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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 23.02.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 87 von 114

 

Geschäftspartner. Wir haben heute schon vieles über diese Geschäftspartner gehört und werden in den nächsten Tagen und Wochen noch vieles über diese Geschäftspartner hören. Sie sagten heute Vormittag zu der zeitlichen Komponente des Verschleuderungs- und möglicherweise Geldwäsche-Deals, dass dieser nicht innerhalb weniger Tage entstanden wäre. Es hätte mehr als ein dreiviertel Jahr an Vorarbeiten dazu gegeben. Jetzt sage ich Ihnen, ganz anders klingt die Stellungnahme von Herrn Lengersdorff im Zusammenhang mit einer kurzfristigen Anleihe über 14 Millionen EUR, die von der Eigentümergesellschaft begeben wurde. Dort wird nämlich die auffällig hohe 9,5-prozentige Verzinsung dieser Anleihe so begründet: Es wird ausgeführt, dass diese Verzinsung – wörtlich: „resultiert aus einer einmaligen und sehr kurzfristigen Kaufgelegenheit für eine wunderbare Immobilie im Herzen Wiens.“ Und es geht weiter: „Ohne den gewissen Termindruck im Kaufprozess hätten wir dieses Projekt zu anderen Konditionen finanziert.“ – Das klingt nicht nach Vorarbeiten von einem dreiviertel Jahr, meine Damen und Herren.

 

Aber gleich ein weiterer Widerspruch zu Ihren heutigen Aussagen, Herr Bürgermeister. Sie sagten heute, dass die Nachnutzung des restlichen Areals noch nicht feststehe oder Sie nichts davon wüssten. Ich zitiere wieder wörtlich die Aussage Ihres Geschäftspartners zu der Anleihe: „Wir konzentrieren uns bei Amadeus Vienna Campus vollständig auf dieses insgesamt 3,5 Hektar große Parkareal mit insgesamt 6“ – hört, hört, mit insgesamt 6 – „historischen Immobilien mitten in einer der bevorzugten Wohngegenden Wiens.“ – Das klingt nicht nach Unwissenheit des Geschäftspartners und Unwissenheit anderer Beteiligter über die weitere Nutzung der noch nicht verscherbelten drei Pavillons. In Wirklichkeit gibt es offensichtlich Absprachen, dass das gesamte Areal schon dieser Gruppe versprochen wurde.

 

Ich sage eines, meine Damen und Herren, hier steht Aussage gegen Aussage, möglicherweise. Die weitere Aufarbeitung dieser Causa Semmelweis-Areal durch Stadtrechnungshof und Behörden und/oder Gerichte wird zeigen, was hier alles passiert ist und was mündlich oder sogar schriftlich vereinbart wurde.

 

Eines jedoch ist schriftlich dokumentiert, und das betrifft den vor Ihnen hier und in allen Stellungnahmen vor Ihnen hergetragenen Zweck der Sicherung einer kulturellen Nutzung der bereits verscherbelten drei Pavillons. Dieses vor sich Hertragen des Zwecks, die Musikschule und wunderbare 85 Prozent international, jedem geht das Herz über, wenn man in Wien von Musik hört, wenn der Name Amadeus etwas Schönes suggeriert, wunderbar. Ich sage Ihnen, es ist Tarnen und Täuschen. Tarnen und Täuschen über Ihre Beweggründe, worüber in letzter Zeit, vielleicht auch dank der „Wiener Zeitung“, einiges bekannt geworden ist. Es verhärtet sich nämlich zunehmend der Verdacht, dass von Beginn an geplant war, die Pavillons für Luxuswohnzwecke weiterzuverwenden. Jetzt könnte ich sagen, Luxuswohnzwecke für Chorherr-Sozialwohnungen, wie wir heute von ihm gehört haben; werden es eben Chorherr-Sozialwohnungen dort. Und ermöglicht wird diese, offensichtlich geplante, lukrative Weiterveräußerung durch den Liegenschaftskaufvertrag selbst.

