzt Wien betrifft, die Deutschkurse tatsächlich gibt. Es ist ja bekannt, dass österreichweit vom sogenannten Integrations- und auch Außenminister um einiges weniger an Deutschkursen für ganz Österreich gemacht wird, als zum Beispiel in Wien stattfindet. Es gibt keine Abschiebeabkommen - deshalb wird auch nicht abgeschoben. Aber wer soll das machen, wenn nicht das Außenministerium? Ich frage mich: Wer schaut, dass die Hot Spots funktionieren? (Zwischenruf von GR Mag. Dietbert Kowarik in Richtung ÖVP.) - Na, eigentlich auch das Außenministerium. Man kann das doch jetzt nicht dem Kanzler allein überlassen. Der

 

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