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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 29.09.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 58 von 98

 

auslösen würden, schrammt das Gutachten haarscharf vorbei. Zum Beispiel - ich nehme jetzt ein konkretes Beispiel für einen solchen Schwellenwert -, wenn in einer Prognoserechnung für die nächsten 5 Jahre zu erwarten ist, dass auf einem bestimmten Gebiet mehr als 2.000 Fahrten pro Tag erwartet werden - eine reine Prognoserechnung -, dann braucht man eine UVP-Prüfung.

 

Bei dem konkreten Projekt am Rosenhügel sagt das Verkehrsgutachten - angeblich übrigens derselbe Gutachter, der das auch für die Mariahilfer Straße schon gemacht hat -, 1.820 Fahrten werden erwartet, also haarscharf daneben. Die zuständige Dienststelle sagt dann, allerdings völlig zu Recht, das Gutachten ist plausibel. Ein Gutachten darf, das ist die übliche Rechtsprechung, durchaus eine Schwankungsbreite von etwa 10 Prozent haben. Wenn wir in dieser 10 Prozent Schwankungsbreite sind, ist es plausibel. So weit, so gut.

 

Aber, jetzt kommt es: Seit Jahr und Tag versucht die Bezirksvertretung Meidling - übrigens auch einstimmig -, eine Autobuslinie in dieses Projekt hineinzubringen, weil derzeit dieses Projekt, das ich in einer anderen Wortmeldung schon erwähnt habe, mitten im Erholungsgebiet, direkt am Friedhof, gar keine Verkehrsanbindung hat. Überhaupt keine. Die nächste Autobuslinie ist fast einen dreiviertel Kilometer entfernt. Die bisherige Projektzusicherung hat immer nur gelautet, man werde die naheliegenden Buslinienintervalle verdichten. Da hat aber ein Bewohner nichts davon, wenn er in der Luftlinie einen dreiviertel Kilometer entfernt ist, also in der Praxis mehr als einen Kilometer gehen muss, damit er dann einen Bus erwischt, der dafür alle fünf Minuten fährt. Sinnvoller wäre es, den Bus zum Projekt zu führen.

 

Jetzt stelle ich einfach einmal folgende Milchmädchenrechnung in den Raum: Wir reden hier immerhin von mehreren Hundert Wohnungen. Wir reden von ungefähr 2.000 Personen, die das betrifft. Das ist nicht gerade wenig. Führe ein Autobus auf dieses Projektgebiet, sagen wir, alle 10 Minuten, einmal hinein und dann wieder heraus, dann hätten wir rein rechnerisch pro Stunde 12 Fahrten, weil für die UVP wird immer jede Richtung gezählt. Das heißt, 6 Fahrten hinein, 6 Fahrten heraus, sind 12 Fahrten. Das wiederum heißt, bereits nach 10 Stunden in der üblichen Betriebskernzeit, 8 bis 18 Uhr, sind das schon 120 Fahrten. Wenn ich die Randzeiten dazurechne, bin ich allein schon mit der Errichtung einer Autobuslinie, ohne dass ich noch zusätzlichen Verkehr berechne, ganz klar über diese 2.000 Fahrzeuge, die eine UVP-Prüfung auslösen.

 

Jetzt ist dieser Bescheid beim Projekt „Wildgarten“ ergangen - artverwandt mit dem, was wir hier haben - und drinnen steht: „UVP-Prüfung braucht man nicht.“ Dieser negative Bescheid wurde auch erst in allerletzter Sekunde angefochten. Noch während diese Anfechtungsfrist gelaufen ist, haben die Wiener Linien der Bezirksvertretung Meidling erklärt, sie hätten sich das anders überlegt und die Autobuslinie würde kommen und in das Projektgebiet hineinfahren. Anhand dieser Information hat eine der Beschwerdeführerinnen, die auch gleichzeitig die Leiterin einer Bürgerinitiative mit mehr als 2.000 Unterstützern ist, am allerletzten Stichtag gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhoben und eingewandt, der Bezirk Meidling habe gerade erst an diesem letzten Tag der Frist bekannt gegeben, eine Autobuslinie würde kommen und daher- genau nach dieser Milchmädchenrechnung, die ich gemacht habe - eine UVP-Pflicht auslösen. Spannendes Ergebnis. Drei Wochen später, Ende August, etwa zu dem Zeitpunkt, wo genau diese Beschwerdeeingabe beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt ist, teilte die MA 21 schriftlich sinngemäß mit: „Alles retour, alles falsch. Das war ein Irrtum. Es wird geprüft, aber eigentlich ist nichts vorgesehen.“ Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Wir gehen also zurück an den Start. Man wird sehen, was das Bundesverwaltungsgericht zu diesem Thema sagt.

 

Das ist jetzt nur eine Geschichte, die ich hier erwähnt habe, die letztlich auf eine Umgehung hindeutet. Es gibt gerade bei diesem Projekt noch einen ganzen Schippel mehr. Das erspare ich Ihnen hier aber. Es passt aber zu dem Antrag, den wir gerade abgegeben haben. Ein übergeordnetes Verkehrskonzept würde diese Frage sofort und für alle Zukunft beantworten.

 

Dieses UVP-Gesetz, das ich vorhin gerade geschildert habe, bietet aber noch zwei zusätzliche Eigenheiten, die auch auf die gegenständlichen Projekte zutreffen. Es sagt nämlich, wenn in einem geographisch zusammengehörenden Gelände - das ist eine sinngemäße Zusammenfassung der Bestimmung - mehrere Projekte verwirklicht werden, dann haben diese im Rahmen einer einzigen, gemeinsamen UVP-Prüfung zusammengefasst zu werden, dann nämlich, wenn die Auswirkung eine gemeinsame ist. Jetzt bin ich kein Verwaltungsjurist. Aber ich könnte mir vorstellen, dass ein Projekt, wie ich es gerade geschildert habe, nämlich der „Wildgarten“, das etwa 700 m entfernt von jenem Flächenwidmungsplandokument, das wir gerade abstimmen, und nur 500 m entfernt ist von weiteren gleichartigen Projekten auf der Breitenfurter Straße, dass also dessen Auswirkungen wahrscheinlich die gleichen sind. Es betrifft nämlich immer die Linie auf der Breitenfurter Straße.

 

Und weil das so ist, stelle ich an die Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Umwelt und Wiener Stadtwerke den entsprechenden Beschlussantrag, es solle geprüft werden, ob das Carrée Atzgersdorf notwendigerweise eine Umweltverträglichkeitsprüfung benötigt. Insbesondere sollen dabei die kumulierten Umweltauswirkungen, wie ich sie gerade vorhin erwähnt habe bezüglich der weiteren anstehenden Großprojekte in Atzgersdorf, berücksichtigt werden. Das ist der eine Beschlussantrag.

 

Der zweite Beschlussantrag geht in eine ähnliche Richtung. Verzeihen Sie, wenn die Materie, die ich hier vortrage, sehr trocken ist, aber es ist das UVP-Gesetz für Laien bei Weitem wahrscheinlich eines der langweiligsten Gesetze, die es juristisch gibt, aber mit einer wichtigen Auswirkung. Der zweite Beschlussantrag bezieht sich dann ganz konkret auf jenes Verfahren, das schon läuft, nämlich jenes am Wildgarten. Hier verlangen wir, dass dann, wenn beim Wildgarten im Instanzenzug herauskommt, dass er UVP-pflichtig wird, die Behörde von sich aus andere Projekte in der Nähe an das Verfahren

 

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