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Gemeinderat, 6. Sitzung vom 30.03.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 80

 

Beziehungen in der Nachbarschaft und um den Abbau von Vorurteilen.

 

Das heißt, es werden über Kunst- und Nachbarschaftsprojekte notwendige Begegnungsmöglichkeiten geschaffen. Dabei wird kulturelle und soziale Teilhabe beispielhaft gelebt, und somit wird ein respektvolles Miteinander, unabhängig von kulturellen, sozialen und religiösen Unterschieden, geschaffen.

 

Ich ersuche, diese Anträge anzunehmen und zu unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Meinhard-Schiebel. Ich erteile ihr das Wort.

 

14.46.04

GRin Brigitte Meinhard-Schiebel (GRÜNE)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Gleich zu Anfang darf ich Sie daran erinnern, wofür Wien in Europa und in der Welt eigentlich steht: Wien gilt als Stadt des Friedens und der internationalen Diplomatie. Was wir 2015 erklärt haben, gilt für 2016 ganz genauso, und das ist auch Teil unserer Europapolitik.

 

Wir stehen heute vor kriegerischen Auseinandersetzungen, vor politischen und wirtschaftlichen Krisen, durch welche Menschen aus ihren Heimatländern vertrieben werden. Rund 60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht vor Krieg und Zerstörung. Ganze Regionen sind zu Brennpunkten geworden, und Europa als Nachbarregion ist sehr stark davon betroffen. Deshalb haben wir erklärt, dass Wien für eine Willkommenskultur für Flüchtlinge und Migranten und Migrantinnen und für europäische Solidarität statt einer Festung Europa steht, und dabei kommen auch der Entwicklungszusammenarbeit und der Flüchtlingshilfe in den betroffenen Ländern eine wichtige Rolle zu.

 

Alles, was Sie jetzt hier vorgebracht haben, zeigt lediglich Ihre Angst um Ihre Sicherheit, es geht Ihnen jedoch nicht um die Sicherheit von Menschen, die bedroht sind. (Beifall bei den GRÜNEN und von GR Dr. Kurt Stürzenbecher.)

 

Was hat das mit der Unterzeichnung der Integrating Cities Charter des Städtenetzwerkes EuroCities zu tun? Worum geht es dabei? – 2004 haben EuroCities eine Liste gemeinsamer Grundsätze des sozialen Zusammenhaltes und der Integration für Städte vorgelegt. Ab 2006 hat sich daraus der Integrating-Cities-Prozess entwickelt, und dieser wurde 2007 als Partnerschaft zwischen EuroCities und der Europäischen Kommission formalisiert. 2010 haben sich die teilnehmenden Städte, zu denen auch Wien gehören wird, dazu verpflichtet, sich für die Integration von Migrantinnen und Migranten und Flüchtlingen mit Unterstützung durch den Europäischen Integrationsfonds einzusetzen. Dazu gehören auch andere EU-geförderte Projekte, das heißt, es ist nicht Ihr Geld, das Sie hier ausgeben müssen!

 

Ein wesentlicher Schwerpunkt in diesem Rahmen ist die Arbeitsgruppe Migration und Integration. Diese EuroCities-Arbeitsgruppe besteht aus Praktikern aus mehr als 30 Städten. Gegenseitiges Lernen, aber auch die Beeinflussung der EU-Politik aus der Stadtperspektive sind wichtige Themen dieser Arbeitsgruppe. Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Migrantinnen und Migranten in Städte zuwandern, und deshalb sind die Beteiligung und Bedeutung der Städte bei der Gestaltung und Umsetzung der Einwanderungs- und Integrationspolitik von besonderer Wichtigkeit.

 

Dazu braucht es vom Ansatz her eine Bottom-up-Strategie und die Zurverfügungstellung von lokalem Know-how, um Integration sinnvoll zu gestalten. Und genau an diesem Punkt können wir uns einbringen und gemeinsam dafür sorgen, dass Integration gelingt.

 

Die Integrating Cities Charter zeigt Aufgaben und Verantwortlichkeiten für die europäischen Städte auf: Es wird in diesem Zusammenhang auf die Vielfalt der lokalen Bevölkerung geachtet, und die Rolle der beteiligten Städte besteht vor allem auch darin, für Chancengleichheit zu sorgen.

 

Mittlerweile haben 25 Städte in Europa diese Charta unterzeichnet. Diese Unterzeichnung des Vertrages ist eine moralische Verpflichtung. Sie basiert auf den Menschenrechten und der UN-Flüchtlingskonvention, und die europäischen Städte sollen dabei unterstützt werden, den Menschen gemeinsam nicht nur Zuflucht zu gewähren, sondern auch eine Zukunft zu bieten.

 

Ich sage Ihnen: Diese Charta ist top-aktuell, weil sie zeitlos ist! Integration ist immer ein beidseitiger Prozess, der auf einem positiven Engagement sowohl der Neuankömmlinge wie auch der alteingesessenen Einwohnerinnen und Einwohner beruht.

 

Die größte Herausforderung, der wir in diesem Zusammenhang gegenüberstehen, ist es, die Polarisierung und das Entstehen von Konflikten zwischen Neuankömmlingen und Menschen, die schon lange hier leben, zu vermeiden. Auf Grund dieser langen Geschichte der Aufnahme von Fremden in europäische Städte spielen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister eine zentrale Rolle, um für das Gelingen der Integration in den Städten zu sorgen und nationale und europäische Integrationsstrategien zu entwerfen.

 

Wir sind nicht allein in dieser Situation. Viele europäische Städte wie Utrecht, Dresden, Stockholm, Kopenhagen, Lissabon, Riga, Rom und viele andere haben diesen Zusammenschluss auf europäischer Ebene bereits geschafft. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister dieser Städte machen es möglich, mit einer gemeinsamen Strategie und gegenseitiger Unterstützung das zu tun, was das Mindeste ist, um Menschen Integration zu ermöglichen. Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die die Integrating Cities Charter unterzeichnen, sind sich dieser Verantwortung bewusst.

 

Integration ist ein Menschenrecht, ebenso wie Flucht ein Recht ist. Deshalb werden wir für die Unterzeichnung der Integration Cities Charter des Städtenetzwerkes durch die Stadt Wien zustimmen.

 

Und ein letzter Satz noch: Rechts abbiegen ist nicht immer die Lösung. Da fährt man sehr leicht im Kreis! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

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