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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 23.02.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 78 von 114

 

weil Sie nicht das tun, was geboten ist, nämlich ein Bietverfahren!

 

Dass das geboten ist, könnten Sie verschiedenen Bestimmungen und Empfehlungen entnehmen, auf die ich Sie jetzt aufmerksam machen möchte. Auf Grund von § 73b der Wiener Stadtverfassung ist die Stadt Wien selbstverständlich verpflichtet, sparsam, wirtschaftlich, zweckmäßig und rechtmäßig zu agieren. – Das heißt, Sie müssen sorgsam mit dem Steuergeld umgehen, und im Hinblick darauf ist es völlig undenkbar, lediglich von einem Gutachterpreis auszugehen, denn Sie wollen ja den bestmöglichen Preis bekommen. Sie sind verpflichtet, zumindest zu versuchen, diesen zu erzielen.

 

Der Rechnungshof hat genügend Leitsätze zu dem Thema Immobilienwirtschaft und Management aufgestellt. – Ich darf zwei dieser Leitsätze zitieren.

 

Der Rechnungshof sagt erstens: „Beim Verkauf von Liegenschaften sind die Grundsätze eines Bietverfahrens anzuwenden, um alle am Markt befindlichen Interessenten anzusprechen und das Erlöspotenzial bestmöglich ausschöpfen zu können.“

 

Leitsatz Nummer 2: „Beim Verkauf von Liegenschaften ist zu beachten, dass eine umfassende Interessentensuche zur Erzielung einer größtmöglichen Anzahl von Angeboten durchgeführt wird und damit ein optimales wirtschaftliches Ergebnis im Sinne des Wettbewerbs erzielt wird.“

 

Aber auch die Kommission der EU gibt dazu eine Empfehlung ab, nachzulesen im Amtsblatt C 209 vom 10.7.1997. Was sagt die EU-Kommission? – Empfohlen werden der Verkauf „nach einem hinreichend publizierten allgemeinen und bedingungsfreien Bietverfahren und die darauf folgende Veräußerung an den Meistbietenden“. „Hinreichend publiziert ist ein Angebot, wenn es über einen längeren Zeitraum - zwei Monate und mehr - mehrfach in der nationalen Presse, Immobilienanzeigern oder durch Makler bekannt gemacht wurde.“ (Zwischenruf von GR Mag. Dietbert Kowarik.) Was reicht der Stadt Wien? (GR Mag. Dietbert Kowarik: Die Homepage der Stadt Wien reicht schon!) Die Homepage der Stadt Wien wäre schon etwas!

 

Aber wir haben auch ein Bundesgesetz, das dieses Bietverfahren vorsieht, und zwar das Bundesimmobiliengesetz. Bitte schauen Sie sich § 4 Abs. 4 des Immobiliengesetzes an! – Dort steht, dass „Veräußerungen oberhalb einer Bagatellgrenze von 10.000 EUR im Rahmen eines Ausbietungsverfahrens zu erfolgen“ haben. – Also bitte: Was für den Bund sinnvoll ist, das sollte doch auch für die Stadt Wien nur recht und billig sein! Wenn die MA 48 gebrauchte Geräte um ein paar 100 EUR verkaufen möchte, dann werden diese in Zeitungen inseriert, dann werden die beteiligten Verkehrskreise darauf aufmerksam gemacht, dass man einen gebrauchten Rasenmäher von der MA 48 günstig erstehen kann. Wenn es hingegen um eine Liegenschaft in Top-Lage um viele Millionen Euro geht, dann erfährt das niemand außer den Freunden der SPÖ! (Beifall bei ÖVP und NEOS.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir bringen einen Beschlussantrag ein, der sicherstellen soll, dass Liegenschaftsverkäufe ab einer Bagatellgrenze von 10.000 EUR, auch wenn sie durch die Wirtschaftsagentur Wien oder ein anderes Tochterunternehmen erfolgen, in Hinkunft nicht ohne Bieterverfahren durchgeführt werden können.

 

Nachdem wir uns heute ausgemacht haben, dass alle unsere Redner auf die Werteformel aufmerksam machen wollen und Ihnen diese Werteformel auch ausreichend zur Kenntnis bringen wollen, weil das auch hin und wieder Kinder in der Klasse sprechen sollen, sage ich Ihnen auch diese Werteformel zur Beendigung meiner Rede, nämlich dass auch ich mich zum gemeinsamen Europa bekenne, zur Republik Österreich und der Verfassung und die österreichischen Gesetze und Grundwerte achte und die Würde des Menschen und unsere Freiheit und ein friedliches Miteinander, dass Mann und Frau in Österreich gleichgestellt sind und jeder Mensch das Recht hat, sein Leben selbstbestimmt zu gestalten. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Dr. Kickert. Ich erteile es ihr.

 

17.00.40

GRin Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Dieses Thema bringt die FPÖ schon seit mindestens vier Jahren immer wieder auf das Tapet, immer wieder mit ähnlich lautenden Vorwürfen. Daher finde ich es sehr interessant, dass erst heute VBgm Gudenus damit schließt, dass er ein Prüfansuchen an den Stadtrechnungshof stellen wird. Er hatte vier Jahre Zeit, es zu tun. Also tun Sie es! (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Am 5.6.2013 haben wir es gefordert!) Tun Sie es! Ich denke, gegen eine Prüfung der Vorgänge kann niemand etwas haben, jedenfalls von meiner Seite gibt es dagegen keinen Einspruch.

 

Aber ich möchte trotzdem ein paar Fakten in die Diskussion einbringen, vor allem deswegen, weil sich in der Begründung des Dringlichen Antrages sehr viele Spekulationen befinden. Sie haben es sich einfach gemacht, im Prinzip haben Sie eigentlich nur einen Artikel aus der „Wiener Zeitung“ kopiert, mit ein paar interessanten Interpunktionsfehlern, die im Originalartikel nicht drinnen sind. (Ruf bei der FPÖ: Das ist lächerlich, Frau Kollegin!) Aber so etwas passiert.

 

Weil es eine Unterstellung gibt, der Investor Lengersdorff dränge auf eine Widmung Wohnen, möchte ich noch einmal – nicht nur im Zwischenruf – darauf hinweisen, dass Wohnen bereits möglich ist. Die seit 2006 gültige Widmung ist eine Wohnnutzung im Bereich der Pavillons, eben Bauklasse III, offene Bauweise. Nachzulesen mit dem Hinweis, dass die Grundfläche öffentlichen Zwecken dienen soll. Eine sehr sinnvolle Einschränkung der Nutzung.

 

Abgesehen davon ist auch im Plandokument aus dem Jahr 2006 eine Schutzzone festgehalten. Das wurde nämlich heute noch kein einziges Mal angebracht. Selbstverständlich stehen die Pavillons der Semmelweisklinik unter Denkmalschutz, und jede Änderung dieser Gebäude, sowohl im Innen- als auch im Außenausbau wird und muss mit dem Bundesdenkmalamt abgesprochen werden. Das ist auch tatsächlich passiert,

 

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