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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 23.02.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 114

 

unerlässlich. Nur wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen, kann einer Neiddebatte vorgebeugt werden, wie wir sie derzeit führen. Es kann nicht sein, dass man einen Steuerberater braucht, um die genaue Höhe des Anspruchs einer Familie mit vier Kindern zu berechnen. Ich finde es auch sehr schade, dass die Frau StRin Wehsely nicht da ist, um das jetzt zu hören, denn nur wenn die Gründe, Höhe und Dauer für Kürzungen bekannt sind, kann klar vermittelt werden, dass nicht einfach jeder Mindestsicherung beziehen kann, sondern dass klare Spielregeln einzuhalten sind, beispielsweise die Bereitschaft, eine zumutbare Arbeit anzunehmen, wenn man erwerbsfähig ist.

 

Es braucht hier dringend Lösungen, die für alle Bundesländer gleich sind, und wir schlagen zur Optimierung der Kontrolle folgendes Maßnahmenpaket vor, bei dem die Stadt Wien mit gutem Beispiel vorangehen könnte: Die zuständige Behörde erarbeitet konkrete Richtlinien aus - die es im Moment leider noch nicht gibt -, damit Sachbearbeiter in ihren Entscheidungen klar und eindeutig Regeln folgen können, zu welchen Bedingungen die Mindestsicherung zu welchen Sätzen gekürzt werden muss. Wichtig ist, dass diese Regeln verhältnismäßig und transparent sind und sicherstellen, dass MindestsicherungsbezieherInnen bei gleichem Sachverhalt mit gleichen Konsequenzen zu rechnen haben. Ein automatisierter, IT-basierter Prozess wird eingerichtet, sodass die betreffende Landesbehörde automatisch vom AMS informiert wird, wenn eine Person die Mindestsicherung bezieht, eine zumutbare Stelle verweigert beziehungsweise an arbeitsmarktintegrierenden Maßnahmen in der Zuständigkeit des AMS teilnimmt. Daten zur potenziellen Kürzung bei Missbrauch der Mindestsicherung müssen in Zukunft gesammelt werden. Aus diesen Daten soll insbesondere hervorgehen, wie in den Fällen der Bezug der Mindestsicherung gekürzt wurde, aus welchen Gründen dies veranlasst wurde, um welche Sätze der Bezug gekürzt wurde und für welche Dauer die Kürzungen ausgesprochen wurden.

 

Liebe Stadtregierung, diese Maßnahmen würden extrem dabei helfen, diese unnötige Neiddebatte zu beenden. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag, den wir im nächsten Landtag einbringen werden, um im nächsten Schritt an dem zu arbeiten, was wirklich wichtig ist, nämlich, wie man jedem Bezieher von Mindestsicherung den Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtert. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Nächster Redner ist Herr StR Mag. Blümel. - Ich erteile ihm das Wort.

 

10.53.03

StR Mag. Gernot Blümel, MBA|: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Wir haben uns ja lange überlegt, welches Thema wir für die Aktuelle Stunde nehmen, ob wir jetzt die Rekordverschuldung, die Rekordarbeitslosigkeit, das Rekordminuswachstum, den Rekord an Mindestsicherungsbeziehern hernehmen oder die Zahl der Skandale, die scheinbar aufpoppt, Semmelweisklinik, Entlassung von Ärzten - wahrscheinlich weil sie eine Arbeitnehmervertretung gegründet haben - oder einfach die Arbeitsverweigerung betreffend Lobau-Tunnel und anderer anstehender Probleme. Wir haben uns nicht entscheiden können, deshalb haben wir einfach gesagt, wir machen eine Sammelgeschichte zu Pleiten, Pech und Pannen. Wir hätten auch sagen können, schlimmer geht’s nimmer, denn das ist wohl die Bilanz der ersten fast 100 Tage Rot-Grün II. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Die Reaktion der Stadtregierung darauf ist auch sehr interessant, egal, ob in Interviews des Bürgermeisters oder diverser Stadträtinnen und Stadträte. Da heißt es dann meistens: stimmt so nicht, alles in Ordnung, nicht so schlimm. Am interessantesten habe ich ja die Aussage des Bürgermeisters gefunden, dass SPÖ und GRÜNE in Wien sehr gut zusammenarbeiten, dass es da keine Friktionen gibt. - Man hat gerade vorhin gemerkt, man applaudiert nicht einmal vice versa, wenn ein Roter oder ein Grüner redet, da ist immer nur die eigene Fraktion, das kennt man so eigentlich nicht aus einer Koalitionsregierung. Gleichzeitig ist, dass es in der SPÖ angeblich eine einheitliche Linie gibt, was das Thema Obergrenzen und Flüchtlingspolitik gibt, so auch nicht klar, ich habe nur noch auf die Aussage gewartet, dass die Erde eine Scheibe ist, das hätte ungefähr in den Wahrheitsgehalt solcher Aussagen gepasst.

 

Fangen wir mit zwei Grundproblemen an, ich will mich nur auf zwei Dinge konzentrieren, denn es soll mir ja nicht passieren wie dem Herrn Klubobmann, dass mir die Zeit ausgeht. Das Grundproblem für die Zukunft ist zweifellos die Verschuldung der Stadt Wien, die sich in den letzten Jahren insgesamt verdreifacht hat. 1,46 Milliarden EUR hat der Schuldenstand im Jahr 2008 betragen, 5,46 Milliarden werden es wohl 2015 sein, wobei jeder weiß, dass das nicht reichen wird. Das wäre ein Anstieg um 274 Prozent, fast eine Verdreifachung. Und dabei - das wissen wir auch alle - sind nicht alle Schulden der Stadt mit eingerechnet, denn sowohl Wiener Wohnen als auch der KAV und Wien Kanal sind darin nicht enthalten. Würde man das addieren, ergäbe das 8,65 Milliarden EUR. Und warum ist das ein großes Problem? Nur für alle, die es schon wieder vergessen haben: Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Der zweite Aspekt, auf den ich mich gerne konzentrieren würde, bevor die Zeit ausgeht, ist die Arbeitslosigkeit. Eine Rekordarbeitslosigkeit in Wien bei einem Rekordminuswirtschaftswachstum, und das, obwohl der Ballungsraum immer der Wachstumsmotor eines Landes sein sollte. 2010 gab es 100.000 Arbeitslose, 2015 sind es fast 150.000. Jetzt kann man sagen, generell steigt das in ganz Europa und in Österreich. - Na ja, so nicht ganz, wenn man sich die Vergleiche ansieht: Im Jahr 2010 war Österreich bei einer Arbeitslosigkeit von 4,6 Prozent, ausgenommen Wien, Wien war bei 8,8 Prozent. Sieht man sich an, wo diese Zahlen 2015 liegen, dann ist österreichweit 7,8 Prozent und Wien bei 13,5 Prozent. Die Schere geht also eindeutig auseinander, in Wien steigt die Arbeitslosigkeit überdurchschnittlich hoch.

 

Diese beide Grundprobleme harren einer Erklärung und einer Gegenmaßnahme, und eigentlich sollte klar sein, wo man ansetzen muss. Bei der Verschuldung

 

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