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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 29.09.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 77 von 98

 

Sonja Wehsely: Das Kleine Einmaleins der Rechtsordnung!) Außerdem zitiere ich hier die „Kronen Zeitung“, Frau StRin Wehsely, und Sie können ja auch gerne einen Prozess gegen die „Kronen Zeitung“ führen, wenn Sie sich trauen. Aber, wie heute der Herr Bürgermeister schon gesagt hat, bei der „Kronen Zeitung“ sind alle Engel, und die sagen sicher nicht wissentlich die Unwahrheit.

 

Aber in diesem „Kronen Zeitung“-Artikel steht weiters, auf Grund mündlicher rechtswidriger Weisungen wird auch nicht überprüft, ob die Angaben der nicht österreichischen Mindestsicherungsempfänger stimmen, die Echtheit der vorgelegten Dokumente wird nicht geprüft, die angewiesenen Beamten dürfen keinesfalls die Polizei rufen, wenn ihnen auffällt, dass gefälschte Dokumente vorliegen.

 

Frau Stadträtin, also wenn das nur im Ansatz stimmt, und ich habe jetzt keinen Grund, daran zu zweifeln, denn auch der Herr Bürgermeister hat gesagt, dort sind alle Engel und die schreiben sicher nicht die Unwahrheit, wenn das wirklich ansatzweise stimmt, dann kann ich nur alle anderen Kollegen Ihrer Fraktion, der SPÖ, oder auch die Kollegen von den Grünen ausdrücklich darauf hinweisen und sie auffordern - eigentlich braucht man das gar nicht mehr, denn der Bürgermeister hat schon gesagt, dass das anscheinend die Wahrheit sein muss, weil die nicht lügen -, unserem Misstrauensantrag zuzustimmen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Sofern das stimmt, haben Sie mit dieser Aktion - oder jemand in Ihrem Büro - ganz klar den Verdacht auf Amtsmissbrauch aufgebracht. Damit muss sich jetzt die Staatsanwaltschaft befassen, und genau auch deswegen haben wir eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht. Man sieht, dass Sie es mit dem Ausbau des im Regierungsprogramm festgeschriebenen Worts der Willkommenskultur - es ist im Wiener Regierungsübereinkommen festgeschrieben - offenbar ganz genau nehmen.

 

Und damit Sie nicht immer glauben, dass wir jetzt nur die „Kronen Zeitung“ zitieren oder dass wir das behaupten, ohne dafür stichhaltige Beweise zu haben, kann ich auf Urteile und Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofes Wien verweisen. Dieser hat nämlich unlängst festgestellt - und da darf ich auch zitieren, ich habe die Urteile hier -, dass in der Bundeshauptstadt die Bedarfsorientierte Mindestsicherung vergeben wird, ohne eingehend zu prüfen, ob überhaupt ein Anspruch darauf besteht - also genau das, was eigentlich in der Zeitung stand.

 

So bekam - darauf bezieht sich dieses Urteil - eine polnische Staatsbürgerin satte 930,25 EUR pro Monat inklusive Mietbeihilfe von April 2015 bis April 2016 zugesprochen; also für ein Jahr, ohne dass es ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegeben und dieses stattgefunden hat. Das stellten nicht wir fest, sondern das stellte der Verwaltungsgerichtshof Wien fest, eine Institution, der Sie hoffentlich noch Glauben schenken. Die zuständige Behörde rechtfertigt die Zuerkennung damit, dass die betroffene Person im Jahr 2008 anspruchsberechtigt gewesen wäre und in Einzelfällen Personen, die früher Anspruch hatten, weiter unterstützt würden. Das Landesverwaltungsgericht kann dieser Begründung nichts abgewinnen und ordnet die bescheidmäßige Zuerkennung von Leistung von Mindestsicherung an nicht Anspruchsberechtigte als rechtswidrig ein.

 

Das heißt, wir haben da vom Verwaltungsgerichtshof - was auch in der Zeitung stand - diese Rechtswidrigkeit festgestellt, diese Rechtswidrigkeit, die Sie bis jetzt geleugnet haben. Also ich kann nur sagen, mit diesem Urteil wurden Sie glatt überführt, meine sehr geehrte Frau Stadträtin. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber das ist kein Einzelfall, sondern es gibt ja mehrere Fälle. Ich zitiere wieder aus dem Verwaltungsgerichtshof Wien über einen Fall mit einem nigerianischen Staatsbürger, der im Besitz der Rot-Weiß-Rot-Karte plus war, welche eigentlich als Anreiz nur für Schlüsselarbeitskräfte geschaffen wurde, und der bezieht pro Tag 23,51 EUR Notstandshilfe; seine Frau beansprucht ebenfalls Notstandshilfe. Zusätzlich zu diesem Geld wurde seinem Antrag auf Mindestsicherung von der zuständigen Behörde stattgegeben. Laut Gericht wäre er aber nie anspruchsberechtigt gewesen.

 

Die Behörde, so geht es weiter, nämlich Ihre Behörde, Frau Stadträtin, ließ sich auch nicht davon irritieren, dass der Antragsteller für drei Monate auf Urlaub in seiner Heimat in Afrika weilte. Das Gericht führt dazu aus, dass die Zuerkennung der Mindestsicherung unter klarer Missachtung des Gesetzeswortlautes, also grob rechtswidrig, einzustufen ist und verweist auf mögliche straf- und disziplinarrechtliche Implikationen einer solchen Vorgehensweise.

 

Jetzt frage ich: Wenn das der Verwaltungsgerichtshof feststellt, warum haben Sie nicht reagiert, warum glauben Sie nicht Zeugen, die sich nicht trauen, in die Öffentlichkeit zu gehen, weil sie anscheinend enormen Druck in Ihrem Ressort haben, wie uns viele Mitarbeiter bestätigen? Da sage ich: So geht man nicht mit Mitarbeitern in der Stadt um, dass sie sich nicht mehr trauen, in die Öffentlichkeit zu gehen! So geht man im Gesundheitsbereich nicht mit Ärzten um, auf die man Druck ausübt, Ärzten, denen man dann die Verträge entzieht, wie zum Beispiel Dr. Rainer! Überhaupt ist es ganz skurril, dass sich die SPÖ auf einmal gegen das Streikrecht der Ärzte wehrt, das wohlerkämpfte Streikrecht für Menschen in Österreich, das sie bis jetzt immer hochgehalten hat. Aber kaum ist einmal die SPÖ der Arbeitgeber, dann auf einmal zählt das Streikrecht nichts, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ und von GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES.)

 

Es gibt noch zahlreiche Urteile des Verwaltungsgerichtshofes Wien, die ich Ihnen jetzt noch aufzählen könnte. Es ist zu befürchten, dass das nur die Spitze des Eisberges ist. Wir warten auf die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft, wie sie sich jetzt weiter verhalten wird. Wie gesagt, hätte man politischen Anstand oder - sage ich jetzt einmal - würde es mich betreffen, dass ich mit solchen Skandalen konfrontiert gewesen wäre … (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: In diese Rolle werden Sie nie kommen!) - Na, da wäre ich mir nicht so sicher (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Ich schon!), 2020 kommt bestimmt, und wenn Sie so weitermachen mit

 

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