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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 121

 

Sie haben eine Mentalität, die heißt, wir sind wir, und zahlen tut es am Ende der Steuerzahler.

 

Was mich besonders gestört hat in der Wahrnehmung Ihrer Aussagen vor diesem Rechnungsabschluss, ist, dass Sie eigentlich, und da müssen Sie mir wirklich verzeihen, ein Stück weit das Geschäft der FPÖ machen. Wenn Sie sich hinstellen, um keine Ausrede verlegen, und sagen, diese Neuverschuldung ist natürlich auf die Flüchtlingskrise zurückzuführen und da von Zahlen von über 200 Millionen EUR sprechen, so ist das … (Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Das nehmen Sie zurück!) - Ich nehme das nicht zurück, Frau Brauner! (Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Das habe ich nie gesagt, und das ist eine Frechheit, mir das zu unterstellen!) Das ist nachzulesen in den Interviews. (Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Aber das ist doch überhaupt nicht wahr!) Das ist nachzulesen in den Interviews. Sie haben gesagt, die Flüchtlingskrise ist schuld. Das muss man auch aus den Maastricht-Kriterien herausrechnen. Das sind über 200 Millionen EUR. Und das ist für uns nicht nachvollziehbar. Wenn Sie sich die Ausgabensteigerung in der Bedarfsorientierten Mindestsicherung anschauen, muss man sagen, Sie haben einfach letztes Jahr, wahrscheinlich in einem Wahljahr, einen Voranschlag geliefert, von dem Sie gewusst haben, er kann sowieso nicht halten, denke ich! (Beifall bei NEOS, FPÖ und ÖVP.)

 

Das waren halt günstige Zahlen in einem Wahljahr. Wenn Sie sich den langfristigen Trend anschauen, dann ist sozusagen die Ausgabenentwicklung, sowohl, was die Ausgaben beim Fonds Soziales Wien angeht, als auch, was die Ausgaben in der Bedarfsorientierten Mindestsicherung angeht, absolut im Trend. Das heißt nicht, dass ich es gut finde. Aber es ist im Trend. Es ist hier für das Jahr 2015 keine übermäßige Ausgabensteigerung zu sehen. Das ist der erste Punkt der Ausrede.

 

Der zweite Punkt, der mir auch sehr wichtig ist, ist, Sie machen hier die Wirtschaftskrise zum Dauerzustand. Jetzt habe ich wirklich eine Nachricht für Sie, vielleicht eine schlechte für Sie, wir sind nach Ihrer Definition nicht mehr in der Krise. Wir sind es schon seit 2012 nicht mehr. Auch hier gibt es eine Trendentwicklung des Bruttoregionalprodukts und da liegen wir im Trend. Sie können nicht mehr von Wachstumszahlen ausgehen, wie wir sie in den Neunzigern noch gehabt haben. Die Zeit ist vorbei. Es ist bedauerlich, aber sie ist jetzt einmal aufs Erste vorbei. Vielleicht schaffen wir es einmal mit einer weniger paternalistischen, etatistischen Wirtschaftspolitik, dass Innovationen in den Unternehmen wieder entstehen können, wo wir wirklich wieder einen Aufschwung bekommen, nicht nur in Österreich, sondern in Europa, und andere Wachstumszahlen drinnen sind. Aber für jetzt ist diese Entwicklung vorbei. Das heißt, Sie sind nicht in der Krise und trotzdem schaffen Sie es nicht, den Haushalt zu konsolidieren.

 

Sie haben in Ihrer Rede gesagt, übermäßige Haushaltskonsolidierung, und Sie haben natürlich auch wieder das Schreckensbild der Austeritätspolitik gezeichnet. Frau Stadträtin, ich finde das nicht redlich! Weder der Bund noch die Stadt Wien haben in irgendeiner Weise eine Konsolidierungsstrategie. Ich rede nicht einmal von übermäßig. Es ist überhaupt keine da. Wir machen Jahr für Jahr neue Schulden. Jahr für Jahr! Wenn Sie hier sagen, die Einnahmen sind eingebrochen, so ist das auch nicht richtig, weil ich hier die Einnahmenentwicklung der Stadt Wien von den Jahren 2005 bis 2015 habe, und da sind es Einnahmensteigerungen von 29,41 Prozent. Diese Ausrede der Krise als Dauerzustand ist unredlich, Frau Stadträtin! Wir sind nicht mehr in dieser Krise! Wir haben trotzdem die gleiche Wirtschaftspolitik, als ob wir es wären. Das ist letztlich eine billige Ausrede, weil Sie erst viel zu spät gesehen haben, dass es notwendig ist, Verwaltungs- und Strukturreformen auf den Weg zu bringen! (Beifall bei den NEOS und von GR Dr. Wolfgang Aigner.)

 

Auf einen Punkt möchte ich auch noch eingehen. Diesen habe ich auch schon beim letzten Voranschlag gesagt. Ich werde nicht müde, das zu betonen. Ich halte es auch für wirklich unredlich, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, wir haben eine Gesamtverschuldung von 6 Prozent des Bruttoregionalprodukts in Wien und da müssen wir uns keine Sorgen machen, weil 60 Prozent wären zulässig. Ich meine, wir sind keine Insel. Das haben Sie richtig gesagt. Wir sind in einem System, wo es einen Bund gibt, der Bund die Steuern einnimmt, diese über den Finanzausgleich an meiner Meinung nach völlig verantwortungslose Spendierföderalisten in den Bundesländern gehen, die sie mit vollen Armen ausgeben. Dass wir auf Bundesebene nach der neuen ESVG-Rechnung eine Verschuldung von 86,2 Prozent des BIP haben, unterschlagen Sie hier! Das ist, als ob man in einer Familie sagt, man hat einen Verdiener, der arbeiten gehen muss, das Geld verdient, hoch verschuldet ist und derjenige, der nicht verdient, in klassischen Familien wäre es die Frau, machen wir es einmal umgekehrt, die Frau geht arbeiten und der Mann gibt das Geld aus und sagt, aber verglichen zu dem, was er bei sich erwirtschaftet, was er an Ausgaben macht, ist seine Verschuldung eh gering. So können Sie das nicht machen! Das ist einfach unredlich! (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie von GR Dr. Wolfgang Aigner.)

 

Wir haben ein System, das heißt, die größten Schulden sind beim Bund geparkt. Da komme ich zu einem wichtigen Punkt. Das ist dieser Spendierföderalismus. Das ist eine Mentalität, die nicht nur hier, sondern auch in anderen Bundesländern dieser Republik herrscht, dass es letztlich Landesfürsten gibt, die durchaus möglichst in einer, wie sage ich das jetzt vorsichtig, Anfütterung von Wählergruppen durch Subventionen das Geld ausgeben. (Beifall bei den NEOS.)

 

Die FPÖ ist ein gutes Stichwort. Wir haben da gerade übrigens den Sündenfall par excellence gehabt, weil letztes Wochenende beschlossen wurde, dass man jetzt für die Haftungen des Landes Kärnten einspringt. Wenn der Bund zum ersten Mal sagt, kein Problem, er steht dafür gerade, was in den Bundesländern passiert, so ist das ein Sündenfall, ein absoluter Sündenfall! Weil das heißt nämlich, dass ich keinen Millimeter hier eine verantwortungsvolle Politik in die Bundesländer bringen werde. Wir brauchen einen wirklichen Verantwortungsfö

 

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