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Gemeinderat, 4. Sitzung vom 28.01.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 74 von 108

 

Asylwerberinnen oder Asylwerber oder ausländische Staatsbürger sind. Und noch ein Aspekt ist mir zu dieser Opferrolle wichtig. Ich habe auch ein Problem damit, dass mit den Vorfällen von Köln Frauen in der Debatte nun allgemein, und ein bisschen muss ich Ihnen das auch zu diesem Dringlichen Antrag heute sagen, in die Rolle des Opfers oder vielleicht des potenziellen Opfers gedrängt werden. Dagegen verwehre ich mich auch als Frau. Da hilft es nicht, Taschenalarme auszuteilen, denn das trägt nicht gerade zu einer … (GR Mag. Manfred Juraczka: Aber schaden tut es auch nicht!) Es trägt nicht zur Sicherheit bei, und es drängt meiner Meinung nach, als Frau sage ich das, die Frau in diese potenzielle Opferrolle, und davor warne ich auch.

 

Ich habe es schon eingangs gesagt, es ist eine extrem aufgeheizte Stimmung. Und gerade in dieser Stimmung halte ich es nicht für sinnvoll, als Politik auch noch Ängste zu schüren. Wir leben in einer offenen und liberalen Gesellschaft, in der jede Frau, jeder Mann, alle, nicht alle, aber grundsätzliche Freiheiten genießen und haben. An diesen Freiheiten, und zwar nicht nur an den Freiheiten der Frauen, sondern aller Menschen, wird im Moment von vielen Seiten heftig gerüttelt. Da haben wir auf der einen Seite das Rütteln von Seiten des Staates. Wir haben gestern auch das Staatsschutzgesetz auf den Weg gebracht. Jetzt ist es natürlich immer eine schwierige Balance, Freiheit versus Sicherheit. Und wenn die ÖVP jetzt dichtet „Freiheit sichern, Grenzen setzen“, so sage ich, in meinem Balancegefühl sind Sie im Moment eher ganz vorne dabei, der Freiheit Grenzen zu setzen, und die Balance ist für mich und für uns NEOS hier nicht gewährleistet. (Beifall bei den NEOS.)

 

Diese Freiheit und diese offene und liberale Gesellschaftsordnung, und ja, das muss man aber auch deutlich sagen und das werden wir wie immer tun, ist aber zweifellos auch durch einzelne Menschen oder Menschengruppen bedroht, die nach Österreich kommen und so eine offene, liberale Gesellschaftsordnung nicht gut heißen oder sogar bekämpfen wollen. Hier gibt es keine Toleranz! Für uns heißt Integration nicht, dass jeder Mensch, der nach Österreich kommt, jegliche eigene Identität oder Kultur hinter sich lassen muss, aber sehr wohl, dass die Grundfesten unserer Gesellschaftsordnung, unserer liberalen und offenen und toleranten Gesellschaftsordnung, in der Religion private Sache ist, in der es eine Trennung von Kirche und Staat gibt, in der die freie Meinungsäußerung gilt und selbstverständlich die Gleichstellung der Geschlechter, unverhandelbar ist! (Beifall bei den NEOS) Das entscheidende Mittel hierfür ist aber meiner Meinung nach der Rechtsstaat. Der ist hier gefordert, wie ich eingangs erwähnt habe. Dazu kommt noch Integrationsarbeit, und zwar von der ersten Minute an.

 

Ich möchte jetzt noch ein bissel konkreter zu Ihrem Dringlichen Antrag kommen. Ich muss sagen, ich freue mich ja sehr, dass die FPÖ ihre feministische Seite entdeckt. Ich meine das sehr ernst. Ich freue mich dann auch, und das wurde auch gesagt, und ich hoffe dann auf zukünftige Wortmeldungen, wenn es tatsächlich wieder - ich meine, es sind andere Arten, aber es kommt auch vor, weil es auch erwähnt wurde - um sexuelle Übergriffe bei Kirtagen oder im Bierzelt oder sonstwo kommt, da freue ich mich dann auch auf entschiedene Wortmeldung von Ihrer Seite! (Beifall bei NEOS und von GRin Mag. (FH) Tanja Wehsely.)

 

Unser Problem, das wir hier haben, ist, dass Sie dieses Thema gebrauchen oder man könnte sogar sagen, missbrauchen, um Beunruhigung in der Bevölkerung hervorrufen zu wollen und Stimmungsmache zu betreiben. Wenn ich auf Ihre Facebook-Seiten schaue, und ich habe mir ein paar Facebook-Seiten von FPÖ-Politikinnen und -Politikern angeschaut, dann lese ich dort eigentlich nur noch Themen wie „Kriminalität durch Ausländer“, „Kriminalität durch Asylwerber“. Ich habe mir… (Aufregung bei GR Dominik Nepp.) Es ist das einzige Thema.

 

Heute zum Beispiel, ich habe es auch offensichtlich als Reaktion auf die alte Hetze-Hotline geschickt bekommen, hat mich jemand auf ein Posting des Nationalratsabgeordneten Wurm aufmerksam gemacht. Der schreibt auf Facebook: „Mittlerweile stelle ich Islamisten, Kinderschänder und diese ganze unerträgliche Linke, diese ganze unerträgliche linke Gutmenschen-Terrorbande in Europa auf eine Stufe.“ Und das sage ich deshalb, weil ich gesagt habe, das entscheidende Mittel ist der Rechtsstaat. Es gibt bitte schon einen massiven Unterschied, entschuldigen Sie, zwischen Islamisten, zwischen Kinderschändern und dem, was Sie als Gutmenschen-Terroristen bezeichnen! Das, finde ich, ist nicht adäquat als Aussage eines Nationalratsabgeordneten! (Beifall bei NEOS und GRÜNEN sowie von GR Christian Hursky.)

 

Ich weiß nicht, ob Sie, Herr Nepp, oder Sie, Frau Matiasek, gesagt haben, ich glaube, Sie waren es, es ist ein Problem, diese undifferenzierte Haltung in dieser Willkommenskultur. Ja, keine Frage. Aber es ist auch Ihre undifferenzierte Haltung ein Problem, wo Sie alles in einen Topf hauen, alles in einen Topf werfen, um Stimmungsmache zu betreiben! Das löst kein einziges Problem! In einer so schwierigen Situation wie diese aktuelle Flüchtlingskrise braucht es Augenmaß und Fakten, seriöse Informationen und sachliche Aufklärung!

 

Hier muss ich auch sagen, ich wünsche mir wirklich mehr Mut von Seiten der Stadt. Wir werden morgen auch über die Asylquartiere in einzelnen Bezirken diskutieren. Aber was ich da auch teilweise von meinen Bezirksrätinnen und Bezirksräten höre, da habe ich schon das Gefühl, dass man in der offenen Auseinandersetzung, in der offenen Diskussion recht mutlos ist. Wenn Sie dieser Stimmung etwas entgegensetzen wollen, dann können Sie nur transparent und offen kommunizieren. Dann braucht es eine offene Kommunikation über alle Probleme, die da sind, eine offene Kommunikation über sämtliche Maßnahmen, die gesetzt werden und auch eine Begründung, warum man es macht.

 

Diese Flüchtlingskrise ist schwierig und dieser Flüchtlingskrise wird unter Umständen eine Integrationskrise folgen. Um das zu verhindern, haben wir schon mehrfach aufgezeigt, dass es wichtig ist, das in unseren Augen eh schon nicht ausreichend funktionsfähige Bildungssystem in Wien auf bessere Beine zu stellen. Aber es braucht

 

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