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Gemeinderat, 4. Sitzung vom 28.01.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 77 von 108

 

Ich möchte Sie auch an etwas erinnern, und zwar weil immer wieder das Thema Geld angesprochen wird. Sie haben in den letzten Jahren massiv dagegen gestimmt, dass Frauenvereine Geld bekommen, insbesondere Vereine, die migrantische Frauen unterstützen. Was glauben Sie, was diese Vereine machen? Diese Vereine unterstützen Frauen, die es, weil sie in dieser Gesellschaft vielleicht mit weniger Ressourcen ausgestattet sind, massiv brauchen. Wo ist da Ihr Herz für Frauen, frage ich Sie? Wo ist da Ihr Verständnis (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.), Frauen zu unterstützen und gegen Gewalt an Frauen, gegen Abhängigkeiten einzutreten?

 

Auch Ihre Forderungen, die Sie in Ihren Antrag hineinschreiben, sind alle sehr nett und schön. Aber man muss Sie wirklich darauf hinweisen, vieles davon gibt es schon. Und diese Punkte, die wir auch als Handlungsbedarf sehen, nämlich mehr Schulung im Justizbereich und bei der Polizei oder auch bei der Staatsanwaltschaft, sind hier schon mehrmals auch einstimmig beschlossen worden. Also es gibt diesen Handlungsbedarf, keine Frage. Aber es gibt auch den 24-Stunden-Notruf der Stadt Wien. Da brauchen Sie nicht irgendwie diese Forderung zu stellen, als täte es das nicht geben. Gleichzeitig sind viele Ihrer Forderungen auch an den Bund zu richten, der hier nach wie vor säumig ist.

 

Was mir auch sehr, sehr wichtig ist zu sagen und was ich absolut wichtig finde, ist, das Thema „Gewalt an Frauen“ ernsthaft zu diskutieren. Da bin ich ausnahmsweise in Übereinstimmung mit Frau Matiasek. Die Folgen von Gewalt an Frauen sind sehr gravierend, und die Opfer verdienen voll unsere Unterstützung. Aber ich bin nicht mit Ihren Maßnahmen, die Sie vorschlagen, einverstanden. Ganz im Gegenteil meine ich, dass es hier Maßnahmen braucht, die das Selbstbewusstsein von Frauen weiter stärken. Eine Gesellschaft, die klar Nein zu Gewalt sagt, drückt sich auch in einer Form von Sprache aus. Ihre Sprache konstruiert ein Feindbild. Ihre Sprache ist geprägt von Verallgemeinerungen. Auch das ist aus meiner Sicht eine Form von Gewalt. Mit dieser Form schüren Sie Hass, schüren Sie eine menschenverachtende Gewaltspirale. Es wurde hier, glaube ich, auch schon einmal gesagt, dass Sie auch die Verantwortung dafür zu tragen haben, wenn diese Gewaltspirale durch Aussagen, die hier getätigt werden, weiter von anderen aufgegriffen werden, wenngleich ich sagen muss, Gewalttäter sind für ihre Gewalt zu verantworten und nicht zu entschulden.

 

Was für mich eben in dieser Diskussion zu Köln sehr auffällig ist, ist, dass es stark zu einer Instrumentalisierung der Gewalt an Frauen kommt. In Deutschland wird meiner Meinung nach mittlerweile doch sehr breit darüber diskutiert, wie Gewaltschutz, wie Gewaltschutzrisken verbessert werden können. In Wien haben wir einen Gewalt-Jour-Fixe, der regelmäßig tagt. Wir haben ein dichtes Gewaltnetz. Und wenn es Lücken gibt, werden wir selbstverständlich hier daran arbeiten, diese zu flicken und zu stopfen, den Frauenschutz, den Opferschutz weiter zu verbessern.

 

Ein interessanter Punkt in dieser gesamten Debatte, der hier immer wieder angeführt wird und wo VertreterInnen Ihrer Partei, aber auch europaweit, auf der Bühne der Geschlechtergerechtigkeit auftreten, ist, dass es hier doch wirklich eher darum geht, eine Politik durchzudrücken und eine Gesellschaft zu erzeugen oder Gesellschaft zu erfinden, würde ich schon fast sagen, die von Gut und Böse geprägt ist und wo Ihrer Meinung nach ganz klar auch festgelegt ist, wer die Guten und wer die Bösen sind. (GRin Veronika Matiasek: Das macht jeder Mensch! Das ist normal!) Es geht nicht darum. Gewalttäter sind Gewalttäter, und sie müssen zur Rechenschaft gezogen werden. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Die Justiz ist hier gefordert. Insbesondere im Bereich der sexuellen Gewalt oder des Grapschens ist es besonders schwierig, die Gewalttäter festzumachen. Das haben Sie auch selbst in Ihrem Antrag geschrieben und das haben wir auch schon mehrmals diskutiert. Hier ist absolut Handlungsbedarf gegeben. Aber darüber hinaus meine ich doch wirklich, dass der Opferschutz für Frauen oder Kinder, für alle Betroffenen, nicht dort anfängt, an den nationalen Grenzen oder an den Grenzen von Europa. Es tut gerade so, als wäre die Gefahr der Gewalt an Frauen nicht präsent. Es ist ein Teil des Machtungleichgewichts. Wir müssen uns alle daran beteiligen, dieses Machtungleichgewicht auszugleichen (Beifall von GRin Mag. Nicole Berger-Krotsch.) und für mehr Selbstbestimmungsmöglichkeiten, für ökonomische Eigenständigkeit von Frauen eintreten. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

In der Debatte zu Gewalt oder in der Erfahrung mit Gewalttätern, besser gesagt, ist eines sehr ersichtlich, dass Gewalt auch zu Gewalt führt, dass TäterInnen auch Täter machen und es besonders wichtig ist, aus dieser Gewaltspirale auszubrechen. Ich denke, dass die Sensibilisierung zu dem Thema Gewalt uns allen gut ansteht und es natürlich wichtig ist, die Gewalt aufzuzeigen. Aber es ist aus meiner Sicht total kontraproduktiv, den Diskurs zu verlagern und das Erlebte von Gewaltopfern für eine eigentlich völlig andere Diskussion zu missbrauchen und sie nur zum Vorwand zu nehmen.

 

Nur ein paar Maßnahmen noch zu nennen, von denen ich denke, dass sie wirklich sehr sinnvoll wären, weil sie bislang wirklich unterbeleuchtet sind:

 

Es ist nämlich ein stärkeres Eintreten im Bereich der Zivilcourage. Die Stadt Wien hat hier im August eine Kampagne gestartet, die dazu auffordert, auch stärker hinzuschauen. Das ist, denke ich, ein Thema, wenn es um sexistische Witze insbesondere geht, ums Lächerlichmachen von Frauen, die Würde von Frauen zu untergraben, aber auch im öffentlichen Raum einzutreten, hinzugehen, Gewaltschutz, Opfern von Gewalt Hilfe anzubieten, Unterstützung anzubieten. Ich denke, dass es sicher auch notwendig ist, den Opfern von sexueller Gewalt mehr ökonomische Unterstützung zukommen zu lassen.

 

Ich denke, es ist absolut notwendig, dass eine Abkehr, inwiefern sich eine Frau bei Gewalttaten wehrt, in der Frage der Rechtsprechung erfolgen muss und das Thema Gewalt, also die Sensibilisierung für Gewalt, ihre Folgen und die Traumatisierung, in dieser Justiz- und Polizeiebene ausgebaut werden muss. Ich glaube, dass

 

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