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Gemeinderat, 9. Sitzung vom 24.05.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 17 von 53

 

immer die Meinung, dass der Staat oder die Stadt besser Arbeitsplätze schaffen könne als die Wirtschaft, und das stimmt einfach nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es ist auch das Problem, dass Wien in diesem Bereich keine Standort- und Wirtschaftspolitik macht, sondern eher Sozialmarktpolitik und man in Wien viel Leistung für wenig Leistung bekommt, nämlich viel Sozialleistung für relativ wenig Eigenleistung. Deswegen ist es auch kein Wunder, dass Wien viele anzieht, die möglichst viel bekommen wollen und möglichst wenig dafür tun. Deswegen Spezialproblem Ballungsraum leider nicht nur richtig für die Stadt Wien, sondern ein hausgemachtes Problem.

 

Ein paar Zahlen, Daten und Fakten dazu: Seitdem Rot-Grün an der Regierung ist, gibt es um zirka 70 Prozent mehr Mindestsicherungsbezieher. Das sind 74.000 Menschen, die seit 2010 jetzt mehr in der Mindestsicherung sind. Ein ganz interessanter Punkt ist immer die durchschnittliche Bezugsdauer. Da wird immer gesagt, die Statistik zeigt durchschnittlich 9 Monate. Ja, 9 Monate innerhalb eines Jahres, das heißt, 9 von 12 Monaten durchschnittlicher Bezugsdauer. Wenn man sich anschaut, dass die Hälfte der Mindestsicherungsbezieher innerhalb von 2 Jahren 20 Monate in der Mindestsicherung ist, dann grenzt das an ein arbeitsloses Grundeinkommen und dafür war das eigentlich nicht gedacht, meine Damen und Herren! Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung war immer als Hilfe zum Wiederstieg in den Arbeitsmarkt gedacht. In Wien ist sie zum arbeitslosen Grundeinkommen verkommen, und das darf es nicht sein! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich habe nun den Verdacht, dass die rot-grüne Stadtregierung das auch gar nicht so schlecht findet, weil das arbeitslose Grundeinkommen ja in der linken Ideologie etwas ist, was man doch ganz sympathisch findet. Insofern ist es auch kein Wunder, und ich hab‘ mit einigen Lehrerinnen und Lehrern gesprochen, die gemeint haben (Aufregung bei Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely.), dass viele Schülerinnen und Schüler auf die Frage, was sie denn später einmal machen wollen, sagen: „Ich geh‘ AMS.“ Das zeigt die Grundhaltung, die in dieser Stadt auch vermittelt wird, dass es moralisch in Ordnung ist, keine Leistung zu bringen und möglichst viel Leistung einzufordern. Insofern ist das auch interessant, als die SPÖ auf Bundesebene mit dem neuen Kanzler, glaube ich, mittlerweile eingesehen hat, dass eine gewisse Wirtschaftskompetenz notwendig ist, um ein Land und eine Stadt zu regieren. Die Frage ist, wann die SPÖ-Wien auf diesen Zug aufspringen wird, auf diesen Zug der Vernunft des neuen Bundeskanzlers, meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Mit dieser Flüchtlingsfrage und der Mindestsicherung hängt natürlich auch die Tatsache zusammen, dass diese falschverstandene Toleranz und die Realitätsverweigerung in Wien eine toxische Mischung bilden. Ein Abgeordneter aus dem Nationalrat, nicht von unserer Fraktion, deswegen unverdächtig, hat in der „Presse“ dieses Jahr, ich darf es noch einmal zitieren, gesagt, er hat Flüchtlinge aufgenommen und die sind dann nach Wien gegangen, weil sie dort mehr bekommen, als sie bei ihm in der Anstellung bekommen haben. Zitat aus der „Presse“ vom 17.2.: „Die Familie bekam eine Wohnung. Sie war bestens integriert, der Vater hatte einen Job als Hausmeister. Dann ließen sie sich von einer NGO beraten, weil sie Nachwuchs erwarteten. Und die haben ihnen vorgerechnet, was in Wien an Mindestsicherung für die Familie bereitstehen würde, knapp 35.000 EUR. Dann hat er seine Arbeit sein gelassen und ist nach Wien gezogen.“ Das zeigt, wie Wien mit den Leistungsbereiten umgeht. Es geht einfach nicht darum, Leistung zu erbringen, sondern nur Leistung zu konsumieren. Das ist deswegen perfide, weil das durchschnittliche Haushaltseinkommen im Jahr 34.000 EUR sind, also nicht wesentlich weniger, als man insgesamt bekommen würde. Das ist eigentlich die soziale Frage unserer Zeit: Nicht, dass wir zu wenig Sozialleistungen haben, sondern dass die, die Sozialleistungen finanzieren, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, dieses System satt haben. Deswegen machen wir hier nicht mit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Frau GRin Hebein zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

 

10.38.05

GRin Birgit Hebein (GRÜNE)|: Werter Herr Vorsitzender! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen!

 

Zehn Millionen werden jetzt investiert, um Jugendlichen in Wien eine Perspektive zu geben. Zehn Millionen werden jetzt investiert, damit Jugendliche mit wenig Qualifikation, mit wenig Ausbildung eine Chance erhalten, ohne in Mindestsicherung zu leben, eine Perspektive zu haben und selbstständig zu sein. Insofern ist heute ein guter Tag, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil wenn wir nur ansatzweise verstanden haben, was gestern passiert ist, dass hier Österreich und vor allem Wien sich klar entschieden hat, es geht um den Zusammenhalt - und was heißt Zusammenhalt? Es geht um Solidarität, und es geht darum, Wohlstand für alle zu schaffen.

 

Und wenn jetzt vom Herrn Blümel beklagt wird, dass wir jetzt handeln, dann hat er nichts verstanden, nämlich gar nichts verstanden. Wir investieren hier in die Zukunft der Jugendlichen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Und nicht nur das! Wir schaffen eine Systemänderung, wo es an einem Ort Arbeitsmarktpolitik, Sozialpolitik, Angebote geben soll, ressortübergreifend, dass vor allem Jugendliche eine Perspektive erhalten. Hören Sie doch auf mit dem Herumjammern! Damit helfen Sie keinem einzigen Menschen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Keinem einzigen Menschen! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Wir werden heute noch ausführlich darüber diskutieren, wie umfangreich dieses Konzept ist.

 

Dazu haben wir noch Gelegenheit. Vielleicht noch eines vorweg: Wir nehmen die Sorgen der Menschen in Wien sehr, sehr ernst. Wir nehmen auch die Sorgen der Menschen sehr, sehr ernst, der Wiener und Wienerinnen, die sich gestern zu 63 Prozent dafür entschieden haben, dass sie keine Ausgrenzungspolitik wollen, dass sie nicht wollen, dass Politik auf Kosten der Schwächs

 

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