 

Jetzt ersuche ich Sie, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, entweder im Kaufvertrag nachzulesen oder mir jetzt ganz einfach das wörtliche Zitat zu glauben. Sie haben es teilweise sogar schon selber hier zitiert, aber die falschen Schlüsse daraus gezogen: „Die Käuferin verpflichtet sich, in der Zeit bis zum 30.6.2027 den Vertragsgegenstand ausschließlich zu Bildungszwecken und zu kulturellen Zwecken zu nutzen.“ – Hört sich wunderbar an. Und dann frage ich Sie, nach nur 15 Jahren sind die Käufer völlig frei in der weiteren Verwertung der Pavillons und Liegenschaften? – Hier drängt sich die Frage auf: Worin ist diese auffällige Kurzfristigkeit von 15 Jahren, von denen schon wieder 3 Jahre vorbei sind, begründet? – Ich erinnere Sie wieder an das wörtliche Zitat von Herrn Lengersdorff, das ich Ihnen schon gesagt habe: „Wir konzentrieren uns bei der Amadeus Vienna Campus vollständig auf dieses insgesamt 3,5 Hektar große Parkareal mit insgesamt 6 historischen Immobilien mitten in einer der bevorzugten Wohngegenden Wiens.“ – Kein Wort von Bildungszwecken, kein Wort von kulturellen Zwecken, schon gar kein Wort von irgendeiner blühenden Musikschule. (GR Mag. Dietbert Kowarik: Er ist wenigstens ehrlich!) – Genau!

 

Wir sind jetzt an dem Punkt, wo ich sage, hier geht es nicht mehr um Verdächtigungen, um Vermutungen, so wie es immer unterstellt wird, sondern um klar dokumentierte Fakten. Gehen wir gleich weiter mit den Fakten, schauen wir uns die wirtschaftlichen Zahlen der Eigentümergesellschaft an. Ich sage Ihnen, negatives Eigenkapital zum 30. September 2014: minus 8,4 Millionen EUR. Verursacht durch einen Jahresverlust von zirka 4 Millionen EUR, nach einem Jahresverlust des Vorjahres von ebenfalls zirka 4 Millionen EUR. Jetzt fragt man sich: Das ist nicht wenig, 8,4 Millionen EUR negatives Eigenkapital bei einer GmbH, das löst etwas aus. Und jetzt zitiere ich aus dem Jahresabschluss zum 30. September 2014, wie er beim Firmenbuch hinterlegt ist, ein aktuellerer Jahresbericht wurde noch nicht hinterlegt. Das Zitat wörtlich: „Die Gesellschaft weist unter Passiva den Posten negatives Eigenkapital in Höhe von 8,412.576,17 EUR aus.“ – Also bleiben wir bei den 8,4 Millionen EUR. – „Die Geschäftsführung der Gesellschaft nimmt zur Frage, ob eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechtes vorliegt, wie folgt Stellung.“ – Dann erzählt sie von ihrem Immobilienbesitz. Wie der zustande gekommen ist, haben wir ja hier schon gehört. Und dann geht es weiter: „Die seitens der Geschäftsführung für dieses Projekt in Auftrag gegebene gutachterliche Stellungnahme im Hinblick auf die erzielbaren Verwertungserlöse und Grundkostenanteile weist für die fertiggestellten, umgebauten, neu genutzten“ – neu genutzt, schau, schau – „und in Bestand gegebenen Objekte einen Ertragswert von 52,7 Millionen EUR aus. Die daraus resultierenden stillen Reserven betragen 13,8 Millionen, wodurch das negative Eigenkapital, 8,4 Millionen EUR, bei Weitem abgedeckt ist.“

 

Meine Damen und Herren, dann machen Sie die Rechnung! 4 Millionen EUR Jahresverlust vor 2 Jahren,

 

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