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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 23.02.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 114

 

der psychosozialen Beratung und Betreuung an der Schnittstelle sicher nicht das Problem lösen kann, was hier angesprochen wurde, aber einen wesentlichen Beitrag leisten kann, damit sich Jugendliche auf dem Weg in eine neue, andere Welt, eine neue, andere Gesellschaft leichter orientieren können.

 

Insgesamt stellt die Stadt Wien 6 Millionen EUR für das Projekt auf die Beine. Es ist eine Co-Finanzierung von AMS, FSW und der MA 14, und die Mittel werden durch die Finanzierungskooperation mit dem Europäischen Sozialfonds verdoppelt. Das ist eine sehr gute Sache, dass sich die Stadt Wien und die Träger auf dieses Finanzierungsmodell einigen konnten.

 

Was ist mir an diesem Projekt noch besonders wichtig? - Es ist eine modulare Ausbildung, die hier geboten wird. Und diese ist sehr individuell, denn es gibt ja nicht „die“ Flüchtlinge, genauso wenig gibt es „die“ Jugendlichen oder „die“ jugendlichen Flüchtlinge, sondern jeder bringt sehr unterschiedliche Qualifikationen mit. Ja, es gibt Jugendliche, die kaum Schulbildung genossen haben oder genießen durften, die sehr früh in Erwerbsarbeit gedrängt wurden, aber es gibt genauso die Jugendlichen, die nach Österreich kommen, die höhere Schulen besucht oder sogar mit einer Universität angefangen haben. Und diese heterogene Gruppe der Jugendlichen wird dieses Projekt Jugend College unter einen Hut bringen und, je nach Ansatzpunkt, entweder Alphabetisierung oder Basisbildung bieten oder auch mit ihnen arbeiten, wie der Einstieg in die Universität oder in ein Gymnasium erfolgen kann.

 

Natürlich steht und fällt alles mit der Sprache. Das ist zum Teil ein Fakt, das müsste nicht notgedrungen so sein, aber in Österreich oder in Wien ist es derzeit so. Auch hier wird beim Projekt Jugend College stark angesetzt. Ein interessanter Punkt in diesem Projekt ist auch die ehrenamtliche Arbeit. Ich hoffe natürlich, dass hier nicht bezahlte Arbeit durch Ehrenamt unterlaufen wird, aber ich glaube, dass über diese ehrenamtliche Schiene eine gute Möglichkeit geboten werden kann, Kontakt zu Menschen in Wien zu finden, möglicherweise zu Gleichaltrigen, um die soziale Integration auch noch stärker zu fördern.

 

Zu den Jugendlichen selbst möchte ich noch Folgendes sagen: Sie kennen vielleicht diese Serie Check-in im „profil“, bei der Flüchtlinge zitiert werden. Da kommt es ganz häufig vor, dass die Jugendlichen sagen, sie möchten Bildung, sie möchten ihren beruflichen Traum verwirklichen und sie möchten nicht so enden wie ihre Eltern. Da sprechen sie zum Beispiel Eltern an, die mit akademischen Ausbildungen nach Österreich migriert und auf Grund der Nichtanerkennung ihrer Qualifikation dann letztendlich in Hilfsarbeit gelandet sind. Dies auch deshalb, da diesen Menschen nicht die Möglichkeit geboten wurde, Deutsch als Sprache fundiert zu lernen und daher parallel ihre fachlichen Ausbildungen wegen langer Nichtberufstätigkeit in diesem Beruf als dequalifiziert erleben müssen. Denn auch das ist ein Problem, dass Nichtstun dazu führt, dass Qualifikationen veralten. Und auch hier setzen wir mit diesem Projekt an, möglichst früh den Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, ihre Qualifikation weiterzuentwickeln und nicht eine Abwärtsspirale durch Nichtstun in Gang zu setzen.

 

Alles in allem möchte ich abschließend sagen, dieses Jugend College ist ja kein Projekt, das völlig neu ist, also auf keiner Tradition aufbaut, denn es setzt an vielen Ideen an, die es in Wien schon gibt. Die Wiener Ausbildungsgarantie ist ja eine Sache, die Teil einer Strategie ist, bei der es darum geht, Jugendlichen auf alle Fälle ein Angebot zu machen, egal, wo sie stehen. Wir haben auch sehr viel Erfahrung damit, schnittstellenübergreifend zu arbeiten. Genau das soll auch das Jugend College machen. Es wird vielleicht nicht allen bereits bekannt sein, jetzt befinden wir uns in der Phase der Ausschreibung des Calls. Das Projekt selbst wird hoffentlich dann mit Sommer wirklich in die Gänge kommen und 1.000 Jugendlichen jährlich eine Qualifizierung bieten, eine Schulbildung bieten, oder vielleicht sogar auch die Möglichkeit des Einstiegs in einen Job oder in eine Lehre.

 

Was mir ganz, ganz besonders am Herzen liegt, ist, dass wir hier als Stadt Wien, als rot-grüne Regierung, wirklich daran arbeiten, gemeinsam die Verwirklichungschancen von jungen Menschen zu verbessern - denn das ist mir als Politikerin ein ganz wesentlicher Ansatzpunkt -, aus den Fehlern der Vergangenheit, früherer, nicht so gelungener Integrationspolitik - wie ich finde - zu lernen und frühestmöglich anzusetzen und Angebote für Jugendliche zu bieten, damit diese in Österreich, in Wien eine gute Chance und einen guten Start finden. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Nächster Redner ist Herr GR Maximilian Krauss. - Ich erteile ihm das Wort.

 

11.37.08

GR Maximilian Krauss (FPÖ)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich muss sagen, ich bin bis zu einem gewissen Grad überrascht, und zwar überrascht von der Ehrlichkeit, von der man hier jetzt seitens der GRÜNEN an die Problematik herangegangen ist. Es wurde festgestellt, dass wir 16.000 junge Leute - so viel, wie noch nie - in Wien ohne Job haben. Das ist richtig. Es wurde festgestellt, dass diese Zahl weitersteigt und es in Wahrheit keine Gegenkonzepte gibt. Auch das ist richtig. Es wurde gesagt, dass in der Integrationspolitik in der Vergangenheit viel falsch gelaufen ist. Auch das ist richtig. Und es ist auch richtig, wie soeben von den GRÜNEN gesagt wurde, dass es keine Konzepte gibt, um dieser stets steigenden Jugendarbeitslosigkeit entgegenzuwirken.

 

Allerdings sage ich auch, es ist nicht genug, sich hier herzustellen und so halb lapidar aufzuzählen, was alles schief gelaufen ist. Ich glaube, es braucht endlich echte Konzepte, um für eine echte Jugendbeschäftigung in Wien zu sorgen, denn (Beifall bei der FPÖ.) das, was Sie machen, ist nichts anderes als ein Zukunftsraub an den jungen Menschen dieser Stadt.

 

Das ist also eine Ehrlichkeit, die bei den GRÜNEN zumindest wirklich gelebt wurde, die es bei der ÖVP leider in der Form nicht gibt. Denn wenn wir beim Thema Verantwortung sind, dann müssen wir uns schon einmal

 

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