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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 46 von 121

 

Ein weiteres Beispiel dafür, wie mit Wiener Betrieben umgegangen wird, sieht man an der jüngsten Entwicklung in einem Betrieb, der 4 oder 5 Millionen EUR investiert hat - Bettel-Alm. Okay, es ist ein Nachtbetrieb, aber Fakt ist, er ist jeden Tag voll und im Großen und Ganzen ein Vorzeigebetrieb, was Lärmschutz und alle anderen Maßnahmen betrifft. Und was war? - Perfekte Bescheide, er konnte aufsperren, hat Bankfinanzierungen bekommen, es ist dem Ganzen nichts im Wege gestanden. Kaum war der Betrieb offen, hat ein einziger Anrainer, der dort nicht einmal den Hauptwohnsitz hat, das so lange torpediert, bis er eine frühzeitige Sperre mit 24 Uhr bekommen hat. Ein Betrieb, in dem es um 10 oder 11 Uhr am Abend erst losgeht, muss um 24 Uhr die Pforten schließen.

 

Meine Damen und Herren, das sieht man natürlich auch im Ausland. Man überlegt es sich drei Mal, ob man in Wien einen solchen Betrieb eröffnet, oder ob man besser eine andere Stadt sucht. Es geht ja nicht nur darum, dass man selbst vielleicht Bankrott macht, wenn man es riskiert, einen Betrieb in Wien aufzumachen. Es geht ja weiter, genau an dem Beispiel Bettel-Alm, das in einigen Zeitungen war, sehen auch die Banken, was los ist. Und es wird sich eine Bank drei Mal überlegen, einem Gastronomiebetrieb einen Millionenkredit zur Verfügung zu stellen, nur weil er einen Bescheid vorlegt, dass er praktisch alle Auflagen erfüllt hat. Dieser Bescheid ist quasi wertlos. Im Endeffekt ist in Wien eine nur bedingt vorhandene Rechtssicherheit gegeben. Und das ist ein Punkt, der so nicht bleiben kann.

 

Ein weiterer ausschlaggebender Punkt ist die Verkehrssituation in Wien. Seit 25 Jahren werden wir von der jeweiligen Stadtregierung an der Nase herumgeführt, dass eine Nordostumfahrung kommt. 25 Jahre bla bla bla bla bla bla. Fakt ist: nichts gibt es. Es gibt nach wie vor keine Umfahrungsstraße, um den Nordosten, um Donaustadt zu entlasten. Aber was es gibt, sind Wohnbauvorhaben. Eine Wohnbauanlage nach der anderen wird in Donaustadt aus dem Boden gestampft, und ab 1. Juli wird die Südosttangente auf eine Fahrspur reduziert. Das ist Ihnen völlig egal, denn da fahren Sie selber auf Urlaub und schauen, dass Sie zurückkommen, wenn die Baustelle wieder fertig ist. Aber so kann man mit Betrieben in Wien nicht umgehen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Dasselbe mit der Parkraumbewirtschaftung: Was muss ein Wiener Betrieb machen, um sein Auto abzustellen, wenn vor einer Wohnung eine Anrainerzone ist und sieben, acht, neun Parkplätze frei sind? Was muss der machen? Der muss dort vorbeifahren und sich irgendwo einen Parkplatz suchen. Das ist doch so etwas von abartig. Warum sind Sie da so unbeweglich und stimmen nicht zu, dass die Wirtschaft praktisch auch einen Parkplatz dort, wo es möglich ist, hat? Man kann nicht verlangen, dass irgendwer wegfahren muss, nur weil jetzt der Installateur kommt. Aber, meine Damen und Herren, Anrainerparkplätze sind im Endeffekt genauso für Unternehmen zu nutzen, denn für wen arbeiten diese? Diese arbeiten ja nur für die Anrainer, die da oben drin wohnen.

 

Somit fordere ich Sie auf, überdenken Sie die Situation, stehen Sie mehr auf der Seite der Wirtschaft, denn nur der Wirtschaftskammer dieses Feld zu überlassen, ist zu wenig! Sie als Stadtregierung haben ebenso die Verantwortung wie die Wirtschaftskammer. Wenn Sie schon das Glück haben, einer relativ zahnlosen Wirtschaftskammer gegenüberzustehen, dann nützen Sie bitte die Chance und zeigen Sie Kompetenz und fördern Sie die Wirtschaft! - Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Die Rede war 7 Minuten, die fraktionelle Restredezeit beträgt 20 Minuten. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Schinner. Ich erteile es ihr. Selbstgewählte Redezeit 12 Minuten.

 

13.50.18

GRin Katharina Schinner (SPÖ)|: Sehr geehrte Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich möchte zuerst auf das Bezug nehmen, was mir jetzt sehr aufgefallen ist beim aufmerksamen Zuhören der Reden meiner Vorredner. Es wird viel über die Interessen der Wirtschaft geredet. Stehen Sie auf der Seite der Wirtschaft, ist jetzt auch gefordert worden. Es wird auch über die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geredet, und wenn ich mir das anhöre, ist es ein gegenseitiges Ausspielen und gegenseitiges Ringen der Stärken der Interessen. Mir ist jetzt eine Erinnerung gekommen, die ich diesen Samstag von unserem Bundesparteitag mitnehmen durfte, wo unser Bundeskanzler Christian Kern ein Beispiel von Ford gebracht hat. Dieses finde ich - gleich, ob es eine Anekdote oder eine reale Begebenheit ist - einfach sehr trefflich, nämlich um ein ganzheitliches Bild der Situation zusammenzurücken. Ford meinte damals zu seinem Betriebsrat hinsichtlich der Technologisierung, dabei in die Halle schauend, wo lauter Roboter zukünftig die Arbeiten tätigen könnten: Es wird bald keine Arbeiter und Arbeitnehmerinnen mehr brauchen. Aber der Betriebsrat hat richtig gekontert - und jetzt ist das so viele Jahre her und gilt für heute genauso -: Ja, aber wer wird das dann kaufen?

 

Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Punkt. Wir stehen auf der Seite der Menschen, und die Menschen sind diejenigen, die die Wirtschaft machen, und die Menschen sind diejenigen, die Jobs machen, diejenigen, die wir als Stadt Wien unterstützen und fördern möchten in allen Bereichen ihres Lebens. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Denn es ist doch ganz klar: Es braucht ArbeitnehmerInnen, die gut ausgebildet sind, die stark sind, die gut bezahlt werden. Es braucht eine im besten Fall sehr starke Mittelschicht, um die wir tagtäglich sehr ringen, und es braucht ein Umfeld und einen Boden, wo Unternehmerinnen und Unternehmer - und wir wissen doch alle, wie sehr sich die Wirtschaft in den letzten Jahren verändert hat - den Mut haben und den Mut auch bekommen, mit Unterstützung der Stadt ihre Vorhaben, ihre Ideen, ihre Visionen umzusetzen, das, was schlussendlich selber Arbeitsplätze sichert und Menschen dazu bringt, auch weitere Arbeitsplätze zu schaffen, nämlich indem sie auch Angestellte anstellen. Dieses Umfeld, das ist das, was wir erreichen möchten, und das hat auch meine Vorrednerin - sie schaut mich jetzt so an, die

 

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